Folgen

  • Seit LĂ€ngerem liegt mir ein Thema am Herzen, nĂ€mlich die Frage, welche Rolle MilitĂ€r in der heutigen Zeit spielt, wie sich die Situation ĂŒber die letzten Jahrzehnte — zur Überraschung vieler, auch mir — verĂ€ndert hat und was wir in Zukunft erwarten können.

    Nun ist es mir zum GlĂŒck gelungen, einen der fĂŒhrenden Experten in diesem Themenbereich zu einem GesprĂ€ch einzuladen, Prof. Walter Feichtinger.

    Prof. Feichtinger ist Sicherheitsexperte, Brigadier im Ruhestand, und PrÀsident des Center for Strategic Analysis.

    Vor einigen Jahrzehnten wurde vom »Ende der Geschichte« gesprochen, die Berliner Mauer ist gefallen, die liberale Marktwirtschaft wird dominieren und Staaten, die voneinander immer stĂ€rker ökonomisch abhĂ€ngig sind, greifen einander nicht an. MilitĂ€r wird also zunehmend ĂŒberflĂŒssig. So meine Logik und die Logik vieler anderer damals.

    Wie konnte ich so falsch liegen?

    Die Idee, dass der Weste das Weltgeschehen dominiert — wirtschaftlich und kulturell — gilt heute wohl nicht mehr? Hat RealitĂ€tsverweigerung dominiert?

    Jedenfalls wurde MilitĂ€r systematisch abgerĂŒstet. Was sind die Folgen?

    Was passiert in den wirklichen Konfliktfeldern der Welt, haben wir es dort mit rationalen Akteuren zu tun? Denken wir an den Irak, Westbalkan, Afghanistan, Russland?

    Was ist beim Arabischen FrĂŒhling (2011) passiert? Ist spĂ€testens zu diesem Zeitpunkt die klare Ablehnung westlicher Lebensvorstellungen offensichtlich geworden?

    Je mehr Interdependenz, desto mehr geopolitische Sicherheit hat sich wohl als schwerwiegende FehleinschÀtzung herausgestellt; aber wie sollen wir international mit AbhÀngigkeiten umgehen?

    Ähnliche Fehler wurden schon in der Vergangenheit begangen, denken wir an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, ohne dass wir die Lehren daraus gezogen hĂ€tten; wie Thomas Sowell schreibt:

    “Being a pacifist in the 1920s and 1930s was a badge of honor, and pacifist phrases facilitated admission to the circles of the self-congratulatory elites. [
]

    At a 1935 rally of the British Labor Party, economist Roy Harrod heard a candidate proclaim that Britain ought to disarm 'as an example to the others'—a very common argument at that time. [
]

    If Britain would reduce its armed forces, as Bertrand Russell advocated, 'we should threaten no one, and no one would have any motive to make war on us.'”

    Was bedeutet nun Friede und wie kann dieser erreicht werden?

    »Si vis pacem para bellum«

    Wie zwischen sinnvoller Abschreckung und RĂŒstungswettlauf navigieren?

    »Das PhÀnomen Krieg besteht noch immer im politischen Alltag.«

    Abschreckung — siehe Kalter Krieg in den 1980ern — ist immer ein wesentliches Element in internationalen Beziehungen. Abschreckung setzt aber militĂ€rische und entsprechende politische StĂ€rke gleichermaßen voraus.

    Welche Rolle spielt RĂŒstungskontrolle in diesem Kontext?

    Wer sind heute eigentlich die Akteure, die Großen und die MittelmĂ€chte; wie hat sich die Situation verĂ€ndert? Erleben wir neue Stellvertreterkriege mit der Gefahr ungewollter Eskalation durch MittelmĂ€chte?

    Was ist die Rolle der UNO und anderer internationaler Organisationen, im Besonderen auch des Sicherheitsrates; einerseits in der historischen, andererseits in der aktuellen Perspektive und mit Blick in die Zukunft?

    Wer hat die bisherige Weltordnung dominiert und wer fordert die bisherigen Akteure heraus? Der Westen ist stark in die Defensive geraten — kommen wir aus dieser Position der globalen SchwĂ€che wieder heraus?

    »Das höchste Gut ist die GlaubwĂŒrdigkeit.«

    Was ist heute eigentlich das Schlachtfeld? Kann ein Krieg heute ĂŒberhaupt gewonnen werden?

    »Wir befinden uns heute in einer SphÀre der permanenten Auseinandersetzung«

    Der Kampf der Narrative! Nichts ist schwarz-weiß, welcher Geschichte darf man hier ĂŒberhaupt noch Glauben schenken?

    »Es geht darum, dem Gegner den eigenen Willen aufzuzwingen und dies muss nicht mit MilitÀr geschehen.«

    Es gibt kein einfaches »Freund/Feind« Schema mehr. Wie sollen wir damit umgehen? Bei der heutigen hybriden Machtprojektion gibt es selten einen klaren Sieger.

    »Den Krieg im herkömmlichen Sinne gibt es nicht mehr«

    Welche Rolle spielt das neue Kampfmittel »Drone«? Sowohl am »konventionellen« Schlachtfeld als auch in der zu erwartenden Zukunft? Welche Rolle spielt — allgemeiner gefragt — die Digitalisierung in diesen hybriden Kriegen?

    Wie verĂ€ndert sich die zeitliche Dimension am Schlachtfeld und was hat dies fĂŒr systemische Effekte? Welche Rolle kann der Mensch unter diesen Rahmenbedingungen noch spielen?

    »Die Technologie ist immer schneller als die Regulierung«

    Sind Attacken in der Zukunft ĂŒberhaupt noch Akteuren zuordenbar?

    Wir erleben »die Enthegung des Krieges durch technische Neuerungen«

    Wie bekommen wir wieder mehr Resilienz in die globalen Systeme?

    Welche globalen Akteure haben ĂŒberhaupt die technologische StĂ€rke, um eine Rolle spielen zu können? Wie sieht die Situation im Nahen und Mittleren Osten aus? Alles dĂŒster oder gibt es Grund zur Hoffnung?

    Welche Rolle spielt CSA Austria und Österreich als neutrales Land in dieser Gemengelage?

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein GesprÀch mit Herbert SauruggEpisode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein GesprÀch mit Prof. Christoph MöllersEpisode 61: Digitaler Humanismus, ein GesprÀch mit Erich PremEpisode 51: Vorbereiten auf die Disruption? Ein GesprÀch mit Herbert Saurugg und John HaasEpisode 37: Probleme und Lösungen

    Prof. Feichtinger

    Brigadier Prof. Dr. Walter FeichtingerCenter for Strategic Analysis

    Fachliche Referenzen

    Francis Fukuyama, Das Ende der Geschichte, Hoffmann und Campe (2022)The Truth About War with Combat Veteran Kelsi Sheren, Triggernometry (2024)Thomas Sowell, Intellectuals and Society, Basic Books (2012)The Spy War: How the C.I.A. Secretly Helps Ukraine Fight Putin, New York Times, 25. Feb 2024; Archive.is
  • Vor ziemlich genau drei Jahren habe ich die erste Episode mit Herbert Saurugg aufgenommen. Der Titel der Episode 42 war Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen.

    In dieser Episode reflektiere ich mit Herbert, was seit damals geschehen ist. Zwar haben wir Covid mit vielen SchÀden hinter uns gelassen, aber eine ganze Reihe von neuen Krisen ist hinzugekommen.

    Haben wir als Gesellschaft dazugelernt? Wo stecken die grĂ¶ĂŸten Risiken, besonders was Energie und Krisensicherheit und Logistik betrifft?

    Herbert Saurugg ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte, PrĂ€sident der Gesellschaft fĂŒr Krisenvorsorge, Autor zahlreicher Fachpublikationen sowie gefragter Keynote-Speaker und Interviewpartner zum Thema â€žĂŒberregionaler Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall (‚Blackout‘)“. Der ehemalige Berufsoffizier beschĂ€ftigt sich seit 2011 mit der zunehmenden Verwundbarkeit der Gesellschaft und der Frage, wie wir diese wieder reduzieren können. Er betreibt dazu einen umfangreichen Fachblog und unterstĂŒtzt Kommunen, Unternehmen und Organisationen bei einer ganzheitlichen Blackout-Vorsorge.

    Auch das Brettspiel »Neustart« muss unbedingt erwĂ€hnt werden, das als Blackout Simulation fĂŒr Gemeinden, KrisenstĂ€be entwickelt wurde, mittlerweile aber auch fĂŒr ein breiteres Publikum empfohlen werden kann. Auf unterhaltsame Weise kann man eine realistische und ganzheitliche Blackout-BewĂ€ltigung simulieren.

    Wie haben wir die Pandemie ĂŒberwunden? Warum war eine RĂŒckkehr zur vor-Pandemie Zeit nicht möglich? Was haben wir ĂŒber Resilienz von Logistik und Lieferketten gelernt, begonnen mit Blockade des Suez-Kanals bis zum Ukraine-Krieg?

    Was hat es mit den Energiepreisen auf sich; was ist passiert, was sind die Ursachen? Die (geo)politischen und ökonomischen Unsicherheit haben nicht abgenommen, eher das Gegenteil. Was ist hier falsch gelaufen? In diesem Jahr erwarten uns noch US-Wahlen, das Ganze mit Vereinigten Staaten, die unter einem völlig erdrĂŒckenden Budgetdefizit leiden, und unter massiver Polarisierung der Gesellschaft, ausgelöst auch durch dysfunktionale Medien. Welche Rolle spielt China und der Rest der Welt in dieser Gemengelage? Stehen wir vor globalem Chaos?

    Was ist die positive Aussicht? Neuordnung, Neuanfang, aber in welche Richtung?

    Immerhin erleben wir immer mehr fĂŒhrende Manager, die endlich nicht mehr nur auf Linie des politischen Narrativs sprechen, sondern sich nĂ€her an der Wahrheit Ă€ußern:

    »Die Reserven, die unsere GroßmĂŒtter und GroßvĂ€ter in das System eingebaut haben, sind aufgebraucht. Wir mĂŒssen jetzt handeln, damit wir die Ziele der Energiewende erreichen und die Elektrifizierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie umgesetzt werden kann.«, Gerhard Christiner, Vorstand Austrian Power Grid AG

    oder Leonhard Birnbaum, der zwar vergisst den ungeheuren Ressourcenverbrauch zu nennen, aber dennoch relativ offen spricht:

    »Erneuerbare verbrauchen zwei Dinge: FlÀche und Geld«, Leonhard Birnbaum, CEO von EON Deutschland

    Warum bereiten Erneuerbare solche Probleme im Stromnetz? Was war mit den Prognosen der Vergangenheit? Was ist eingetreten, was ist nicht eingetreten? Haben wir das notwendige Backup fĂŒr den aus Netzsicht qualitativ minderwertigen Strom der Erneuerbaren?

    Mittelwerte sind keine Basis fĂŒr eine ernsthafte Energiestrategie. Was folgt daraus aus der Sicht systemischer gegenĂŒber einzelteiliger Strategie und Förderung. Welche zeitlichen Dimensionen mĂŒssen bei Stromspeichern bedacht werden? Warum ist die Angabe installierter Leistung irrefĂŒhrend und vergleichsweise irrelevant?

    Welche Rolle spielt Digitalisierung beim Steuerungsbedarf und der KomplexitÀt der Netze? Was sind dezentrale funktionale Einheiten und Energiezellen? Können diese das Problem verringern? Wie können Simulationen helfen?

    »Im Stromnetz zÀhlt jede Sekunde«

    Funktioniert die deutsche »Energiewende« nur, weil der Rest Europas die Probleme des deutschen Netzes behebt?

    Was ist die Momentanreserve und warum ist diese so wesentlich? StoßdĂ€mpfer des NetzesWie sieht die Situation weltweit aus?

    Gibt es einen Kipppunkt im System, wo liegt der? Stehen wir in vielen Industrienationen vor einer »Nigerianisierung« der Netze? Naive Effizienzmaßnahmen stehen meist im Gegensatz zu Redundanz:

    “Most modern efficiencies are deferred punishment.”, Nassim Taleb

    Bauen wir die Reserven der Vergangenheit auf (wie auch das Zitat von Christiner nahelegt) — was machen wir dann in der Zukunft? Das scheint keine nachhaltige und schon gar nicht resiliente Idee zu sein. Wie gehen wir etwa mit dem steigenden Wartungsbedarf immer grĂ¶ĂŸerer Infrastruktur um, die sich ergibt, wenn man Energie mit geringer Energiedichte produziert? Welche Rolle spielt der Mangel an Fachpersonal? Bilden wir die Leute richtig aus? Der Wettbewerb ist heute international.

    Beim Kampf ums Überleben und der Notwendigkeit, immer neue Auflagen zu erfĂŒllen, bleibt die Strategie und das langfristige Denken oft auf der Strecke. Dazu kommt, dass BĂŒrokratie zur SelbstverstĂ€rkung neigt.

    Warum werden Energieanbieter nicht gleichwertig behandelt? Die Allgemeinheit zahlt die Gewinne und nimmt die Risiken, die etwa Erneuerbaren-Anbieter ökonomisch schaffen.

    Was ist die globale Perspektive — besonders, wenn man an Nationen wie China oder Indien und deren Nutzung von Kohle denkt?

    War die Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland eine gute Idee? Was ist die verdeckte Agenda? Geht es manchen politischen Akteuren nicht um eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Strategie, sondern um ideologische Erfolge, wie das Schrumpfen der Wirtschaft? Warum wird das dann nicht ehrlich kommuniziert?

    Welche Rolle spielt EnergieintensitĂ€t? Fossile Energie und Kernkraft kann nicht mit Energieformen wie vor zweitausend Jahren ersetzt werden, ohne dramatische EinschrĂ€nkungen fĂŒr die Gesellschaft, die in der Regel die SchwĂ€chsten trifft — sowohl national, besonders aber auch global.

    “Fossil fuels now supply about 83% of the world’s commercial energy, compared to 86% in the year 2000. The new renewables (wind and solar) now provide (after some two decades of development) still less than 6% of the world’s primary energy, still less than hydroelectricity.”

    “Four Pillars of Modern Civilization: ammonia, plastics, steel and concrete.”

    “Making just these four materials requires nearly 20% of the world’s total energy supply generating about 25% of all greenhouse gas emissions. Alternative, non-carbon, ways of making these materials are known — but none is available for immediate large-scale commercial deployment.”, Vaclav Smil

    Verstehen Aktivisten und Politik die großen ZusammenhĂ€nge und Dimensionen moderner Zivilisation?

    »Wer Just Stop Oil operativ ernst nimmt, nimmt den Tod von Milliarden Menschen in Kauf.«

    Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen vermeintlich guten Ideen und deren Umsetzung, Smart Metering als Beispiel fĂŒr den Unterschied zwischen Ambition und Umsetzung. Es wird regelmĂ€ĂŸig der zweite Schritt vor dem ersten gemacht, mit fatalen Konsequenzen.

    “The world you see everywhere around you, could never have been built by the people you see now living within it”, Erik Weinstein, Tweet (2023)

    Was ist Chestertons Fence, und was können wir davon lernen?

    Was passiert bei einem Stromausfall? Wir sehen massive AbhĂ€ngigkeit von Logistik — was sind die Folgen?

    Haben wir im Bereich des Zivilschutzes seit dem letzten GesprĂ€chs Fortschritte gemacht? Gibt es einen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland?

    »Die persönliche Ebene ist durch nichts zu ersetzen«

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)Episode 82: Smart Communities, ein GesprĂ€ch mit Ulrich AhleEpisode 81: Energie und Ressourcen, ein GesprĂ€ch mit Dr. Lars SchernikauEpisode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica ThompsonEpisode 76: Existentielle RisikenEpisode 74: Apocalype AlwaysEpisode 73: Ökorealismus, ein GesprĂ€ch mit Björn PetersEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 65: Getting Nothing Done — Teil 2Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1Episode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein GesprĂ€ch mit Prof. Hans-Werner SinnEpisode 51: Vorbereiten auf die Disruption? Ein GesprĂ€ch mit Herbert Saurugg und John HaasEpisode 46: Activism, a Conversation with Zion LightsEpisode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: GesprĂ€ch mit Herbert SauruggEpisode 36: Energiewende und Kernkraft, ein GesprĂ€ch mit Anna Veronika Wendland

    Herbert Saurugg

    Gesellschaft fĂŒr KrisenvorsorgeFachblogBrettspiel: »Neustart«Initiative »Mach mit! Österreich wird krisenfit!«Initiative »Schritt fĂŒr Schritt krisenfit«LeitfĂ€den fĂŒr die VorsorgeLeitfaden fĂŒr die Blackout-Vorsorge in Unternehmen und Organisationen - Blackout-Vorsorgeplan

    Fachliche Referenzen

    Ray Dalio, Principles for Dealing with the Changing World Order: Why Nations Succeed and Fail, Simon and Schuster (2021)Weltordnung im Wandel: Vom Aufstieg und Fall von Nationen (Blog Herbert Saurugg)Gerhard Christiner, Zitat auf LinkenId (2024)Leonhard Birnbaum, CEO von EON Deutschland, Zitat aus Interview (2024)Nassim Taleb, Efficiency Quotation (Twitter)Vaclav Smil, The energy historian who says rapid decarbonization is a fantasy, Los Angeles Times (2022)Chestertons FenceDas europĂ€ische Stromversorgungssystem im Umbruch (2024)Unbequeme Wahrheiten ĂŒber Strom und die Energie der Zukunft (Blog Herbert Saurugg)Shorting the Grid: The Hidden Fragility of Our Electric Grid (Blog Herbert Saurugg)Die Zerbrechlichkeit der Welt: Kollaps oder Wende. Wir haben es in der Hand. (Blog Herbert Saurugg)Energy Storage and Civilization: A Systems Approach (Blog Herbert Saurugg)Scale – Die universalen Gesetze des Lebens von Organismen, StĂ€dten und Unternehmen (Blog Herbert Saurugg)How Everything Can Collapse: A Manual for our Times (Blog Herbert Saurugg)Die Grenzen des Denkens (Blog Herbert Saurugg)Nassim Taleb, Skin in the Game, Hidden Asymmetries in Daily Life, Penguin (2018)Der Seneca-Effekt. Warum Systeme kollabieren und wie wir damit umgehen können (Blog Herbert Saurugg)
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  • Die heutige Episode gehört zu den wenigen, die eine gewisse Zeitlichkeit haben. Es war vor rund vier Jahren, als die Covid-Pandemie auch in Europa richtig angekommen ist. Ab 16. MĂ€rz 2020 wurde der erste österreichweite Lockdown verfĂŒgt. Dies war der Anfang einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die große Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Gesundheit der Menschen hatten.

    Vier Jahre spĂ€ter wĂŒrde man erwarten, dass diese Maßnahmen, die in dieser Form einzigartig seit dem Zweiten Weltkrieg waren, breit in Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit reflektiert und diskutiert werden. Dies nicht nur, um die konkrete Krise aufzuarbeiten, sondern auch um zu fragen, wie wir mit zukĂŒnftigen Krisen umgehen sollten.

    Was beobachten wir in etablierten Medien, Wissenschaft und Politik? So gut wie nichts, was nach einer ernsthaften Aufarbeitung aussieht. Der Titel dieser Episode ist daher: »Covid. Die unerklÀrliche Stille nach dem Sturm?«

    Der heutige GesprĂ€chspartner ist wieder Jan David Zimmermann, was mich sehr freut! Jan ist Autor, Publizist und Wissenschaftsforscher, hat auch gerade ein neues und Ă€ußerst empfehlenswertes Buch herausgebracht — Lethe, Vom Vergessen des TotalitĂ€ren. Außerdem ist er Redakteur beim Stichpunkt-Magazin.

    In dieser Episode diskutieren wir nicht fachlich die Maßnahmen, die gesetzt oder unterlassen wurden, sondern vielmehr den Prozess, der zu diesen Maßnahmen gefĂŒhrt hat, sowie die Rolle von Wissenschaft und Expertise in diesem Zusammenhang. Wir fallen dabei nicht in die post-hoc fallacy, also aus dem RĂŒckblick alles besser zu wissen. Sondern die Betrachtung ist eine aus der heutigen Zeit, aber vor allem hinsichtlich der Frage, was wir richtig und falsch gemacht haben, und wie wir von hier an weitergehen sollten. Wir versuchen also (nach Heinz von Förster) eine Beobachtung zweiter Ordnung.

    Was hat Corona angestoßen oder welche Trends in der Gesellschaft deutlicher gemacht? Beobachten wir neue totalitĂ€re Tendenzen, eine Polarisierung, wie Wissenschaft in Krisen agiert?

    Covid per se bedarf einer Nachbearbeitung, aber auch die Folgeeffekte auf Wissenschaft, Politik und Gesellschaft fĂŒr andere, Ă€hnliche Probleme. Denn es wird fallweise behauptet, wir hĂ€tten einen Mechanismus, eine »Blaupause« entwickelt, um auch mit anderen (Ă€hnlichen) Krisen umzugehen. Ist diese wĂŒnschenswert und Erfolg versprechend?

    Was bedeutet Ausnahmezustand; vor allem, auch wenn damit langfristig Politik gemacht wird?

    »SouverĂ€n ist, wer ĂŒber den Ausnahmezustand entscheidet«, Carl Schmitt

    Wie autoritÀr ist Gesellschaft der vormaligen »Mitte« geworden? Alle möglichen ideologischen Seiten finden autoritÀre Ideen und auch Gewalt plötzlich rechtfertigbar?

    Was bedeutet Entscheiden unter Unsicherheit — oder allgemeiner: Wie sollten wir als Gesellschaft mit Unsicherheit umgehen? Wir diskutieren die verschiedenen Aspekte in Bezug auf folgende Phasen der Krise:

    Zeit vor 2020FrĂŒhjahr/Sommer 2020Herbst-Winter 2020 (vor der Impfung)Nach der Impfung 20212022 und spĂ€ter

    Wie gefĂ€hrlich kann Forschung sein? Gain of Function Research, Lab Leaks? Wer sollte ĂŒber solche Wissenschaft entscheiden?

    »Wissenschaft ist nicht einfrieren von Erkenntnis«

    Zur Cochrane Studie ĂŒber Masken siehe Podcast Episode 72.

    Was bedeutet Krisenmanagement in solchen Situationen? Haben wir Maßnahmen von Privilegierten fĂŒr Privilegierte auf dem RĂŒcken der restlichen Gesellschaft erlebt?

    »Luxury beliefs are the new status symbols«, Rob Henderson

    Das Verhalten der Wissenschaft wÀhrend der Pandemie wurde von einzelnen hochrangigen Wissenschaftern wie John Ioannidis untersucht, und das Ergebnis war wenig schmeichelhaft:

    »Even the best peer-reviewed journals often presented results with bias and spin.«

    »Whatever the origins of the virus, the refusal to abide by formerly accepted norms has done its own enormous damage.«

    »most of this work was of low quality, often wrong, and sometimes highly misleading.«

    »The disdain for reliable study designs was even celebrated.«

    »Big Tech companies [
] developed powerful censorship machineries«

    »There was a clash between two schools of thought, authoritarian public health versus science—and science lost.«

    Man muss sich nach solchen Analysen natĂŒrlich die Frage stellen: Sind unsere Wissenschaftstugenden mittlerweile völlig korrodiert?

    Was hat es mit der Great Barrington Declaration auf sich und was waren die unerfreulichen Folgen fĂŒr die beteiligten Wissenschafter?

    Niemand wird primĂ€r dafĂŒr kritisiert, im Jahr 2020 Fehler gemacht zu haben, aber wenn man sich 2024 dafĂŒr rĂŒhmt ist das ernĂŒchternd. Dies zeigt sich auf drastische Weise am Auftritt des deutschen Soziologen Heinz Bude (der Mitglied des deutschen Krisenstabes war):

    Heinz Bude: »Noch einmal aus dem NĂ€hkĂ€stchen geplaudert: Wir mĂŒssen ein Modell finden, um Folgebereitschaft herzustellen, dass so ein bisschen wissenschaftsĂ€hnlich ist. Und das war diese Formel flatten the curve. Wie können wir die Leute ĂŒberzeugen mitzutun... Das sieht so nach Wissenschaft aus. Wenn ihr schön diszipliniert seid, könnt ihr die Kurve verĂ€ndern. [
] Das haben wir geklaut von einem Wissenschaftsjournalisten. Das haben wir nicht selber erfunden. Wir fanden das irgendwie toll, dass man so ein Quasi-Wissenschaftsargument hat.«

    Anderer Diskutant: »Das bedeutet, dass sich die Wissenschaft in einem normativ vorgegebenen Rahmen engagiert. [
] Diese normativen Vorgaben muss man einkaufen«

    HB: »Wissenschaft ist ja auch operativ interessant. «

    AD: »Aber wenn man sich normativ sehr sicher ist. Ich glaube, viele Leute waren sich sehr schnell sehr sicher.«

    Bude zuckt mit den Achseln.

    Heinz Bude war außerdem ein Verfechter der Zero-Covid Idee, die sehr schnell diskreditiert war. Was bedeutet es auch, wenn Wissenschaft »operativ interessant« wird?

    Das Vertrauen in die Wissenschaft geht verloren — wie ist das zu bewerten? Wird hier nicht oftmals Ursache mit Wirkung verwechselt? Wie kann das Vertrauen in Institutionen und Wissenschaft wieder hergestellt werden?

    Matt Taibbi spricht im Rahmen der Twitter Files vom Censorship Industrial Complex »Twitter was more like a partner to government «

    Wissenschaft ist immer stark mit Macht verwoben, wie steht das im VerhĂ€ltnis zum Erkenntnisgewinn? Aber auch die Medien erfĂŒllen ihre Aufgabe in keiner Weise. Wie gehen wir damit um? Wie kann entschieden werden, was legitime Kritik und was schlicht Unsinn ist? Wie konnte es passieren, dass liberale Nationen wie Kanada, Australien und Neuseeland in autoritĂ€re Strukturen abgeglitten sind? Damit stellt sich die fundamentale Frage: Wie lange darf ein Krisenmoment dauern?

    »Moralpolitik hat die Sachpolitik abgelöst«

    Auf der »richtigen« Seite zu sein wird wichtiger als das Richtige zu tun. Und das Richtige wird mit allen Mitteln durchgesetzt, nicht nur mit harten Maßnahmen, sondern auch mit Soft Power wie Nudging.

    Dabei wird die eigentlich wichtige Frage gerne ĂŒbersehen: Wer bestimmt, was das Richtige fĂŒr mich ist?

    »The dictatorship of the future will be very unlike the dictatorships we experienced in the past. [
] If you want to preserve your power indefinitely, you have to get the consent of the ruled. [
] Making him actually love his slavery. Being happy under the new regime.«, Aldous Huxley

    Das TotalitÀre ist stÀrker von klaren Strukturen und nicht von Inhalten bestimmt:

    »Das TotalitÀre ist stÀrker ein wie als ein was.«

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein GesprĂ€ch mit Prof. Christoph MöllersEpisode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 83: Robert Merton — Was ist Wissenschaft?Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica ThompsonEpisode 76: Existentielle RisikenEpisode 74: Apocalype AlwaysEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 47: Große WorteEpisode 39: Follow the Science?Episode 37: Probleme und LösungenEpisode 25: Entscheiden unter Unsicherheit

    Jan David Zimmermann

    HomepageFacebook: Jan D. ZimmermannInstagram: j._zimmermannBuch: Lethe. Vom Vergessen des TotalitÀrenStichpunkt Magazin

    Fachliche Referenzen

    Sitzungsprotokoll der "Taskforce Corona" ĂŒber zu wenig Angst in der Bevölkerung, Der Standard (2020)Regierungsprotokoll: Angst vor Infektion offenbar erwĂŒnscht, ORF (2020)Internes Papier aus Innenministerium empfahl, den Deutschen Corona-Angst zu machen, Focus (2020)Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen. Strategiepapier des Bundesinnenministeriums. Umstritten. Ein journalistisches GĂŒtesiegel. Fitfty Fifty/ Westend Verlag (2024)Das integrative Empire: Wissensproduktion und kulturelle Praktiken in Habsburg-Zentraleuropa (Global- und Kolonialgeschichte). transcript Verlag (2023)JĂŒrgen Habermas: Technik und Wissenschaft als Ideologie Suhrkamp (1968)Rob Henderson, Luxury BeliefsJohn Ioannidis, How the pandemic is changing pandemic norms (2021)Great Barrington Declaration (2020)Heinz Bude im GesprĂ€ch 2024Zero Covid, No Covid, Artikel im Deutschlandfunk (2021)Susanne Gaschke, Interview in der NZZ: »Sie wollten ganze Landkreise abschotten!« – »Ich wĂŒrde immer noch so vorgehen, wie wir es getan haben!« (2023)Alexander Bogner, Nach Corona (2023)Matt Taibbi, The Censorship Industrial Complex (2023)Telegraph, The Lockdown FilesEin neuer Bericht offenbart PlĂ€ne fĂŒr eine VerĂ€nderung von Coronaviren – kurz vor der Pandemie, NZZ (2021)Richard Thaler, Cass Sunstein, Nudge, Yale University Press (2008)WEF Artikel (2021) mit Interview Cass SunsteinGesundheitspolitik: Nudging: Anstupsen fĂŒr den guten Zweck (Spektrum 2015)Nudging Task Force unter Obama (2015)Rainer Mausfeld im GesprĂ€ch ĂŒber sein neues Buch, Hybris und Nemesis (2023)Jesse Singal, The Quick Fix: Why Fad Psychology Can't Cure Our Social Ills, Farrar, Straus and Giroux (2021)Margaret Heffernan, Uncharted, Simon & Schuster UK (2020)Shoshana Zuboff, The Age of Surveillance Capitalism: The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power, Profile Books (2019)Aldous Huxley ĂŒber Diktaturen der Zukunft (1958)Martin Kulldorff: Fired by Harvard for getting Covid right, Unherd (2024)Vinay Prasad, Martin Kulldorff was wrongly fired from Harvard Medical School (2024)
  • In Episode 80 habe ich mich schon einmal mit dem Thema Wissen und Expertise auseinandergesetzt, damals eher mit dem Fokus auf die Frage wie gut (oder schlecht) Prognosen in der RealitĂ€t sind, und woran das liegen könnte.

    In dieser Episode versuche ich einige weitere Gedanken zu entwerfen und ersuche explizit um Feedback, was Sie davon halten.

    Ich diskutiere einige Ideen zu den Fragen:

    Wo steckt in einer Gesellschaft Wissen, wo steckt ExpertiseGibt es Grenzen der Expertise (in komplexen Systemen)Wie kann sich das VerhĂ€ltnis von Expertise zu Wissen ĂŒber die Zeit verĂ€ndernIn welchem VerhĂ€ltnis stehen diese beiden Begriffe generell zueinander

    Das Ganze natĂŒrlich wieder mit zahlreichen Beispielen.

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith CurryEpisode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica ThompsonEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 68: Modelle und RealitĂ€t, ein GesprĂ€ch mit Dr. Andreas WindischEpisode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen könnenEpisode 39: Follow the Science?Episode 37: Probleme und LösungenEpisode 27: Wicked ProblemsEpisode 25: Entscheiden unter UnsicherheitEpisode 17: Kooperation

    Fachliche Referenzen

    Dieter Macek: Eine Gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen MythologieThomas Sowell, Intellectuals and Society, Basic Books (2012)Matt Ridley, How Innovation Works, Fourth Estate (2020)Aspirin & SalizylsĂ€ureNobelpreis zur AcetylsalicylsĂ€ure: Sir John Robert Vane (1982)Calvin CoolidgeThe Medical Context of Calvin Jr.’s Untimely Death (Coolidge Foundation)
  • Ich freue mich, dass ich Prof. Ehrmann und Prof. Sommer gewinnen konnte, um ĂŒber die erheblichen Probleme der heutigen Forschungs- und Uni-Landschaft zu sprechen. Ist die UniversitĂ€t zu einem Turnier verkommen, das eher einem Heidi-Klum-Wettbewerb entspricht als ernsthafter Wissenschaft?

    Prof. Ehrmann leitet das Institut fĂŒr Strategisches Management an der UniversitĂ€t MĂŒnster. Er hat eine weite Erfahrung sowohl in der Wissenschaft als auch in Industrie und Politik, so war er unter anderem Senior Manager bei PWC Corporate Finance und 17 Jahre lang Mitglied der Advisory Group der Deutschen Bahn.

    Prof. Michael Sommer studierte Alte Geschichte, Latein, Griechisch, Politikwissenschaften, neuere Geschichte und Vorderasiatische ArchĂ€ologie. Nach seiner Promotion an der UniversitĂ€t Freiburg verbrachte er zwei Jahre als Visiting Fellow am Wolfson College in Oxford. Von 2005 bis 2012 war er Dozent fĂŒr Alte Geschichte an der UniversitĂ€t von Liverpool. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Wirtschafts-, Sozial-, MentalitĂ€ts- und Institutionsgeschichte des Römischen Reiches und die Geschichte der Levante in allen Epochen.

    Wird Volkswirtschaft naturwissenschaftlich(er)? Was ist die WĂ€hrung in der Wissenschaft? Welche Bedeutung und Folge(n) hat die Replikationskrise, die in der Psychologie große Wellen geschlagen hat, aber im Grunde weite Bereiche der Wissenschaft betrifft?

    Was ist von Drittmitteln als Kriterium fĂŒr wissenschaftlichen Erfolg zu halten und welche Effekte haben stĂ€ndige Evaluierungen? FĂŒhrt dies zu einem selbstzerstörerischen System?

    Es gibt gute Hinweise darauf, dass QualitĂ€t und Output in der Wissenschaft stetig zurĂŒckgehen, was ist davon zu halten? Es wird viel »Wissen« generiert, aber ist dieses »Wissen« weitgehend nutzlos oder gar Pseudowissenschaft? Was ist der Zusammenhang zwischen eingesetzten Steuermitteln und wissenschaftlichen Ergebnissen?

    Aber nicht nur die Wissenschaft ist in der Krise, auch die Ausbildung ist betroffen; wird etwa die StudierfÀhigkeit der jungen Studenten immer schlechter und ist die stetig zunehmende Akademisierung des Landes sinnvoll? War die Bologna-Reform ein Fehler?

    »Brauchen wir 10.000 Leute, die Gender-Studies studieren, wÀhrend es auf der anderen Seite an Klempnern und PflegekrÀften mangelt.«

    Ist der Akademiker von heute von der Qualifikation kaum dem Maturant/Abiturient der Vergangenheit ĂŒberlegen? Wenn das so weitergeht: nennen wir die Uni in wenigen Jahrzehnten Berufschule? Das kann doch kaum eine effiziente Form der Ausbildung sein? Nicht jeder ist Einstein — an welcher Stelle erfolgt die Selektion? Je spĂ€ter sie erfolgt, desto schmerzhafter ist sie fĂŒr den Einzelnen und desto teurer fĂŒr das System?

    »Die Snowflakes, die da von der Uni kommen [Lehramt], denen hat nie jemand gesagt, dass ihre Arbeit eigentlich Scheiße ist und die sitzen jetzt im Studienseminar und sind zum ersten Mal Kritik ausgesetzt«

    In welchem Zusammenhang steht der an den Unis (vor allem in den USA) ĂŒberkochende Antisemitismus mit den oben genannten Problemen? Hat der woke Unfug nun tatsĂ€chlich die Überhand gewonnen?

    »Das EinschrĂ€nken von Meinungskorridoren, das NiederbrĂŒllen von Meinungen die einem nicht passen [
] ist eine direkte Folge des KompetenzrĂŒckgangs«

    Erleben wir Zensur von oben oder eher eine eigenartige Form der intellektuellen SelbstverstĂŒmmelung?

    “The restraints on freedom of speech and repression that are existing on formally liberal societies are not imposed by dictatorial or authoritarian governments on the whole. They are imposed by civil institutions themselves.”, John Gray

    Gibt es hÀrtere und weichere Disziplinen?

    »Mutiges Meinen statt sauberer Analyse?«

    Rentiert es sich fĂŒr Studenten ĂŒberhaupt noch, an diese Uni zu gehen? Welche Rolle spielt die UniversitĂ€t jenseits des Signalisierens und leidet nicht auch schon das Signalisieren unter den offensichtlichen QualitĂ€tsmĂ€ngeln?

    “My best guess says signaling accounts for 80% of education’s return”, Bryan Kaplan

    Der britische Premierminister Rishi Sunak beschreibt die UniversitĂ€t fĂŒr viele als irrefĂŒhrenden Traum:

    “Too many university students are sold a false dream”

    Muss die Uni neu erfunden werden, oder ist eine schrittweise Verbesserung möglich und sinnvoll?

    »Die Uni hat sich schon oft am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen, es gibt eigentlich keinen Grund, dass dies nicht wieder gelingen kann«

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?Episode 83: Robert Merton — Was ist Wissenschaft?Episode 75: Gott und die Welt, ein GesprĂ€ch mit Werner Gruber und Erich EderEpisode 67: Wissenschaft, Hype und RealitĂ€t — ein GesprĂ€ch mit Stephan SchleimEpisode 49: Wo denke ich? Reflexionen ĂŒber den »undichten« GeistEpisode 47: Große WorteEpisode 38: Eliten, ein GesprĂ€ch mit Prof. Michael HartmannEpisode 34: Die Übersetzungsbewegung, oder: wie Ideen ĂŒber Zeiten, Kulturen und Sprachen wandern – GesprĂ€ch mit Prof. RĂŒdiger LohlkerEpisode 28: Jochen Hörisch: FĂŒr eine (denk)anstössige UniversitĂ€t!Episode 6: Messen, was messbar ist?

    Artikel und Referenzen von Prof. Sommer und Ehrmann

    Thomas Ehrmann, Michael Sommer, Willkommen an der Heidi-Klum-UniversitÀt, FAZ (2023)Thomas Ehrmann und Aloys Prinz, Aufgeweckte Kapitalisten, FAZ (2021)Aloys Prinz, Thomas Ehrmann, Academia as a league system, Journal of Business Economics (2021)Thomas Ehrmann und Aloys Prinz, Die Champions League lohnt sich nicht, FAZ (2022)

    Fachliche Referenzen

    Max Koslow, ‘Disruptive’ science has declined — and no one knows why, Nature (2023)Nicholas Bloom et al, Are Ideas Getting Harder to Find? (2020)Julian Nida-RĂŒmelin, Der Akademisierungswahn (2014)Jochen Hörisch, Die ungeliebte UniversitĂ€t – Rettet die Alma Mater, Carl Hanser (2006)Liessmann — Theorie der Unbildung, Piper (2008)John Gray im GesprĂ€ch mit Unheard (2023)Bryan Caplan, The Case against Education, Princeton University Press (2019)Anna I. Krylov, The Peril of Politicising Science (2021)Woke Antisemitism: A Reckoning, Quillett (2023)Konstantin Kisin, The Day the Delusions Died | The Free Press (2023)Rishi Sunak, Too many university students are sold a false dream, Telegraph (2023)
  • Im heutigen Podcast werde ich einige unterhaltsame aber auch ernsthafte Geschichten erzĂ€hlen, zu einem Thema, das ich in verschiedenen anderen Episoden schon angesprochen habe: »Unintended Consequences — Unerwartete Folgen«

    In dieser Episode wird es also weniger um eine tiefe Analyse der GrĂŒnde fĂŒr unerwartete Folgen bestimmter Maßnahmen gehen, sondern es soll vielmehr die Breite und Tragweite der Problematik anschaulich gemacht werden. Dies trifft sowohl auf die FĂ€lle zu, wo die unerwĂŒnschten Folgen negativer als auch positiver Natur sind.

    In der Episode spreche ich Beispiele aus der Chemie, der Ökologie, Politik und Wissenschaft an. Es ist auch das erste Mal, dass mit Barbara Streisand eine Schauspielerin und SĂ€ngerin thematisiert wird, oder besser gesagt, ihre Villa am Strand!

    Welche Rolle spielen simple und komplexe Systeme, oder Probleme mit engem oder weitem Kontext?

    Was können wir tun, um schwerwiegende unerwĂŒnschte Folgen zu vermeiden und positive zu begĂŒnstigen?

    “All history is the history of unintended consequences.”, T. J. Jackson Lears

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith CurryEpisode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 76: Existentielle RisikenEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 69: Complexity in SoftwareEpisode 37: Probleme und LösungenEpisode 27: Wicked ProblemsEpisode 25: Entscheiden unter UnsicherheitEpisode 23: Frozen AccidentsEpisode 10: Komplizierte KomplexitĂ€t

    Fachliche Referenzen

    Rory Sutherland, Alchemy, Virgin Digital (2019)Los Angeles Times, Unintended consequences of conserving water: leaky pipes, less revenue, bad odors (2015)Rachel Carson, Silent Spring, Penguin Classic (1962)Bloomberg, Tree Planting Program in Mexico may Encourage Deforestation (2021)Tokunaga, E., Yamamoto, T., Ito, E. et al. Understanding the Thalidomide Chirality in Biological Processes by the Self-disproportionation of Enantiomers. Sci Rep 8, 17131Barbara Streisand Estate (Photo): Copyright (C) 2002 Kenneth & Gabrielle Adelman, California Coastal Records ProjectThomas Sowell, Intellectuals and Society, Basic Books (2012)Vaclav Smil, Invention and Innovation: A Brief History of Hype and Failure, MIT Press (2023)Reason TV, Great Moments in Unintended Consequences (YouTube Playlist)Niall Ferguson on Regulation (YouTube), Zitat T. J. Jackson Lears
  • Is the political left and right position changing regularly? For many years now, I have been getting more and more uneasy when pundits and journalists use the “left/right” dichotomy. In my lifetime, I have observed numerous political topics that were once at the core of “left” politics that suddenly are named “right” and vice versa.

    I then came across the book with the very name “The Myth of Left and Right” and it is a terrific read. So I was very excited that one of the authors, Hyrum Lewis agreed to a conversation.

    Hyrum Lewis is a professor of history at BYU-Idaho and was previously a visiting scholar at Stanford University. He received a PhD from the University of Southern California and has written for the Wall Street Journal, Quillette, RealClearPolitics, The Washington Examiner, and other national publications. His most recent book, The Myth of Left and Right (co-authored with Verlan Lewis) was published by Oxford University Press in 2023.

    Moreover, this episode fits very nicely with the previous episode with Prof. Möllers on liberalism, so if you are a German speaker, please check this one out as well.

    Political realities do not map to a single variable or descriptor—there is no such thing as a political monism. Are “left” and “right” just post-hoc narratives where we try to construct ideologies that are not actually there?

    We observe a regular flip-flopping in history; what are prominent examples?

    “There is no left and right; there are just two tribes, and what these tribes believe and stand for will change quite radically over time since there is no philosophical core uniting the tribe.”

    I, personally, have a profound problem with the term “progressive”, but more generally, what do these terms even mean: progressivism, conservatism, reactionary, liberal?

    “It is a loaded and self-serving term [
] what is considered progressive changes from day to day.”

    “If you don't agree with every policy we believe in [
] then you are obviously on the wrong side of history. You are standing against progress.”

    So, are left and right not a philosophy but rather a tribe?

    Is the definition of conservatism maybe easier? There is a nice brief definition: "Conservatism is democracy of the deceased,” Roger Scruton makes the astute observation that there are so many more ways to screw up and so little ways to do right. But does this help in practice?

    “Every person on that planet wants to conserve things that are good and change things that are bad. We are all progressive, and we are all conservative. We just don't agree on what is good and what is bad.”

    What are examples where positions are unclear or change over time.

    “In 1903, President Theodore Roosevelt visited Yosemite and was guided by naturalist John Muir. The two men spent three memorable nights camping, first under the outstretched arms of the Grizzly Giant in the Mariposa Grove of Giant Sequoias, then in a snowstorm atop five feet of snow near Sentinel Dome, and finally in a meadow near the base of Bridalveil Fall. Their conversations and shared joy with the beauty and magnificence of Yosemite led Roosevelt to expand federal protection of Yosemite, and it inspired him to sign into existence five national parks, 18 national monuments, 55 national bird sanctuaries and wildlife refuges, and 150 national forests.”, Roosevelt, Muir, and the Grace of Place (NPR)

    Teddy Roosevelt was a Republican. And here again, a “hiccup”: even though Teddy Roosevelt was a Republican, he called himself a progressive.

    In reality, though, if you see someone on the street in a mask, you can predict with high certainty the other political assumptions of this person. How come? Is there now an underlying disposition, or is there not? Or is it much more a phenomenon of tribal or social conformity?

    Is the left-right model, at least, useful? What can we learn from past US presidents such as Donald Trump, Bill Clinton, George W. Bush in that regard?

    Is the political discourse at least more reasonable at universities and among “elites”? Or maybe even more troubled and more conforming to their very tribe?

    If “normal” people are in general “moderate” on important topics (like abortion), why do major political parties play for the few on the extreme ends of the opinion spectrum?

    More generally, some educated people describe themselves as “moderate” or “centrist.” Does this even mean anything, and would it be desirable?

    What about “realism” vs. “utopianism”?

    “Both status quo conservatives and progressive technocrats share a common element: the hostility to open-ended change, guided not by planners but by millions of experiments and trial and error. For both, the goal is stasis, it’s just that one group finds it in the past, the other one in the future.”, Virginia Postrel

    A lot of these errors are made under the more elementary mistake that we can know, predict, or foresee the future, especially when we take actions. What can we learn from Phil Tetlock and Dan Gardners forecasting studies?

    “To be a true progressive, you cannot be a progressive”

    “Our media does not reward granular, careful, and probabilistic analysis.”

    So, is it not more significant to distinguish between authoritarian and non-authoritarian politicians or political methods?

    But can we be optimistic about the future when non-tribal podcasters like Joe Rogan or Coleman Hughes have audiences that are larger than most legacy media outlets combined?

    Is democracy over time the best way to deal with complex situations and challenges? Is there a value in slowness, and are we not just too impatient?

    References

    Other Episodes

    Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein GesprÀch mit Prof. Christoph MöllersEpisode 84: (Epistemische) Krisen? Ein GesprÀch mit Jan David ZimmermannEpisode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 57: Konservativ UND Progressiv

    Hyrum Lewis

    Hyrum Lewis at BYU-IdahoHyrum Lewis, Verlan Lewis, The Myth of Left and Right, Oxford University Press (2022)Hyrum Lewis, It's Time to Retire the Political Spectrum, Quillette (2017)Hyrum Lews Blog

    Other References

    Roger Scruton, How to be a conservative, Bloomsbury Continuum (2019)Johan Norberg, Open: The Story of Human Progress, Atlantic Books (2021)Karl Popper, The Poverty of Historicism, Routledge ClassicPhil Tetlock, Dan Gardner, Superforecasting, Cornerstone Digital (2015)Tim Urban, What's Our Problem?: A Self-Help Book for Societies (2023)Nicholas Carr, The Shallows, Atlantic Books (2020)Roosevelt, Muir, and the Grace of PlaceJoe Rogan PodcastColeman Hughes Podcast
  • Ich habe vor einiger Zeit das hochinteressante Buch »Freiheitsgrade« von Christoph Möllers gelesen. Ich hatte im vorigen Jahr die Gelegenheit, mit Prof. Möllers in Berlin zu sprechen:

    Christoph Möllers studierte Rechtswissenschaf­ten, Philosophie und Komparatistik in TĂŒbingen, Madrid und MĂŒnchen, habilitiert in Heidelberg und ist aktuell Permanent Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. In dieser Funktion beschĂ€ftigt er sich insbesondere um das Projekt Recht im Kontext. Zugleich arbeitet er an der Juristischen FakultĂ€t der HU.

    Er ist TrĂ€ger des Leibniz-Preises der DFG, des Schader-Preises und des Tractatus-Preises sowie Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie fĂŒr Sprache und Dichtung.

    Was ist liberal, libertÀr wie unterscheidet sich die Verwendung international? Was ist der Zusammenhang mit der französischen Revolution?

    »good things are easily destroyed, but not easily created.«, Roger Scruton ĂŒber Konservativismus

    Was ist das Paradox konservativer Politik? Bedeutet konservativ gestalten zu mĂŒssen bewahren? Was aber ist zu bewahren? Aber wie steht »links« oder »«liberal« im Vergleich dazu?

    Welche Rolle spielt Intervention in verschiedenen Ideologien?

    »intrinsic values emerge from social cooperation. They are not imposed by some outside authority or instilled through fear. They grow from below, through relations of love, respect and accountability.«, Roger Scruton

    Welche Rolle spielen soziale- und Rechtsnormen? Wie wirken diese aufeinander? Gelingt die Gestaltung von Sozialnormen durch Rechtsnormen?

    "Kommt zuerst die Sittlichkeit und dann die Rechtsform oder hat die Rechtsform auch EinflĂŒsse?"

    Warum sind die LibertÀren in Europa kaum vorhanden? (im Gegensatz zu den USA) Warum war die Prohibition in den USA möglich, wÀhrend das in Europe nicht durchsetzbar gewesen wÀre?

    Was ist die Rolle von politischer Vielfalt, arbeiten wir heute aktiv dagegen?

    Wie gestalten wir sinnvollerweise in komplexen SachzusammenhÀngen? Bottom up oder top down? Wie bildet sich das auf die politischen Strömungen ab und was kann funktionieren?

    »Linke« und »rechte« Parteien tauschen die regelmĂ€ĂŸig Rollen und Ansichten, dazu wird es auch noch spĂ€ter eine weitere Episode geben — stay tuned!

    »Moralisieren macht jede VerstĂ€ndigung unmöglich. [
] Im Extremfall, der leider immer hĂ€ufiger eintritt, sieht der politische Moralist im politischen Gegner einen Unmenschen. [
] Politik ist der notwendige Kompromiss mit dem Bösen.«, Norbert Bolz

    Ist Moralisieren etwas Neues in der Politik?

    »EntrĂŒstung gilt heute als Echtheitsbeweis, aber wer moralisch entrĂŒstet ist, kann nicht mehr klar denken.«, Norbert Bolz

    Steigt die AggressivitĂ€t in der politischen Auseinandersetzung, erleben wir eine Verrohung des Diskurses bei gleichzeitigem Verschwimmen von PrivatsphĂ€re und Öffentlichkeit? Besteht hier ein Zusammenhang mit dem beschriebenen Moralisieren? Wenn die Schwellen der Kommunikation verschwinden (auch technisch), was sind die Konsequenzen?

    “Transparenz ist das Schlagwort der zweiten AufklĂ€rung.”, Byung-Chul Han

    Ist mehr Transparenz (in Politik, Gesellschaft) wirklich immer besser? Die Gefahren der Transparenz (Byung Chul-Han). Das Panoptikon ist eigentlich offensichtlich kein Bild der Freiheit und dennoch wird Transparenz heute so verkauft.

    Braucht Freiheit Intransparenz? Hilft Transparenz wenigstens Korruption zu verringern?Besteht ein Zusammenhang damit, dass wir in den westlichen Gesellschaften immer weniger auf die Reihe bekommen?

    Wie sieht es mit HandlungsfĂ€higkeit gegenĂŒber individuellen Rechten aus?

    »Demokratie ist eine trĂ€ge Maschinerie, konzipiert, um Entscheidungen zu verlangsamen«, Herfried MĂŒnkler

    Ist die prozessualisierte Langsamkeit nicht vielleicht in Summe doch schneller? Wie steht es um Konsensbildung vs. Konfrontation?

    Wenn wir Menschen wie Kinder behandeln verhalten sie sich wie Kinder? Was ist vom »Nudgen« zu halten? Sind die BĂŒrger zu blöd selbst zu denken aber doch schlau genug zu wĂ€hlen — pflegen viele Eliten nicht ein paternalistisches Bild, das zutiefst undemokratisch und auch fundamental falsch ist?

    Ist die klassische sozialdemokratische Idee »von der Wiege bis zur Bahre« einer der Bevormundung oder der ErmÀchtigung der Massen zur Selbstbestimmung? Muss man intervenieren um Chancengleichheit zu bekommen?

    »Es ist ein Dilemma linker Politik, besonders an materieller Versorgung interessiert zu sein, aber keine Mechanismen anbieten zu können, die diese freiheitsfreundlich gewÀhrleisten.«

    Was sind die Schattenseiten der AufklÀrung?

    Gibt es katholische und protestantische Atheisten?

    Was ist von Meritokratie zu halten? Der amerikanische Philosoph Michael Sandel sieht diese ja sehr skeptisch. Zurecht? Woran liegt Chancenungleich? Betreiben wir regelmĂ€ĂŸig Survivorship Bias? Welche Rolle spielt das GlĂŒck?

    Wie werden Rechte wahrgenommen und entwickeln sich ĂŒber die Zeit und warum kann die Nutzung von Rechten zu Irritationen fĂŒhren?

    Was bedeutet Meinungsfreiheit. Mangelt es an Meinungsfreiheit oder an zivilisiertem Umgang? Was haben wir am Beispiel von Twitter ĂŒber Zensur und staatliche Intervention gelernt? Welche Rolle spielen privatwirtschaftliche Internet-Plattformen? Wie können diese gesellschaftlich reguliert werden?

    Wie spielen Krise und Freiheit zusammen? Wer hat die Deutungshoheit, was eine Krise ist und wer definiert die Konsequenzen? Ist dies ein Konflikt Alt gegen Jung? Wer setzt PrioritÀten?

    Wie hat sich der Begriff der Freiheit von John Stuart Mill bis zur heutigen Zeit verĂ€ndert, ist diese VerĂ€nderung wĂŒnschenswert?

    »Aus fundamentalen Abwehrrechten gegenĂŒber staatlicher Gewalt und WillkĂŒr wurden ausufernde Anspruchsrechte, fĂŒr deren Einlösung ein paternalistisch gedachter Staat verantwortlich gemacht werden soll. Aus dem Recht der BĂŒrger, nach ihrem GlĂŒck zu streben, wurde lĂ€ngst die Pflicht des Staates, fĂŒr dieses GlĂŒck zu sorgen. Dass in einer Demokratie die BĂŒrger diesen Staat ausmachen und deshalb solche Forderungen an sich selbst adressieren mĂŒssten, wird gerne vergessen. Die Einsicht, dass es keine Rechte ohne Pflichten gibt, wird heute ziemlich einseitig interpretiert: Die Rechte des einen sind jedoch stets die Pflichten des anderen.«, Konrad Paul Liessmann

    Was geschieht, wenn die Freiheit dazu fĂŒhrt, dass die Menschen die Freiheit abschaffen oder reduzieren wollen?

    "Es funktioniert auch unglaublich viel."

    Kritisieren wir auf hohem Niveau? ist das unhistorisch?

    »Die Intellektuellen scheinen sich geradezu verschworen zu haben, uns immer wieder zu erzĂ€hlen, wie schlecht die Welt ist, in der wir leben. Ich halte das fĂŒr einen fĂŒrchterlichen Unsinn, eine wirkliche LĂŒge, die aber fast allgemein geglaubt wird. In der Zeit meiner Jugend, gab es in Deutschland, Österreich, Frankreich, England noch Sklaverei. Vor allem Frauen waren damals versklavt – als Haushaltsgehilfinnen, Köchinnen, WĂ€scherinnen usw. [
] Daneben hat es fĂŒrchterliches Elend gegeben.«, Karl Popper

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 65: Getting Nothing Done — Teil 2Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1Episode 58: Verwaltung und staatliche Strukturen — ein GesprĂ€ch mit Veronika LĂ©vesqueEpisode 57: Konservativ UND ProgressivEpisode 44: Was ist Fortschritt? Ein GesprĂ€ch mit Philipp BlomEpisode 38: Eliten, ein GesprĂ€ch mit Prof. Michael Hartmann

    Christoph Möllers

    Lehrstuhl Christoph MöllersChristoph Möllers, WerdegangChristoph Möllers, Freiheitsgrade, Suhrkamp (2020)

    Fachliche Referenzen

    Norbert Bolz, Keine Macht der Moral, Matthes und Seitz Berlin (2021)Byung-Chul Han, Psychopolitik, S. Fischer (2014)Panopticon (Wikipedia)Nudging: Jesse Singal, The Quick Fix: Why Fad Psychology Can't Cure Our Societal Ills, Farrar, Straus and Giroux (2021)Von der Wiege bis zur Bahre — SozialdemokratieThe Free Press, Why we went to TwitterMarshall Matters (Spectator), Michael Shellenberger, The Censorship Industrial Complex (2023)Konrad Paul Liessmann, Lauter LĂŒgen, Paul Zsolnay (2023)John Stuart Mill, On Liberty, Project Gutenberg (1859)Karl Popper, Ich weiß, dass ich nichts weiß – und kaum das (1991)
  • In dieser Episode reflektiere ich die wesentlichen Themen von 2023 und Podcast-Episoden, die ich aufgenommen habe.

    Was gibt es ich RĂŒckblick zu ergĂ€nzen?

    Was habe ich gelernt, und wo habe ich Fehler gemacht oder bleiben große Unsicherheiten in der EinschĂ€tzung?

    Ich bedanke mich fĂŒr die vielen Zuschriften in diesem Jahr, und ich versuche auch in dieser Episode auf einige der von Ihnen genannten Themen einzugehen.

    Referenzen

    Economists had a dreadful 2023 (20.12.2023)Michael Malice Zitat: Jordan Peterson Podcast #407Thomas Sowell, Intellectuals and Society (2012)
  • I recently read the book "Climate Uncertainty and risk" written by Dr. Judith Curry, who is one of the leading US climate scientists but also an important heterodox thinker. I loved her book, not only because of her take on climate change, but also because she covers a lot of essential topics that are applicable in other complex problems as well.

    Judith Curry is president of Climate Forecast Applications Network (CFAN). Previously, she was professor and chair of the School of Earth and Atmospheric Sciences at the Georgia Institute of Technology and professor at the University of Colorado-Boulder in the department of aerospace engineering sciences program in the atmospheric and oceanic sciences and environmental studies program. Dr Curry published more than 200 reviewed scientific articles and gave 13 testimonials at US congressional hearings.

    In our conversation we discuss about the state of climate and climate science. What role does uncertainty play in assessing climate change and climate risk? Why urgency in measures might be a disaster.

    What role do carbon emissions play and can wind and solar energy help in mitigating climate change? What role does or should nuclear energy play? Do many prominent environmentalists hate nuclear even more than climate change?

    However, uncertainty cuts both ways, what does this mean in terms of climate, tipping points, systemic attractors, regime shifts?

    What role do natural effects play in climate change, like volcanoes (think of the year without summer)? How can we reduce vulnerability and why does deindustrialization and becoming poorer as a society not seem to be a clever way to handle complex risks? At the moment it rather seems that we are crippling our economy without reducing the footprint on the planet while at the same time reducing our resilience.

    “There are no solutions, only tradeoffs.”, Thomas Sowell

    What does resilience mean on a societal level and what can we do to achieve it? How is resilience connected to global existential risks?

    "At that point we are making the environment worse, and doing nothing for the climate and we are messing up our economy over this crazy net zero stuff."

    Is energy transition on the scale some countries attempt to do it, a risk far greater than risks related to climate change in the 21st century?

    What are wicked problems (showing complexity, uncertainty and ambiguity)? Why do predict than act approaches (which work for tame problems) not work on wicked problems?

    "Climate change is the mother of all wicked problems."

    What is the utility of models in general and climate specifically?

    “This is exactly what models are for—to serve as working hypotheses for further research.”, Ludwig von Bertalanffy

    How do climate models work? What is a scenario and how can scenarios be of use in assessing climate change?

    Why did we see such a heatwave this summer and autumn? What are likely reasons and what does the hot summer and August of this year tell us about anthropogenic climate change and the next decades?

    How to deal with extreme risks that are unlikely, like a Carrington Event? What are microgrids and how could the help making a society more resilient? What is the difference and utility of caution, precaution and the precautionary principle? Why is the precautionary principle problematic and how could a proactionary principle helt?

    What are principles of robust decision making? How do incrementalism and local decision making contribute? Is the seed — select — amplify (Meyer, Davis) idea and antifragility connected?

    Why do we see deep quality problems and politicisation in science? How is gate keeping of major institutions abused to stop critical discussion, including top journals like Nature and Science? Why did cancel culture blossom in academia and create a toxic intellectual environment?

    "The whole incentive system has become completely perverse."

    Careerism, ideology or money? Which is harming science the most?

    “Big Science may destroy great science, and the publication explosion may kill ideas. Ideas, which are only too rare, may become submerged in the flood.”, Karl Popper

    Should we separate science and activism or is a scientist ethically required to become an activist under certain conditions?

    "Once you became a political activist, it is game over for your credibility as a scientist."

    However, being a scientist and activist for a politically popular topic is currently highly rewarded.

    Can people handle complexity or should we simplify complex topics to easy to understand soundbites? And if so, who does the simplifying? Should we hide the scientific debate or even cancel it, to be able to send a simple message?

    "In the old days, disagreement was the spice of academic debate and life. Now we are out to cancel our opponents."

    References

    Judith Curry

    Website and Blog of Dr. Judith CurryCVJudith Curry, Climate, Uncertainty and Risk, Anthem Press (2023)Judith Curry, Klima: Unsicherheit und Risiko (2023)

    Other Episodes

    ModelingEpisode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica ThompsonEpisode 68: Modelle und RealitĂ€t, ein GesprĂ€ch mit Dr. Andreas WindischEpisode 53: Data Science und Machine Learning, Hype und RealitĂ€t — Teil 1Existential ThreatsEpisode 76: Existentielle RisikenEpisode 74: Apocalype AlwaysEpisode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: GesprĂ€ch mit Herbert SauruggComplex problemsEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 69: Complexity in SoftwareEpisode 37: Probleme und LösungenEpisode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 27: Wicked ProblemsEpisode 25: Entscheiden unter UnsicherheitEpisode 23: Frozen AccidentsScience, Quality and StagnationEpisode 67: Wissenschaft, Hype und RealitĂ€t — ein GesprĂ€ch mit Stephan SchleimEpisode 65: Getting Nothing Done — Teil 2Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1Episode 28: Jochen Hörisch: FĂŒr eine (denk)anstössige UniversitĂ€t!Episode 18: GesprĂ€ch mit Andreas Windisch: Physik, Fortschritt oder StagnationEpisode 16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation?

    Other Reference

    Guinevere Glasfurd, The Year Without Summer: 1816 - one event, six lives, a world changed, Two Roads (2020)Thomas Sowell, Intellectuals and Society, Basic Books (2012)Christopher Meyer, Stan Davis, It's Alive: The Coming Convergence of Information, Biology and Business, Texere Publishing (2003)Björn Lomborg, False Alarm: How Climate Change Panic Costs Us Trillions, Hurts the Poor, and Fails to Fix the Planet, Basic Books (2020)Roger Pielke Jr. on SubstackCarrington Event: Lloyds, Solar Storm Risk to the North American Electric Grid (2013)John Ioannidis, How the Pandemic Is Changing Scientific Norms (2021)Karl Popper, The Myth of the Framework: In Defence of Science and Rationality, Routledge (2014)
  • An die Episode #83 ĂŒber Robert Merton und die wissenschaftlichen "Normen" anschließend, möchte ich in der heutigen Episode eine weitere grundlegende Überlegung anstellen. Mertons Normen scheinen mir wichtige Eckpfeiler zu sein, wenn man moderne Wissenschaft verstehen möchte, aber es gibt noch eine Reihe weiterer Aspekte, die man bedenken sollte.

    Einer davon ist die Idee des Naturalismus und auch dessen BeschrĂ€nkungen. Dies ist insofern auch fĂŒr die EinschĂ€tzung von Wissenschaft und wissenschaftlicher Erkenntnis fĂŒr die großen Fragen der Zukunft von großer Bedeutung, weil es uns den Rahmen vorgibt, zu welchen Aspekten der Welt Wissenschaft im Allgemeinen und Naturwissenschaft im Besonderen Aussagen tĂ€tigen kann. Und zu welchen nicht.

    Die Frage des Naturalismus ist also: was ist ĂŒberhaupt der Gegenstand unserer Betrachtung, und wo sind die Grenzen der Wissenschaft? Und damit verbunden sind Materialismus, Universalismus (wie bereits erwĂ€hnt), die Frage, was Wahrheit und ObjektivitĂ€t bedeuten, methodische ZugĂ€nge wie Reduktionismus (Experiment) und systemisches Denken und Emergenz, wie sich das Zusammenspiel zwischen Beobachtung und Theorie verhĂ€lt, was ein Naturgesetz konstituiert und ob es nun gelingen kann, scharf zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft zu unterscheiden. In dieser Episode werde ich mich auf die Themen: Reduktionismus, Materialismus und wie diese mit dem Naturalismus in Zusammenhang stehen, beschrĂ€nken. Die anderen Themen vielleicht mal in einer zukĂŒnftigen Episode.

    »Es gehört zu den methodischen GrundsĂ€tzen der Wissenschaft, dass man gewisse fundamentale Fragen nicht stellt. Es ist charakteristisch fĂŒr die Physik, so wie sie neuzeitlich betrieben wird, dass sie nicht wirklich fragt, was Materie ist, fĂŒr die Biologie, dass sie nicht wirklich fragt, was Leben ist, fĂŒr die Psychologie, dass sie nicht wirklich fragt, was Seele ist. Wollten wir nĂ€mlich diese schwersten Fragen gleichzeitig stellen, wĂ€hrend wir Naturwissenschaft betreiben, so wĂŒrden wir alle Zeit und alle Kraft verlieren, sie lösbaren Fragen zu lösen. Auf der anderen Seite darf man sich nicht tĂ€uschen, dass das methodische Verfahren der Wissenschaft [...] wenn es sich ĂŒber seine eigene FragwĂŒrdigkeit nicht mehr klar ist, etwas Mörderisches an sich hat.«, Carl Friedrich von WeizsĂ€cker

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 83: Robert Merton — Was ist Wissenschaft?Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 55: Strukturen der WeltEpisode 14: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 2 Episode 13: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 1Episode 11: Ethik, oder: Warum wir Wissenschaft nicht den Wissenschaftern ĂŒberlassen sollten!Episode 9: Abstraktion: Platos Idee, Kommunismus und die ZukunftEpisode 6: Messen, was messbar ist?Episode 2: Was wissen wir?

    Fachliche Referenzen

    Julien Offray de La Mettrie, L'Homme Machine / Der Mensch eine Maschine, erste Ausgabe 1747Ulrich KĂŒhne, Der Mensch als Industriepalast, Telepolis (2010)Fritz Kahn, Gallerie (Der Mensch als Industriepalast)Naturalism / PhilosophyNaturalism, Stanford Encyclopaedia of PhilosophyKlaus Kornwachs, Philosophie der Technik (C.H.Beck Wissen) (2013)
  • Der heutige GesprĂ€chspartner ist wieder Jan David Zimmermann, was mich sehr freut! Jan ist Autor, Journalist und Wissenschaftsforscher, hat auch gerade ein neues und Ă€ußerst empfehlenswertes Buch herausgebracht — Lethe, Vom Vergessen des TotalitĂ€ren. Außerdem ist er Redakteur beim Stichpunkt-Magazin.

    Das heutige Thema ist »(Epistemische) Krisen?«.

    Eine Anmerkung vorweg: wir haben die Episode vor dem Hamas-Terroranschlag aufgenommen. Wir beide sind von der darauf folgenden Welle des Antisemitismus in Europa, den USA und Australien zutiefst schockiert. Besonders erschreckend ist daran natĂŒrlich die Tatsache, dass zahlreiche antisemitische und unfassbar inhumane Äußerungen von Personen, die zuvor als Intellektuelle bezeichnet wurden, stammen — Personen, die an Unis unterrichten, in Medien arbeiten, oder in politischen Funktionen tĂ€tig sind. Hier findet sich leider wir ein Thema bestĂ€tigt, das ich in vergangenen Episoden angesprochen habe und auch in zukĂŒnftigen Episoden thematisieren werde: einen bedrĂŒckenden Verlust an intellektueller Redlichkeit und QualitĂ€t in wesentlichen gesellschaftlichen Institutionen wie etwa UniversitĂ€ten.

    Aber selbst wenn wir spĂ€ter aufgenommen hĂ€tten, hĂ€tte ich dieses Thema ohnedies noch nicht im Podcast aufgreifen wollen. Auch wenn die Eckpunkte dieses Konfliktes sehr klar sind, viele Details und Folgen sind es nicht. Den Grund habe ich in frĂŒheren Episoden schon mal erklĂ€rt: dieser Podcast beschĂ€ftigt sich ganz bewusst nicht mit aktuellen Themen. Ich möchte hier nicht im medialen Rennen um die knalligste Spekulation beteiligen. In der heutigen Medienlandschaft dominiert das Rauschen und erst, wenn der LĂ€rm leiser geworden ist, oft nach einigen Jahren, kann man anfangen, solche Themen vernĂŒnftig und in der Tiefe aufzuarbeiten.

    Daher habe ich auch erst in diesem Jahr begonnen, Covid als Thema langsam aufzugreifen und weitere Folgen sind in Vorbereitung.

    Aber zurĂŒck zu dieser Episode: Was ist eine (epistemische) Krise? Mit welchen Transformationen haben wir seit 2020 zu tun? Fallen wir von einer Krise in die nĂ€chste, oder doch nicht? Warum ist der Krisenbegriff selbst schwierig? Wer definiert eigentlich, was eine Krise ist und wie groß sich diese darstellt, denken wir an die stete AufrĂŒstung der Worte um noch Gehör zu finden: zur gleichen Zeit, wie die IPCC-Szenarien mit dem letzten Bericht optimistischer werden, wird die Sprache aufgerĂŒstet, aus dem Klimawandel wird die Klimakrise und nun die Klimakatastrophe. Was folgt als NĂ€chstes?

    Und die Krisen machen vor sich selbst nicht halt, denn diejenigen, die die Krisen ausrufen, unsere Institutionen und UniversitÀten, stecken selbst in einer schweren Krise. Wir erleben also vermeintlich multilple Krisen, und trotzdem fÀllt es der Gesellschaft schwer sich auf gemeinsame Momente zu einigen!

    Ein Kristallisationpunkt des Diskurses ist das Intenet? Aber welche Rolle spielt es: ist es totalitÀr und radikal, verdummend oder eher das Gegenteil? Wird gar die KomplexitÀt der Welt heute besser gespiegelt als je zuvor, nur gefÀllt dies manchen nicht, die sich zuvor in der Deutungshoheit gesehen haben?

    Wie kann man der Gesellschaft komplexe VerhÀltnisse vermitteln?

    “If you’re not confuse you’re not paying attention”, Tom Peters

    Oder ist die KomplexitÀt vielleicht nur ein Auswuchs, eine TÀuschung der Verwirrungen des postmodernen Relativismus? Wer kann urteilen, oder besser: wem trauen wir Urteilskraft zu?

    Intellektuelle Bescheidenheit und Umgang mit Fehlern und FehleinschÀtzungen scheinen immer wesentlicher zu werden und sind dennoch selten zu finden.

    »Das ist das Prinzip der dauernden Fehlerkorrektur: die Methode, dauernd nach Fehlern zu suchen und frĂŒhzeitig kleine und beginnende Fehler zu korrigieren. Diese Methode der rechtzeitigen Fehlerkorrektur zu verfolgen ist nicht nur eine Weisheitsregel, sondern geradezu eine moralische Pflicht: Es ist die Pflicht zur dauernden Selbstkritik, zum dauernden Lernen, zu dauernden kleinen Verbesserungen unserer Einstellung, unserer Urteile – auch der moralischen – und unserer Theorien. Hier wird das Können zum Sollen: wir können aus unseren Fehlern lernen; darum ist es unsere Pflicht, aus unseren Fehlern zu lernen.«, Karl Raimund Popper

    Kann Selbstkritik als moralische Pflicht gelten? Wie sieht es mit Heinz von Foersters Beobachtung zweiter Ordnung aus, und welche Rolle spielt das stĂ€ndige Reframen eigentlich klarer Sachverhalte? MĂŒssen wir die Krise ĂŒberwinden oder fĂŒhrt sie ohnedies zu neuen Bedingungen, die besser sind als zuvor?

    Wie sieht es mit der sozialen Regulierung von Wissensformen aus, anders gesagt, was können wir von Seiten der wissensoziologischen Diskussion lernen? Gibt es so etwas wie illegitimes Wissen? Wie ist das VerhÀltnis zwischen Experten/Wissenschaftern und Politik?

    Wir gehen dann noch etwas weiter ins 20. Jahrhundert zurĂŒck und kommen (metaphorisch) zu Thomas Kuhns Paradigmenwechsel und stellen die Frage: Wenn der Schleier gefallen ist, möchte man wieder in den Nebel zurĂŒck?

    Was ist von Wissenschaftsskepsis zu halten? Ist dies ein Problem oder eine große Chance fĂŒr unsere Gesellschaft?

    Aller vermeintlicher InklusivitĂ€tsbemĂŒhungen zum Trotz scheint das Gegenteil zu passieren und wir werden immer ambiguitĂ€tsintolerater. Aus »anything goes« wird »nothing goes«. Komplexe Menschen, die wichtige BeitrĂ€ge fĂŒr unsere Gesellschaft leisten, können in anderen Aspekte völlig irren, man denke an Wissenschafter wie Isaac Newton oder Kary Mullis.

    Was können wir noch von Ernst von Glasersfeld, und Heinz von Foerster, den radikaler Konstruktivsten, lernen? Dann kommen wir auf die Frage, ob die Geisteswissenschaften sich an den Naturwissenschaften orientieren sollen? Wir vertagen diese Frage aber auf eine andere Episode.

    Wie kommt es eigentlich in der Wissenschaft zur Meinungsbildung, welche Rolle spielen Epistemic Communities, und was ist von Gruppenbildung in der Wissenschaft zu halten? Pierre Bourdieu spricht vom Homo Academicus, Ludwig Fleck von Denkkollektiven.

    In welchem Zusammenhang steht das zu den moderneren Formulierungen wie »Trust the Science« oder gar »Follow the Science«? Was ist die Triple Helix von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik?

    Wie stehen diese Überlegungen zu der Tatsache, dass Fortschritt nur mit heterodoxem und orthodoxem Denken gemeinsam zu bekommen ist? Was bedeutet dies fĂŒr DiversitĂ€t in Wissenschaft und Eliten in Theorie und Praxis? Welchen Schaden richtet dabei das heute ĂŒberall zu erlebende Pseudo-QualitĂ€tsmanagement an?

    »Nicht mehr die Wahrheit hat hier eine Macht, sondern was Macht ĂŒber uns hat legitimieren wir theoretisch als das Wahre.«, Hans Blumenberg

    Wie kann es gelingen, Fehlerkultur guter (!) Wissenschaft in die Politik mitnehmen? Dabei aber gleichzeitig nicht den Fehler von ĂŒber-Rationalisierung zu begehen, also Wissenschaft als rationales Schild fĂŒr Politik und Management zu missbrauchen?

    »Viele Menschen lĂ€cheln ĂŒber altmodische Wahrsager. Doch sobald die Hellseher mit Computern arbeiten, nehmen wir ihre Vorhersagen ernst und sind bereit, fĂŒr sie zu zahlen.«, Gerd Gigerenzer

    Dabei stelle ich wieder einmal die fundamentale Frage: wollen Menschen belogen, oder wĂŒrde Wahrheit politisch belohnt werden? Ich glaube zweiteres, aber was ist Jans Meinung?

    Zuletzt stellt sich die ernĂŒchternde Frage, ob wir die Dimension eines großen Umbruches wĂ€hrend des Umbruches ĂŒberhaupt verstehen kann?

    Wer die erste Episode mit Jan noch nicht gehört hat, unbedingt Nachhören!

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica ThompsonEpisode 74: Apocalype AlwaysEpisode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein GesprĂ€ch mit Jan David ZimmermannEpisode 47: Große WorteEpisode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?Episode 39: Follow the Science?Episode 38: Eliten, ein GesprĂ€ch mit Prof. Michael HartmannEpisode 37: Probleme und LösungenEpisode 27: Wicked ProblemsEpisode 25: Entscheiden unter Unsicherheit

    Jan David Zimmermann

    Homepage von JanJan David Zimmermann, LETHE. Vom Vergessen des TotalitÀren, als vobiscum (2023)Stichpunkt MagazinFacebook: Jan D. ZimmermannInstagram: j._zimmermann

    Fachliche Referenzen

    Karl Popper: Das Elend des Historizismus. Mohr Siebeck, TĂŒbingen 2003, S. XI [Vorwort zur deutschen Ausgabe]Reason TV, The Truth about Sweden's COVID Policy (2023)Uwe Pörsken: Plastikwörter. Die Sprache einer internationalen Diktatur. Klett-Cotta 2011 (ursprĂŒnglich erschienen: 1988)Mai'a K. Davis Cross, Rethinking epistemic communities twenty years later (2012)Ludwik Fleck, Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. EinfĂŒhrung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv, Suhrkamp (1980)Peter M. Haas, Introduction: Epistemic Communities and International Policy Coordination, International Organization, Vol. 46, No. 1, Knowledge, Power, and International PolicyCoordination (Winter, 1992), pp. 1-35Hyrum Lewis & Verlan Lewis, The Myth of Left and Right: How the Political Spectrum Misleads and Harms America, Oxford University Press (2022)Mitchell G . Ash, Wissenschaft und Politik als Ressourcen fĂŒreinander (2002)Hans Blumenberg: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Suhrkamp, Frankfurt a.M .1960, S.22.Gerd Gigerenzer, Risiko – Wie man die richtigen Entscheidungen trifft, Pantheon (2020)
  • Diesmal gibt es eine kurze Episode, in der ich Ihnen am Ende zwei konkrete Fragen stellen möchte. Es gibt ein Online-Formular, wo ich Sie ersuche, Ihre Gedanken stichwortartig einzutragen, natĂŒrlich anonym. Wenn ich antworten soll, nennen Sie mir bitte optional eine E-Mail Adresse.

    Es um zwei eng verwandte Fragen:

    Was ist Wissenschaft — was sind wesentliche Merkmale und Kriterien wissenschaftlicher Aussagen und Praktiken undFolgende der Gedanken, die ich in Episode 80 entwickelt habe: haben Sie fĂŒr sich selbst Faustregeln oder Heuristiken entwickelt, die Ihnen helfen, zu entscheiden, ob Sie einem Experten vertrauen? Sind Aussagen glaubwĂŒrdig, fĂŒr Sie von Relevanz?

    Als Einstieg in die erste Frage, stelle ich die Normen oder Prinzipien vor, die Robert Merton im Jahr 1942 vorgeschlagen hat:

    Gemeinschaftlichkeit (Communism/Communality)Universalismus (Universalism)UneigennĂŒtzigkeit (Disinterestedness)Organisierte Skepsis (Organized skepticism).

    Stimmen Sie diesen Prinzipien zu? Was fehlt? In welche Richtung sollte man weiterdenken? Bitte senden Sie mir Ihre Gedanken in diesem Formular!

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine ReflexionEpisode 67: Wissenschaft, Hype und RealitĂ€t — ein GesprĂ€ch mit Stephan SchleimEpisode 47: Große WorteEpisode 39: Follow the Science?Episode 13: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 1Episode 14: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 2Episode 2: Was wissen wir?

    Fachliche Referenzen

    Science and Pseudo-Science, Stanford Encyclopedia of Philosophy (2021)Robert K. Merton, Science and Technology in a Democratic Order, Journal of Legal and Political Sociology, 1: 115–126, 1942Lactose Intolerance (Britannica)Andrew Curry, Die Milch-Revolution, Spektrum der Wissenschaft (2013)Johan Norberg, Open: The Story of Human Progress, Atlantic Books (2021)Anna I. Krylov, The Peril of Politicizing Science, J. Phys. Chem. Lett. 2021, 12, 5371-5376Konrad Lorenz, Die acht TodsĂŒnden der zivilisierten Menschheit, Piper (1996)
  • Mein heutiger Gast ist Ulrich Ahle, und diese Episode hat einen fĂŒr mich sehr spannenden Hintergrund: Ich war zu Beginn des Jahres auf der LEAP-Konferenz in Riad, Saudi-Arabien, und das war ein in vielerlei Hinsicht Ă€ußerst eindrucksvolles Erlebnis. Eine der Reisen, wo fast alle meine Vorurteile auf den PrĂŒfstand gestellt wurden.

    Auf dieser Konferenz hat Ulrich einen Vortrag zu Smart Cities gehalten, und dieser Vortrag war einer der interessantesten, die ich auf dieser Konferenz gehört habe. Daher freut es mich besonders, dass sich Ulrich fĂŒr ein Podcast-GesprĂ€ch zum Thema Smart Cities, oder besser: Smart Communities zur VerfĂŒgung gestellt hat.

    Ulrich hat eine lange und erfolgreiche Karriere in der Fertigungsindustrie und Industrie 4.0 hinter sich und grĂŒndet 2016 die FIWARE-Foundation, deren deren CEO er wird. In dieser Rolle hat Ulrich eine entscheidende Rolle beim Ausbau der FIWARE Foundation gespielt, die heute auf allen Kontinenten vertreten ist und mehr als 600 Mitglieder zĂ€hlt. FIWare ist eine der fĂŒhrenden Lösungen fĂŒr SmartCity/Community-Projekte, und noch dazu eine Open-Source. Warum das wichtig ist, werden wir im GesprĂ€ch diskutieren. Ulrich wird nun CEO von Gaia X, einer europĂ€ischen Initiative, deren Ziel es ist, , ein Ökosystem zu schaffen, in dem Daten gemeinsam genutzt und in einer vertrauenswĂŒrdigen Umgebung zur VerfĂŒgung gestellt werden.

    Ich wĂŒnsche Ulrich bei dieser neuen und sehr wichtigen Herausforderung viel Erfolg. Wenn FIWare als Maßstab gelten darf, können wir von Gaia X in den nĂ€chsten Jahren viel erwarten!

    In dieser Episode beginnen wir mit der Frage, was eine Stadt oder Gemeinde eigentlich »smart« macht? Ist der Begriff ĂŒberhaupt sinnvoll? Der Begriff Smart Communities wird als Oberbegriff fĂŒr Projekte in StĂ€dten aber auch lĂ€ndliche Regionen verwendet. Dies ist im GesprĂ€ch auch insofern relevant, als Ulrich auch Ortsvorsteher der Gemeinde Etteln ist und in dieser Gemeinde ebenfalls zahlreiche Smart Community Projekte umgesetzt wurden und werden.

    Wer sind primÀre Gruppen, die von Smart Communities profitieren? Ist Industrie und Tourismus Teil der Smart City? Was ist mit Industrie 4.0?

    Was ist der Unterschied zwischen Digitalisierung in der Verwaltung und Smart City?

    Die fĂŒhrenden »digitalen Gesellschaften« in Europa sind Estland, Finnland, Malta, Niederlande, Spanien? Was passiert in diesen Nationen und was können wir davon lernen?

    Beispiele fĂŒr Smart City Anwendungen ĂŒber die wir in der Episode sprechen sind:

    ParkraumbewirtschaftungBeleuchtungMĂŒll-Management, Abfallbewirtschaftungdynamische City-Maut intelligente WasserwirtschaftHochwasserfrĂŒhwarnsystem autonom fliegende Drohnen zur UnterstĂŒtzung der Feuerwehr im DorfPredictive Maintenance vs. vorbeugende WartungStabilisierung des Energienetzes

    Wie sieht es mit systemischen Effekten (auch unerwĂŒnschten Nebeneffekten) aus, z.B. beim Smart Parking? FĂŒhrt dies nicht letztlich zu mehr Verkehr?

    Wie Skalieren die Smart Community Konzepte auf mehreren Ebenen — vom Dorf bis zur Großstadt wie Berlin —, aber auch innerhalb einer Stadt, vom Kiez/Viertel bis zur gesamten Stadt und dies sowohl technisch wie funktional und politisch?

    Welche Formen der Datenvisualisierung und Dashboards gibt es fĂŒr Verwaltung und politische EntscheidungstrĂ€ger?

    In den letzten Jahren wird hÀufig von digitalen Zwillingen gesprochen. Was ist das und wird das im Smast City Umfeld genutzt? Wie ist das Wechselspiel zwischen digitaler und realer Welt abgebildet?

    Wie geht man einen solchen digitalen Transformationsprozess am besten an? Top Down? Bottom Up? Middle In? Unterschiedliche Zielkonflikte können drohen, vom Überdesign, das die Menschen am Weg verliert, bis zum Gegenteil, digitalen Silos und Insellösungen, die nicht miteinander kommunizieren, weil zu wenig strukturiert wurde.

    Wie gehen wir mit den Daten um? Daten haben in einer digitalen Welt ökonomischen und politischen Wert, gleichzeitig bedroht Digitalisierung die PrivatsphÀre, lÀsst sich das unter einen Hut bringen oder bekommen wir Smart Big Brother statt Smart Community? Was ist das Once Only Principle, das in Estland zur Anwendung kommt?

    Es gibt nicht nur erfolgreiche Projekte, die Stadt Toronto hat ein großes Smart City Projekt abgebrochen, was kann man daraus lernen?

    Welche AbhĂ€ngigkeiten gibt es bei Smart Community Projekten — ökonomisch, politisch, technisch — und fĂŒhren diese zu einer höheren FragilitĂ€t der Gesellschaft oder gar zu höherer Resilienz?

    Wie sieht es mit Smart Communities rund um die Welt aus, von Saudi Arabien bis Indien? Können diese Projekte Menschen helfen (etwa in Afrika) aus der Armut zu kommen?

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 77: Freie PrivatstĂ€dte, ein GesprĂ€ch mit Dr. Titus GebelEpisode 70: Future of Farming, a conversation with Padraic FloodEpisode 61: Digitaler Humanismus, ein GesprĂ€ch mit Erich PremEpisode 58: Verwaltung und staatliche Strukturen — ein GesprĂ€ch mit Veronika LĂ©vesqueData Science und Machine Learning, Hype und RealitĂ€t: Episode 53 und Episode 54Episode 40: Software Nachhaltigkeit, ein GesprĂ€ch mit Philipp ReisingerEpisode 35: Innovation oder: Alle Existenz ist Wartung?Episode 31: Software in der modernen Gesellschaft – GesprĂ€ch mit Tom KonradOffene Systeme: GesprĂ€ch mit Lukas Lang und Christoph Derndorfer: Episode 19 und Episode 20

    Ulrich Ahle

    Ulrich Ahle auf LinkedInFiWare FoundationGaia-XGemeinde Etteln

    Fachliche Referenzen

    LEAP ConferenceToronto wants to kill the smart city forever, MIT Technology Review (2022)
  • Der Gast der heutigen Episode ist Dr. Lars Schernikau. Er ist Energieökonom und RohstoffhĂ€ndler und befasst sich seit vielen Jahren mit Energiethemen. Er veröffentlichte in diesem Jahr ein wichtiges Buch mit dem Titel: Unbequeme Wahrheiten: ĂŒber Strom und die Energie der Zukunft veröffentlicht.

    Energie und Energiewende wurde in frĂŒheren Episoden schon thematisiert. In dieser Episode fokussieren wir uns neben Energiethemen auch auf die Frage der AbhĂ€ngigkeit von Energie und Ressourcen, die unsere Gesellschaft am laufen halten.

    Was sind die vier SĂ€ulen der modernen Gesellschaft nach Vaclav Smil und wie stehen diese in Zusammenhang mit Energie? Werden wir in den nĂ€chsten Jahrzehnt weniger oder gar drastisch mehr Energie benötigen? Welchen Einfluss hat die Bevölkerungsentwicklung in unterschiedlichen Regionen und das Betreben der Ärmsten Menschen aus der Armut zu gelangen?

    "Armut und Energie stehen in einem sehr engen Zusammenhang."

    Das sehen wir am Beispiel des Haber-Bosch-Verfahrens, das moderne Landwirtschaft und auch die GrĂŒne Revolution in den 1960er Jahren ermöglicht und Milliarden Menschen das Leben gerettet hat.

    Wie viel Material entnehmen die Menschen jĂ€hrlich der Erde und wofĂŒr? Wie hoch ist der Rohstoffeinsatz pro erzeugter Energieeinheit?

    Wo steht sich die deutsche Energiewende aktuell, i.B. auch hinsichtlich der selbst-gesteckten Ziele? Welcher Energie- und Rohstoffeinsatz ist mit »erneuerbaren« Energien verbunden? Was ist der EROEI (Energy Returned on Energy Invested) und warum ist diese Maßzahl fundamental wichtig in der Beurteilung von Energieformen.

    Die Geschichte der Menschheit kann als Energiegeschichte geschrieben werden. Der Wechsel zu stetig Energie-dichteren EnergietrÀgern ermöglicht erst unseren Fortschritt:

    Römer: 2:1 (menschliche und tierische Arbeitskraft); Holz und Essens-Nachschub (EROEI) begrenzt StadtgrĂ¶ĂŸe auf ca. 1 Mio Menschen. Schernikau: »Wir haben 5 von 7 Tagen damit verbracht uns am Leben zu erhalten.«Kohle 15-30:1Gas Ă€hnlich wie KohleKernkraft 70-90:1Wind/Solar im einstelligen BereichBiomasse im geringen einstelligen Bereich

    Energiedichten unter 10:1 werden sehr kritisch fĂŒr die moderne Gesellschaft!

    Was ineffizient ist, ist auch eine teure (und meist nicht-ökologische) Form der Energieproduktion. Daher sind Wind und Solar teurer als alle anderen Energieformen (Kohle, Gas, Öl, Kernkraft, Wasserkraft) und sie werden umso teurer je mehr man davon zum Einsatz bringt. Die Energiekrise hat daher in Deutschland auch schon vor dem Ukraine-Krieg angefangen und wurde durch den Krieg nur verstĂ€rkt.

    Commodities werden weltweit gehandelt. Wenn Deutschland aufgrund der gescheiterten Energiewende Gas (und Kohle) am Weltmarkt zu immer höheren Preisen kauft, können sich etwa Bangladesch und Pakistan diese Preise nicht mehr leisten. Was sind die Konsequenzen fĂŒr diese Nationen?

    »Wir nehmen den EntwicklunglĂ€ndern Jahre in ihrer Entwicklung weg wenn wir sie zwingen, auf ineffiziente Wind- und Solaranlagen fĂŒr die Stromerzeugung umzusteigen. Hunderte Millionen Menschen bleiben dadurch lĂ€nger arm.«

    Dazu kommt eine geopolitische Perspektive: wo kommen die Ressourcen her und wo werden sie verarbeitet? Der FlĂ€chenbedarf, der mit Energieproduktion verbunden ist, gehört zu einer der wesentlichsten ökologischen GrĂ¶ĂŸen und ist natĂŒrlich durch die Energiedichte bestimmt.

    Wie kann es sein, dass in den meisten Medien und von einigen einflussreichen Experten immer noch behauptet wird, Wind und Solar wĂ€ren die billigsten Formen der Stromproduktion? Was ist der Unterschied zwischen Grenzkosten und Gesamtkosten einer Energieform? Warum ist das hĂ€ufig zitierte LCOE-Maß (Levelised Cost of Electricity) irrefĂŒhrend? Relevant sind letztlich nur die Gesamtkosten. Was macht den Unterschied aus?

    Gibt es eine Economy of Scale bei Wind und Solar? Gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Produktion der Solarzellen/WindrÀder und der Produktion von Strom?

    Schernikau: »Jede kWh die aus Solar und Wind kommt, hat einen geringeren Wert als die vorherige kWh.«

    Aber Wasserstoff als Speicher wird dieses Problem lösen (wie schon vor ca. 25 Jahren versprochen), oder? Es stellt sich heraus, dass ca. 65-80 % der Energie ĂŒber den Umweg des Wasserstoffes verloren gehen. Und das nach der Nutzung von bereits wenig effizienter Produktion. Hat das eine Zukunft?

    Schernikau: »Wasserstoff zur Strom-Speicherung ist ein energieökonomisches Disaster.«

    Warum macht es einen wesentlichen Unterschied ob man Energiedichte pro Volumen oder pro Gewicht rechnet?

    Außerdem: Strom ist nicht gleich Energie, denn Strom macht nur einen Teil der Gesamtenergie aus, die wir als Menschheit fĂŒr unser Leben benötigen. Was bedeutet dies fĂŒr eine »Energiewende«?

    Vom Prototypen zur wirkungsvollen Technologie vergehen in der Regel Jahrzehnte, sofern es sich ĂŒberhaupt skalieren lĂ€sst. Was bedeutet diese Erkenntnis fĂŒr die »Elektrifizierung« der Industrie? Fast 90 % der Gesamtenergie kommen weltweit aus Kohle, Gas, Öl und Kernkraft.

    Schernikau: »Der Kohleverbrauch steigt trotz Energiewende weiter, weltweit.«

    »fast 60% des Energiewachstums kamen im starken Wachstumsjahr 2021 (laut IEA) aus Kohle.«

    Welche Rolle spielt Kernkraft in dieser Gemengelage? Es scheint einen politischen Richtungswechsel zu geben, etwa in Ontario Kanada, Polen, Frankreich, Schweden, Finnland, Japan, SĂŒdkorea, China und zahlreichen anderen Nationen.

    Schernikau: »Energiepreiserhöhung kostet Menschenleben«

    Spielt es ĂŒberhaupt eine Rolle, was wir in Deutschland, Frankreich, Großbritannien machen, wenn in den nĂ€chsten Jahrzehnten Nationen mit Milliarden Menschen dramatisch mehr Energie benötigen werden als heute (China, Indien, Afrika, ...) und hunderte Millionen Menschen noch gar keinen Strom haben?

    WĂ€hrend aber Deutschland SĂŒdafrika erklĂ€rt, wie man aus Kohle aussteigt, gibt es in SĂŒdafrika Blackouts und Deutschland importiert Kohle aus SĂŒdafrika:

    Schernikau: »Deutschland könnte vielleicht von SĂŒdafrika lernen, wie man mit Stromabschaltungen umgeht.«

    Wie können uns eine Menge wĂŒnschen, aber die Physik lĂ€sst sich durch WĂŒnsche und TrĂ€ume einfach nicht aus den Angeln heben.

    »Ich bin optimistisch dahingehend, dass wir in den nÀchsten Jahren unsere Energiepolitik Àndern werden und wieder auf den richtigen Weg bringen.«

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 73: Ökorealismus, ein GesprĂ€ch mit Björn PetersEpisode 70: Future of Farming, a conversation with Padraic FloodEpisode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein GesprĂ€ch mit Prof. Hans-Werner SinnEpisode 59: Wissenschaft und Umwelt — Teil 1Episode 60: Wissenschaft und Umwelt — Teil 2Episode 46: Activism, a Conversation with Zion LightsEpisode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: GesprĂ€ch mit Herbert SauruggEpisode 36: Energiewende und Kernkraft, ein GesprĂ€ch mit Anna Veronika Wendland

    Lars Schernikau

    Lars Schernikau auf X/Twitter, YouTube, LinkedIn, InstagramLars Schernikau auf Unpopular TruthLars Schernikau, The Unpopular Truth about Electricity and the Future of Energy: WebsiteLars Schernikau, William Hayden Smith, Unbequeme Wahrheiten: ĂŒber Strom und die Energie der Zukunft (2022)Tom Nelson, Lars Schernikau: “The Unpopular Truth..about Electricity & Future of Energy”Auswahl wissenschaftlicher Artikel

    Fachliche Referenzen

    Vaclav Smil, Wie die Welt wirklich funktioniert: Die fossilen Grundlagen unserer Zivilisation und die Zukunft der Menschheit, C.H.Beck (2023)Vaclav Smil, Innovationen und Erfindungen: Eine kurze Geschichte des Hypes und des Scheiterns, FinanzBuch Verlag (2023)Tim Morgan, Life after Growth, Harriman House (2013)Robert Bryce, The Power Of Power DensityExpensive energy may have killed more Europeans than covid-19 last winter, Economist May 10th 2023
  • Ich denke seit ein paar Wochen ĂŒber die Begriffe »Expertise« und »Wissen« nach. Wie stehen diese zueinander und in Bezug zu Prognostik. Dazu irritiert die ĂŒbliche oder alltĂ€gliche Verwendung der Begriff »Expertise« beziehungsweise »Experte«. RegelmĂ€ĂŸig werden in Medien Experten prĂ€sentiert oder von Politikern auf Experten verwiesen, die die Welt erklĂ€ren und Prognosen komplexer Systeme mit großem Selbstvertrauen darlegen. Wenn dann aber regelmĂ€ĂŸig von Experten oder Institutionen schwere Fehler in der EinschĂ€tzung gemacht werden, dann hat das negative Effekte fĂŒr alle Menschen, fĂŒr unser Vertrauen in Politik und in wesentliche Institutionen.

    Was ist die Aussage eines Experten wert?

    Was ist von Prognosen zu halten?

    Zum Einstieg werden einige Beispiele schwerwiegender FehleinschĂ€tzungen von Experten ĂŒber die Jahrzehnte diskutiert, und was noch schlimmer ist, FehleinschĂ€tzungen aus denen offenbar systemisch nichts gelernt wurde:

    Es ist unmöglich die wachsende Weltbevölkerung zu ernĂ€hren (Paul Ehrlich, 1960er Jahre)Bevölkerungsexplosion oder -implosion (1960er Jahre bis heute)?Peak Oil (1980er bis 2000er Jahre)Eiszeit oder kochender Planet?Versagen der deutschen EnergiewendePrognosen ĂŒber den Ukraine KriegVerschiedenste Wirtschaftsprognosen

    »Voraussagen der Euro-Dollar-Wechselkurse sind wertlos. Jedes Jahr im Dezember sagen internationale Banken die Wechselkurse fĂŒr das Ende des folgenden Jahres vorher. Meistens liegt der tatsĂ€chliche Kurs außerhalb des gesamten Prognosebereichs.«, Gerd Gigerenzer

    Sind das alles nur Anekdoten, oder wurde die QualitÀt von Expertenprognosen systematisch untersucht?

    »Der Durchschnittsexperte hatte bei vielen der von mir gestellten politischen und wirtschaftlichen Fragen kaum besser abgeschnitten als hĂ€tte er geraten [
] «

    »je berĂŒhmter ein Experte war umso schlechter war die Leistung«, Phil Tetlock

    Mit anderen Worten: je öfter sie den »Experten« im Fernsehen sehen, desto schlechter sind wahrscheinlich seine Prognosen.

    Was ist nun tatsÀchlich Expertise? Was ist Wissen? Versuchen wir eine Definition:

    »Expertise ist die FĂ€higkeit, VerĂ€nderungen in der Welt konsistent vorauszusagen oder herbeizufĂŒhren.«

    Schon in der Antike gab es unterschiedliche Begriffe fĂŒr verschiedene Formen des Wissens:

    episteme (gr) oder scientia (lat) fĂŒr Wissen um seines selbst Willen sowietechne (gr) oder ars (lat) fĂŒr angewandtes Wissen; vielleicht vergleichbar damit, was ich Expertise nenne.

    Gibt es Kompetenz, Expertise ohne Tun? Welche Beispiele fĂŒr Bereiche gibt es, in denen man von Expertise sprechen kann, welche, in denen keine Expertise in diesem Sinne möglich ist? Gibt es Expertise an der UniversitĂ€t?

    Dazu kommt die Frage des Vertrauens, wie in der letzten Episode betont wurde:

    »Vertrauen ist ein sozialer Prozess, und Expertise ist sozial bestimmt. [...] Du musst der Wissenschaft folgen heißt, du musst mit meinen Werturteilen ĂŒbereinstimmen.[...] Eine Entscheidung kann niemals wissenschaftlich fundiert sein. [
] «

    »Letztendlich ist die Definition eines Experten die eines Menschen, dessen Urteile man bereit ist, als das eigenen zu akzeptieren«

    Was fangen wir nun mit diesem Befund an? Was tun? Eine Zusammenfassung in vier Punkten:

    (1) Sind wir im Zeitalter der Post-Expertise angelangt?

    »In den meisten Teilen der Gesellschaft wird man ermutigt, sich auf Experten zu verlassen — wir alle tun das mehr als wir sollten«, Noam Chomsky

    (2) Das Tun nicht vergessen — Expertise lĂ€sst sich nicht virtualisieren

    »Ich glaube nicht, dass man ein guter Erfinder sein kann, wenn man nicht weiß, wie das Zeug gebaut wird, dass man designed«, Walter Isaacson ĂŒber Elon Musk

    (3) Mit Unsicherheit leben lernen — die Herausforderung unserer Zeit

    »Die Menschen neigen dazu, Unsicherheit verstörend zu empfinden.«, Phil Tetlock

    (4) Evolution, oder: meine Arbeits-These zum Fortschritt

    »Seed — Select — Amplify«

    Diese Episode ist eine Reflexion und ich freue mich wieder besonders ĂŒber kritisches Feedback!

    »Dumme Menschen können Probleme verursachen, aber es braucht hÀufig geniale Menschen um eine wirkliche Katastrophe auszulösen«, Thomas Sowell

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 13: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 1Episode 14: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 2Episode 36: Energiewende und Kernkraft, ein GesprĂ€ch mit Anna Veronika WendlandEpisode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: GesprĂ€ch mit Herbert SauruggEpisode 59: Wissenschaft und Umwelt — Teil 1Episode 60: Wissenschaft und Umwelt — Teil 2Episode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein GesprĂ€ch mit Prof. Hans-Werner SinnEpisode 73: Ökorealismus, ein GesprĂ€ch mit Björn PetersEpisode 74: Apocalype AlwaysEpisode 76: Existentielle Risiken

    Fachliche Referenzen

    Leonard Nimoy, Ice Age 1979Vorsicht, wer die Konjunktur prophezeit, Der Standard (8.2.2020)Spectator Inflation Prediction (17.8.2022)Stuart Ritchie, Michael Story, How the experts messed up on Covid, UnHerd (2020)Gerd Gigerenzer, Risiko – Wie man die richtigen Entscheidungen trifft, Pantheon (2020)Karl Popper, The Myth of the FrameworkDaniel Yankelovich, Wicked Problems, Workable Solutions, Rowman & Littlefield (2014)Neil Gershenfield, Lex Fridman #380Walter Isaacson, Lex Fridman #395Nassim Taleb, What do I mean by Skin in the Game? My Own Version, Medium (2018)Scott Adams, Prediction and ForecastThomas Sowell on “Social Justice Fallacies”, Uncommon Knowledge (2023)
  • Todays guest is Dr. Erica Thompson who wrote the excellent book "Escape from Model Land", which I strongly recommend for reading.

    Dr. Thompson is Associate Professor of Modelling for Decision Making at UCL’s Department of Science, Technology, Engineering and Public Policy. She is also a Fellow of the London Mathematical Laboratory, where she leads the research programme on Inference from Models, and a Visiting Senior Fellow at the LSE Data Science Institute.

    She is working on the appropriate application of mathematical modelling in supporting real-world decisions, including ethical and methodological questions. For instance, what is the best use of models in climate change, public health and economics.

    Making and using models in the real world is — as it turns out — quite a tricky business and in our conversation we go deep into the question: what constitutes model land and how can we escape model land to achieve good results for our society from what we learned in model land.

    I covered similar topics in other podcast episodes, because this question can be tackled from a number of different perspectives.

    The first question I ask Dr. Thompson is the obvious one: What is model land?

    “Nobody actually cares at all about what happens in your model. [
] unless you make a claim that what happens within that model land has some relationship to what happens in the real world. So, how to transfer your judgement about the model to the judgement about the real world, is the key question?”

    What does Steven Wolfram mean with irreducibility of nature? Why do we have to treat different types of models differently?

    What is the difference between interpolation and extrapolation, and why is this crucially important? Many models of complex systems incorporate significant amounts of expert judgement, especially when models are extrapolating. How should we deal with such models?

    “All of these decisions about model construction imply value judgements about what we think to be important.”

    Value judgements per se are not the problem — but are they shared by the people affected by the model? How did you get to those judegements? Are the transparent enough? Do the decision makers know and agree with these judgements?

    Under what conditions can we assess the reliability of a model? In which category do models that are discussed in public fall, for instance climate models? What are the butterfly and hawkmoth effect? What is the difference between data driven vs. “expert driven” models and what role does data quality play in practice?

    Most models also are partial models. What is incorporated in a model? What is left out? What conclusions are we allowed to draw from complex models? Do they highly successful data driven models distort our expections in the more assumption driven ones?

    “The model is then very much part of the story. It is not just a prediction engine.”

    There are models that influence the world and the world feeds back opposed to models that “just” describe the world, and performative models that actually create the reality they describe and counter-performative models. Why is it important to distinguish among these different types?

    “Those [counter-performative models] were not made with the aim to be accurate models and correctly predicting the future. They were made with the aim of showing what could happen if we didn't action which would then avoid these worst case scenarios.”

    What is the difference between a (conditional or unconditional) prediction and a scenario?

    Models are tools and cannot replace judgement. But did we use these tools accordingly? Or did models in the recent past (e.g. Covid) inflict more harm than good on our society?

    “This is exactly what models are for—to serve as working hypotheses for further research.”, Ludwig von Bertalanffy

    and

    “Build a society that is resistant to model errors”, Nassim Taleb

    Is this true?

    Models as narrative generating devices and communication tools and collective thinking — do we want that? Under what conditions — like flatten the curve? And, how to avoid group think and be captured by models?

    “Plans are worthless but planning is everything”, Dwight D. Eisenhower“Kein Plan ĂŒberlebt die erste FeindberĂŒhrung”, Helmuth Graf von Moltke

    So, there is a significant amount of expert judgement in building models, but do people know that and which expert do we trust?

    “Trust is a social process and expertise is socially determined. [
]You must follow the science is saying you must agree with my value judgements.[
]

    A decision can never be science based.”

    Thus, science is never value free.

    Finally we talk about regulation in complex systems and how those relate to models, the long and short term perspectives and what skin in the game means. Is Niall Ferguson right when he says:

    “Surely, once we have written a regulation for every possible misdeed, then good behaviour will ensue. This is just an amazing illustration of our ability as human beeings to keep doing the wrong thing in the face of all experience. [
] the big players are actually protected by complex regulation. [
]

    Regulation is the disease of which it pretends to be the cure.”

    Then, how should we regulate complex systems? Should every politician be a scientist in the Platonic sense?

    »Ultimately the definition of an expert is somebody who's judegements you are willing to accept as your own.«

    References

    Other Episodes

    Episode 68: Modelle und RealitĂ€t, ein GesprĂ€ch mit Dr. Andreas WindischEpisode 67: Wissenschaft, Hype und RealitĂ€t — ein GesprĂ€ch mit Stephan SchleimEpisode 53: Data Science und Machine Learning, Hype und RealitĂ€t — Teil 1Episode 54: Data Science und Machine Learning, Hype und RealitĂ€t — Teil 2Episode 39: Follow the Science?Episode 37: Probleme und LösungenEpisode 2: Was wissen wir?Dr. Erica ThompsonPersonal Website of Dr. ThompsonUCL’s Department of Science, Technology, Engineering and Public PolicyLondon Mathematical LaboratoryLSE Data Science Institute

    Other References

    Erica Thompson, Escape from Model Land, Basic Books (2022)Lex Fridman #376 in conversation with Steven Wolfram (2023)Ludwig von Bertalanffy, General Systems Theory (1969)Cathy O’Neil, Weapons of Math Destruction: How Big Data Increases Inequality and Threatens Democracy, Penguin (2017)Niall Ferguson on Regulation in conversation with John Anderson (2023)
  • In den letzten Jahren gab es bemerkenswerte Entwicklungen im Bereich des Machine Learning und der sogenannten kĂŒnstlichen Intelligenz. Wie bei fast allen neuen Technologien, sind sehr nĂŒtzliche aber auch sehr gefĂ€hrliche Anwendungen zu erwarten. In dieser Episode spreche ich ĂŒber drei Aspekte, die mit neuen KI-Tools auf uns zu kommen, oder bereits verfĂŒgbar sind:

    Beantwortung von Fragen / RechercheGenerierung von Text mit Large Language Models (gegebenenfalls ergÀnzt mit Sprachsynthese)Generierung oder Manipulation von Bildern und Videos

    Ich habe mich mit Aspekten dieses Themas schon vor mehr als zwei Jahren in Episode 43: Deep Fakes beschÀftigt. Diese Episode ist heute noch aktueller als damals.

    Die Frage ist: welchen Inhalten im Internet können wir in Zukunft trauen? Und in dieser Episode liegt der Fokus auf der Frage: was bedeutet diese Entwicklung fĂŒr Personen und Organisationen, die Inhalte erzeugen und anbieten, im Besonderen fĂŒr Podcasts sowie Konsumenten dieser Produkte.

    Welche Verantwortung haben wir als Produzenten?

    Wie können wir Konsumenten vertrauen in unsere Inhalte geben, in einer Welt, die immer mehr von generierten und manipulativen Artefakten geflutet sein wird? Wie kann also mĂŒndigen Konsumenten geholfen werden, die Spreu vom Weizen zu trennen und dies ohne Schichten von Zensur einzufĂŒhren.

    »Nicht zu viel Macht — das ist die Grundidee der Demokratie. Die Macht muss verteilt sein, sodass nicht zu viel Macht in einer Hand ist.«, Karl Popper

    Wie verÀndert sich möglicherweise das VerhÀltnis zu den Konsumenten?

    In dieser Episode diskutiere ich zwei wesentliche Aspekte:

    Bin ich die Person (oder Organisation), die ich behaupte zu sein, beziehungsweise wer sind die Personen, die an einer Episode teilnehmen?Woher stammen die Materialien (z.B. Texte, Bilder, Videos), die ich auf meinem Kanal prÀsentiere

    Wie können wir auch als »kleine« und unabhĂ€ngige Produzenten in Zukunft das Vertrauen in unser Produkt gewĂ€hrleisten, ohne uns von wenigen Medien-Monopolisten abhĂ€ngig zu machen und warum spielen gerade Podcasts eine so wesentliche Rolle in der heutigen, und hoffentlich auch zukĂŒnftigen Medienlandschaft?

    Zuletzt mache ich meinen Produktionsprozess transparent:

    Vorbereiten von Episoden (Recherche, Inhalte zusammenstelle)AufnahmeNachbearbeitung (Post-Production)Wie werden verschiedene Artefakte erstellt (Audio-File, Shownotes, Transkripte)Werbung und Interaktion mit Hörern

    An welchen Stellen wird mit welcher Art von Tools gearbeitet?

    Wie können wir als unabhÀngige Podcaster in der Zukunft gewÀhrleisten, das Vertrauen der Hörer nicht zu verlieren und gleichzeitig nicht unter die RÀder einzelner Medien-Monopolisten zu geraten?

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 61: Digitaler Humanismus, ein GesprĂ€ch mit Erich PremEpisode 43: Deep Fakes: Wer bist du, und – was passiert da eigentlich?Episode 2: Was wissen wir?

    Fachliche Referenzen

    Karl Popper - "Lasst Theorien sterben, nicht Menschen!" (1990)Transparenz-ErklĂ€rung fĂŒr diesen Podcast
  • In der heutigen Episode freue ich mich Dr. Titus Gebel begrĂŒĂŸen zu dĂŒrfen. Wir sprechen ĂŒber sein Konzept der »Freien PrivatstĂ€dte«.

    Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er war MitgrĂŒnder der Deutsche Rohstoff Gruppe sowie des Startups Dual Fluid, deren CFO Björn Peters, in Episode 73 zu Gast war. Dr. Gebel spielt auch eine wesentliche Rolle in der Etablierung einer ambitionierten Sonderentwicklungszone mit dem Namen Prospera in Honduras und berĂ€t andere Sonderwirtschaftszonen weltweit.

    Aber das Thema des GesprĂ€chs ist breiter: wir beginnen mit der Frage, was modernes Staatswesen ausmacht, was Freiheit bedeutet, was die Rolle von BĂŒrger und Staat sind, wo die UrsprĂŒnge und philosophischen Ideen liegen und was bis zum heutigen Zeitpunkt in verschiedenen Nationen daraus geworden ist.

    Wir beginnen mit einem Blick in die Geschichte, was ist die Rolle des Staates nach Thomas Hobbes und John Stuart Mill? Was ist der Begriff der Freiheit?

    »Struggle between Liberty and Authority«»By liberty, was meant protection against the tyranny of the political rulers.«, John Stuart Mill

    Wie hat sich die Rolle des Staates verÀndert?

    »Der moderne Staat hat sich etabliert, um seinen BĂŒrgern vor allem zwei Grundpfeiler des Lebens zu garantieren: Freiheit und Sicherheit.«, K. P. Liessmann

    Wie kommt es zu einem Mehr an Freiheit? Aus philosophischen Überlegungen und Ideen, oder aus pragmatischeren Aspekten? FĂŒhrt der Weg von der göttlichen Bestimmung zur Freiheit? Wie wird der Wille des Volkes ĂŒberhaupt bestimmt und was bedeutet dies fĂŒr Minderheiten?

    Wir beide stimmen darin ĂŒberein, dass wir eine beginnende, schwere Krise in den westlichen Demokratien, beziehungsweise Verwaltung erkennen. Die Frage ist: wie ist diese zu erklĂ€ren und wie könnten Wege heraus aussehen?

    »Heute haben wir es mit einer Überdehnung des modernen Staates zu tun, und zwar sowohl wohlfahrtsstaatlich wie ökologisch. Mit dem Wohlfahrtsstaat, der eigentlich schon in der traditionellen Gemeinwohlformel angelegt ist, kehrt das summum bonum zurĂŒck: das grĂ¶ĂŸte GlĂŒck der grĂ¶ĂŸten Zahl; der gehobene Lebensstandard wird als politisches Recht definiert.«, Norbert Bolz

    Bismarck gilt als Erfinder des Sozialstaats, was war die damalige Motivation? Wie hat sich der Sozialstaat seit damals entwickelt? FĂŒhren falsche Anreizsysteme fĂŒr Politiker in die Krise, denn Gratisleistungen des Staates erscheinen nur gratis, sind es aber natĂŒrlich nicht?

    »Es gibt in westlichen Demokratien keine klassisch liberalen Parteien mehr, das sind alles Umverteilungsparteien geworden«

    »Die Gruppe der Menschen, die tatsÀchlich produktiv und wertschöpfend tÀtig ist, wird immer kleiner.«

    Dazu passt auch der Gedanke des mittlerweile 93 jÀhrigen Thomas Sowell:

    »You have people making [political] decisions, for which they pay no price when they are wrong. No matter how high a price other people pay.«

    Dr. Gebel hat ein Konzept entwickelt, das er Freie PrivatstĂ€dte nennt und wir diskutieren ĂŒber das Konzept, welche Rolle Verwaltung und Regierung einnehmen sollen, wie Anreizsysteme verbessert werden können und vergleichbare andere AnsĂ€tze, die in eine Ă€hnliche Richtung gehen. Kann es so etwas wie Verwaltung als Dienstleistung geben?

    » Der Staat sollte aus meiner Sicht theoretisch kein Monopol auf das Staatsgebiet haben. In Liechtenstein haben wir das verwirklicht. So zwingt man den Staat, ein guter Dienstleister zu sein.«, Hans Adam II von Liechtenstein

    Wir sprechen dann ĂŒber die zwiespĂ€ltige Entwicklungen des 19. Jahrhundert, Engels und den Manchester-Kapitalismus. Welche Rolle spielt SolidaritĂ€t, MenschwenwĂŒrde? Wer soll diese GewĂ€hrleisten, und in welcher Form? Welche Rolle spielt Selbstorganisation (bottom up) im Gegensatz zu staatlichen Top Down Mechanismen?

    Ab wann gleitet ein Sozialstaat in einen »Nanny-State« ab, ganz nach dem alten sozialistischen Motto »Von der Wiege bis zur Bahre« in der Hand des Staates? Gibt es in Deutschland nur mehr vier GrĂŒne und eine rechte Partei, und sind letztlich alle auf dem Pfad des »Rent Seeking«?

    »Aus dem Recht der BĂŒrger, nach ihrem GlĂŒck zu streben, wurde lĂ€ngst die Pflicht des Staates, fĂŒr dieses GlĂŒck zu sorgen. Dass in einer Demokratie die BĂŒrger diesen Staat ausmachen und deshalb solche Forderungen an sich selbst adressieren mĂŒssten, wird gerne vergessen«, Konrad Paul Liessmann

    Machen wir den Fehler einen vermeintlichen Idealzustand mit dem Ist-Zustand zu vergleichen? Warum gelingt es auch nicht mehr — nach Cicero — dass die Begabtesten in die Politik gehen, sondern wir heute eher eine negative Auslese erleben?

    »Wenn man merkt, dass man ein totes Pferd reitet, sollte man absteigen.«

    Titus Gebel erklÀrt dann sein Konzept der freien PrivatstÀdte genauer, auch die Abgrenzungen zu Charter Cities und Sonderwirtschaftszonen im Allgemeinen. Warum sind seiner Ansicht nach die Anreizsysteme in diesen Konzepten besser?

    Welche Rolle spielt der Markt — als Entdeckungsverfahren — und wie können wir evolutionĂ€re Prinzipien auch in Verwaltung und Staatswesen etablieren mit Mutation, Nachahmung, Reproduktion, beziehungsweise dem »Seed, Select, Amplify« (Meyer, Davis) Prinzip? Probieren und Scheitern sollte wieder möglich werden, sonst gibt es auch weiterhin keinen Fortschritt.

    »Es wĂ€re besser, wir wĂŒrden in einer Welt von 2.000 Liechtensteins leben, die alle ein veschiedenes System haben als in 200 Staaten.«

    Aber ist es realistisch, dass sich Koordination von viele kleine Einheiten global bei wesentlichen Fragen umsetzen lÀsst?

    Wie könnte ein solches System ĂŒberhaupt umgesetzt werden, wo doch alle LandflĂ€chen von existierenden Nationen kontrolliert werden? Gibt es eine reale Chance der Umsetzung? Oder gibt es schon exisitierende Beispiele? Dr. Gebel spricht ĂŒber Beispiele in China, dem Nahen Osten, Saudi Arabien und SĂŒdamerika?

    Sind diese AnsĂ€tze nicht nur Gated Communities fĂŒr die Elite? Was macht ein Gemeinwesen? Ich fĂŒhle ja auch keine Gemeinschaft zu anderen GĂ€sten in einem Hotel?

    »Es gibt zwei Arten von Menschen: die einen, die ihre Meinungen anderen aufzwingen wollen, und die anderen, die das nicht wollen und die sagen, Leben und Leben lassen. Die erste Gruppe strebt natĂŒrlich in die Politik.«

    Findet der wirkliche politische Konflikt heute nicht, wie so oft behauptet, zwischen links und rechts, sondern vielmehr zwischen autoritÀr und (klassisch) liberal statt?

    »Leben und Leben lassen in unterschiedlichsten Formen des Zusammenlebens.«

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 73: Ökorealismus, ein GesprĂ€ch mit Björn PetersEpisode 58: Verwaltung und staatliche Strukturen — ein GesprĂ€ch mit Veronika LĂ©vesqueEpisode 57: Konservativ und ProgressivEpisode 29: Fakten oder Geschichten? Wie gestalten wir die Zukunft?Episode 26: Was kann Politik (noch) leisten? Ein GesprĂ€ch mit Christoph ChorherrEpisode 17: Kooperation

    Titus Gebel

    Webseite von Dr. Titus GebelDeutsche Rohstoff AGDual FluidTitus Gebel, Freie PrivatstÀdte: Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt (2023)Free Cities FoundationLiberty in Our Lifetime Konferenz 2023

    Fachliche Referenzen

    Honduran ZEDEs: Their Past and FutureReason TV: A private libertarian city in Honduras (2023)Franz Oppenheimer, Der Staat (1907)Austrian Institute, „Der Staat soll nicht nur einer privilegierten Schicht dienen, sondern allen Menschen“ – Interview mit FĂŒrst Hans-Adam II. von Liechtenstein (2017)John Stuart Mill, On Liberty (1859) Thomas Sowell im GesprĂ€ch mit Peter Robinson, Uncommon Knowledge(7.9.2023)Konrad Paul Liessmann, Lauter LĂŒgen, Paul Zsolnay Verlag (2023) Norbert Bolz, Keine Macht der Moral, Politik jenseits von Gut und Böse, Matthes & Seitz Berlin (2021)Christopher Meyer, Stan Davis, It's Alive, Texere Publishing (2004)Karl Popper, Die Offene Gesellschaft Karl Popper - Ein GesprĂ€ch (1974)Roger Scruton, How to be a Conservative, Bloomsbury Continuum (2014)
  • »Wird die Zivilisation mit einem Knall oder einem Winseln untergehen? Der aktuelle Trend ist ein Winseln in Erwachsenen-Windeln.«, Elon Musk

    Existentielle Risiken sind ein Thema, das in diesen Podcast passt, auch weil es eine interessante historische und zukĂŒnftige Dimension hat. Zur Zukunft spĂ€ter, zuerst zur Vergangenheit: Zwar gab es auch in der Vergangenheit fĂŒr die Menschheit oder den Planeten existentielle Risiken, etwa Asteroiden-EinschlĂ€ge, aber es waren Risiken, die der Mensch weder beeinflussen noch herbeifĂŒhren konnte. Die Wirkmacht der Menschen war ĂŒber den grĂ¶ĂŸten Zeitraum menschlicher Geschichte eine lokale.

    Das Ă€ndert sich zunĂ€chst langsam mit der industriellen Revolution und dann schlagartig ab der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Atomwaffen waren die erste Technologie, die ganz offensichtlich gezeigt haben, dass wir nun in der Lage sind nicht nur ganze Landstriche zu verwĂŒsten, sondern tatsĂ€chlich die ganze Welt.

    "Wir waren immer verrĂŒckt, aber wir hatten nicht die FĂ€higkeiten die Welt zu zerstören. Jetzt haben wir sie.", Nassim Taleb

    Was sind existentielle Risiken? Versuch einer Definition:

    »Ein 'existenzielles Risiko' (X-Risiko) ist ein Ereignis, das die Möglichkeiten der Menschheit dauerhaft und drastisch einschrÀnken könnte, indem es zum Beispiel das Aussterben der Menschheit verursacht«, CamXRisk

    Meine erweiterte Definition:

    Ein existenzielles Risiko fĂŒr die Menschheit ist eine Bedrohung, die große Teile des Planeten oder menschlicher Strukturen zerstört oder große Teile der Menschheit in einem Ausmaß oder auf eine Weise töten könnte, dass eine Wiederherstellung eines modernen Gesellschaftsniveaus innerhalb eines Zeitrahmens von Jahrhunderten nicht wahrscheinlich ist.

    Macht das Auflisten existentieller Risiken, das Ranken Sinn? Mit welchen EinschrĂ€nkungen, unter welchen Rahmenbedingungen? Ist es ĂŒberhaupt möglich, die Risiken sinnvoll einzuschĂ€tzen und wovon hĂ€ngt das Risiko ab?

    »Eine Pandemie besteht aus einem neuen Erreger und den sozialen Netzwerken, die er angreift. Wir können das Ausmaß der Ansteckung nicht verstehen, wenn wir nur das Virus selbst untersuchen, denn das Virus wird nur so viele Menschen infizieren, wie es die sozialen Netzwerke zulassen. Gleichzeitig legt eine Katastrophe die Gesellschaften und Staaten offen, die sie angreift.«, Niall Ferguson

    Daher sind die Auswirkungen von Effekten komplexer Bedrohungen oft auch schwer einzuschÀtzen. So sind etwa trotz Klimawandel:

    »Die jĂ€hrlichen TodesfĂ€lle durch Tornados in den USA sind seit 1875 um mehr als das Zehnfache zurĂŒckgegangen« [
]

    "Die Zahl der wetterbedingten TodesfĂ€lle ist in den letzten hundert Jahren drastisch zurĂŒckgegangen, obwohl sich die Erde um 1,2 °C erwĂ€rmt hat; sie sind heute etwa 80-mal seltener als noch vor einem Jahrhundert. [
]

    Das liegt vor allem an der besseren Verfolgung von StĂŒrmen, dem besseren Hochwasserschutz, der besseren medizinischen Versorgung und der verbesserten WiderstandsfĂ€higkeit der LĂ€nder, die sich entwickelt haben. Ein aktueller UN-Bericht bestĂ€tigt den Trend der letzten zwei Jahrzehnte", Steven Koonin

    Anhand von drei existentiellen Bedrohungen stelle ich die Schwierigkeit dar, Risiken, Auswirkungen und Rankings zu beurteilen: Atomwaffen, Bevölkerungskollaps und Klimawandel.

    Welche Rolle spielen systemische Effekte? Wechselbeziehungen zwischen Bedrohungen, beziehungsweise sind einzelne Risiken als Folge anderer zu sehen? Wie damit umgehen?

    »FĂŒr jede mögliche Katastrophe gibt es mindestens eine plausible Kassandra. Nicht alle Prophezeiungen können beherzigt werden. In den letzten Jahren haben wir vielleicht zugelassen, dass ein Risiko - nĂ€mlich der Klimawandel - unsere Aufmerksamkeit von den anderen ablenkt«, Niall Ferguson

    Das Leben in einer modernen, komplexen Gesellschaft — im AnthropozĂ€n — hat positive Auswirkungen: wir sind weiter von der Natur entfernt, sind sicherer und haben einen viel höheren Lebensstandard als je zuvor. Wir sterben nicht mehr im Einklang mit der Natur, wie Hans Rosling es ausdrĂŒckte. Aber sie hat eben auch negative Auswirkungen, die leider existentielle Risiken darstellen können.

    Die Konzentration auf die EindĂ€mmung eines einzigen Risikos (z. B. des Klimawandels) kann dazu fĂŒhren, dass wir andere Risiken unterschĂ€tzen oder sogar andere Risiken dramatisch erhöhen.

    »Wir sind immer gut vorbereitet auf die falsche Katastrophe. [...] Aber die Geschichte warnt uns, dass man nicht die Katastrophe bekommt, auf die man sich vorbereitet.«, Niall Ferguson

    Wie können wir aber mit einer Vielzahl an miteinander verknĂŒpften Risiken umgehen? Was könnten wir unternehmen um unsere Gesellschaft in einem breiteren Sinne resilienter, widerstandsfĂ€higer zu machen? Welche Fehler haben wir in der Covid-Pandemie gemacht und was können wir daraus lernen?

    Und nicht zuletzt — was ist die Liste der existentiellen Bedrohung in meiner Reihenfolge (die unbedingt kritisiert werden sollte!):

    AtomwaffenNatĂŒrliche oder kĂŒnstlich erzeugte Pathogene (»Demokratisierung« der Wissenschaft)Zusammenbruch kritischer Infrastrukturen (Energie, Finanz, IKT, ...)Solarer Supersturm (auch Carrington-Ereignis genannt)Außer Kontrolle geratene Automatisierung/Robotik ("AI", aber auf einer allgemeineren Ebene)Klimawandel (insbesondere fĂŒr den Fall, dass Kipppunkte und ein unkontrollierbarer Klimawandel auftreten)Nanotechnologie oder andere Möglichkeiten zur drastischen VerĂ€nderung von Herstellung und Chemie, die zu Nanomaschinen fĂŒhrenBevölkerungskollaps beziehungsweise starkes globales UngleichgewichtÖkosystemkollaps mit »Domino-Effekten«Unbekannte Unbekannte (»Unknown unknowns«)GrĂŒne Gentechnik die außer Kontrolle gerĂ€tPolitischer/religiöser ExtremismusAsteroideneinschlag auf der ErdeGeoengineering (auch als Konflikt-Auslöser, -VerstĂ€rker)

    Diese Liste ist als Anregung gedacht, dieses Thema zu diskutieren. Ist die Reihenfolge richtig? Wahrscheinlich nicht. Fehlt etwas?

    Die Kluft zwischen Nutzen und Katastrophe scheint durch moderne Technologie immer schĂ€rfer zu werden. Wir sind also gut beraten, diese Bedrohungen ernst zu nehmen. Aber um einen Punkt zu wiederholen: es ist ein großer Fehler, sich hauptsĂ€chlich auf eine Bedrohung in dieser Liste zu konzentrieren, welche auch immer das sein mag, und zu glauben, wir könnten so unser gesellschaftliches Risiko verringern.

    Das werden wir nicht.

    Referenzen

    Andere Episoden

    Episode 74: Apocalype AlwaysEpisode 60: Wissenschaft und Umwelt — Teil 2Episode 59: Wissenschaft und Umwelt — Teil 1Episode 55: Strukturen der WeltEpisode 51: Vorbereiten auf die Disruption? Ein GesprĂ€ch mit Herbert Saurugg und John HaasEpisode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein GesprĂ€ch mit Philipp BlomEpisode 37: Probleme und LösungenEpisode 33: Naturschutz im AnthropozĂ€n – GesprĂ€ch mit Prof. Frank ZachosEpisode 27: Wicked ProblemsEpisode 21: Der Begriff der Natur – oder: Leben im AnthropozĂ€n

    Fachliche Referenzen

    Cambridge Existential Risks Initiative (CERI)Hans Rosling, Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, Ullstein (2019)Niall Ferguson, Doom, The Politics of Catastrophe, Penguin (2022)Steven E. Koonin, Unsettled, BenBella Books (2021)Climate Change Debate: Bjþrn Lomborg and Andrew Revkin | Lex Fridman Podcast #339Niall Ferguson on disaster preparation, TriggernometryNear Miss: The Solar Superstorm of July 2012, NASA (2014)Lloyds, Solar storm risk to the North American electric grid (2013)The Economist Briefing, It’s not just a fiscal fiasco: greying economies also innovate less (2023)The five biggest threats to human existence, The Conversation (2014)Elon Musk on artificial intelligence, Conversation with Tucker Carlson (2023)