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  • Es ist aber auch Zeit für den Wandel der Arbeit, meine Güte! Katharina Krentz war viele Jahre bei Bosch mit Transformation befasst. Inzwischen ist sie mit eigener Firma unterwegs, allein: Das Bild bleibt. Allein die Demografie treibt. Wer meint, den Wandel der Arbeit aussitzen zu können, wird draufzahlen. 

    Ein zentraler Satz von Katharina: Kreativität und Innovation entstehen durch Freiheit des Wachstums. Das braucht Neugier und Phantasie - und die kommen nicht durch klar und hart strukturierte Umfelder. Wir brauchen Bewegung, auch geistige. Die Möglichkeit, Dinge wirklich zu hinterfragen. Und dann sehen wir, warum Vernetzung entscheidend ist. Vernetzung untereinander, aber auch Vernetzung und Verbundenheit mit dem Unternehmen und seinem Zweck. Man könnte kurz zusammenfassen: Die Kreativen und Innovativen gehen entweder ein oder weg, sofern sie nicht den nötigen Raum bekommen. 

    Die Grundbedürfnisse der Menschen sind dabei, so Katharinas Einschätzung, immer gleich, ob weißer Kragen oder blauer Kragen. Menschen wollen gesehen, gehört und wertgeschätzt werden an ihrem Arbeitsplatz. Natürlich gibt es erhebliche Unterschiede, wie weit Menschen sich einbringen können und auch wollen. Das Bedürfnis ist vielleicht verschütt gegangen, aber es ist da. Katharina sagt: Wenn jemand einen Mehrwert leisten soll, muss ich Umfelder schaffen, in denen das möglich ist. 

    Was also tun? Fragen wir uns im Team einfach schlicht: Was haben wir zuletzt gelernt? Unsicherheit ist kein schönes Gefühl. Lernen ist eine schöne Aktivität, die wir dem entgegensetzen können. Im Grunde die einzige, aber eben eine schöne. Und das führt zu Katharina Investitionsempfehlung: Menschen stärken.

    Zu Gast: Katharina Krentz, Transformationsexpertin und Gründerin von Connecting Humans.

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  • Anja Mutschler, Ally und Freundin des Hauses, im Gespräch live von der Klimakonferenz in Baku. Ihr erster Eindruck: Die altbekannten Forderungen sind alle da und stehen in den Studien und Papers. Da stehen sie gut. Resonanz haben sie auf der Konferenz keine. Anja schildert, wie durchaus noch eine Klimarhetorik zu hören ist.  Die Dynamik entsteht allerdings an anderer Stelle. Staaten, die eher wenig mit Demokratie zu tun haben, zeigen sich viel schneller, das Thema CO2-Neutralität in den Riff zu bekommen. Warum? Weil es sich lohnt. Erfolgreicher Klimaschutz veredelt den fossilen Reichtum weiter. 

    Eine Stimme, die auf der COP immer wieder zu hören ist: Die Pläne sind eigentlich bereit, aber niemand setzt sie um. Auf ersten Blick scheint es: Die einen reden, die anderen handeln. Zweiter, genauerer Blick: Der Handlungsimpuls derer, die reden, ist so uneinheitlich, dass sich andere Innovationen entwickeln, die nicht unbedingt mit der eigentlich Klimabotschaft verknüpft sind. Ein Schelm, wer nicht an die gerade geplatzte Berliner Koalition denkt, denn auch wenn die Ampel gescheitert ist: Das Gespräch müssen wir trotzdem weiter führen. Genau dieses Gespräch. 

    Das Setting der COP findet vor der Kulisse Bakus statt. Der Reichtum aus Öl ist mit Händen zu greifen und damit auch das Versprechen auf Reichtum für viele. Anja fragt: Müssen wir moralisch sauberen Leute uns auch mal dreckig machen? Den Mut haben zu weniger moralischer Reinheit, zu mehr Pragmatismus, wissend, dass keine widerspruchsfreien Lösungen kommen werden. 

    Wer trifft sich eigentlich in Baku? Die US-Amerikaner sind abwesend. Kaum ein europäisches Unternehmen präsentiert sich. Die Entwicklungen vollziehen sich anderswo. Noch einmal: Sollen wir die moralische Nase rümpfen oder werden wir jetzt die pragmatischen Copycats, die Beispiele aufnehmen, nachahmen und verbessern? Eine schwierige Perspektive, angesichts der abgelaufenen Zeit. Die Inselstaaten haben erneut Alarm geschlagen: Unsere Länder verschwinden. Haben wir Europäer mehr Zeit - oder glauben wir das nur? Es bleibt als Learning der Konferenz: Zeit hat, wer etwas tut. 

    Zu Gast: Anja Mutschler, Wissenschaftskommunikatorin, Gründerin von 20blue

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  • Mobilität im Wandel: Mobilitätsaktivist Florian Kobler über die drängende Frage, ob Deutschland noch an veralteten Erzählungen rund um das Auto festhält. Florian spart nicht an Kritik: Die Automobilindustrie, einst Rückgrat der deutschen Wirtschaft, habe den Anschluss an die Elektromobilität verpasst und blockiere gleichzeitig durch massive Lobbypolitik eine zukunftsfähige Verkehrswende. „Wir führen Diskussionen, die auf Mythen basieren“, sagt Florian. Er betont, wie ineffizient der private Autobesitz ist. In Berlin haben nur drei von zehn Bürgern ein eigenes Fahrzeug und doch prägen parkende Autos das Stadtbild. Florian ist überzeugt, dass Städte mit gutem Nahverkehr und Carsharing auf das Auto weitgehend verzichten könnten.

    Trotzdem dominieren in Deutschland die Gewinne der Automobilindustrie über die Mobilitätsinteressen der Menschen. In Städten wie Kopenhagen und Paris funktioniert alternative Mobilität, aber in Deutschland hält man am Blech fest. Warum? „Das Auto ist hier Statussymbol, Identität“, erklärt Florian. Dabei könnte Mobilität, wie sie etwa in Kopenhagen vorgelebt wird, nachhaltig und kosteneffizient sein.

    Die Verkehrswende braucht nicht nur technische Lösungen, sondern auch ein kulturelles Umdenken. „Es geht um Teilhabe, Gesundheit und einen besseren Umgang mit dem öffentlichen Raum“, betont Florian. Er plädiert für ein Mobilitätssystem, das Städte lebenswerter macht. Ein Umdenken in der Gesellschaft ist notwendig – doch der Weg dahin bleibt steinig.

    Zu Gast: Florian Kobler, Mobilitätsaktivist und Host des Podcasts "ring frei" Ein Podcast der Initiative für den Volksentscheid Berlin autofrei.

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  • Die Klimakrise fordert radikales Umdenken, besonders im Bau, einem der größten CO₂-Verursacher weltweit - und gleichzeitig einem der größten Hebel, um den CO₂-Ausstoß schnell deutlich zu senken. Michael spricht mit Manfred Josef Hampel, Präsident des Instituts für Nachhaltigkeit, darüber, wie Gebäude zur Klimarettung beitragen können.

    Die Dringlichkeit ist groß. Natürlich ist sie das. Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber weist immer wieder darauf hin: Eine Erwärmung um drei Grad macht den den heutigen Lebensraum von mehreren Milliarden Menschen unbewohnbar. Dann erleben wir Klima-Migration ... Hoffnung liegt im Bausektor, denn rund 60 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen kommen aus Gebäuden. Manfred zeigt mit seinem energieautarken „Sunhouse“ das Potenzial: Ohne externen Stromanschluss, betrieben allein durch Sonnenenergie – ein Konzept, das beweist, wie nachhaltig Wohnen sein kann.

    Doch trotz solcher Innovationen wird der Fortschritt durch fehlgeleitete Förderpolitik und mangelndes Bewusstsein gebremst. Manfred fordert neue Finanzierungsmodelle, die Hausbesitzer direkt beim klimagerechten Umbau unterstützen. Es geht nicht nur um Technik und Geld, sondern auch um ein Umdenken. Manfred betont, dass die Sonne unser stärkstes Kraftwerk ist – aber wir müssen sie endlich besser nutzen.

    Sein Appell: Warten wir nicht auf große politische Veränderungen. Jeder kann als Eigentümer, Mieter oder informierter Bürger, Schritte hin zu nachhaltigem Bauen unternehmen – und so das Potenzial des Bauwesens für eine klimafreundlichere Zukunft heben.

    Zu Gast: Manfred Josef Hampel, Bauteilentwickler, Fassadengestalter und Unternehmer. Gründer www.city.box.solar und heute Präsident des gemeinnützigen Instituts für Nachhaltigkeit.

    Revolution am Bau! 5 Minuten Doko

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  • Der Einblick in die Zukunft der Landwirtschaft mit Thaddäus Baier, Gründer des Tech-Startups TADUS. Sein Ziel: Nichts Geringeres als die Transformation des Traktorenmarkts – mit elektrischen Maschinen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch den Dieseltraktoren überlegen sind.

    Thaddäus ist tief in der Landwirtschaft verwurzel. Er hat sich mit seinem Team darauf spezialisiert, mid-size Traktoren zu entwickeln, die elektrisch betrieben werden. Das ist nicht nur ein revolutionärer Schritt für die Landwirtschaft, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil für viele Landwirte. Elektrische Traktoren bieten enorme Einsparpotenziale, besonders für jene Betriebe, die bereits ihren eigenen Strom erzeugen – etwa durch Photovoltaikanlagen. Thaddäus erklärt: „Die Betriebskosten können um bis zu 80 % gesenkt werden, wenn der Strom direkt vom Dach ins Fahrzeug fließt.“ Es ist eine Vision, die den Einsatz fossiler Brennstoffe in der Landwirtschaft drastisch reduzieren könnte.

    Dabei ist der Antrieb nicht das Einzige, was an den TADUS-Traktoren bemerkenswert ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Traktoren, deren mechanische Systeme kompliziert und anfällig für Verschleiß sind, punkten die Elektro-Modelle durch ihre Einfachheit. „Durch die Elektrifizierung reduzieren wir die Anzahl der Bauteile und machen die Maschinen robuster und langlebiger“, so Thaddäus.

    Doch warum sind nicht längst alle Landwirte auf elektrische Traktoren umgestiegen? Thaddäus führt an, dass es schlichtweg bisher keine passenden Lösungen im Markt gibt. „Wir sind die Ersten, die Traktoren bis zu einer Leistung von 120 kW auf den Markt bringen. Größere Hersteller konzentrieren sich auf stärkere Maschinen, die nicht von Batterien angetrieben werden können.“

    Die Herausforderung bleibt die Finanzierung. Wie viele Startups kämpft auch TADUS darum, Investoren zu finden, die das Potenzial der elektrischen Landwirtschaft verstehen. „Technisch ist alles machbar“, sagt Thaddäus selbstbewusst, „doch ohne finanzielle Unterstützung lässt sich so ein Projekt nicht umsetzen.“ Gleichzeitig sieht er große Chancen für die Landwirte: Nicht nur als Fahrzeug, sondern auch als mobiler Energiespeicher soll der Traktor dienen. Überschüssiger Solarstrom kann gespeichert und später zu höheren Preisen ins Netz eingespeist werden – eine doppelte Nutzung, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch lukrativ ist.

    Thaddäus ist überzeugt, dass die Zeit für elektrische Traktoren gekommen ist: „In zehn oder 15 Jahren wird es noch immer Dieseltraktoren geben, aber wir müssen jetzt anfangen, um uns auf die Zukunft vorzubereiten“, sagt er. Schritt für Schritt möchte TADUS gemeinsam mit den Landwirten diesen Wandel vorantreiben.

    In der Landwirtschaft steht eine Revolution bevor, und TADUS möchte ganz vorne mit dabei sein. Der elektrische Traktor könnte nicht nur die Felder, sondern auch die Art und Weise, wie wir über Energie und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft denken, verändern. Es ist ein mutiger Schritt – aber einer, der sich lohnen wird.

    Zu Gast: Dr. Thaddäus Baier, ist technischer Geschäftsführer und Mitgründer der TADUS GmbH. Er hat Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München studiert und mehrjährige Berufserfahrung als Entwicklungsleiter in mittelständischen Betrieben gesammelt.

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  • Wie gehen wir mit dem drohenden Klimakollaps um, und was bedeutet es für unsere Zukunft, wenn wir das Scheitern akzeptieren? Tadzio Müller, Aktivist für Klimagerechtigkeit und Politikwissenschaftler, ist kein Unbekannter in unserem Format. Tadzios Perspektiven sind provokant, aber realistisch: Der Kollaps ist nicht das Ende, sondern eine Chance, neue Wege zu finden, um in einer Welt zu überleben, die von immer mehr Katastrophen heimgesucht wird.

    „Wir müssen akzeptieren, dass wir scheitern“, sagt Tadzio und verweist auf die vergeblichen Bemühungen, den Klimawandel aufzuhalten. Doch statt in Pessimismus zu verfallen, sieht er darin einen Wendepunkt: „Wenn wir das Scheitern akzeptieren, verlieren wir die lähmende Angst vor dem, was danach kommt.“ Diese neue Offenheit für das Unvermeidliche könnte der Schlüssel sein, um mit einer Welt klarzukommen, die sich rasant verändert.

    Tadzio spricht über das, was viele fürchten: den Klimakollaps. Aber anstatt diesen als apokalyptisches Szenario abzutun, fordert er, die Katastrophe als „neuen Normalzustand“ zu begreifen. „Es bedeutet nicht, dass alles sofort vorbei ist“, erklärt er. „Ein Kollaps kann auch heißen, dass Lieferketten ausfallen oder Regionen temporär ohne Strom und Wasser dastehen.“ Diese neuen Krisen wären beherrschbar – wenn wir uns darauf vorbereiten.

    Dabei hebt er die Macht der Gemeinschaft hervor. Tadzio verweist auf Beispiele wie „Mutual Aid“ und „Autonomous Disaster Relief“, bei denen sich Nachbarschaften und lokale Gemeinschaften in Krisen gegenseitig unterstützen. In einer Zeit, in der Hitzewellen oder Überschwemmungen Millionen Menschen betreffen könnten, sei diese solidarische Selbsthilfe von entscheidender Bedeutung. „Die Menschen müssen lernen, sich aufeinander zu verlassen, anstatt auf große politische Lösungen zu warten“, betont er.

    Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Verdrängung: Die Gesellschaft vermeidet es, sich mit den unangenehmen Realitäten der Klimakrise auseinanderzusetzen. Tadzio fordert eine radikale Umkehr. „Wir müssen durch diese Verdrängung hindurchgehen, um uns vernünftig und emotional auf das vorzubereiten, was kommt.“ Seine Botschaft ist klar: Anstatt zu warten, müssen wir selbst aktiv werden. Er spricht vom ‚Klimakampf 2.0‘ – einer Bewegung, die nicht länger nur appelliert, sondern handelt.

    Dabei geht es um mehr als nur Umweltschutz. Tadzio wirft auch einen Blick auf die sozialen Ungerechtigkeiten, die durch den Klimawandel verstärkt werden. Wer profitiert von Schutzmaßnahmen? Wer bleibt zurück? „Früher haben wir gesagt, dass alle irgendwann einen Schutz bekommen werden – jetzt wissen wir, dass die Zeit dafür nicht ausreicht.“ Diese Fragen werden laut Tadzio die kommenden Jahre prägen.

    Am Ende steht die Aufforderung, den Raum der Zukunft nicht als leeren, hoffnungslosen Ort zu begreifen. „Im Raum des Kollapses gibt es jede Menge Bedeutung“, schließt Tadzio. „Wir müssen sie nur erkennen und aktiv nutzen.“ Sein Plädoyer: Wenn wir uns auf Krisen vorbereiten, schaffen wir eine Zukunft, in der nicht alles schlechter wird – sondern in der wir die Kontrolle zurückgewinnen und solidarisch aufbauen können.

    Zu Gast: Tadzio Müller, Aktivist für Klimagerechtigkeit, Politikwissenschaftler

    Buch: Zwischen friedlicher Sabotage und Kollaps – Wie ich lernte, die Zukunft wieder zu lieben

    Blog für Klimagerechtigkeit und gegen den Faschismus

    Folge 197 mit Lars Fischer –

  • Schon beim Betreten dieser Schule merkt man: Hier ist etwas anders. Das typische Schrillen der Schulglocke? Fehlanzeige. Statt Taktung und starren 45-Minuten-Einheiten prägen Flexibilität und Offenheit den Schulalltag. Schülerinnen und Schüler lernen dort, wo es für sie am besten passt – auf dem Teppich, in Sitzecken oder in kleinen Rückzugswaben an den Wänden. Matthias Förtsch, Schulleiter des Gymnasiums am Bischof-Sproll-Bildungszentrum in Biberach, packt die Dinge an und stellt sein Bildungssystem auf den Kopf. Oder auf die Füße? Matthias vertraut auf die Eigenmotivation der Jugendlichen: „Ich glaube, sie bringen eine hohe intrinsische Motivation mit – sie wollen einfach Dinge wissen.“

    Diese Offenheit steht im Kontrast zur traditionellen Vorstellung von Schule, die Matthias als „Doing School“ bezeichnet: Aufgaben erledigen, kurz vor der Prüfung noch schnell lernen und das Gelernte danach wieder vergessen. Doch dieses Modell hält er für veraltet. Die Welt verändert sich rasant und Schule muss sich anpassen. „Wir entlassen die Schülerinnen und Schüler in eine Zukunft, die grundlegend anders aussieht als heute. Da gibt es einen gewaltigen Zeitversatz“, sagt Matthias.

    Ein zentrales Thema in Matthias Schule ist die Digitalisierung. Wir müssen verstehen, wie digitale Möglichkeiten unser Zusammenleben und unsere Kommunikation grundlegend verändern“, so Matthias. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass viele Schulen zwar gezwungen waren, den Unterricht digital zu gestalten, doch die Lernkultur selbst sei dabei oft unverändert geblieben.

    Matthias fordert, dass Schulen nicht nur Wissen vermitteln, sondern den jungen Menschen ermöglichen, diese komplexe und digitalisierte Welt aktiv mitzugestalten. „Wir müssen sie in die Lage versetzen, die Gesellschaft zu verändern“, sagt er. Hierbei betont er auch die Bedeutung der Zusammenarbeit aller Beteiligten – Schüler, Lehrer, Eltern und externe Partner. In seiner Schule beispielsweise arbeiten Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrkräften an neuen Lernformaten und setzen sich kritisch mit Themen wie der Nutzung von Künstlicher Intelligenz auseinander.

    Ein wichtiger Punkt in Matthias pädagogischem Konzept ist die Förderung von Zuversicht. „Wir müssen die Schülerinnen und Schüler nicht nur für Prüfungen vorbereiten, sondern sie stark machen für die Herausforderungen von morgen“, erklärt er. Es gehe darum, sie zu ermutigen, die Zukunft nicht als Bedrohung zu sehen, sondern als etwas, das sie selbst gestalten können.

    Matthias und seine Schule sind ein Beispiel dafür, dass es auch in einem trägen Schulsystem möglich ist, innovativ und zukunftsorientiert zu arbeiten. Die Schule der Zukunft, so Matthias, müsse den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellen und ein Umfeld schaffen, in dem echte, tiefe Lernprozesse stattfinden können – abseits der traditionellen Strukturen und Prüfungsformate.

    Mit Leidenschaft und Entschlossenheit treibt Matthias diesen Wandel voran und zeigt: Bildung ist mehr als nur Wissensvermittlung. Sie ist die Grundlage dafür, dass die kommenden Generationen die Welt gestalten können – mit Mut, Zuversicht und dem festen Glauben, dass die Zukunft in ihren Händen liegt.

    Zu Gast: Matthias Förtsch, Schulleiter am Gymnasium des Bischof-Sproll-Bildungszentrum in Biberach. Er ist zudem Autor und Coach für die Themen Schulentwicklung und Kultur der Digitalität. 

    Folge 217 mit Micha Pallesche – Was bedeutet Zukunft für Schule?

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  • Die Zukunft – was für ein Begriff! Sie scheint weit weg, ungewiss, vielleicht sogar bedrohlich. Doch was wäre, wenn wir begreifen, dass es nicht die eine Zukunft gibt, sondern viele? Zukünfte existieren im Plural. Wir haben die Wahl, welche wir anstreben, welche wir gestalten – und welche wir verhindern wollen.

    Doch diese Wahl ist hart umkämpft. Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sieht in unserer Gesellschaft einen erbitterten Streit um die Frage, wie unsere Zukunft aussehen soll. Zwei Modelle prallen aufeinander: ein demokratisches, rechtsstaatliches und ein autoritäres, völkisches. Insbesondere in Thüringen und Sachsen, wo die AfD bei den letzten Landtagswahlen starke Ergebnisse erzielte, ist dieser Konflikt greifbar. "Es stehen tatsächlich verschiedene Modelle der Zukunft zur Wahl", sagt Jens-Christian – und erinnert daran, dass das autoritäre Modell auf historischen Vorbildern fußt, die wir nie wieder erleben wollen.

    Jens-Christian, der seit Jahrzehnten in der Gedenkstättenarbeit tätig ist, spricht eindringlich über die Bedeutung der Erinnerungskultur. Für ihn reicht es nicht, nur über die Opfer des Nationalsozialismus zu trauern. Wir müssen auch über die Täter, Mittäter und Profiteure sprechen. Wer waren sie? Warum haben sie mitgemacht? Und was können wir daraus für die Gegenwart und Zukunft lernen? Diese Fragen sind zentral, wenn wir begreifen wollen, wie Gesellschaften in den Abgrund geraten und wie wir verhindern, dass sich Geschichte wiederholt.

    Aber wie vermittelt man solch komplexe Themen? Die Gedenkstätten in Buchenwald und anderswo haben ihre Bildungsarbeit umgestellt. Statt kurzer Führungen, die oft wenig Nachhall haben, setzen sie auf intensive Projekte, die tiefes Nachdenken und Reflexion ermöglichen. Das Ziel: Die Besucher sollen nicht nur über die Vergangenheit urteilen, sondern auch über die Gegenwart und Zukunft. Jens-Christian bringt es auf den Punkt: "Geschichte begreifen, für die Zukunft handeln."

    Ein Blick in die politische Landschaft zeigt jedoch, dass Wissen allein nicht ausreicht. Rechte Parteien, allen voran die AfD, nutzen Emotionen wie Angst und Wut, um Wähler zu mobilisieren. Fake News und Desinformation spielen dabei eine zentrale Rolle – oft erfolgreicher, als man zugeben möchte. Jens-Christian sieht darin eine gefährliche Entwicklung, die es zu bekämpfen gilt. "Wir dürfen den Populisten und Verschwörungstheoretikern nicht das Feld überlassen", mahnt er. Doch bloße Fakten genügen nicht. Jens-Christian und Michael sind sich einig: Es braucht positive Emotionen, Optimismus und eine klare Vision einer besseren Zukunft, um die Menschen für eine demokratische Gesellschaft zu gewinnen.

    Denn am Ende, so Jens-Christian, geht es darum, welche Zukunft wir uns vorstellen und welche wir gestalten wollen. Eine Zukunft, in der die Würde jedes Menschen geachtet wird. Eine Zukunft, die demokratisch, friedlich und menschlich ist. Oder, wie Jens-Christian es formuliert: „Zukunft ist nichts, was man fürchten muss. Sie ist etwas, auf das wir uns freuen können, weil wir sie selbst in der Hand haben.“

    Zu Gast: Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

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  • Eins vorweg: Insekten sind extrem erfolgreich. 52% der beschriebenen Arten auf dem Globus sind Insekten. Die meisten leben in Nischen, sind hoch spezialisiert und können eine Sache besonders gut. Im Fall der Schwarzen Soldatenfliege, genauer ihrer Larve, ist das: Essen. Sie frisst organische Stoffe. Also genau das, was wir früher Biomüll genannt haben. Das Team um Jonas Finck von madebymade und REPLOID hat um sie herum einen industriellen Prozess entwickelt, um die Lücken in der Kreislaufwirtschaft zu schließen. Doch der Reihe nach. 

    Wer Lebensmittel produziert, hat Reste. Es gibt Überproduktion, Maschinen werden gereinigt, etc. Es bleibt immer etwas übrig, das reich an Nährstoffen ist. Das lässt sich verwerten. Bislang gehen Bäcker, Nudelmacher und Ketchup-Quetscher hin und entsorgen ihre Reste, zum Beispiel in der nächsten Biogasanlage. Hier setzt Jonas an. Er bringt nicht nur die Larven vorbei, sondern gleich eine ganze Anlage. Die Lösung kommt zum Problem. Die jungen Larven fressen sich binnen sieben Tagen durch den Berg. Ihre Ausscheidungen sind 1a Dünger; der kann direkt aufs Feld. Die Larven selber verwandeln ihr Futter direkt in Proteine und Fett. Sie wandeln sich selbst zum idealen Tierfutter. Hund und Katze freuen sich schon. Das Beste: Was bleibt übrig? Nichts. 

    Das Spannende an der Biologie: Das Insekt kann das schon immer. Wir müssen es nur wahrnehmen. Viel von Jonas’ Job ist es daher, die Tiere genau zu beobachten und ihr Verhalten zu verstehen. Denn die Brücke, die Jonas’ Larven schlägt, wird immer wichtiger. Der Bedarf an Tierfutter steigt drastisch an. Die üblichen Quellen versiegen allmählich; Schlachtnebenprodukte - ein wundervoll-furchtbares Wort für ein rückläufiges Thema. Die schwarze Soldatenfliege wird hier zum Nutztier, zur planbaren und nachhaltigen Rohstoffquelle. Als wäre es Landwirtschaft. Entsprechend sind Jonas und sein Team auch auf regionale Kreisläufe ausgerichtet, haben eine Anlage entwickelt, die immer noch zwischen Stall und Biogasanlage auf den Hof passt. Die Bio-Revolution im Hinterhof. 

    Zu Gast: Dr. Jonas Finck, Gründer und CEO von madebymade, Chief Biology Officer @ REPLOID Group AG

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  • Die AfD ist destruktiv und sie bietet keine Lösungen. Sie saugt unsere Aufmerksamkeit auf, verlockt andere Parteien dazu, sich fast nur noch mit den Lieblingsthemen der AfD zu befassen - und wirklich wichtiges bleibt derweil ungelöst. Es sieht nicht gut aus, aber kein Grund, ganze Landstriche verloren zu geben. Das sagt der Autor und Journalist Stephan Anpalagan im Podcast bei Michael. Indem die AfD die Unzufriedenheit verstärkt, zieht sie weiterhin Wähler an, was zu einem Teufelskreis führt, in dem es immer schlimmer wird.

    Stephan sagt: Migration ist eben nicht das zentrale gesellschaftliche Problem unserer Zeit, obwohl es oft so dargestellt wird. Er kritisiert scharf die Darstellung von Migration als „Mutter aller Probleme“, wie sie von einigen politischen Akteuren propagiert wird. Für ihn ist diese Fokussierung auf Migration als das zentrale Problem ein populistischer und falscher Diskurs, der von den eigentlichen gesellschaftlichen Herausforderungen ablenkt.

    Stephan argumentiert, dass es weitaus dringendere Probleme gibt, wie etwa den Klimawandel, die wirtschaftliche Ungleichheit, den Zustand der Infrastruktur oder die Qualität der Bildung und des Gesundheitssystems. Diese Themen erfordern komplexe und nachhaltige Lösungen, die jedoch oft durch den einfachen, aber irreführenden politischen Diskurs über Migration in den Hintergrund gedrängt werden. Er sieht die Fixierung auf Migration als eine bequeme Ausrede für Politiker, die keine echten Lösungen für die tieferliegenden gesellschaftlichen Probleme anbieten wollen.

    Stephan kritisiert im Gespräch die politische Debatte rund um Abschiebungen. Die Forderung nach Abschiebungen ist zwar populär, Politiker müssen sich aber nie an den tatsächlichen Ergebnissen messen lassen. Dies liegt daran, dass viele der großen Fragen im Bereich Migration und Asyl auf europäischer Ebene verhandelt werden müssen. Politiker können daher Abschiebungen als einfache Lösung für komplexe Probleme präsentieren, ohne dass sie tatsächlich etwas Konkretes liefern müssen.

    Stephan hebt hervor, dass Abschiebungen oft diejenigen Menschen treffen, die gut integriert sind, während es schwierig ist, kriminelle oder gefährliche Personen abzuschieben. Die Forderung nach massenhaften Abschiebungen wirkt daher oft populistisch und kurzfristig gedacht. Sie führt nicht zu echten Lösungen, sondern zielt lediglich darauf ab, politischen Gewinn durch Härte zu erzielen, ohne dabei die langfristigen Folgen oder realistische Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

    Stephan folgert aus seiner Analyse, dass es immer Hoffnung auf eine Zeit nach „rechts“ gibt. Er ist der Ansicht, dass demokratische Gesellschaften, auch wenn sie von extremen rechten Kräften bedroht werden, durch die Stärke ihrer Institutionen und das Engagement ihrer Bürger letztlich in der Lage sind, diese Tendenzen zu überwinden. Er verweist auf Beispiele wie die USA nach Donald Trump oder Polen unter der Führung von Donald Tusk, wo es gelungen ist, nach einer Phase des Erstarkens rechter Kräfte eine Rückkehr zu demokratischen und rechtsstaatlichen Werten zu erreichen.

    Stephan betont, dass es zwar Phasen geben kann, in denen rechte oder radikale Parteien an Einfluss gewinnen, doch diese Kräfte in stabilen Demokratien nicht zwangsläufig die Oberhand behalten. Es gibt immer Raum für positive Entwicklungen, wenn Menschen und Institutionen sich aktiv für demokratische Werte einsetzen. Diese Perspektive zeigt, dass er trotz der gegenwärtigen Herausforderungen optimistisch ist, dass es eine Zeit nach der aktuellen rechtsextremen Bewegung geben kann. Insofern: Wir müssen nichts verloren geben.

    Zu Gast: Stephan Anpalagan, Manager, Berater, Theologe, Journalist und Autor. Sein aktuelles Buch heißt

  • New Work ist mehr als flexible Arbeitsräume. So weit, so einfach. Gabriel Rath arbeitet (!) daran, Menschen und Unternehmen dazu zu bringen, über Arbeit neu nachzudenken. Im Podcast betont er: New Work bedeutet nicht bloß, in schicken Büros zu arbeiten oder regelmäßig den Arbeitsplatz zu wechseln. Stattdessen geht es darum, Arbeit aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Die zentrale Frage ist, wie Arbeit menschenfreundlicher gestaltet werden kann und gleichzeitig dazu beiträgt, Gutes zu tun.

    Zu idealistisch? Arbeit bedeutet auch Anstrengung. Gabriel vergleicht sie mit dem Laufen: Man muss sich anstrengen und aus der Komfortzone herauskommen, um wirklich Fortschritte zu erzielen. Arbeit kann erfüllend und sinnvoll sein, aber auch Herausforderungen und Reibungen gehören dazu. Menschen entwickeln sich in der Arbeit vor allem dann, wenn sie gefordert werden. Herausforderungen fördern Wachstum und Selbstwirksamkeit. Rath hebt hervor, dass es wichtig ist, sich in der Arbeit selbst wiederzufinden und die Möglichkeit zu haben, einen Unterschied zu machen.

    Es wird Zeit für diese neue Perspektive auf das Thema Arbeit. Zugleich verlangt New Work eine neue Kompetenz von uns: Die Fähigkeit, das eigene Leben immer wieder neu zu entwerfen und umzusetzen, immer wieder neu zu lernen. Eine Berufsbiografie wird zu einem großen Lego-Spiel: Immer wieder neu kombinierbar entsteht immer wieder etwas Neues. Selbständigkeit plus Teilzeit, dann wieder plus Ehrenamt, dann mehr Familie … Diese Flexibilität erfordert jedoch auch Eigenverantwortung und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

    Befeuert wird diese Entwicklung von der rasanten technologischen Entwicklung. Gabriel sieht in der KI eine Chance, Arbeit wieder menschlicher zu gestalten. KI kann repetitive Aufgaben übernehmen, wodurch Menschen sich auf kreative und kooperative Tätigkeiten konzentrieren können. Für die Zukunft wird es entscheidend sein, diese beiden Bereiche – Technologie und New Work – zusammenzudenken, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das sowohl effizient als auch erfüllend ist.

    Zu Gast: Gabriel Rath, Podcaster "New Work Chat", Speaker & Moderator

    Ein Beispiel für sehr weitgehende Veränderungen der Arbeit ist die Sparkasse Bremen. Die Folge mit dem Vorstand und Treiber dieses Wandels, Pranjal Kothari, findet sich hier

    Das Buch des LinkedIn-Gründers Reid Hoffman heißt „The Startup of You“

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  • Nehmen wir die Sprüche von Paulo Coelho doch mal ernst. In Sonntagsreden rezitiert, in der Klassenarbeit rot angestrichen. Von wegen "aus Fehlern lernen". Klassisch lernt das Kind: Pünktlich sein, Arbeitsanweisungen zuverlässig ausführen, der Obrigkeit zuhören. Damit kann ich anschließend 40 Jahre unfallfrei Traktor fahren. Aber eine Kompetenz für die Welt von heute und morgen ist das nicht. Schule kann deshalb nie so bleiben, wie sie war, sagt Gert Mengel, Schulleiter der Don-Bosco-Schule in Rostock. 

    Heute muss es um eine Grundhaltung des Lernens gehen: um Offenheit, Neugierde. Der Einzelkämpfer hat ausgedient. Die Herausforderungen von heute lassen sich nur in Kooperation lösen. Teilen ist eine zentrale Kompetenz. Die Ressourcen werden knapper, wir werden es lernen müssen.

    Ein tief gehender Veränderungsprozess in Schulen braucht zehn bis 15 Jahre. Auch das geschieht wie im Lehrbuch: Die einen befassen sich mit den Themen und entwickeln neue Vorschläge – die anderen halten die Vorschläge für das Problem. Für eine echte Entwicklung in der Schule braucht es Geduld und Zeit – oder eine Krise. Gert betont: Viele der Schulen, die heute ausgezeichnet und begehrt sind, standen zunächst vor dem Ende.

    Gert arbeitet an einer anderen Prüfungskultur. Warum ist die Klausur das Ende – es kann doch auch die Mitte sein, oder? Arbeiten wir mit den Ergebnissen weiter, lassen wir Schüler sich gegenseitig Feedback geben, eben: lernen. Der Originalvorwurf, den Gert daraufhin bekam: „Ja, aber dann sind doch am Ende alle gut“. Als wäre es die vornehmste Aufgabe der Schule, permanent zu filtern, wer gut und wer schlecht ist – anstatt dafür zu sorgen, dass alle lernen und sich entwickeln. Schule als System mit selektierendem Charakter … Gert hält dagegen: Schule soll nicht Grenzen aufzeigen, sondern Horizonte öffnen.

    Moderne Unternehmen arbeiten team- und projektorientiert. In der Schule ist das ein Täuschungsversuch; man sieht den Unterschied. Gert verweist auf die Lernprozesse, die tief im System stecken. Da kann der Schulleiter in der Abschlussrede sagen, was er möchte. Die Praxis zeigt: Wer am besten den Ellenbogen einsetzen kann, um andere am Abschreiben zu hindern, der bekommt die besten Noten, der wird Karriere machen. Wir wundern uns dann, warum New Work nicht funktioniert. Wir wundern uns, warum es den Vorgesetzten an sozialer Kompetenz mangelt. Dabei braucht es gar nicht so wahnsinnig viel Mut. Im Rahmenplan steht: Die Schüler sind in die Gestaltung des Unterrichts einzubeziehen. Einfach mal an die Gesetze halten.

    Die Folge mit Micha Pallesche gibt es hier.

    Zu Gast: Gert Mengel, Schulleiter der Don-Bosco-Gesamtschule in Rostock. Seine Podcasts „Kreide.KI.Klartext“ und „Große Hofpause“ sind auf allen Podcast-Plattformen.

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  • #NieWiederIstJetzt. Hier könnte dieser Text enden, denn das Wichtigste ist gesagt. Diesem Slogan haben sich seit Jahresbeginn mehrere Millionen Menschen in Deutschland angeschlossen und für die Demokratie demonstriert. #NieWiederIstJetzt ist auch der Name der am schnellsten wachsenden Gruppe auf dem Business-Netzwerk LinkedIn, gegründet von Thomas Leibfried, dem Gast dieser Episode.  

    Das kommt dabei heraus, wenn ein politisch denkender Mensch abends im Büro überlegt, wie man sich mit ein paar Gleichgesinnten vernetzen kann. Wobei „Gleichgesinnte“ hier nur meint: Menschen, die ebenfalls mit beiden Beinen fest auf demokratischem Boden stehen. Unter den heute annähernd 20.000 Mitgliedern der LinkedIn-Gruppe ist das volle Spektrum der demokratischen Positionen abgebildet. Das gehört zu den Erfahrungen, die hier wirklich erstaunen. Der rechte Rand will uns immer wieder glauben machen, unsere Gesellschaft sei gespalten, sei ein Irrgarten von Sprech- und Denkverboten und kaum zum Dialog fähig. Aber kaum sind die Demokratiefeinde nicht an Bord, ist der Dialog plötzlich gar nicht mehr so schwierig, auch zwischen unterschiedlichsten Positionen. Ein gemeinsames Fundament hilft ganz offensichtlich.

    Lange galt es als gesetzt: Im professionellen Kontext spricht man nicht über Politik. Das ist offensichtlich Geschichte. Thomas und Michael diskutieren, wie sich diese Regel ins Gegenteil verkehrt oder besser: korrigiert hat. Haltung ist inzwischen nicht nur möglich, sie ist nötig. Spannend wird es, wenn sie auch kostet: Schicke ich den Handwerker mit einem eindeutigen Tattoo wieder weg, wenn dafür das Dach ein halbes Jahr nicht gemacht ist? Lasse ich die Stelle weiter vakant, wenn die Bewerber:innen nicht zweifelsfrei auf dem Boden des Grundgesetzes stehen? Und wie gehe ich als Großkonzern mit der Tatsache um, dass ich in der Belegschaft statistisch genau so viele AfD-Wähler:innen haben werde, wie sie in der Gesamtbevölkerung zu finden sind?

    Thomas weist im Gespräch auf den Zeitverzug hin. Es ist gut, dass Demokrat:innen sich jetzt vernetzen. Die Feinde der Demokratie haben hier einen Vorsprung. Diesen werden wir nicht ohne Weiteres und gar nicht schnell aufholen. Umso wichtiger, heute anzufangen.

    Dem Team von Carls Zukunft ist es an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass unsere Brandmauer stabiler steht denn je. Niemand von uns würde jemals die AfD wählen. Wir nehmen keine Aufträge von Nazis an und kooperieren nicht mit ihnen. Da gibt es nichts zu diskutieren. Wer mit Nazis reden will, sollte besser bei der Staatsanwaltschaft arbeiten oder Richter:in sein; das ist eine gute Gesprächsgrundlage.

    Zu Gast: Thomas Leibfried, Head of RPO - Diversity Council Mitglied für 50+ / Demokrat, Gründer der LinkedIn Gruppe "NieWiederIstJetzt"

  • Auf zur Ortskontrollfahrt – welches Verkehrsmittel darf es denn sein? Für Laura darf es gerne das Fahrrad sein. Schnell, unabhängig, sportlich - und am Zielort muss niemand einen Parkplatz suchen. Laura Gebhardt ist Mobilitätsforscherin am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Ihr wichtigstes Learning aus zahlreichen Projekten: Mobilität ist kein technologisches Problem. Es geht nicht um Batteriekapazität und Reichweite. Es ist auch kein moralisches oder vorrangig regulatives Problem. Zentral sind die Bedürfnisse der Nutzer:innen - und die sind komplex.

    Wer eine zukunftsfähige Mobilität realisieren will, muss zunächst genau zuhören. Da tauchen Themen wie Gewohnheit auf: Selbst wenn der Mensch täglich im gleichen Stau steht – sind die eigenen Abläufe erst einmal auf das Auto ausgerichtet und hat der Kaffeebecher seinen festen Platz, wird es auch morgen wieder das Auto sein. Die Mobilitätsexpertin Katja Diehl hat herausgearbeitet, wie viele Menschen täglich das Auto nutzen, obwohl sie gar nicht gerne fahren. Und dennoch …

    Angst ist ein weiteres Thema. Laura hat erlebt, wie in einem Projekt der traditionelle Bus durch einen On-Demand-Bus ersetzt wurde. Der fährt immer dann, wenn er gebraucht wird, aber eben nicht mehr um 19 nach, so wie früher immer. Das löst Ängste aus, ausreichend noch so intelligente neue Lösungen scheitern zu lassen.

    Wo würde Laura anfangen, auf einer grünen Wiese? Bei der Mobilität selbst. Denken und planen wir Mobilität, bevor wir Wohnhäusern, Gewerbeimmobilien und Büroräumen ihren Platz zuweisen. So entstehen die Räume, die wir oft vermissen, wenn es daran geht, zukunftsfähige Mobilität zu realisieren. Und wenn denn noch ein Wunsch frei wäre? Kilometerlange, echte Fahrradstraßen, so wie in Holland, Frankreich und Dänemark. Das muss der Mensch nicht einmal mehr erfinden.

    Zu Gast: Dr. Laura Gebhardt, Wissenschaftlerin in der Abteilung Mobilität und Urbane Entwicklung des DLR-Instituts für Verkehrsforschung in Berlin

  • Wir müssen über den Krieg reden. Immer noch. Ein Gegenwartsthema, wie aus einer vergangenen Zeit - und doch werden gerade die Grundlagen für die Zukunft gelegt, in großem Maßstab. Klaus Gestwa sagt: Seit Anfang 2023 erleben wir einen Zermürbungskrieg, wie wir ihn eigentlich nur aus den beiden Weltkriegen kannten, ergänzt um moderne Kriegstechnik und Live-Bilder via Social Media. Eine Situation, mit der wir noch gar nicht wirklich umgehen können. Klaus ist Professor an der Universität Tübingen und leitet dort das Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde.

    Erste Frage: Wann wird das Kämpfen aufhören? Klaus betont: Aktuell glauben beide Seiten, militärisch etwas erreichen zu können. Die Einsicht „jetzt geht nichts mehr“ steht noch aus. Insofern wird es 2024 nichts mit einer Waffenruhe. Er betont aber auch, wer der Aggressor ist: Wenn Putin seine Soldaten zurückzieht, wird der Krieg morgen vorbei sein. Der Putinismus sieht das allerdings nicht. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer politischen Umkehr ist fern; der Herrscher im Kreml wähnt sich auf einer historischen Mission. Insofern bleibt als einzig plausibler Weg zu Waffenstillstand und Verhandlungen, Russland militärisch mindestens auf Augenhöhe zu begegnen. Und dann folgt ein sehr bitterer Verhandlungsprozess.

    Die politischen Eliten Russlands haben sich hinter Putin versammelt, so Klaus. Es ist Russlands Krieg, nicht allein Putins. Entsprechend können wir von außen auch nur bedingt einwirken, nur die Rahmenbedingungen setzen. Wer zwischenzeitlich auf die russische Zivilgesellschaft gehofft hatte, muss erkennen, dass sie sich im Würgegriff des Putin-Regimes befindet. Propaganda wirkt eben und die Hoffnung auf gesellschaftliche Gegenkräfte ist eine Illusion. Die Kreml-Eliten müssen einsehen, dass Putin das Problem ist. Und das in so großer Zahl, dass sie nicht direkt aus dem Fenster fallen.

    Michael und Klaus diskutieren die absehbaren Konsequenzen des Kriegs für die Opfer. Noch nie war eine so große Fläche vermint wie heute in der Ukraine. Die Minen zu entfernen, wird Jahre brauchen. Infrastruktur, Industrie, allein die Umweltschäden sprengen unsere Vorstellungskraft. In der Ukraine sind bereits heute größte Mengen unterschiedlichster Giftstoffe aus Deponien und Industriebetrieben in die Umwelt geraten. Und „in die Umwelt“ bedeutet am Ende „in die Menschen“. Hinzu kommen die psychischen Folgen. Klaus zeichnet ein düsteres Bild von dem Ausmaß an PTBS, der posttraumatischen Belastungsstörung. An ihr leiden in und nach anderen Krieg ein Drittel der Soldaten und Soldatinnen - und zahllose Zivilist:innen. Es wird eines Kraftakts der Ukraine bedürfen, nach einem Waffenstillstand wieder zu gesunden und als Gesellschaft auf Dauer lebensfähig zu sein. 

    Zu Gast: Professor Dr. Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde an der Universität Tübingen

    Die Universität Tübingen hat Prof. Dr. Klaus Gestwa mit dem Preis für Wissenschaftskommunikation ausgezeichnet (2/2024).

    Mehr Podcasts zum Thema:

    #147 Niklas Schörnig: Frieden ist kompliziert

  • Hoffnung ist unsere zentrale menschliche Fähigkeit, sagt die Philosophin Natalie Knapp. Wir brauchen Hoffnung, um uns zu motivieren. Denn letztlich ist es nur die Aussicht auf eine positive Zukunft, die uns in Bewegung setzt. Zum Ankommen braucht es keine Energie, aber zum Loslaufen. Dabei ist es weniger wichtig, ob sich jede Hoffnung genau so erfüllt, wie sie anfangs einmal bestand. Eine bemerkenswerte Parallele zur Zukunftsforschung: Es geht viel weniger ums nachträgliche Rechthaben, stattdessen viel mehr ums Anfangen.

    Fragen wir nicht: Was ist realistisch? Was realistisch gewesen sein wird, sehen wir dann schon noch in der Zukunft. Das klärt sich. Natalie betont: Viel wichtiger und hilfreicher ist es zu verstehen, dass wir Realität schaffen können, indem wir anfangen und gestalten. Die berühmte Politologin und Philosophin Hannah Arendt hat gesagt: Wir bräuchten die Hoffnung nur dann nicht, wenn die Zukunft schon feststünde. Das wäre sicher. Aber dann könnten wir nichts mehr tun, könnten nichts mehr verändern oder bewirken, keine Entscheidung treffen. Insofern ist es absurd zu glauben, dass das Leben besser wäre, wenn es weniger unsicher wäre.

    Natalie singt ein Loblied auf die Unsicherheit. Wir können lernen, gut in Unsicherheit zu leben, können lernen, Lust daran zu entwickeln. Dafür müssen zunächst einmal sortieren, was es bedeutet, unsicher zu sein. Natalie deutet dies so: Spüren wir Unsicherheit, verfügen wir gerade nicht über eine passende Routine. Wer Unsicherheit spürt, weiß gerade nicht automatisiert, wie es geht. Anders gesagt: Es ist hoch professionell, sich ab und zu unsicher zu fühlen. Dann müssen wir anders arbeiten, anders kommunizieren, mehr in den Austausch gehen, Ideen entwickeln und den Kopf einschalten. Gar nicht schlecht, diese Unsicherheit. Wir brauchen eine Neubewertung des unangenehmen Gefühls, das eben keine Angst ist, sondern Unsicherheit.

    Natalie spricht darüber, wie wir in unsicheren Zeiten entscheiden können. Gelernt haben wir, Entscheidungen als Sortieraufgabe zu verstehen. Alle vorhandenen Informationen sichten und ordnen, dann wissen wir was zu tun ist. In der Unsicherheit führt das in die Irre, denn die wichtigen Informationen sind vielfach genau die, über die wir eben nicht verfügen. Im Chaos greift das mechanistische Weltbild nicht mehr. Diese fünf Dinge musst du beachten, dann hält deine Ehe 50 Jahre … funktioniert nicht. Wir müssen stattdessen lernen über Möglichkeiten zu sprechen, über Wahrscheinlichkeiten - und anfangen. Im Rückblick wird ein Leben draus geworden sein.

    Zu Gast: Dr. Natalie Knapp, Philosophin, Keynote Speakerin und Autorin populärer Sachbücher. Sie ist Gründungsmitglied des Berufsverbandes für philosophische Praxis, Dozentin der ZEIT Akademie, der Liechtenstein Academy, der Leuphana Universität Lüneburg und des Netzwerks Ethik. 

    Erwähnungen:

    Nachhaltigkeit, Innovation und organisatorischer Wandel: Rasmus Nutzhorn

    Film: 972 BEAKDOWNS Auf dem Landweg nach New York

    Podcast mit Ralf B. Wehrspohn – Innovation im Plattenbau

  • Unser Diskurs über Freiheit ist ein Armutszeugnis; wir machen die Freiheit kleiner als sie eigentlich ist. In unseren Debatten, in denen wir ständig Verbote wittern und darüber vergessen, dass genau dies eine ganz zentrale Aufgabe von Politik ist: Auszuloten und zu bestimmen, bis wohin wir ein gutes Leben haben wollen - und wo die Grenze dessen erreicht ist. Unspektakulärer geht es kaum. Stattdessen schreien wir vor Aufregung über Bagatellen wie ein Tempolimit und nehmen gleichzeitig Menschen für noch kleinere Kleinigkeiten die Freiheit. Wenige Male Schwarzfahren reicht.

    Arne Semsrott ist - neben vielen anderen Projekten - Gründer des Freiheitsfonds. Der Fonds kauft Menschen aus dem Gefängnis frei, teils einen Monat schon für 50€. Seit der Nazizeit ist Schwarzfahren in Deutschland strafbar. Wer mehrfach erwischt wird und den folgenden Strafbefehl nicht zahlen kann, erlebt die deutsche Besonderheit „Ersatzfreiheitsstrafe“. Damit gehen genau die ins Gefängnis, die es gar nicht sollen. Pro Jahr 10.000 Menschen in Deutschland. Inzwischen sind es die Gefängnisse, die beim Freiheitsfonds anrufen und darum bitten, Menschen freizukaufen. Damit ist die Absurdität auf die Spitze getrieben: Der Staat sorgt dafür, dass die falschen Menschen in Haft kommen - und anschließend bittet der Staat private Organisationen, sie dort wieder herauszuholen.

    Das Thema ist ein Türöffner, sagt Arne, denn wir haben ein Thema mit der Elendskriminalität. Arme Menschen werden systemisch benachteiligt. Schwarzfahren, Ladendiebstahl, die Liste ist lang. Das Bundesjustizministerium hat ein Gesetz zur Entkriminalisierung angekündigt, so weit hat der öffentliche Druck schon geholfen. Allein: Der Entwurf für das Gesetz kommt nicht. Und er muss bald kommen, sonst vergeht diese Legislatur. Wer also ein paar Minuten hat und das Projekt unterstützen will: Ein Brief an Minister Marco Buschmann oder seien Staatssekretär Benjamin Strasser hilft.

    Die Freiheit ist auch aktuell politisch bedroht. Arne hat gerade ein Buch veröffentlicht, das eine Anleitung zum Widerstand bieten soll. Kurz gesagt: Was tun, wenn die AfD und andere antidemokratische Parteien bei den ersten Wahlen tatsächliche Mehrheiten erringen? Die Demokratie wird nicht in einem Knall enden. Die AfD will sie beenden, keine Frage, aber eher in vielen kleinen Schritten. Mehr Menschen in Präventivhaft, Strafanzeigen gegen Journalisten, etc. Die Anknüpfungspunkte sind alle da. Arne sagt: Wir müssen laut sein, es verhindern, aber wirkungsvoll. Und das heißt nicht, den heutigen AfD-Wählern nach dem Mund zu reden und in vorauseilendem Gehorsam erst ihre Talking Points und dann die Positionen zu übernehmen, sondern sich vorzubereiten.

    Arne nennt drei konkrete Schritte:

    Stellen wir uns auf den Wahlabend ein. Wie wird er aussehen, wie sich möglicherweise anfühlen? Wen rufen wir an, um zu sagen: ich bin da?Wie sichern wir die Zivilgesellschaft? Die AfD wird schnellstmöglich den Geldhahn zudrehen wollen, wie können wir Institutionen davon stärker unabhängig machen?Und ein Schritt für alle, die in Behörden arbeiten: Was geschieht, wenn die AfD für mein Amt zuständig wird? Was muss ich umsetzen, welche Informationen kann ich leaken, wie die Prozesse verlangsamen? Arne hat ein ganzes Kapitel seines Buches den Beamten gewidmet, denn ihnen kommt am Ende die Rolle zu, aus AfD-Positionen praktisches Handeln zu machen.

    Nicht gesprochen haben Michael und Arne über Fragdenstaat.de. Auch das macht Arne. Nächstes Mal.

    Zu Gast: Arne Semsrott, Politikwissenschaftler und Aktivist, leitet das Recherche- und Transparenzportal

  • Vielleicht ist der Fehler im System schon daran zu erkennen, dass wir uns auf die großen Ferien freuen - und eher nicht so sehr auf das nächste Schuljahr. Warum eigentlich? Möglicherweise ist das System Schule dabei, von der Welt abgehängt zu werden. Eine gefährliche Spannung: Lernen wird immer wichtiger, aber findet es in der Schule statt? Micha Pallesche ist Schulleiter der vielfach ausgezeichneten Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe. Er zeigt: Schule geht anders. Ja, auch eine ganz normale staatliche Regelschule geht anders.

    Im Podcast berichtet Micha, wie er bewusst gegensteuert. Impulse im Klassenzimmer? Maximal ein Drittel der Zeit. Hinzu kommen ein Drittel Kollaboration und ein Drittel Selbstlernphasen. Aus Lehrern werden Lernbegleiter, die darauf vertrauen, dass die Kinder etwas wollen, und ihnen den Raum dafür geben. Micha setzt darauf, den Schülerinnen und Schüler Aufgaben zu geben, die sie allein nicht lösen können - und für die es oftmals gar keine vorgefertigten Lösungsmuster gibt. Dann passiert etwas. Was wir brauchen, sagt Micha, sind unbestimmte Räume. Denn das zählt zu den Absurditäten des üblichen Schulablaufs: Ein maximal bestimmter Raum soll Menschen auf maximal unbestimmte Räume vorbereiten.

    „Carls Zukunft“ hat vor kurzem ein Whitepaper veröffentlicht, das sich einer ganz einfachen Frage widmet: Was bedeutet Zukunft für Schule? Wenn wir uns allein die Felder anschauen, bei denen sich die Zukunftsforschung stabile Aussagen zutraut: Wer in den 30er Jahren die Schule verlassen wird, tritt in eine Welt, in der Arbeit etwas völlig neues bedeutet. In der neben den Klimaschutz längst die alltägliche Klimafolgenanpassung getreten ist. In der Fakt und Fake medial längst kaum noch zu unterscheiden sind. In der der Krieg seine Wunden und Narben hinterlassen hat. Was folgt daraus? Zumal: Was Unternehmen und Organisationen Zukunft nennen, ist in Schulen Gegenwart: Wer in zehn Jahren die Schule abschließt, ist längst täglich dabei. Zukunft ist hier Gegenwart. Kann Schule das?

    Micha und Michael diskutieren intensiv die zentrale Erkenntnis des Whitepapers: Die wichtigste Aufgabe von Schule ist es, junge Menschen dazu zu befähigen, das Curriculum des eigenen Lebens immer wieder neu zu entwerfen. Das ist mehr als nur lebenslanges Lernen. Wir brauchen die Fähigkeit, immer wieder für uns selbst herauszufinden, was wir lernen wollen und können.

    Zu Gast: Micha Pallesche, Schulleiter der Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe

  • Kurzfassung: Das mit der Arbeit wird gerade wirklich komplex. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen den Umgang mit den Menschen erheblich professionalisieren. Sonst ziehen sie auf dem Jobmarkt bald nicht mal mehr den Kürzeren und gefährden ihre Existenz. So einfach. Das sagt Jutta Rump. Sie ist Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen und leitet das Institut für Beschäftigung und Employability.

    Etwas längere Fassung: Wir sehen einen Trend zu mehr Selbstbestimmung im Beruf. Und gleichzeitig den Gegentrend zu mehr Fremdbestimmung. Einerseits partizipative Führung, mobiles Arbeiten, Führen über Aufgaben, etc. Der Gegentrend ist besonders dort sichtbar, wo Automatisierung im Spiel ist. Exakt definierte Prozesse, ohne die Möglichkeit, heute mal abzuweichen. KI verstärkt das noch und ist da im Moment gerade wenig kooperativ. Welcher Trend wird sich durchsetzen? Jutta sagt: Beide. Wir haben es mit einer Polarisierung zu tun und die Extreme verstärken sich.

    Worüber wir nachzudenken haben, ist der Begriff der Zeit. Warum heißt es Frei-Zeit? Ist diese Zeit frei, also verfügbar, nur weil sie nicht bezahlt wird? Man frage kurz alle Alleinerziehenden. Oder die Menschen, die Angehörige pflegen. Oder oder oder. Freizeit ist meist pure Fiktion. Insofern hilft es auch nicht, wenn Unternehmen über den angeblichen „Freizeithunger“ der Menschen lamentieren. Denn zugleich: Was ist mit der Arbeitszeit? Wem kommt es eigentlich zu Gute, wenn eine Aufgabe dank KI in der halben Zeit zu erledigen ist? Hier entsteht Zeitwohlstand. Gehört der dem Unternehmen, das weitere Aufgaben verteilen kann? Oder den Mitarbeiter:innen, die früher Schluss haben? Oder müssen wir über diese Fragen verhandeln? Ja absolut, sagt Jutta. Und da, wo wir dazu noch nicht die Fähigkeiten und die Kultur in Unternehmen haben, da brauchen wir eben: mehr Professionalität.

    Jutta nennt es den Klebe-Effekt. Menschen sollen im Bewerbungsprozess am Unternehmen kleben bleiben. Und später auch. Und dafür braucht es nicht das Jobrad, sondern: Professionelles Lernen, Führung, Teamkultur, Gesundheit, Balance. Natürlich ist das kein Wunschkonzert; es geht darum, gemeinsam zu erarbeiten, was passt und was nicht geht.

    Für Jutta läuft es letztlich auf eine Frage hinaus: Wie gibst du Menschen Sicherheit, in einer Welt, in der es keine Sicherheit mehr gibt? Transparente Kommunikation und professioneller Umgang miteinander sind nötig. Diese Notwendigkeit besteht heute schon - und sie wird noch wachsen, dank der Demografie. Wer hier nicht mithalten kann, wird seine Stellen nicht besetzen können. Dann landet die Arbeit auf den Schultern derer, die noch da sind - bis die dann auch gehen. Ende.

    Der Artikel aus der FAZ, über den Jutta und Michael sprechen, ist hier abrufbar: https://archive.is/CfVKD

    Zu Gast: Prof. Dr. Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Darüber hinaus ist sie Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen (IBE) 

  • Wer hat eigentlich die Idee aufgebracht, wir könnten je ausgelernt haben? Auch wenn unser ganzes Schul- und Ausbildungssystem auf dieser Fiktion beruht, es bleibt: Eine Fiktion. Die im Grunde banale Aussage, dass wir immer weiter lernen müssen und werden, wirkt da schon fast revolutionär. Aber wenn dies eine Revolution ist, wird sie von Amanda Maiwald mit angetrieben. Amanda hat das Startup Complori gegründet, das Kindern Programmieren beibringt. Genauer: Mit Grundlagen und immer weiter wachsendem Wissen versorgt, denn fertig wird hier keiner. Kann ja gar nicht sein, angesichts der technologischen Entwicklung.

    Wir hören die besorgten Eltern direkt aufstöhnen: Noch mehr Zeit am Bildschirm? Und das schon für siebenjährige Kinder? Amanda kontert: Soll meine Tochter eine Stunde am Handy hängen und TikTok-Videos durchschollen - oder eine Stunde selber programmieren? Die Betonung liegt in diesem Fall auf „Tochter“. Complori arbeitet gezielt daran, den Anteil der Mädchen in Programmierkursen zu erhöhen. Parität hat auch Complori noch nicht erreicht, aber der Anteil wächst. Für Amanda ein zentrales Thema, gerade mit Blick auf die Konsequenzen. Etliche Algorithmen, die wir heute ständig nutzen haben einen Gender-Bias. Gesundheitsdaten beschreiben männliche Körper, der weibliche Körper hingegen ist in guten Teilen terra incognita. Sexualisierte Gewalt, d*ckpics und co könnten längst zurückgedrängt sein, wenn die Opferperspektive mit in den Algorithmus einfließen würde. Viele Startups und Technologien wurden und werden von weißen Männern entwickelt, um Probleme einer sehr überschaubaren Gruppe von privilegierten Menschen zu lösen, meist eben: weiße Männer. Wer das ändern will, muss an das Fundament, sagt Amanda, und so früh wie möglich ansetzen, um schon Kinder kompetent zu machen.

    Amanda sagt direkt, sie würde sich wünschen, dass es Complori nicht geben müsste. Aber solange die Schulen diese Kompetenzen nicht vermitteln können, sollten wir nicht jammern, sondern loslegen. Und wenn eine Kultusministerin anriefe, um Complori zu schlucken und in die Schulen zu integrieren? Dann sollten wir reden, sagt Amanda. Das Ziel steht: Complori und alle weiteren Akteure auf diesem Feld so groß zu machen, dass wir in zehn Jahren sagen können: Alle Kinder verstehen Programmieren.

    Zu Gast: Amanda Maiwald, Gründerin und CEO Complori