Episoder

  • Es waren machtpolitische Winkelzüge auf höchster Ebene, mit denen Zürich sich vor 600 Jahren ein beträchtliches Gebiet unter den Nagel riss. Die Grafschaft Kyburg gehörte damals den Habsburgern. Doch weil die sich mit Kaiser Sigismund, dem Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, zerstritten, nutzten die Zürcher Räte die Gunst der Stunde. Ohne ihren Effort hätte der Kanton Zürich heute etwa ein Drittel weniger Gemeinden und würde sich über ein viel kleineres Gebiet erstrecken.

    In dieser Folge der «Festplatte» springen wir zurück in das 15. Jahrhundert. Markus Brühlmeier, Historiker und Vorstandsmitglied des Vereins Museum Schloss Kyburg, und Christian Sieber, Abteilungsleiter Nacherschliessung und Digitalisierung beim Zürcher Staatsarchiv, führen uns ein in die Machtkämpfe rund um die Kyburg und zeigen, dass die Landvögte damals weit weniger autoritär regieren konnten, als das der Schweizer Gründungsmythos um Willhelm Tell etwa vermuten lässt.

    Host/Redaktion: Florian Niedermann

    Produzent: Michael Plisch

    Link:

    https://schlosskyburg.ch/

    Fragen und Anregungen: [email protected]

  • Es ist ein dunkles Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte – die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Behörden versorgten in dieser Zeit tausende Menschen in wirtschaftlichen und sozial schwierigen Lebenssituationen in Gefängnissen, Waisenhäusern und auf Bauernhöfen. Sie wollten sie dazu bringen, sich an eng gefasste soziale Normen zu halten. Vor allem arme Menschen wurden unter Zwang gesetzt. Behörden lösten ihre Familien auf und platzierten die Kinder in anderen Familien und Institutionen, wo sie in erster Linie zur Arbeit erzogen wurden – und vielfach gedemütigt, misshandelt oder gar missbraucht.

    In dieser Folge berichtet eine der Betroffenen solch fürsorgerischer Zwangsmassnahmen, MarieLies Birchler, von ihrer verlorenen Kindheit im Waisenhaus in Einsiedeln und ihrem beschwerlichen Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben. Sie erinnert sich mit Verena Rothenbühler, Historikerin und Mitarbeiterin des Zürcher Staatsarchivs, an die gemeinsame Suche nach den Akten zu ihrer Person. Und daran, was es in ihr ausgelöst hat, diese behördlichen Einträge zu lesen.

    Fragen zur Sendung und zu Akten von Zürcher Behörden zur eigenen Person:

    [email protected]

    Link zum Thema:

    https://gesichter-der-erinnerung.ch/

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  • Wer an künstliche Intelligenz denkt, hat wahrscheinlich kein Archiv mit tausenden historischen Dokumenten vor Augen. Doch genau dort, im Zürcher Staatsarchiv, hat eine Maschine lesen gelernt. Alles begann mit rund 40 Studierenden, die in einem mehrjährigen Projekt rund 150000 Seiten handschriftlicher Protokolle des Zürcher Kantons- und Regierungsrats Wort für Wort abgeschrieben haben. Die Texte und die Bilder wurden später im EU-Forschungsprojekt READ als Trainingsset wiederverwendet, um «der Maschine» das Lesen beizubringen und es so möglich zu machen, historische Handschriften zu durchsuchen.

    In dieser Folge beschreiben Tobias Hodel, Assistenzprofessor für Digital Humanities von der Universität Bern, und Christian Sieber, Leiter der Abteilung Nacherschliessung und Digitalisierung im Staatsarchiv Zürich, wie sie der KI gezeigt haben, was ein Buchstabe ist. Sie diskutieren ausserdem, wie die künstliche Intelligenz die Geschichtsforschung und die Geisteswissenschaften im Allgemeinen verändern werden und wie die Gesellschaft von ihnen lernen kann, mit den Gefahren der «intelligenten Maschinen» umzugehen.

    Host: Florian Niedermann

    Fragen und Anregungen: [email protected]

    Links zur Folge:

    EU-Forschungsprojekt READ (Recognition and Enrichment of Archival Documents) im Rahmen von Horizon 2020: https://cordis.europa.eu/project/id/674943Trägerschaft READ-COOP: https://readcoop.eu/Transkribus - KI-gestützte Plattform für Texterkennung, Transkription und das Durchsuchen von historischen Dokumenten: https://readcoop.eu/de/transkribus/Weiterführende Texte zum Thema von Tobias Hodel, Universität Bern: https://www.dh.unibe.ch/ueber_uns/personen/prof_dr_hodel_tobias/index_ger.html
  • Wir springen in dieser Folge ins 16. Jahrhundert, genauer in die Zeit nach der Reformation. Wer wissen will, wie die Menschen damals gelebt, geliebt, geredet, gelitten und geflucht haben, findet in den Protokollen der Stillstandsgerichte im Staatsarchiv einen reichen Quellenbestand. Diese handschriftlich protokollierten Fälle führen uns zu Familienvätern, die von anderen Dorfbewohnern der Untreue bezichtigt wurden, in Streitigkeiten um die Sitzordnung in der Kirche und zu ungezogenen, wild fluchenden Kindern, deren Eltern für die schlechte Erziehung vor den Gerichten antreten mussten.

    Francisca Loetz ist Professorin für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich. Sie hat 2022 einen Prachtband unter dem Titel «Gelebte Reformation. Zürich 1500–1800» herausgebracht und sich darin selbst intensiv mit diesen Gerichtsprotokollen auseinandergesetzt. Mit Michael Schaffner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Nacherschliessung und Digitalisierung beim Zürcher Staatsarchiv, spricht sie darüber, warum dieser reiche Quellenfundus und die Institutionen dahinter genau in der nachreformatorischen Zeit entstanden sind, welche offenen Fragen es im Zusammenhang mit den Protokollen noch zu klären gäbe und wie das Staatsarchiv die Bestände so erschliesst, dass sich Historiker:innen in diesem Wust aus Akten gut zurechtfinden.

    Host: Florian Niedermann

    Fragen und Anregungen: [email protected]

    Links zur Folge:

    https://archives-quickaccess.ch/search/stazh/stpzh

    https://qzh.sources-online.org/

  • Die «Rote Fabrik» in Wollishofen zeugt davon, aber auch ein kleiner künstlicher Weiher in Obfelden, der eine sehr spezielle Form hat – der Kanton Zürich war ein Jahrhundert lang ein europäischer Hotspot der Seidenweberei. In dieser Folge tauchen wir ein in die spannende Geschichte dieses Wirtschaftszweigs. Wir erfahren, welche Rolle Napoleon dabei gespielt hat und verfolgen Aufstieg, Erfolge und Krisen und zuletzt den Niedergang der Zürcher Seidenindustrie am Beispiel der Seidenweberei Stehli in Obfelden. Sie und die anderen Seidenindustriellenfamilien erlebten zwischen 1840 und 1940 ihre Glanzzeit, die mit den Arbeitsbedingungen in den Fabriken auch ihre Schattenseite hatte.

    Auf die Zeitreise mit nimmt uns Roman Wild, Historiker und Mitarbeiter im Projekt «Silk History since 1800» der Hochschule Luzern. Er hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der materiellen und schriftlichen Überlieferung der Zürcher Seidenindustrie befasst und ist Co-Autor einer Buchpublikation dazu. Und Staatsarchivar Beat Gnädinger erläutert, welche Rolle das Staatsarchiv Zürich bei der Sicherung und Aufbereitung der Firmenarchive spielte, die heute der Öffentlichkeit zu Forschungszwecken zugänglich sind.

    Host: Florian Niedermann

    Fragen und Anregungen: [email protected]

    Links zur Folge:

    Projekt «Silk History since 1800», Hochschule Luzern: https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/forschung/projekte/detail/?pid=124Website «Silk Memory»: https://silkmemory.ch/Firmenarchive im Staatsarchiv Zürich: https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/archivplansuche.aspx?ID=3428001
  • Wie jedes Jahr zieht am kommenden Montag, dem dritten im April, ein bunter Tross durch die Zürcher Innenstadt. Das Sechseläuten steht vor der Tür. Alles wie immer?

    Nicht ganz. Zum ersten Mal nehmen am Umzug in den Reihen der Zunft zur Meisen auch Frauen teil – mit Gaststatus. Wenn die Meisen-Zünfter zustimmen, könnten Frauen aber bald offiziell Mitglieder der Zunft werden.

    Über die Beteiligung der Frauen am Sechseläuten wird in Zürich schon seit Jahrzehnten gestritten. Doch, warum sind die Zürcher Zünfte überhaupt reine Männergesellschaften? Und war das schon immer so?

    Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, wirft die «Die Festplatte» mit Daniela Saxer, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Staatsarchivs Zürich, einen Blick in die Geschichte des Zürcher Zunftwesens. Spoiler Alarm: Nein, Frauen waren lange Zeit ganz selbstverständlich Mitglieder der Zünfte und nahmen aktiv an deren wirtschaftlichem und sozialem Leben teil. Warum sich das änderte und was dazu beitrug, dass bürgerliche Frauen seit den 1970er Jahren wieder ihren Platz in den Zünften suchten, erfahrt ihr in dieser Folge.

    Host: Florian Niedermann

    Fragen und Anregungen: [email protected]

    Erwähnte Literatur:

    Martin Illi, Die Constaffel in Zürich, Von Bürgermeister Rudolf Brun bis ins 20. Jahrhundert, Zürich 2003. Markus Brühlmeier / Beat Frei, Das Zürcher Zunftwesen, Zürich 2005.
  • Fensterlose Räume, schier unendliche Gänge zwischen Regalen, in denen altes Papier vor sich hin modert, und dazwischen ein paar alte Männer in Pullundern, die jede:n Besucher:in kritisch über ihre dicken Brillengläser hinweg beäugen. Etwa so könnte das Klischee lauten, das viele von uns mit einem Staatsarchiv verbinden.

    Tatsächlich ist das Staatsarchiv heute das jüngste Amt der gesamten Direktion der Justiz und des Innern, unzählige Terabytes an Quellen sind digital abrufbar, Tausende von Besucher:innen vertiefen sich jedes Jahr meist während mehrerer Tage in die Akten, die im modernen Neubau im Irchelpark zu finden sind.

    Was im Staatsarchiv wirklich Sache ist und warum er die Archivklischees dennoch nicht aus der Welt schaffen will, erklärt in dieser Folge der Staatsarchivar Beat Gnädinger gleich selbst.

    Host: Florian Niedermann