Episodes
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Nicht das Klima, sondern die Gesellschaft steckt in einer Krise.
Ob COVID-19, Armut oder Krieg – wohin der Blick auch fällt, stapeln sich Krisen in schwindelerregende Höhen. Was tun, um nicht zu resignieren? In der neuen Episode lautdenken reden Stephie und Lars über Krisen als Weggabelungen. Krisen sind Momente der Entscheidung, in denen das Gewohnte infrage gestellt wird. Wer inmitten der Stapelkrisen gestalten will, sollte daher nicht an Kennzahlen aus der Vergangenheit kleben, sondern positive Zukunftsbilder entwerfen. Auch und gerade dann, wenn alles unsicher scheint.
LEISE WEITERDENKENChlopczyk, J. (2017). Wandel und Stabilität in der Geschichten erzählenden Organisation. In: Beyond Storytelling. Berlin und Heidelberg.Hochmann, L. (2021). Geschichten des Gelingens. Marburg.Pfriem, R. (2007). Unsere mögliche Moral heißt kulturelle Bildung. Marburg.Roehl, H. (2023). Es wird einmal - Narrative prägen den Wandel. In: Organisationsentwicklung, Ausgabe 02/23.Welzer, H., Sommer, B. (2014). Transformationsdesign. München. -
Für Wachstum sind ungefähr alle. Das allein sollte uns stutzig machen.
Höher, schneller, weiter, besser. Über Wachstum wird in der Regel pauschal und prinzipiell gesprochen. Wer genauer hinschaut, erkennt die Zwischentöne und Widersprüche. Denn oftmals verursacht Wachstum Schmerzen, die wir nicht sehen können oder nicht sehen wollen. In der neuen Folge lautdenken ermutigen Stephie und Lars, differenzierter über Wachstum nachzudenken. Inwiefern ermöglicht welches Wachstum ein gutes Leben? Und wann sind andere Indikatoren sachgemäßer? Vor allem aber rücken sie diejenigen in den Blick, auf deren Kosten, nicht aber zu deren Gunsten unsere Wirtschaft wächst.
LEISE WEITERDENKENPicht, A. (1998). Der Begriff der Natur und seine Geschichte. Stuttgart.Georgescu-Roegen, N. (1975). Energy and Economic Myths. In: Southern Economic Journal 41 (3), S. 347–381.Virilio, P. (1992): Rasender Stillstand. München. -
Missing episodes?
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Der Strukturwandel sei unaufhaltsam, und wir müssen ihn gestalten, heißt es. Das klingt paradox, ist es aber nicht.
Wenn in Nachrichten, Vorlesungen oder Kneipengesprächen über Struktur und strukturelle Probleme gesprochen wird, entsteht häufig der Eindruck einer übernatürlichen Macht, an deren Fäden Menschen wie Marionetten tanzen. Stephie und Lars erweitern diese Vorstellung und zeigen: Strukturen sind gleichermaßen beschränkend wie befähigend. Sie sind das Ergebnis und die Bedingung unseres Handelns. Wie gelingt im Wissen darum der Wandel? Und welche Rolle spielen Schwellenräume, in denen das Alte noch nicht überkommen ist, das Neue jedoch schon zu zutage bricht? Diese und viele weitere Fragen bewegen Stephie und Lars in der neuen Folge lautdenken.
LEISE WEITERDENKENGiddens, A. (1988). Die Konstitution der Gesellschaft. Frankfurt/Main und New York.Herberg, J. A., Staemler, J., & Nanz, P. (2021). Wissenschaft im Strukturwandel. München.Habermas, J. (2022). Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Berlin. -
Schaulust am Unfallort und Festhalten am Status quo haben etwas gemeinsam: Wir wissen, es ist falsch, aber aufhören können wir auch nicht.
Es ist bemerkenswert: Seit Jahrzehnten warnen diverse Wissenschaften vor dem planetaren Kollaps und den damit verbundenen sozialökologischen Gefahren für Freiheit, Wohlstand und Demokratie. Die Fakten sind erdrückend. Die alternativen Ansätze liegen vor und sind erprobt. Doch die Beharrungskräfte scheinen stärker zu sein. Selbsttäuschung und Nichtwahrhabenwollen sind das eine. Eingespielte Gewohnheiten und Gepflogenheiten sind das andere. Doch dann, wenn ein Kulturschock den Trott des Alltags aus dem Tritt bringt und Altbewährtes ins Leere laufen lässt, dann öffnen sich Schwellenräume im Dazwischen. In ihnen kann tabula rasa gemacht werden. In ihnen kann das Neue im Alten entstehen. Wie der Weg in und aus dem Schockmoment führt und wie daraus neues Handeln möglich wird, darum geht es in dieser neuen Folge lautdenken.
LEISE WEITERDENKEN Birkner, Stephanie (2019): To belong or not to belong, that is the question?! Explorative insights on liminal gender states within women’s STEMpreneurship. In: International Entrepreneurship and Management Journal 4 (2), S. 1–22. Diamond, Jared (2011): Collapse. New York: Penguin. Turner, Victor (1967): Betwixt and between. The liminal period in rites of passage. In: Victor Turner (Hg.): The Forest of Symbols. Ithaca, NY: Cornell University Press, S. 3–19. Yanow, Dvora; Tsoukas, Haridimos (2009): What is Reflection-In-Action? A Phenomenological Account. In: Journal of Management Studies 46 (8), S. 1339–1364. -
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und das ist auch gut so. Denn Routinen strukturieren unseren Alltag und machen uns leistungsstark. Doch manche Gewohnheiten können auch aus der Zeit fallen, ineffizient oder gar zum Bremsklotz einer Transformation werden. Wenn einmal eingeschlagene Pfade nur noch mit hoher Kraftanstrengung verlassen werden können, liegt eine besonders schwerwiegende Pfadabhängigkeit vor. In diesen Situationen stecken wir in Denk- und Handlungsgefängnissen fest, die vorherige Generationen unbeabsichtigt hinterlassen haben. Wie ein Ausbruch gelingt und was es mit Pfadabhängigkeiten auf sich hat, davon handelt die neue Folge lautdenken.
Wenn Gewohnheiten problematisch werden, müssen wir lernen, das Normale als etwas normal Gewordenes zu begreifen. Wir müssen das Staunen wieder lernen, müssen erkennen, dass wir mit der gleichen Selbstverständlichkeit auch ganz anders mit Nahrung, Wohnraum, Mobilität oder Energie umgehen könnten. Der verfremdete Blick, betonen Stephie und Lars, bereitet den Ausbruch vor. Doch mit dem reinen Erkennen von Alternativen ist es noch nicht getan. Viele Pfadabhängigkeiten, die zu einem Problem geworden sind, sind lange identifiziert. Und sie sind, mitunter wortwörtlich, in Beton gegossen und in Fleisch und Blut übergegangen. Genau das ist ihre Krux: in Pfadabhängigkeiten feststeckend, fällt es leichter, an der ineffizienten oder gar zerstörerischen Gewohnheit festzuhalten – selbst im Angesicht des planetaren Kollapses. Um den Pfad zu brechen, so Stephie und Lars, braucht es keine Manager:innen zur Administration, sondern Unternehmer:innen, die kreativ-schöpferische Antworten geben. Wohin diese neue Reise geht, das kann im Vorfeld niemand sagen. Um unseren Kindern und Kindeskindern jedoch eine Welt voller Möglichkeiten im Denken und Handeln zu übergeben, da sind sich die zwei einig, sind wir gut beraten, reflexiv zu handeln, das heißt, bei allem, was wir tun, stets einen Blick von hinten über die Schultern auf unsere eigenen Hände zu werfen und uns zu fragen: Könnte dieser Pfad sich eines Tages als Sackgasse erweisen?
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Organisationen ersticken in Routinen und auch bei der Transformation der Gesellschaft stauen sich Tag für Tag Handlungen auf. Obwohl im Grunde alles geklärt ist: Erfordernis, Beteiligte, Optionen, Konzepte. Eigentlich könnte es losgehen, denken wir. Falsch gedacht – so richtig Fahrt nimmt die Transformation nicht auf. Wir stecken im Handlungsstau fest. Wie es dazu kommt und was wir dagegen tun können, davon handelt die neue Folge lautdenken.
Wir wissen genug, wir handeln nur nicht entsprechend. Um zu verstehen, wie Handlungen sich wider besseres Wissen aufstauen, so Stephie und Lars, müssen wir unsere Handlungstheorie prüfen. Denn mit Transformationen verhält es sich wie auf der Autobahn. Bisweilen geraten sie ins Stocken und nichts geht mehr. Dann gilt: Wir stehen nicht im Stau; wir sind der Stau. Ausgebremst werden wir nicht durch irgendetwas, das außer uns liegt. Es ist unsere Praxis, welche uns Steine vor die eigenen Füße wirft. Erneut zeigt sich, dass nichts praktischer ist als eine gute Theorie. Auf die große Einsicht wollen die zwei daher nicht warten. Wenn die sozialen Praktiken das Problem sind, braucht es kulturelle Bildung statt Informationskampagnen. Übungsräume zu schaffen, um neue Gewohnheiten und Gepflogenheiten zu kultivieren, ist das Gebot der Stunde. Denn Transformation ist auch wie Fahrradfahren. Am Anfang sind wir auf Unterstützung angewiesen und das ein oder andere aufgeschlagene Knie gehört dazu. Irgendwann jedoch geht es wie von selbst. Eine gute Nachricht: Transformation kann gelernt werden!
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Fehler fürchten viele Menschen mehr als der Teufel das Weihwasser. Doch warum eigentlich? Jeder Mensch ist schließlich fehlbar. Und überhaupt: Was ist denn ein Fehler? Sprechen wir von Fehlern, meinen wir häufig nicht falsch in dem Sinne, dass zwei plus zwei fünf ergibt. Wir meinen, dass unsere Erwartungen nicht eingetreten sind, dass die Dinge anders kamen als gedacht, wir etwas übersehen haben, so Stephie und Lars. Transformation braucht deshalb einen offenen Umgang mit Fehlern, um aus ihnen lernen zu können. Sie braucht Fehlerfreundlichkeit. Wie das geht und was dafür benötigt wird, davon handelt die neue Episode lautdenken.
Fehlerfreundlichkeit heißt nicht Fahrlässigkeit, heißt nicht, frisch-fröhlich dem Abgrund entgegen zu manövrieren. Nein, Fehlerfreundlichkeit bedeutet im Gegenteil, einen ehrlichen Umgang mit zwangsläufig auftretenden Fehlern zu finden, statt diese zu vertuschen, weil eine Kultur der Angst herrscht.
Fehler, betonen Stephie und Lars, sind keine Tatsachen, sondern Zuschreibungen: Nicht die Dinge an sich sind richtig oder falsch, sondern erst durch an sie angelegte Maßstäbe können wir von richtig oder falsch sprechen. Transformation, so die beiden, beruht auf der Einsicht, dass das, was früher selbstverständlich für richtig und gut galt, sich heute als Fehler entpuppt hat. Lasst uns also über Fehler reden, nicht als Anklage, sondern als Lernanlass.
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Kopf in den Sand – und alles gut? Nicht wirklich. Und trotzdem verschließen Menschen permanent die Augen vor einer leidenden Welt, im Großen wie im Kleinen: Klimakrise, Hunger, Armut, Krieg. Wer nimmt die Obdachlosigkeit auf dem täglichen Weg zur Arbeit noch wirklich wahr? Wer setzt sich mit ihr auseinander?
Stephie und Lars sind sich einig: Transformation braucht eine bewusste Auseinandersetzung mit unseren Weltanschauungen. Dabei geht es ihnen nicht um Glaubenssätze oder ein festgezurrtes Wertekorsett. Es geht ihnen um Wahrnehmungsfragen, also darum, wie Menschen auf und in die Welt schauen, sie wahrnehmen und sich auf dieser Basis in der Welt verorten. Gestaltung, so Lars, setzt einen eigenen Standpunkt voraus, um sagen zu können, was das eigene in-der-Welt-Sein bedeute. Stephie plädiert für mehr Involvierung, dass wir uns aktiv mit der Welt auseinandersetzen und unsere Wahrnehmungen und Sinne schulen. Also: Kopf raus aus dem Sand! Genauer hinzugucken, hinzuhören, hinzuriechen, hinzuschmecken, hinzufühlen – nur so kann Transformation gelingen, insbesondere im Umgang mit Leid. Und ist es nicht gerade die Leiderfahrung, die Transformation so nötig macht?
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Zukunft ist mehr als Prognose oder Statistik. Zukunft ist das, was noch nicht ist, aber sein könnte: ein Produkt unserer Vorstellungskraft. Ob es Wirklichkeit wird, hängt davon ab, ob wir uns für oder gegen sie entscheiden. Entscheidungen spielen für demokratische Gestaltung also eine wichtige Rolle. Das beinhaltet auch den Standpunkt, sich nicht entscheiden zu wollen, sowie den Glauben, sich nicht entscheiden zu können. Wie wir zu mehr Entscheidungsfreude gelangen, darüber reden Stephie und Lars in dieser Folge lautdenken.
Sich bewusst für das eine und gegen das andere zu entscheiden, wird erschwert durch die Sorge, etwas falsch zu machen, und den drohenden Gesichtsverlust, der mit dem möglichen Scheitern einhergeht. Stephie und Lars plädieren für einen Perspektivwechsel: Was wäre, wenn es gelingt? Damit keine Sachzwänge und nicht die Anderen regieren, brauchen Organisationen, und die Gesellschaft insgesamt, eine neue Fehlerkultur. Und um Freude an der Entscheidung zu entwickeln, braucht es Mut und Zuversicht, weil, wo entschieden, auch gestaltet werden kann. Für Stephie und Lars drückt sich Entscheidungsfreude durch Leichtigkeit aus. Nicht naiv und optimistisch, sondern hoffnungsvoll, beharrlich und neugierig, suchend, tastend und prototypisch. Irgendeine Zukunft wird schließlich kommen, warum also entscheiden wir uns nicht für eine, in der wir auch leben wollen?
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»I am still confused, but on a higher level« – für Stephie zeigt dieser Spruch, was es heißt, an der eigenen Haltung zu arbeiten. Mit Haltungsarbeit verbindet sie weniger Werte und Moralvorstellungen. Vielmehr geht es ihr um eine fortlaufende Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten und dem Verhältnis zur Welt, das sich daraus ergibt. Wichtig dafür seien Reflexivität, die Bereitschaft zur Kontemplation und der unbedingte Wille, sich selbst zu befragen, so Stephie.
Durch die Arbeit an der eigenen Haltung können dann festgefahrene Pfade sichtbar gemacht und verlassen werden, indem die eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielräume zu Bewusstsein kommen. Doch auch Haltungsarbeit will gelernt sein. Dafür wiederum, betont Lars, brauchen wir in der Bildung mehr Augenmerk auf Persönlichkeitsentwicklung. Auch der Umgang mit Unsicherheit und Mehrdeutigkeit wird immer wichtiger. Welche Voraussetzungen gute Haltungsarbeit braucht, wie wir uns dazu befähigen und wo die Risiken und Nebenwirkungen liegen – all das und vieles mehr diskutieren Stephie und Lars in dieser neuen Folge lautdenken.
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Hochschulen sind für Lehre und Forschung da. Das ist selbstverständlich. Darüber hinaus verfolgen sie noch eine dritte Mission: Wissenschaftskommunikation. Das ist das Thema dieser Folge lautdenken. Wie gute Wissenschaftskommunikation aussieht, in welcher gesellschaftlichen Verantwortung sie steht und was es braucht, damit sie ihrer Verantwortung gerecht wird, das sind die Fragen, über die Stephie und Lars in dieser Episode lautdenken.
Vielerorts verharrt die Wissenschaftskommunikation in einer altmodischen und einseitigen Transferlogik: die eigene Aufgabe wird nur darin gesehen, Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Wissenschaft sendet. Die Gesellschaft empfängt und macht bestenfalls etwas aus den zur Verfügung gestellten Informationen. Gelingende Kommunikation geht anders. Stephie und Lars entwickeln gemeinsam eine Idee von Wissenschaftskommunikation, die auf Austausch und Dialog setzt. Sie plädieren für einenkommunikativen Prozess, der wissenschaftliches wie außerwissenschaftliches Wissen und die Fragen der Gesellschaft an die Wissenschaft gleichermaßen berücksichtigt.
Hochschulen, so Stephie und Lars, können auf diesem Wege wieder zu einem Ort werden, an dem die großen Fragen der Zeit gestellt und diskutiert werden können. Nicht als Elitenprojekt, sondern mit und inmitten der Gesellschaft – und das, ohne sich dem Zeitgeist anzubiedern. So geht gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft im Hier und Jetzt.
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»Das ist nicht wandelkonform« – auf diese Aussage stieß Stephie in den vergangenen Wochen. Ein Begriff wie eine vor der Nase zugeschlagene Tür. Diskursabbruch. Dabei bleibt völlig offen, um welchen Wandel wohin es eigentlich geht und wie dieser möglich gemacht werden kann. Die Offenheit der Zukunft wird enger und enger geführt auf eine Idee – und alles andere ist dann eben nicht wandelkonform. Das ist gefährlich.
Stephie und Lars diskutieren in dieser Folge lautdenken, wie der Begriff der »Wandelkonformität« auch positiv gefasst und mit der Idee demokratischer Veränderung verbunden werden kann. Dabei rückt der stets vorläufige und tastende Charakter der gesellschaftlichen Selbstfindung in den Vordergrund: Die schrittweise Entwickelung von Zukunftsbildern und Perspektiven. Für die beiden ist klar: In der Verständigung über sie braucht es die Wertschätzung unterschiedlicher Positionen. Und zwar in all ihrer Mehrdeutigkeit und Widersprüchlichkeit. Standpunkte transparent zu markieren, ist dafür ebenso erforderlich, wie der Verzicht auf Schubladenzieherei und Schwarz-Weiß-Denken. Verständigung untereinander braucht Verständnis füreinander, und die beginnt mit einem geteilten sachlichen Interesse und dem ehrlichen Bestreben, einander verstehen zu wollen, so Lars.
Wie gelingt Wandel in pluralen Gesellschaften mit oft widerstreitenden Zukunftsbildern? Welches kreative Potenzial geht von Konflikten aus? Wie können wir trotz unserer Vielfalt gemeinsame Orientierungen finden? Um diese und viele weiteren Fragen geht es in der neuen Folge von lautdenken.
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»Normalitätstheater« – Mit dieser Neuschöpfung bezeichnen Stephie und Lars den Zustand, wenn Gesellschaften verlernen, sich selbst zu hinterfragen. In dieser Folge lautdenken geht es um jene bewussten und unbewussten Regeln und Normen, die unser gesellschaftliches Zusammenleben organisieren und darüber mitbestimmen, was als normal erscheint. Nur: Wo kommen diese Regeln eigentlich her? Und könnten sie nicht auch anders sein?
In der Wissenschaft werden solche Regelsysteme auch als Institutionen bezeichnet. Es geht um historisch gewachsene und kollektiv akzeptierte Gewohnheiten und Gepflogenheiten, deren Kontingenz wir uns nur selten bewusst machen. Gesellschaft gleicht so einem Theaterspiel, dessen Regisseur:innen und Schauspieler:innen wir gleichermaßen sind. Die Fähigkeiten, in diesem Spiel mitzuspielen, eignen wir uns in unserer Kindheit und Jugend an– als Kulturtechniken der Ernährung, der Mobilität oder des Kommunizierens im Pausenraum. Allzu oft verlieren wir im Zeitverlauf unseren unbedarften, kindlichen Blick. Wir vergessen zunehmend, dass wir in der Familie, im Büro, im Sportverein oder an der Supermarktkasse ein Stück aufspielen, das auch anders sein könnte, und dass wir Rollenspielen, die auch anders sein könnten.
Für Stephie und Lars ist die Frage zentral, wie wir diesem Normalitätstheater entfliehen können. Wie können wir die Gestaltbarkeit der Gesellschaft neu entdecken? Wie erzählen und erhalten wir problematische Szenen und Akte? Wie können wir neue Stücke erproben? Von diesen und weiteren Fragen handelt die neue Episode lautdenken.
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In dieser Episode thematisieren Stephie und Lars das Wechselspiel aus Wissenschaft und den Beziehungen der Menschen zu ihrer eigenen wie äußerlichen Natur. Die Folge knüpft an die vorherigen Episoden und das dort diskutierte Beispiel der globalen Lebensmittelindustrie an. An ihr problematisieren die zwei ein verdinglichtes Welt- und Naturverhältnis. Im Streben nach Skalenerträgen und konstanten Produkteigenschaften werden große Ackerflächen monokulturell bewirtschaften und Agrarrohstoffe – Nahrungsmittel, Baustoffe und so weiter – hochgradig standardisiert. Die Pflanzen werden dadurch anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Es ergibt sich, wie Stephie und Lars aufzeigen, eine Spirale aus Gewalt und Gegengewalt: Pilzbefall wird mit Giftstoffen bekämpft. Versauert deshalb der Boden, muss nachgedüngt werden usw.
Jeder »Sieg« über die Natur ist nur von kurzer Dauer. Jede Durchdringung und Verfügbarmachung von ihrziehen weiteren Handlungsbedarf und Folgeerscheinungen mit sich. Das Verhältnis zur Natur wird immer gewaltvoller. Um aus diesem Kreislauf auszubrechen, müssen wir an die Ursachen vordringen, anstatt nur dieSymptome zu bekämpfen. Das gilt für die den Menschen äußerliche Natur, aber auch für jene Natur, welche die Menschen selbst sind. Denn der Umgang mit der Natur fällt auf uns selbst zurück, zum Beispiel durch Ernährungspraktiken, die zu Fettleibigkeit und einem erhöhten Diabetesrisiko sowie zu Herz-Kreislauf-Krankheiten führen. Auch der Wecker am Morgen oder die Rückenschmerzen am Schreibtisch sind nichts anderes als Ausdruck von Gewalt gegen unsere eigene Natur.
Um diese und viele weitere Facetten von Naturgewalt kreist diese Folge des Podcasts lautdenken. Stephie und Lars zeigen, welche fatalen Folgen ein instrumentelles Naturverhältnis mit sich bringt, wie unsere innere und äußere Natur miteinander verknüpft sind und wieso der in unserem Denken tief eingeschriebene Gegensatz von Kultur und Natur problematisch ist.
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Sprache schafft Wirklichkeit. Diese erst einmal trivial klingende Aussage lässt sich täglich erleben, etwa wenn Dinge in verschiedenen Medien auf unterschiedliche Weise gerahmt werden. Die Wissenschaft spricht hier von »Framing«. Wörter und Begriffe verweisen nicht objektiv auf gegebene Phänomene. Die Verwendung eines Begriffs weckt Assoziationen und Bilder, die mit Deutungsrahmen zusammenhängen. Sprache ist emotional und normativ. Es macht einen Unterschied, ob wir von dem Klimawandel oder der Klimakrise, von Kernenergie oder Atomkraft sprechen – auch wenn damit die gleichen Phänomene gemeint sind. Im alltäglichen Sprachgebrauch reflektieren wir unsere Begriffe selten. Bisweilen verwenden wir Sprache jedoch bewusst, um Missstände zu trivialisieren oder um über sie hinwegzutäuschen. Sprachverwirrungen dieser und anderer Arten erfordern einen reflektierten Umgang mit Sprache. Darum geht es in dieser Folge lautdenken.
Der Begriff »Biodiversitätsverlust« stellt für Lars ein Paradebeispiel einer Sprachverwirrung dar. Mit ihm wird gleich über mehrere Missstände hinweggetäuscht: In ihm drückt sich unser problematisches gesellschaftliches Verhältnis zur Natur aus. Alltagssprachlich kann man nur verlieren, was einem zuvor gehörte, es schwingt also ein Anspruch auf Natur und ihre Zerstörung mit. Doch gibt es kein Recht auf Naturzerstörung. Auch wird in der Passivität des Begriffs – ein Verlust, der passiert – die Frage nach den Ursachen ausgeblendet. Der Verlust von Biodiversität scheint nichts mit unserem Handeln zu tun zu haben. Tatsächlich aber waren wir nicht nur aktiv an diesem Prozess beteiligt. Wir haben ihn sogar bewusst herbeigeführt. Denn die Reduktion biologischer Vielfalt ist nicht nur Nebenfolge der globalen Ernährungswirtschaft; sie ist ihr Ziel. Die Biodiversitätskrise findet in erster Linie nicht im Urwald statt, sondern auf unseren Tellern. Industrielle Fertigung braucht Erzeugnisse mit konstanten Produkteigenschaften. Und das bedeutet eine Standardisierung von Natur, also den Abbau von Vielfalt. Der »Biodiversitätsverlust« ist keine Geschichte des Verlierens. Er ist geplant und absichtsvoll. Es handelt sich um »Biodiversitätszerstörung« und »Biodiversitätsvernichtung«.
Neben solchen Sprachverwirrungen reden Stephie und Lars in dieser Episode noch über weitere, zum Beispiel über solche, die entstehen, wenn ein Wort auf mehrere Deutungsrahmen zugleich verweist, es also auf unterschiedliche Weise begriffen wird. Dies zeigen Stephie und Lars an unterschiedlichen Zugängen zu »Natur« auf: Natur als eine undurchdringliche Wildnis oder eine malerische Landschaft, in der sich ästhetische Erfahrungen machen lassen. Gleichzeitig kann Natur in einem naturwissenschaftlichen Sinne als ein Ökosystem begriffen werden. Ökonom*innen sehen in ihr wiederum womöglich eine Ökosystemleistung oder eine noch nicht vollends ausgeschöpfte Ressource. Vor dem Hintergrund der ökologischen Krise appellieren Stephie und Lars, dass wir besser auf einen Begriff von Natur setzen sollten, der in der eigenen Erfahrung verankert ist. Nur so kann der kollektiven Verdrängung der Klimakrise entgegengewirkt werden.
– Levi Hepp -
In dieser Folge des Podcasts »lautdenken« attestieren Stephie und Lars unserer Gesellschaft einen Mangel an Transformationssehnsucht. Denn die Sorge über zunehmende Einschränkungen und Verzicht bestimmen allzu häufig unsere Vorstellung von einer nachhaltigen, auf das gutes Leben ausgerichteten Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Wer sich für Nachhaltigkeit einsetzt, gerät immer wieder in Rechtfertigungsnot. Dabei geht es bei diesem Transformationsvorhaben hin zu mehr Nachhaltigkeit ganz bestimmt nicht um eine Beschränkung und Verarmung unseres Lebens. Vielmehr verkörpert dieses Vorhaben den Versuch, auch den nachfolgenden Generationen ein gutes und erfülltes Leben zu ermöglichen – und das innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen unserer Erde. Möchte man dieses Vorhaben aber tatsächlich vorantreiben, darf man nicht bei einer distanzierten und theoretischen Auseinandersetzung mit abstrakten Messgrößen verharren, so Stephie und Lars. Denn abstraktes Wissen lässt sich leicht verdrängen. Konkrete Erfahrungen und Betroffenheit hingegen machen die Klimakrise greifbar und stellen einen Bezug zwischen dem Wissen um die Klimakatastrophe und der eigenen Lebensrealität her. Erst durch Betroffenheit werden wir dazu bewegt, selbst ins Handeln zu kommen und zu Lösungen beizutragen, erst durch sie kann die Sehnsucht nach Transformation geweckt werden und so Vorstellungen alternativer Zukünfte entstehen.
Von einer neuen kritischen Wissenschaft geht für Stephie und Lars das Potenzial aus, mit positiven Zukunftsbildern und Impulsen Transformationssehnsüchte zu wecken, zu bilden und zu nähren. Solch eine Wissenschaft steht in der Verantwortung, Transformationsprozesse zu begleiten und zu unterstützen. Sie verharrt nicht in einer reinen Empirie des Zählens, Messens und Beobachtens, denn in ihrem Zentrum steht die Frage nach dem »was sein könnte«, nicht nur nach dem »was ist«. Solch eine Wissenschaft entwickelt ihre Fragestellungen im engen Austausch mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteur:innen. Sie verbindet eine transdisziplinäre Methodik und wissenschaftliche Systematik mit außerwissenschaftlichem Wissen und Bestreben. Oder mit anderen Worten: Es braucht eine Wissenschaft, die unseren Sinn für das Mögliche schult und uns zur begründeten, demokratischen Gestaltung befähigt.
Trotz der vielen und unterschiedlichen Initiativen und Unternehmungen, die sich um mehr Nachhaltigkeit bemühen, fehlt es in unser Gesellschaft jedoch an kollektiven Zukunftsvisionen und geteilten Transformationssehnsüchten, die ein Fluchtpunkt am Horizont sein und so unserem Handeln Richtung geben können. Um Nachhaltigkeit zu ermöglichen, bedarf es einer gesamtgesellschaftlichen Vision, die ähnlich dem Wettlauf ins All in den 1960er-Jahren unsere Gesellschaft mit ihren vielen unterschiedlichen Initiativen und Unternehmungen zusammenbringt, um gemeinsam der Klimakatastrophe entgegenzutreten. In all der notwendigen gesellschaftlichen Diversität bedarf es einer geteilten Transformationssehnsucht.
– Levi Hepp -
In dieser Pilotfolge stellen Stephie und Lars sich und ihr Vorhaben für den Podcast »lautdenken« vor.