Episodit
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»Ein Tag ohne Arbeit - ein Tag ohne Essen«, lautet Hyakujō Ekais berühmter Ausspruch in Koan 125 des Kattōshū. Hyakujō lebte von 720 bis 814 und führte entgegen der damaligen Tradition die Selbstversorgung der Mönche ein. Praktiziert wurde eine naturnahe Lebensweise, die sorgfältig umgeht mit dem, was Mutter Erde bietet. Darüber hinaus hat er die ersten Anweisungen für die Zen-Übung in einem Regelwerk zusammengefasst sowie Pläne für Zen-Tempel und -Gärten entwickelt. Als Dharma-Großvater von Rinzai ist Hyakujō auch ein Urahne der Choka Sangha, die als Ort der Zen-Praxis und Lehrhof für Permakultur sich besonders bemüht, mit der Natur zu kooperieren und lebensförderliche Bedingungen zu schaffen.
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Der Geist ist ohne Form und durchdringt die zehn Richtungen heißt es in Meister Linjis Unterweisungen des Rinzai Roku. Obwohl der Geist also auch in uns wirkt und wir uns entspannt den Herausforderungen des Alltags stellen könnten, versuchen wir ihn ständig zu fassen und geraten dadurch oftmals an die Grenzen des für uns Machbaren. In diesem Teisho widmet sich Christoph Rei Ho Hatlapa insbesondere den Anforderungen, die wir als Eltern meinen, erfüllen zu müssen. Nicht selten münden diese jedoch in einen permanenten inneren Aktionismus, der im Eltern-Burnout enden kann. Dabei vergessen wir dann ganz und gar, was genügt. Der amerikanische Psychologe Ron Smothermon betrachtet es als die zentrale Aufgabe der Eltern, ihre Kinder zu erhalten und durchzubringen, bis sie sich selbst ernähren können. Rinzai fordert uns auf: Hängt euch weder an Eltern noch Kinder oder vermeidlich große Geister. Eurer Leben wurde euch geschenkt, damit ihr euer eigenes Licht erwecken könnt. Nutzt eure Zeit gut und macht euch auf den Weg, dann führt er mit etwas Glück zum großen Erwachen.
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Puuttuva jakso?
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Eka, der spätere zweite Patriarch des Zen, wollte von Bodhidharma unterrichtet werden. Doch der weigerte sich und sagte: »Die subtilen und höchsten Lehren des Buddha können nur durch unendliche Beharrlichkeit verfolgt werden. Wie kann ein selbstgefälliger Mann wie du davon träumen, dies zu erreichen?« Damit stürzte er Eka in einen unglaublichen Zweifel und er zog sich zurück. Doch eines Nachts stand er wieder hinter Bodhidharma im Schnee und bewies seine große Entschlossenheit, indem es sich den Arm abschnitt und rief: »Mein Geist hat noch keinen Frieden. Ich bitte dich, Meister, beruhige meinen Geist!« »Bring mir deinen Geist und ich werde ihn für dich beruhigen«, antwortete Bodhidharma. Daraufhin begab sich Eka vertrauensvoll auf die Suche, bis er schließlich zurückkehrte und sagte: »Ich habe nach meinem Geist gesucht, aber ich konnte ihn nicht finden.« »Siehst du, dein Geist ist beruhigt«, antwortete Bodhidharma. Der große Zweifel, das große Vertrauen und die große Entschlossenheit sind die drei Antriebe der Erleuchtung und werden in dem Geschehen rund um Koan 41 des Mumonkan thematisiert.
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Anhand eines Auszugs aus den Unterweisungen des Rinzai Roku spricht Christoph Rei Ho Hatlapa in seinem Teisho über das Thema Selbstvertrauen. Dabei geht es allerdings nicht darum, als Person besonders selbstbewusst aufzutreten, sondern vielmehr um die Erkenntnis des ursprünglichen Selbstes. Doch um dahin zu gelangen, brauchen wir zunächst einmal den Raum, um etwas anderes zulassen zu können als die aktuelle Trennungsideologie, die das eigene Glück in der Überwindung des Gegners sucht. Dazu machen wir die essentiellen Energien unseres Universums zum Ausgangspunkt und versuchen das Selbst zu entdecken, das alles durchdringt und dabei namenlos bliebt. Wenn uns das gelingt, haben wir einen riesigen Schritt gemacht. Dann beginnt der Geist, der ins Stocken geraten ist, wieder natürlich zu wirken. Ohne Konzept. In ständiger Resonanz. Dann treten wir wieder in eine natürliche Verbindung zum Buddha-Dharma. Diese Fähigkeit stärken wir besonders intensiv auf einem Sesshin.
Literatur:
Linji: Das Denken ist ein wilder Affe, O.W. Barth Verlag, Neuausgabe 2015, ISBN: 978-3-426-29238-9
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Im zehnten Koan der Sammlung »Die ganze Welt ist eine einzige Blume« testet eine alte Frau den Mönch, den sie schon jahrelang versorgt. Sie schickt ihm ihre überaus hübsche Tochter, die den Mönch umarmt und küsst. Anschließend möchte sie wissen, wie er sich fühlt. »Verfaulter Stamm auf kalten Felsen. Keine Wärme im Winter«, antwortet der Mönch. Als die Mutter davon hört, rennt sie wütend zur Klause, verprügelt den Mönch, jagt ihn weg und brennt die Hütte nieder. Für sie ist es kein geistig hochstehender Zustand, die Schönheiten des Lebens nicht mehr wahrzunehmen, sondern ein Jammer. Trotz dieses Koans und vereinzelter weiterer Erwähnungen wird im Zen das Thema Sexualität und erotische Anziehung eher ausgeblendet, obwohl es viele Mönche und Menschen bewegt. Eine interessante Ausnahme ist Ikkyû Sôjun, der als eine der populärsten Zen-Persönlichkeiten Japans gilt und für seinen Witz und seine tiefe Zen-Erfahrung bekannt ist. Im hohen Alter verliebt er sich leidenschaftlich in die junge blinde Sängerin Mori. Im Zusammensein mit ihr erlebt Ikkyû, was er als sein eigentliches Erwachen bezeichnet und hält seine Erlebnisse teilweise in Gedichten fest:
der Schmerz des Anhaftens aus Lust ist größer als ich dachte
Wind besänftigt meine Gedanken
diese Lust ist mein endloses Koan
ich bin unfassbar glücklich
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Während seiner Ausbildung bei Nangaku Ejõ geriet Baso Dōitsu in eine Sackgasse und zog sich in einen einsamen Tempel zurück, wo er tagein und tagaus meditierte. Er wünschte, dadurch ein Buddha zu werden. Zen umfasst aber das gesamte Leben. Während eines Sesshin wird daher auch Sitzmeditation mit der richtigen Dosis Alltag kombiniert. Gerade das Normale ist das Gold der Übung, denn Zen will sämtliche Bereiche der Existenz meditativ erforschen. Es sind die Koan, die uns das Leben selbst stellt, in denen wir dem wirklichen Gehalt des großen Lebens begegnen mit seinen angenehmen und herausfordernden Seiten. Letztendlich sind es die Zeichen der gegenseitigen Verbundenheit, die uns veranlassen, die Kategorien von Gut und Böse hinter uns zu lassen. Dann erfassen wir, was Ejõ in Koan 147 des Kattōshū seinem Schüler Baso übermittelt: »Beim nichtanhaftenden Dharma sollst du weder ergreifen noch ablehnen. Wenn du sitzt, um ein Buddha zu sein, tötest du lediglich den Buddha. Wenn du an der Sitzhaltung festhältst, wirst du nie das grundlegende Prinzip verwirklichen.« Baso jedenfalls wurde einer der herausragendsten Meister des Rinzai-Zen.
Dieses Teisho wurde im Kô Getsu An (https://zen-bonn.de) gehalten.
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Anlässlich ihres Geburtstages erinnert Christoph Rei Ho Hatlapa an seine Tante und spirituelle Lehrerin Lorena Rüstow, deren Tiefgründigkeit er außerordentlich schätzt. Ganz ähnlich geht es dem Abt Ciming in Fall 180 der Koansammlung Shūmon Kattōshū, der nicht zum Teisho erscheint, weil er sich um den Herd der alten Frau kümmert, die in der Nähe des Tempels lebt.
Dieses Teisho wurde im Kô Getsu An (https://zen-bonn.de) gehalten.
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Die Huaku Ba Zen Kutsu in Springe wurde von Christoph Rei Ho Hatlapa am 24. Februar 2024 eingeweiht. Der Name der Übungshalle lehnt sich an den Weiß-Pferd-Tempel in China an, von dem aus sich der Buddhismus dort verbreitete. Manchmal bedarf es eben nur weniger Menschen, die den entscheidenden Impuls geben. So war es auch mit Bodhidharma, der lediglich vier Schüler hatte und zu einer entscheidenden Geistesgröße mit Millionen von Nachfahren wurde. Dabei ist das, was er den Menschen zeigte, nichts Besonderes, wie es Meister Linji im Rinzai Roku, Abschnitt X beschreibt. Es ist nur, sich nicht von anderen täuschen zu lassen. Damit die Kraft, mit der wir ursprünglich ausgerüstet sind, unverzüglich wirken kann. Wenn wir aber den lebendigen Buddha nicht jetzt in diesem Augenblick antreffen, werden wir für immer in den drei Reichen, dem Reich der instinktiven Vorlieben, der materiellen Vorlieben und der geistigen Vorlieben herumirren. Nur wer den Geist aufgibt, der von Moment zu Moment außerhalb herumsucht, der ist so, wie er ist, ein Mensch im Frieden, der zum wahren Selbst zurückgekehrt ist. Dazu lädt nun auch die Huaku Ba Zen Kutsu ein.
Huaku Ba Zen Kutsu – Bodywork am Deister (https://bodywork-am-deister.de)
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An Pfingsten wird traditionell die Ausgießung des Heiligen Geistes gefeiert. Für die Jünger war das ein nachdrücklich emotionales Erlebnis, denn sie hörten göttliche Stimmen, sprachen plötzlich in Zungen und legten ergriffen stotternd Zeugnis von der tiefen Weite und Grenzenlosigkeit ab, die sie erlebten.
Denn es ist immer das Licht in uns, das uns ängstigt, nicht etwa die Dunkelheit. Dabei wurden wir geboren, um Gottes Ruhm, der in uns steckt, zum Ausdruck zu bringen. Doch nur, indem wir unser eigenes Licht scheinen lassen, befreit unsere Präsenz automatisch andere. Der Meister der Umstände bewegt sich frei in der Welt und fühlt sich dabei verantwortlich für das, was ihm begegnet. Sein Geist nimmt alle Umstände in sein Herz oder wie Rinzai es ausdrückt: »Wenn ihr überall die Umstände nutzt, dann springt ihr auf im Osten und sinkt nieder im Westen. Springt auf im Süden und sinkt nieder im Norden. Springt auf in der Mitte und sinkt nieder am Rand. Springt auf am Rand und sinkt nieder in der Mitte. Lauft auf dem Wasser, als sei es Land und lauft auf dem Land, als sei es Wasser.«
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Christoph Rei Ho Hatlapa geht in diesem Teisho der Frage nach, wie wir zu einer konkreten, aktiven und engagierten Liebe unserem Planeten gegenüber zurückkehren können. Denn maßgeblich verantwortlich für das Leiden der Erde wie auch der Menschheit ist unser Bewusstsein der Getrenntheit, verbunden mit der Angst zu kurz zu kommen, zu unterliegen. Dabei ist unser wahrer Geist von Liebe und grenzenloser Freiheit erfüllt. Ein wunderbares Lernfeld ist da die Liebesbeziehung, in der wir Hingabe und Mitgefühl wieder freilegen können. Das Weibliche wächst spirituell, indem es lernt, als Liebe zu leben, anstatt auf sie zu hoffen. Das Männliche wächst spirituell, indem es lernt, als Freiheit zu leben, anstatt darum zu kämpfen. Wenn wir in unseren Partnerschaften den Geist der Hingabe kultivieren, weiten wir diesen anschließend auf den Beziehungsalltag mit unserer Erde aus und kehren zur Allverbundenheit zurück. Dann entwickeln wir wieder Freude am Anpacken und legen los wie Rinzai, der Bäume pflanzte, um einen natürlichen Rahmen zu schaffen und auch damit ein Zeichen für spätere Generationen setzte.
Literatur:
David Deida: Sex als Gebet: Leitfaden für Frauen und Männer zu ekstatischer Liebe und Leidenschaft, Kamphausen Media GmbH, 3. Auflage 2012, ISBN: 978-3-89901-442-6
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In Fall 55 des Hekiganroku weigert sich Dôgo wieder und wieder seinem Schüler Zengen, die Frage nach Leben und Tod zu beantworten. Erst als Dôgo bereits gestorben ist, erlangt sein Schüler Verwirklichung bei Sekisôs gleich lautender Antwort: »Ich würde es dir nicht sagen.«. Früher oder später geht es uns allen wie Zengen und wir fragen uns, was geschieht, wenn wir sterben. Die einen glauben an ein ewiges Leben, die anderen an Wiedergeburt und wieder andere an Garnichts. Doch kein Konzept und keine Theorie nimmt es uns ab, unsere ureigene Antwort auf diese existenzielle Frage zu finden. Wir müssen das selbst rauskriegen. Im Zen wird vom Sterben auf dem Kissen gesprochen. Gemeint ist damit der psychologische Tod unserer Konzepte und Vorstellungen, indem wir im Laufe der Übung lernen, zunehmend im Hier und Jetzt zu bleiben. Dabei verliert die Frage nach Leben und Tod an Bedeutung, bis sie schließlich irgendwann verblasst. Dann geht das große Leben über Leben und Sterben hinaus. Aber auch diese beglückende Erfahrung lässt sich nicht verschenken, so sehr wir das auch möchten.
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In Fall 82 der Koansammlung Shūmon Kattōshū antwortet Fenzhou Wuye, wenn immer ihm eine Frage gestellt wird: »Lass täuschende Gedanken fallen.« Dabei handelt es sich sozusagen um das Ein-Finger-Zen dieses Meisters, der kurz bevor er starb, zu seinen Mönchen sagte: »Eure Natur, die ihr seht, die sieht, hört, wahrnimmt und erkennt, hat das gleiche Alter wie der leere Raum und wird weder geboren noch ausgelöscht. Alle Zustände sind ursprünglich leer und es gibt nichts zu erreichen. Wenn ihr euch immer bewusst seid, dass alle Dinge leer sind, dann gibt es nichts, worin man sich reinhängen könnte. Auf diese Weise nutzen die Buddhas ihren Geist. Bemüht euch immer, dies zu praktizieren.« Ōi Saidan Roshi, der am 26. April 1915 geboren wurde und Christoph Rei Ho Hatlapas Lehrer war, beschrieb den Kernpunkt des Buddhismus und Zen mit den Worten: »Entwickle das Heilsame und läutere deinen Geist.« Wenn wir Zazen konsequent praktizieren, lassen wir täuschende Gedanken fallen und verbinden uns mit der Grenzenlosigkeit. Dadurch lernen wir, angenehme wie unangenehme Erscheinungen unserer Lebenswirklichkeit willkommen zu heißen. Dann nehmen wir den Glanz des Buddha, der still das ganze Universum erleuchtet, wieder wahr und in diesem Augenblick ist das Universum in den zehn Richtungen die eine leuchtende Perle.
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Diesen Ausspruch Meister Genshas kommentiert Dôgen im vierten Kapitel des Shôbôgenzô und auch Christoph Rei Ho Hatlapa stellt ihn in den Mittelpunkt seines Teishos. Denn oft erleben wir Augenblicke, in denen wir das Leuchten der Perle nicht verstehen und in die Ungeborgenheit fallen. Doch Dogen sagt, dass selbst die Hölle, dieser schwarze Berg, in der nicht ein einziges Fünkchen Licht zu sehen ist, die eine leuchtende Perle ist. Sollte es uns gar gelingen, sie einem anderen umzuhängen, dann wird es wie im Rausch sein. Einem Rausch der Selbstvergessenheit, in dem wir von der gegenseitigen Durchdringung aller Bereiche des Universums erfüllt sind. Um das zu erfahren, müssen wir jedoch ergründen, wer wir selbst sind. Das ist eine zeitaufwändige Forschungstätigkeit, bei der wir jeden Stein umdrehen, bis wir aus der Welt der Trennung geschleudert werden und den Sonnenschein wie auch die schwierigen Seiten des Lebens als zu uns gehörig erleben. Denn sich selbst vergessen bedeutet, mit allen Dingen verwandt sein und mit ihnen in Harmonie leben. Wir wandeln dann auf dem Weg der einen Perle, die mit ihrer Leuchtkraft die zehn Richtungen durchdringt, und alle Dinge erleuchten uns, auch wenn wir das einmal nicht sehen können.
Literatur:
Eihei Zenji Dôgen: Shōbōgenzō - Die Schatzkammer des wahren Dharma: Gesamtausgabe, Angkor Verlag, 1. Auflage 2008, ISBN: 978-3-93601-858-5
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In Koan 24 des Mumonkan möchte ein Mönch wissen, wie er Reden und Schweigen überschreiten kann. Christoph Rei Ho Hatlapa weist in seinem Teisho darauf hin, dass diese beiden Geistestätigkeiten als nach innen und außen gerichtete Aktion aus einer Welt der Getrenntheit stammen. Wollen wir aber über das normale Verständnis von Reden und Schweigen hinausgehen, müssen wir in die zusammenhängende Wirklichkeit des großen Lebens vorstoßen. Im vorliegenden Beispiel tut das Fuketsu, indem er aus dem tiefen Samadhi auftauchend von ganzem Herzen ein Gedicht rezitiert: »Ich erinnere den Frühling in Kônan, wo die Rebhühner singen. Wie wunderbar duften die zahllosen Blumen.«
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Im dritten Koan des Shōyōroku fragt ein ostindischer König den Patriarchen Prajñātārā, warum er keine Sutren rezitiere. Prajñātārā antwortet, er rezitiere ständig das Sutra der Soheit. Mit jedem Atemzug eine Schriftrolle. Warum also rezitieren wir im Zen trotzdem ständig Sanskritsutren in ihrer sinojapanischen Fassung, die selbst Japaner und Chinesen nicht verstehen? Wir tun das, weil die Reihenfolge der Klänge und Laute mantrisch wirkt, das endokrine System anregt und unsere Energie steigert. Außerdem stoßen wir überall auf der Welt auf dieses globale Energiefeld und können einfach mitrezitieren. Gleichzeitig rezitieren wir natürlich das Sutra der Soheit. Nämlich immer dann, wenn wir wirklich auf den Atem achten und uns vollständig bewusst sind, was dabei geschieht, in unserem Körper in Verbindung mit dem Universum. Ein derartiges Ein- und Ausatmen könnte eine große Wirkung in der Welt entfalten, wenn es viele Menschen täten.
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Wer sich selbst vergisst, wird von allen Dingen erleuchtet, sagt Dogen. Doch wie gelingt es, alle Selbstbilder loszulassen? Christoph Rei Ho Hatlapa verweist in diesem Teisho mit einem Zitat von Max Frisch, auf unsere bemerkenswerte Fähigkeit zu lieben: Denn gerade von dem Menschen, den wir lieben, können wir am mindesten aussagen, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet und dass auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis.
In eben diesem Sinne liegt der wesentliche Segen eines Sesshin darin, dass wir fähig werden, bedingungslos zu lieben und damit konzeptlos wahrzunehmen. Dann hören wir endlich auf, etwas erreichen zu wollen. Weil wir sowieso immer das große Leben ausdrücken und immer vom großen Leben ausgedrückt werden. Wenn wir auf diese Weise vertrauen, dann ist das Einzige, was uns übrigbleibt, dankbar zu sein.
Literatur:
Max Frisch: Tagebuch 1946-1949, Suhrkamp-Verlag, 17. Auflage 2023, ISBN: 978-3-518-37648-5
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Anhand eines Auszuges aus Fall 231 des Kattôshû befasst sich Christoph Rei Ho Hatlapa mit der Frage, wie es sich mit unserem Mitgefühl gegenüber den nichtfühlenden Gegenständen verhält. Betrachten wir dazu Dinge des täglichen Lebens, können wir feststellen, dass alles, was der Kosmos enthält, erforderlich ist, damit beispielsweise ein Möbelstück entsteht. Man braucht Holz, einen Tischler, Zeit. All diese Voraussetzungen haben wiederum andere Bedingungen. Damit das Holz entsteht, braucht es den Wald, den Sonnenschein, den Regen. Der Handwerker braucht seine Eltern etc. Betrachten wir einen Gegenstand auf diese Weise, sehen wir ihn auf eine neue Art. Wir beginnen ihn zu achten und zu ehren und zu erhalten. Fühlen wir diesem Bedingungszusammenhang noch tiefer nach, indem wir wie in Koan 37 des Mumonkan zur Eiche im Garten werden, sagen wir darüber niemals etwas mit dem Mund, mit dem uns unsere Eltern geboren haben. Vielleicht verstehen wir dann aber Tozans Vers: Wunderbar wie wunderbar. Die Predigten empfindungsloser Wesen. Wenn du mit deinen Ohren hörst, gehst du fehl. Lausche mit den Augen, dann hörst du sie.
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In Koan 39 des Mumonkan möchte ein Mönch von Ummon wissen, was der wahre Leib des Buddha ist. Ist es der fleischgewordene Körper, mit dem Shakyamuni in das altindische Kastensystem geboren wurde, der eine Vielzahl von Handlungen hervorgebracht und das soziale System seiner Zeit transzendiert hat? Ummon antwortet »Kayakuran«, was ein gehegter Blumengarten bedeutet, und verweist auf den paradiesischen und geschützten Aspekt der Buddhanatur. Sind wir mit dem in Kontakt, blühen in unserem Herzen Blumen. Doch der Mönch zweifelt, ob er das wörtlich nehmen kann. Denn dann wären ja nur die schönen Aspekte Buddha. Dazu sagt Ummon »Goldhaarlöwe« und bezieht sich damit auf die Leidhaftigkeit der Schöpfung. Auch dieser Aspekt ist Buddha. Dieses ist, weil jenes ist. Das Paradies ist mit dem Schlamm verbunden. Was eine gute Nachricht ist, weil dadurch die Schlammanteile unserer Existenz bei entsprechenden Bedingungen, die Möglichkeit in sich tragen, zu höchster Schönheit zu erblühen. Für den Buddha gab es keine Unberührbaren. Jeder kann erleuchtet werden, selbst der Massenmörder Aṅgulimāla. Wir sind also alle potentielle Buddhas. Doch Partei gegen den Schlamm zu ergreifen, hilft nicht. Der Schlamm will dabeibleiben. Es ist also die Aufgabe von jedem von uns, einen Weg zu finden, liebevoll mit der ganzen Polarität umzugehen.
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In dem Kapitel »Hachi Dai Nin Gaku« des Shōbōgenzō hat Dogen die acht Wachheiten eines großen Wesens aufgezeichnet, von denen der Buddha an seinem letzten Lebenstag gesprochen hat. Als erstes erwacht ein Mensch zu der Einsicht, wenig Ansprüche zu haben. Er versucht, nichts zu erlangen und empfindet deshalb auch keine Qual. Die Lehre vom Wissen, dass es genügt, ist wie eine sichere Burg in überfließendem Glück und beschreibt die zweite Wachheit. Das nächste Erwachen bedeutet, in heiterer Gelassenheit zu genießen und heißt, allein an einem stillen Ort zu bleiben. Viertens setzt ein zu Einsicht gekommener Mensch seine Kräfte sorgfältig ein, damit er die Aufgaben bewältigt, die er sich vorgenommen hat. Das fünfte Erwachen besteht darin, richtiges Denken aufrecht zu erhalten und die Achtsamkeit nicht zu vernachlässigen. Meditation zu praktizieren und im Dharma beheimatet zu sein ohne Verwirrungen, kennzeichnen die sechste Einsicht. Beim siebten Erwachen kultiviert ein großes Wesen seine Weisheit durch einfühlsames Zuhören und bemüht sich, Verwirklichung zu erreichen. Als Letztes hört ein großer Mensch auf, sich in nutzlosen Diskussionen zu engagieren, was bedeutet, Verwirklichung zu erfahren und frei vom unterscheidenden Denken zu sein. Was der Buddha, bevor er ins Nirvana einging, uns mit den acht Wachheiten ans Herz gelegt hat, ist immer noch brandaktuell und empfehlenswert für die gesamte Menschheit.
Literatur:
Eihei Zenji Dôgen: Shōbōgenzō - Die Schatzkammer des wahren Dharma: Gesamtausgabe, Angkor Verlag, 1. Auflage 2008, ISBN: 978-3-93601-858-5
Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim: Manesse; Reprint. Edition 1949, ISBN: 978-3717510628
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In diesem Teisho macht uns Christoph mit den vier Brahmaviharas vertraut. Denn praktizieren wir liebende Güte (Maitri), Mitgefühl (Karuna), Mitfreude (Mudita) und Gleichmut (Upeksha), so nähern wir uns der Wohnstätte Brahmas. Dabei drückt sich jeder Aspekt sowohl in der Meditation als auch im täglichen Handeln aus. Maitri bezeichnet die Liebe zu uns selbst und dadurch die Liebe zu anderen Menschen. Damit Letztere aber der unerschöpflichen Kraft unseres Hara entspringt, meditieren wir mit dem Satz: »Ich bin willkommen mit allen meinen Wesensäußerungen.« Denn erst wenn wir selbst genährt sind, können wir den Aspekt des Mitgefühls ins Grenzenlose ausdehnen und anderen Präsenz schenken. Mit Karuna öffnen wir uns bedingungslos für das Leiden anderer. Damit wir eine derartige Empathie entwickeln, meditieren wir mit dem Mantra: »Ich gebe dir den Raum, dem Klang deiner eigenen Stimme zuzuhören und ihr zu vertrauen. Ich stehe dir bei.« Dann erfreuen wir uns natürlich auch daran, einander mitfühlend zugewandt zu sein und feiern, dass wir uns erfüllt fühlen. Wir meditieren über die Freude an den erfüllten Bedürfnissen. Getragen von Mudita schauen wir unerschütterlich mit anteilnehmendem Gleichmut auf das Universum. Dabei sind wir in Kontakt mit der Weisheit der Wesensgleichheit. Leer zu sein, bedeutet erfüllt zu sein von allem. »Wir alle sind Wellen im großen Ozean«, schauen wir in der Upeksha-Meditation und betreten die Welt des Erfülltseins. Dieses freundliche Paralleluniversum ist für jede*n da. Die vier unermesslichen Geisteszustände sind die Tür dazu.
Literatur:
Dalai Lama, Sofia Stril-Rever: Der neue Appell des Dalai Lama an die Welt: Seid Rebellen des Friedens, Benevento, 4. Auflage 2020, ISBN: 978-3-7109-0038-9
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