Episodes
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Liebe Freund*innen von Auf den Tag genau. Wir melden uns mit einer weiteren Zwischenfolge auf dem Weg zu unserem Sommerprogramm aus Hamburg. Wir schauen uns schon in der Hamburger Presse des Jahres 1924 um und sind auf einen Artikel gestoßen zur Energiewirtschaft der – so kann man sagen – vergangenen Zukunft. Ernst Trebesius schildert hier im sozialdemokratischen Hamburger Echo vom 15. Juni seine Vision von den Energierevolutionen bis zum Jahre 1949. Dieser hochspekulative und doch recht unwissenschaftliche Artikel ist ein beredtes Zeugnis davon, dass die Suche nach einer sauberen und umfangreiche Mobilität garantierenden Energie schon in den 20er Jahren präsent war. Die Elektroautos hat Trebesius auf dem Schirm, sein Gedanke, dass sich ganz ähnlichen den Radiowellen, Strom kabellos und verlustfrei übertragen ließe ist gelinde gesagt gewagt.
Paula Rosa Leu liest für uns den Blick auf die Energiewirtschaft. -
Liebe Freundinnen und Freunde von Auf den Tag genau, wir haben gute Nachrichten zu vermelden: Im August beginnt unsere Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Wir werden also ab dem 1. August - zumindest für 2 Monate - wieder täglich senden. Am Konzept ändert sich nichts, nur dass wir die Weimarer Republik und die Welt vor 100 Jahren nun durch die Zeitungsartikel der Hamburger Presse erleben werden.
Also macht Euch langsam bereit, hört bis dahin unser Archiv durch und verfolgt unseren Kanal hier, wir werden Euch hin und wieder die Wartezeit verkürzen..so wie heute:
Alles rauscht, rumpelt, schreit und wuselt in der Podcastlandschaft, und dennoch fehlt etwas, ist unser Schweigen spürbar. Ein Autor, der regelmäßig in unserem Podcast auftritt, ist der Wiener Arnold Höllriegel. Am 26. April 1924 schrieb er eine kleine Glosse in der Abendausgabe des Berliner Tageblatts, in der es um die Interferenzen und Überlagerungen der Radiosendestationen geht. Alle senden, alle funken, die Welt kommuniziert – für Höllriegel geht dabei aber auch was verloren…
Frank Riede liest für uns diesen charmanten Text, der eine beinahe zeitlose Kritik an den neuen Kommunikationsmedien enthält. -
Episodes manquant?
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Ihr lieben Hörerinnen und Hörer von Auf den Tag genau,
Ihr hört die vorerst letzte Folge unseres Podcasts. Leider konnten wir den täglichen Produktionsrhythmus nicht aufrechterhalten. Wir blicken mit dem ganzen erweiterten Team und den Unterstützer*innen aber auf eine tolle Zeit der Zeitungslektüre zurück.
50 Monate lang, täglich eine Folge! Lediglich für den Ostermontag 1920 haben wir keine Folge aufgezeichnet. Insgesamt hat unser Audio-Mosaik der Weimarer Republik aktuell 1530 Folgen und ebenso viele Anmoderationen, Frank und Rosa haben jeweils also ca. 760 Artikel eingelesen. Wir dürften gut 204 Stunden Audiomaterial produziert haben.
In den Abbindern von über 1000 Folgen habe ich mich auf die Suche nach der neuen Variante eines Mitmach- oder Spendenaufrufs gemacht – womit wir bei den Danksagungen wären.
Wir danken Rosa und Frank für ihre jahrelange Begeisterung für Auf den Tag genau. Mit ihren Stimmen haben Sie den Podcast zu dem gemacht, was er ist.
Wir danken Meike, Stefan, Delilah, Thomas, Steffen, Zoe, Martin, Andreas, Stephanie, Toby, Cristina, Ralf, Sabine und Jutta. Ohne Euch hätten wir die Berge an Transkriptionen von teilweise schlecht gedruckten Zeitungsseiten nicht bewältigen können. Ihr wart klasse.
Ganz besonderer Dank gilt Merle, die in ihrer Freizeit sehr schön und erfolgreich unseren Insagram-Account kreiert und bespielt hat.
Last but not least danken wir Euch Unterstützer*innen, die die Webseite, den Podcasthoster und den Email-Account finanzierten.
Euch allen herzlichen Dank und natürlich: Allen Hörer*innen, vielen Dank für Eure Treue!
Wir schauen immer noch, ob wir nicht Wege finden, die Produktion in der nächsten Zeit wieder aufzunehmen. Sobald es was Spruchreifes gibt, erfahrt ihr es auf diesem Kanal. Sollte aber jemand von Euch über einen potentiellen Kooperationspartner stolpern, meldet Euch. Unser Email-Account [email protected] bleibt aktiv.
Und damit verabschieden wir uns in die Pause. Und ich sage zum ersten Mal nach 4 Jahren nicht „Bis morgen!“, sondern „Bis Bald“ -
Willkommen bei der vorerst letzten Folge von Auf den Tag genau.
Mit dem rasant zunehmenden Erfolg des „Unterhaltungs“-Rundfunks in den 20er Jahren, war zum ersten Mal ein komplexes technisches Gerät notwendig, um an diesem werdenden Massenmedium teilzuhaben. Benötigte man für die Rezeption einer Zeitung die Kulturtechnik des Lesens, so war man fürs Radio-Hören von einem funktionierenden Empfänger abhängig. Wo gab es Hilfe bei defekten Geräten? Wo gab es Antworten auf Fragen rund um die Positionierung der Antenne?
Nicht unähnlich von heutigen Reparatur-Cafés hielt ein Techniker im Berlin des Jahres 1924 kostenfrei Sprechstunden, in denen er geduldig Fragen beantwortete und Geräte reparierte – und von diesem „Rundfunkarzt“ berichtete die Vossische Zeitung vom 29. Februar. Paula Rosa Leu hat ihn für uns besucht.
Einen „Podcastarzt“ müsst ihr nicht aufsuchen, wenn es ab morgen zunächst keine weiteren Folgen Auf den Tag genau gibt. Es liegt nicht an Euren Geräten, es liegt daran, dass wir eine Pause machen. Wir verabschieden uns also vom Jahr 1924, von Euch, danken für Eure Treue und freuen uns auf ein Wiederhören. -
Auch nach dem gescheiterten Putsch in München vom 9. November 1923 wurde Adolf Hitler von weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit noch immer eher als Lachnummer, denn als ernsthafte Gefahr für die Republik angesehen. Arno Voigt, der Beobachter der Berliner Volks-Zeitung, der für diese am 28. Februar 1924 vom Hitler-Prozess aus München berichtete, war diesbezüglich deutlich hellsichtiger. Nicht nur erkannte er, dass es sich bei Hitlers erstem Auftritt vor den Richtern dem Gestus nach um keine Verteidigungsrede, sondern einen vierstündigen Angriff auf die Grundfesten der Verfassung handelte. Er ahnte auch, welche Gefahr von dem Fanatismus dieses Mannes und seiner Fähigkeit, mit diesem ansteckend zu wirken, ausgehen würde. Es liest Frank Riede.
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Am 26. Februar 1924 war es soweit: Vor dem bayerischen Volksgericht beim Landgericht München I begann der Hochverratsprozess gegen Adolf Hitler, Erich Ludendorff und acht Mitangeklagte wegen des versuchten Staatsstreiches gegen die Republik vom 9. November des vergangenen Jahres. Nicht angeklagt wurden der bayerische Generalstaatskommissar Gustav von Kahr, der Landeskommandant der Reichswehr in Bayern Otto von Lossow und der Chef der Bayerischen Landespolizei Hans von Seißer, die in die Putschpläne ursprünglich eingeweiht, in dessen Verlauf jedoch abgesprungen waren. Ihre Rolle war es jedoch, die an den ersten Prozesstagen im Mittelpunkt der Verhandlungen stand; wobei die überforderten oder unwilligen Laienrichter es zuließen, dass Hitler und seine Mitstreiter diese „Zeugen“ teilweise von der Anklagebank aus selbst in der Art von Anklägern verhörten. Der Gerichtsreport des Berliner Tageblattes vom 27. Februar konzentriert sich dabei vornehmlich auf die Aussagen des Angeklagten Friedrich Weber, der sich als Leiter eines Freiwilligenkorps am Hitlerputsch beteiligt hatte. Es liest Frank Riede.
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Die Idee, eine Bahn auf die Zugspitze hinauf zu bauen, bestand seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und scheiterte wiederholt an mangelnder Finanzierung und/oder mangelnder Zustimmung seitens der Politik. Auch Anfang des Jahres 1924 gab es neue Bemühungen die Geldmittel für ein solches Bauvorhaben zusammenzutragen – der Verfasser des Artikels aus dem 8-Uhr-Abendblatt vom 26. Februar war sich aber ganz sicher, dass auch dieser Versuch scheitern würde, was er schon im Untertitel „Projekte, die immer wieder scheitern“ zu erkennen gab. Tatsächlich sollte allerdings auf österreichischer Seite noch im selben Jahr mit dem Bau einer Seilbahn begonnen werden, die als Tiroler Zugspitzbahn 1926 fertiggestellt wurde. Die erste Bahn von bayerischer Seite aus wurde 1930 eröffnet. Paula Rosa Leu gibt uns also Einblick in die komplizierten technischen und finanziellen Fragen rund um eine Bahnfahrt zur Zugspitze - wenngleich das große Thema an diesem Tag in allen Zeitungen der Beginn des Hitler-Ludendorff-Prozesses war. Da wir in den kommenden zwei Tagen von diesem berichten werden, holen wir heute noch frische Luft in den Alpen.
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Von den Kimbern und Teutonen über Johann Wolfgang von Goethe und Johann Gottfried Seume bis zu Andreas Brehme und Lina Magull hat Italien auf Deutsche von jeher eine magische Anziehungskraft ausgeübt. Auf den Tag genau ist diesbezüglich nie eine Ausnahme gewesen, sondern in zahlreichen Folgen immer wieder über den Brenner an den Gardasee, nach Rom und bis nach Sizilien gereist. Auch heute begeben wir uns noch einmal auf Grand Tour und folgen der Germania, der Parteizeitung des Zentrum, vom 25. Februar 1924 durch die Toskana Richtung Ewige Stadt. Angesichts der politischen Ausrichtung des Blattes überrascht es nicht, dass die Pilgerreise im Vatikan endet; eher schon, wie wenig kritisch die Aufmärsche des italienischen Faschismus in dem Artikel betrachtet werden. Autor war der Kunsthistoriker Oscar Gehrig, der nach dem Zweiten Weltkrieg kurzzeitig Leiter der Karlsruher Kunstakademie werden sollte. Florenz, Siena, Rom und ihre Kulturschätze besichtigt für uns Paula Rosa Leu.
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Erst kürzlich waren wir mit der Vossischen Zeitung und ihrer Artikel-Serie „Das Gesicht der großen Stadt“ in Wien. Und mit der Ausgabe vom 24. Februar reisen wir heute ca. 250 Kilometer in nordwestlicher Richtung weiter und werfen einen Blick auf Prag. Wer aber jetzt eine Betrachtung über das gotische oder das barocke Prag oder gar eine Aufzählung der Sehenswürdigkeiten erwartet, wird enttäuscht werden. Die „Goldene Stadt“ war 1918 zu der Hauptstadt eines selbständigen Staates geworden und stand vor der enormen Herausforderung, Behörden unterzubringen, Infrastruktur auszubauen und den zwangsläufigen Bevölkerungswachstum zu ermöglichen. Doch dies ist nicht der einzige Inhalt des Berichtes von Wilhelm Neumann, er betrachtet auch die symbolische Umwandlung der Kapitale: Die etwa auf Straßenschildern stattfindende „Entösterreichisierung“. Frank Riede war für Auf den Tag genau auf einen Abstecher in Prag.
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Hugo von Abercron gilt als einer der berühmtesten Vertreter der deutschen Freiballonfahrt. Sohn eines dänisch-deutschen Adelsgeschlechts absolvierte er eine hochdekorierte Militärkarriere, während der er sich vor allem bei den Kämpfen um Verdun im Ersten Weltkrieg auszeichnete. Im Oktober 1899 hatte man ihn zum Luftschiffer-Bataillon in Berlin Lichterfelde abkommandiert – und fortan wuchs in ihm die Begeisterung für die Ballonfahrt. Bereits 1900 begann er als Freiballonführer aufzusteigen und hielt mit über 500 Fahrten Ende der 20er Jahre den Rekord an Aufstiegen. Bei allem Respekt für den Pioniergeist, darf nicht unerwähnt bleiben, dass er 1932 in die NSDAP eintrat und während der Diktatur verschiedene Positionen inne hatte, etwa als Leiter des Instituts für volkstümliche Naturkunde URANIA in Berlin.
Am 23. Februar 1924 berichtete im Berliner Lokal-Anzeiger ein Kurt von Scheven von seinem winterlichen Freiballonflug mit Hugo von Abercron. Paula Rosa Leu hat sich auch ganz furchtlos in den Ballonkorb begeben. -
Alfred Kerr war im Berlin der Zwischenkriegszeit der wahrscheinlich prominenteste deutsche Theaterkritiker und entsprechend häufig auch schon als Autor hier im Podcast zu Gast. Heute tritt er hingegen in eher ungewohnter Rolle auf, nämlich als vorgesehenes Opfer eines tätlichen Angriffs, der nur deshalb nicht nur Ausführung kam, weil der dafür bezahlte Schläger Kerr den Auftrag lieber meldete, der den Zusammenhang so jedenfalls in einer Presseerklärung an die überraschte Öffentlichkeit brachte und damit ein gewaltiges Rauschen im Blätterwald lostrat. Man würde aus dem historischen Rückblick vielleicht politische Motive hinter diesem Plan vermuten. Die Spuren weisen vielmehr jedoch ins private Umfeld von Kerr, will heißen: zu seinem eigenen (übrigens zwei Jahre jüngeren) Schwiegervater Robert Weismann, der in Berlin übrigens auch kein Unbekannter war. Wer die Story gerafft erzählt bekommen möchte, googele nach einem Interview, das Alfreds Tochter/Weismanns Enkelin Judith Kerr 2007 dem Spiegel gab. Den eher etwas verworrenen zeitgenössischen Text aus dem Vorwärts vom 22. Februar 1924 liest hier Frank Riede.
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Die berühmte Puppenmacherin Käthe Kruse – das ist heute weithin gar nicht mehr bekannt – war ursprünglich Schauspielerin, die in jungen Jahren u.a. am Berliner Lessingtheater engagiert war. Ihre charakteristischen, weil so lebensechten, heute teilweise zu horrenden Sammlerpreisen gehandelten Puppen begann sie ursprünglich nebenbei für ihre eigenen Kinder zu bauen. Eher zufällig kam es 1910 zu einer Ausstellung im Warenhaus Tietz, die ein solcher Erfolg war, dass die Kruse daraufhin eine eigene Werkstatt in Bad Kösen an der Saale bezog und dort begann, ihre Puppen zu kommerziellen Zwecken in Handarbeit herzustellen.
In ihrem „Brief an eine ausländische Freundin“ aus dem Berliner Tageblatt vom 21. Februar 1924 erfahren wir nicht nur, was für Käthe Kruse eine kindgerechte Puppe ausmachte. Sie schildert uns dort auch Eindrücke von einer Reise in verschiedene europäische Länder, die sie kurz zuvor, offenbar erstmals seit dem Weltkrieg wieder, unternommen hatte. Es liest Paula Rosa Leu. -
Nicht zum ersten Mal in diesem Podcast berichtet im Berliner Tageblatt vom 20. Februar 1924 Dr. Mamlock über Neuerungen auf dem Gebiete der Medizin. Wie lässt sich der Funk für den Rettungsdienst nutzen? Es geht in dem Artikel nicht nur um die Möglichkeiten, schnell die Rettungskräfte, etwa im Gebirge, dorthin zu führen, wo sich Verletzte befinden, es geht auch darum, die Herztöne über große Distanzen hinweg hörbar zu machen. Was neben dieser Ferndiagnostik noch die Technik der drahtlosen Telefonie bieten könnte, teilt uns, vielleicht auch ganz drahtlos, Frank Riede mit.
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Das bäuerliche Leben ist trivialerweise zyklisch strukturiert, und so passt es irgendwie ins Bild, dass bäuerliche Proteste in der Geschichte eine gewisse Affinität zu dezimaler Wiederkehr aufzuweisen scheinen. Verschiedentlich ist im Angesicht der aktuellen Traktorsternfahrten nach Berlin auf den fünfhundertsten Jahrestag des Beginns des sogenannten Deutschen Bauernkrieges hingewiesen worden, der im Sommer 1524 von Süddeutschland aus seinen Ausgang nahm. Etwas weniger bekannt ist, dass auch vor einhundert Jahren, im Frühjahr 1924, Landwirte vor allem im ostelbischen Deutschland aufbegehrten und angesichts der ökonomisch instabilen Zeiten nach staatlichen Interventionen riefen. Besonders lautstark tat dies seinerzeit der deutschnational geprägte Reichslandbund, dem die Berliner Volks-Zeitung auf der Titelseite ihrer Abendausgabe vom 19. Februar eine so kurze wie markant-polemische Gegenrede widmete. Es liest Paula Rosa Leu.
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Die Landtagswahlen in Thüringen vom 10. Februar 1924 waren der Anfang vom Ende des Bauhauses in Weimar. Die von einer NSDAP-Ersatzvereinigung tolerierte Rechts-Regierung unter der Führung des Volksparteilers Richard Leutheußer, die sich hernach konstituierte, strich die Zuwendungen des Landes um 50 Prozent und vertrieb das Bauhaus damit nach Dessau. Die Lehrenden und Studierenden ließen sich die Laune davon vorerst indes noch nicht verderben. Ausgerechnet am Wahlabend lud das Bauhaus zu einem seiner berühmten Feste ins Gasthaus zum Ilmschlößchen. Zu dieser erschien auch ein gewisser Kole Kokk vom Berliner 8-Uhr-Abendblatt, der sich in seinem Bericht am 18. Februar von der Feierwut der Bauhäusler und dem Drive der dort aufspielenden Bauhauskapelle mindestens ebenso beeindruckt zeigt wie von den im Rahmen des Festes vorgeführten Kostümen aus den Bauhaus-Werkstätten. Partygast für uns ist Frank Riede.
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In den vier Jahren Auf den Tag genau ist uns ein Artikel immer wieder begegnet – es geht um die Kunstfreiheit und angebliche Angriffe auf die öffentliche Moral. Es nehmen Teil: ein oder mehrere Kunstwerke, ein Künstler und ein Verleger als Angeklagte, eine prominente Figur aus der Kunstwelt als entlastender Gutachter und ein Gericht, das geistig noch im Kaiserreich lebt und den Künstler verurteilt und die Vernichtung des Kunstwerks befiehlt – es ändern sich lediglich die Namen der Beteiligten.
Im Februar 1924 war (nicht zum ersten und zum letzten Mal) der Maler und Graphiker Georg Grosz an der Reihe. Es ging um eine Mappe “Ecce Homo”, die der Malik-Verlag veröffentlicht hatte. Sieben Farb- und 27 schwarz-weiß Abbildungen führten zu einer Anklage wegen der Verbreitung unzüchtiger Schriften. Auch das Gutachten von Max Liebermann verhinderte nicht, dass das Gericht ihn verurteilte unter Berufung auf das „Schamgefühl des normal empfindenden Menschen“. Die Vossische kommentiert das Urteil in ihrer Ausgabe vom 17. Februar 1924 zusammen mit Paula Rosa Leu. -
Auch vor einhundert Jahren und damit einhundert Jahre nach Goethe blieb den meisten Menschen in den hiesigen nördlichen Breiten nichts anderes übrig, als das Land der Griechen, wenn überhaupt, mit der Seele zu suchen. Zu den wenigen Privilegierten, die seinerzeit auch physisch eine Reise an die sogenannte Wiege unserer Zivilisation realisieren konnten, zählte der hier bei Auf den Tag genau sehr geschätzte Publizist Victor Auburtin, der im Frühjahr 1924 gleich mehrere Monate in ägäischen Gefilden weilte und von dort von Zeit zu Zeit mit launigen Artikeln im Berliner Tageblatt grüßte, mit denen er seinen Aufenthalt vermutlich teilfinanzierte. Sein Bericht aus Athen vom 16. Februar streift dabei nur sehr kurz zum touristischen Höhepunkt auf die Akropolis, um sich stattdessen ausgiebig im zeitgenössischen Athener Leben – auf dem Markt, an der Börse, im Kafénion – umzutun. Ein Bordellbesuch, mit dem der Text final kokettiert, bleibt uns hingegen erspart. Unser Griechenland-Korrespondent heißt Frank Riede.
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Zu den Klassikern des deutschen Stummfilms zählt zweifelsfrei Fritz Langs „Nibelungen"-Zweiteiler, bei dessen Dreharbeiten wir mit unserem Podcast vor Monaten vorbeigeschaut haben. Natürlich gehört er zu den Filmen des Jahres 1924 auf Stummfilm-Magazin.de, wo ihr weitere Infos zum Film findet.
Umso reizvoller erscheint es, den berühmten Kritiker Herbert Ihering zu Wort kommen zu lassen, der nach Besuch der Premiere einen Tag zuvor im Berliner Börsen-Courier vom 15. Februar einen Verriss des Films präsentierte. Frank Riede verrät uns also nun, warum sich für den ersten Teil der „Nibelungen“ mit dem Titel „Siegfried“ wirklich kein Kinobesuch lohnt. -
Der teilweise Rückbau und Zusammenbruch des Berliner Öffentlichen Nahverkehrs im Krisenjahr 1923 hat bei den Berlinern offensichtlich einen tiefen Eindruck hinterlassen. So blicken wir heute zwar, wie immer, 100 Jahre zurück, stoßen aber in der BVZ vom 14. Februar 1924 auf einen Blick auf uns, auf das Jahr 2024, der etappenweise die Entwicklung des Nahverkehrs in die Zukunft extrapoliert. Berlin ist zu einem großflächigen Dorf geworden, dessen Durchquerung einer Weltreise ähnelt. Paula Rosa Leu hat sich in dieser parallelen Realität dennoch für uns mit auf den Weg gemacht.
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Die Pfalz war über Jahrhunderte ein steter Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich; aufgrund ihrer vulnerablen topographischen Lage kam es in etlichen Kriegen linksrheinisch wie rechtsrheinisch immer wieder zu erheblichen Zerstörungen, als deren berühmtestes Symbol wohl das Heidelberger Schloss gelten kann. Auch die Auseinandersetzungen nach dem Ersten Weltkrieg gingen keineswegs spurlos an der Region vorbei. Separatisten kämpften zunächst nur um ihre Loslösung von Bayern, bald in Teilen sehr viel weiter gehend aber auch um eine Abspaltung vom Reich als autonomer Pufferstaat zwischen Deutschland und Frankreich – und die französische Besatzungsmacht, damit durchaus sympathisierend, ließ sie lange gewähren. Als sich Anfang 1924 eine leichte Entspannung zwischen Berlin und Paris andeutete, ging es mit der „Autonomen Pfalz“ indes sehr schnell zu Ende, und dieses Ende war einmal mehr ein sehr blutiges. Frank Riede berichtet für uns mit dem Berliner Börsen-Courier vom 13. Februar aus Pirmasens und Kaiserslautern.
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