Episodes
-
Die Familie Trotta, die im Mittelpunkt der Geschichte steht, ist der Meinung, dass die Regentschaft ihres Kaisers ewig dauere. Schließlich hatte der Großvater das Lebens des Kaisers in einer Schlacht gerettet. Leutnant Joseph Trotta war der Held von Solferino. Auch wenn ihn die Tat in die Verbitterung treibt, weil sie in den Schulbüchern kitschig, kindgerecht dargestellt wird. "Es ist eine Lüge", erdreistet er sich in Gegenwart des Kaisers aufzubegehren. Und trotz der Güte seines Monarchen, der Verleihung des Maria-Theresias-Orden, der Erhebung in den Adelstand wird der Held seinem Sohn vom Militärdienst abraten.
-
Eine Geschichte über die Jagd nach einem Nashorn? Über einen steinreichen Amerikaner, den sein Großvater schon mit Sieben zum Jäger abrichtete? Die flämische Schriftstellerin, Librettistin und Journalistin Gaea Schoeters führt uns in ihrem Roman "Trophäe" mitten hinein in sie postkolonialistische Afrikas, wo Jagdlizenz dem Tierbestand nutzen, weil sie hoch dotiert sind, dass sich das Wildern und Abschlachten für die regionalen Behörten nicht mehr lohnt.
-
Episodes manquant?
-
Das Leben eins Friseurs, einer Friseurin stellen wir uns zumeist eintönig vor. Derselbe Schnitt, mal kurz, mal lang, Haare färben, ondulieren, dann die Gespräche mit den Kunden übers Wetter oder die oben in der Regierung. Manche Kunden kommen schon so lange, das der Friseur sich in deren Familie auskennt. Zumal, wenn wie in Gerbrand Bakkers Roman "Der Sohn des Friseurs" das Geschäft seit Generationen betrieben wird.
-
Wer lesen möchte, was es bedeutet, mit Erzählungen auf der Höhe der Zeit zu sein, der sollte sich David Foster Wallace anvertrauen. In seinen Erzählungen "In alter Vertrautheit" zeigt sich seine radikale Sicht auf die Literatur, der Bruch mit dem Konventionellen. Sei es durch lästige Fußnoten, einer zweiten Erzählebene, sei es durch in Klammer gesetzte Innenansichten seiner Figuren.
-
Roberto Saviano kennt sich mit dem Gefühl aus, sich ständig bedroht zu fühlen, keinen Schritt ohne Personenschützer vor die Tür setzen zu könne, weil ihm nach dem Leben getrachtet wird. Seit dem Erscheinen von "Gomorrha" sieht der Autor sich Morddrohungen ausgesetzt. Dass Hass selten endet, hat nicht zuletzt Salman Rushdie erfahren müssen. Nie darf man, sich sicher fühlen.
-
Lawrence Osborne ist vor allem wegen seiner Reisereportagen vor diesem Roman bekannt gewesen. In "Denen man vergibt" erzählt er davon, dass niemand sein Leben so lebt, dass es ihn erfüllt. Da wäre die Upper-Class, die sich aus lauter Langweile zu einer ausschweifenden Party mitten im Nirgendwo in Marokko trifft. Da wäre die archaische Welt der Wüste, die sich nurmehr durch den Verkauf von Fossilen über Wasser hält.
-
In seinem Roman "Sekunden der Gnade" begegnen wir Mary Pet Fennessy, aufgewachsen in einem irischen Stadtteil Bostons, von dem behauptet wird, dass er erst von den Juden besetzt, dann von Iren übernommen wurde und sich jetzt der Gefahr ausgesetzt sieht, dass die Schwarzen Einzug halten. Dieser feinmaschig durchzogene Alltag, dessen Schreckgespinst es ist, dass Schwarze ihre Schulen besuchen, gipfelt in dem Mord an einem 20jährigen Jungen auf einem Bahnsteig, der offenbar von weißen Jugendlichen in die Station gehetzt wurde.
-
Julian Treslove durchlebt eine Krise. Er geht nicht gerade begeistert seiner Arbeit bei der BBC nach und auch als stellvertretender Direktor eines Kulturfestivals an der Südküste ist er eher eine Fehlbesetzung. Zwei Ex-Frauen, mit denen er jeweils einen Sohn hat, stellen sein Privatleben dar. Als die Söhne sich durch Zufall kennenlernen, haben die Mütter ein gemeinsames Thema: Julian Treslove, den Liebhabern von Opern, dessen zwei besten Freunde jüdische Witwer sind. Julian Tresloves Leben ist Durschnitt, langweilig. Bis zu jener Nacht, in der er überfallen wird.
-
Es sind zufällige Begegnungen, von denen McBride in "Der Spielzeugsammler" erzählt. Sie verändern die Menschen, leiten ihre Wege um oder stoppen sie abrupt. Da ist ein Zug, von dem ein Sammler erfährt, der zum Mythos geworden ist. Gab es ihn wirklich? Leo Banskoff kauft antikes Spielzeug auf Kommissionsbasis. Dreiräder aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise, Zinnsoldaten, selbst Flipperautomaten. Er bezeichnet sich selbst als jemand, dessen Charme man nicht widerstehen kann. Und dann erlebt er sein Waterloo. Er findet den legendären Under-Graham-Railroad-Zug.
-
Je weiter wir in die Geschichte von Isaac Rosas Roman "Ein sicherer Ort" in der Übersetzung Luis Ruby vordringen, desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass wir an einem solchen Ort nicht leben wollen. Lieber sterben, als unter der Erde hinter atombombensicherem Beton zu hausen und mitzuerleben, wie allmählich die Vorräte zur Neige gehen, ohne zu wissen, was an der Oberfläche vor sich geht.
-
Sie hat eine Geschichte in Streifzügen über jenes Paris geschrieben, das hinter der Périphérique liegt. Es als Banlieue in die Nachrichten schafft, wenn wieder mal Autos brennen, Randbezirke, die die französische Hauptstadt jedoch ebenso prägen, wie der Eifelturm und die Bastille. Zusammen mit Bruno Boudjelal, einem Fotografen, der eine Doku über die Neun-Drei-Departements plant, schlendert sie durch die Pariser Vorstädte, begibt sich auf Spurensuche, findet sich auf Friedhöfen, auf Industriebrachen, vor Mietskasernen wieder, die von den Späher der Drogendealer bewacht werden.
-
Obwohl die Schiffspassagen bezahlt sind, auf jeden ein anderes Schicksal wartet, bewegen sich die drei Freunde in Michael Ondaatjes Roman "Katzentisch" wie blinde Passagiere an Bord. Sie reisen übers Meer von Colombo nach London. Der Ich-Erzähler zu seiner Mutter, die ihn vor fünf Jahren zurückgelassen hat. Wehmut macht sich breit, die Melancholie geht mit dem Gefühl des Verlusts einher.
-
Wie der Blick auf einen Roman sich doch langsam verändert. Auf Deutsch ist Philip Roths "Nemesis" als erstes 2011 erschienen. Mag er damals, weil die Geschichte 1944 spielte, die Erschütterung in Newark beschrieb, historischen gewirkt haben, weitet sich nach Corona unser Blick auf die damalige Polioepidemie und mischt sich mit den eigenen Erfahrungen einer Pandemie.
-
Die südkoreanische Autorin Han Kang wagt in ihrem Roman "Griechischstunden" die Begegnung einer verstummten jungen Frau mit einem viel älteren Griechischlehrer, der allmählich erblindet. Zu schweigen, kann eine scharfe Abwehr sein, um der Welt aus dem Weg zu gehen, um das Unverständnis anderer Leute an einem zu ignorieren, um das Leben erträglicher zu machen.
-
Da der Vater, der ihrer Schwester die Haare abschneiden lässt, weil sie gerade zur New Romantic gefunden hat und in ihre Punkphase eingetaucht ist. Da die Mutter, die hinter ihrem Mann verblasst. Dana von Suffrin erzählt von einem familiären Tableau in den 1990er Jahren, das erneut erwacht, als der Vater stirbt und Rosa seine Wohnung ausräumen muss.
-
Wenn Arthur Kellerlicht noch mit Achtzehn gezüchtigt wird, bevor er das Internat verlassen darf, um nach Paris aufzubrechen, ist das für sein Selbstbewusstsein, seine Seele nicht gerade förderlich. Es plagt ihn die Scham. Er gibt sich selber die Schuld daran. Hätte er nicht die unerlaubten Bücher gelesen, hätte er nicht die Finger von sich lassen können, statt sich selbst zu befriedigen, wäre er nicht aus der Heimat vertrieben worden, um in einer französische Erziehungshölle zu stranden, würden die Menschen ihm dann nicht wohlwollender begegnen?
-
In Paul Austers Roman "Baumgartner" wechseln sich melancholische Episoden mit verstörenden ab, wenn er unter anderem glaubt, dass seine seit über zehn Jahren tote Ehefrau ihn anruft. In der Übersetzung von Werner Schmitz bedrängen ihn seine Begegnungen, verfällt er ganzen Lebensläufen. Da ist Anna, die Ehefrau, mit der Sy über vierzig Jahre glücklich verheiratet war. Da ist sein Werk.
-
Die Deutschiranerin Nilufar Karkhiran Khozani nähert sich in der Figur einer Psychologiestudentin sich selbst an. Eine Tochter bricht zu einer Reise in den Iran auf, um ihre Familie, vor allem aber dem Vater zu begegnen. Als junges Mädchen hat er sie bei ihrer Mutter gelassen und ist zurück in den Iran gegangen. Trotz aller Versuche, in Deutschland Fuß zu fassen, trotz all Geschäftsideen ist er niemals dort angekommen.
-
In Sarah Moss Roman "Sommerwasser" gelingt der Autorin etwas äußerst Seltenes. Die Familie drängt sich nicht auf, indem sie möglichst schrullig von ihrem eigenen Unglück berauscht daherkommt. Moss erzählt den Aufbruch in einen verregneten Urlaub und zeigt sie in den wenigen Momenten davor, die sie für sich haben.
-
Im Kern dreht sich alles in Benjamín Labatuts Roman "Maniac" um die Frage, tragen wir die Verantwortung für das, was aus unseren Entdeckungen, unseren Forschungen wird? Angesichts der Wissenschaftler, deren Leben er nacherzählt, eine äußerst beunruhigende Frage. Fanatiker, Spieler, Lebensunfähige, dazwischen eine Handvoll Gutmenschen. Bei aller Exzentrik ist John von Neumann, der Erfinder der Spieltheorie, der Geburtshelfer der Atombombe und Vordenker des Personal Computers, nur an einem interessiert, die Grenzen des Denkbaren zu sprengen.
- Montre plus