エピソード
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Im Superwahljahr 2024 stellt sich weltweit die Frage, ob die Demokratien den autoritären Kräften standhalten. In vielen Analysen dazu werden Parallelen zum Europa der 1930er Jahre gezogen. Ein Aspekt der dabei vermehrt zur Sprache kommt ist, dass sich damals das Unternehmerlager mehrheitlich nicht für die Demokratie positioniert hat. Heute sagt etwa der langjährige Siemens-Chef Joe Kaeser, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite dürfe den Fehler von 1933 nicht wiederholen und müsse Position beziehen gegen Rechts. Inwieweit sich Unternehmen für die Demokratie einsetzen können und sollen überlegt mittlerweile auch die Wissenschaft. Markus Scholz, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der TU Dresden, forscht zu dem Thema. Mit RI-Direktorin Maria Maltschnig spricht er über Möglichkeiten und Grenzen des demokratischen Engagements von Unternehmen, schildert konkrete Beispiele dafür und erklärt warum die Beschäftigung mit politischen Fragen für viele Unternehmen aktuell stark an Bedeutung gewinnt.
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Spätestens seit der russischen Vollinvasion in die Ukraine drehen sich viele Diskussionen über die Zukunftsperspektiven um die Frage, wie sich die politische Situation in Russland entwickelt. Für Forscherinnen und Forscher ist es sehr schwierig einen Zugang zu validen Informationen zu bekommen. Eine der renommiertesten deutschsprachigen Russland-Expert:innen ist Margarete Klein. Sie leitet die Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien in der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik und war kürzlich für einen Vortrag zu Gast im Karl-Renner-Institut in Wien. Sie sprach unter anderem darüber, wie gefestigt Wladimir Putins Machtbasis ist, wie es um die Opposition im Land steht und welche Netzwerke und Mechanismen man kennen muss, um die Vorgänge in Russland und damit auch in der gesamten Region zu verstehen.
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Wie arbeiten eigentlich jene, die - meist unsichtbar - öffentlich zugängliche Plätze reinigen? Jana Costas, Universitätsprofessorin für Betriebswirtschaftslehre an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), hat sich dieser Frage wissenschaftlich genähert. Sechs Monate lang hat sie mit den Reinigungskräften am Berliner Potsdamer Platz mitgearbeitet und dabei vielfältige Einblicke in deren Arbeitsalltag, ihr Selbstwertgefühl und ihre soziale Einbettung gewonnen. Für die Reinigungskräfte steht eine starke Zuwendung zur eigenen Arbeit einem Mangel an Anerkennung und Respekt gegenüber, was sich auch auf die Einstellung zu Gesellschaft und Demokratie auswirkt. Ihre Erkenntnisse hat Costas in einem Buch im Suhrkamp Verlag unter dem Titel "Im Minus-Bereich: Reinigungskräfte und ihr Kampf um Würde" veröffentlicht.
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Der Wiener Wohnbau ist eine der international bekanntesten politischen Erfolgsgeschichten. Unzählige Delegationen aus der ganzen Welt kommen jedes Jahr zu Besuch um sich ein Bild davon zu machen und auch das Medienecho ist groß. Den Grundstein dafür legte die sozialdemokratische Stadtregierung des Roten Wiens der Zwischenkriegszeit mit einer Wohnbauoffensive, finanziert durch eine Luxussteuer. Die Errichtung vieler großer Gemeindebauten veränderte die Stadt. In seinem Vortrag erzählt Mario Holzner, Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche, wie es zur Wohnbauoffensive kam, wie sie umgesetzt wurde und welche Auswirkungen sie auf Wirtschaft, Gesellschaft und auch das Wahlverhalten der Wiener Bevölkerung hatte.
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Im Morgengrauen des 11. September 1973 erhielt der demokratisch gewählte Sozialistische Präsident Chiles, Salvador Allende, die Nachricht, dass die Chilenischen Streitkräfte einen Militärputsch gestartet hatten. Bereits wenige Stunden später war alles vorbei. Das Militär hatte den Präsidentenpalast gestürmt, Allende ordnete die Kapitulation an und erschoss sich im „Saal der Unabhängigkeit“ des Palastes. Für Chile begann die dunkle Zeit der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet.
Der Österreichische Journalist und Lateinamerika Experte Erhard Stackl erinnert sich in dieser Lecture an die Vorgänge in Chile vor 50 Jahren, aber auch an die kontroversiellen Debatten in Österreich dazu. Viele verfolgte Chileninnen und Chilenen fanden Schutz in Österreich, die Kreisky-Regierung untersagte schließlich die Lieferung österreichischer Panzer an das Pinochet-Regime.
Stackl wirft auch einen Blick auf die aktuelle politische Entwicklung in Chile, die Hoffnung gibt, die aber auch zeigt, wie viele Hindernisse es gibt in einem Land, in dem Gewalt und Tyrannei tiefe Spuren hinterlassen haben. -
Der Krieg in Europa, die Frage von Verhandlungen und Diplomatie, Militärhilfen und Ost-West-Beziehungen dominieren seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine unsere außen- und sicherheitspolitischen Debatten. Der ehemalige österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch hat ähnliche Fragen in einer zentralen Rolle vor einem Vierteljahrhundert in einem anderen Teil Europas verhandelt. Er wurde 1999, auf Vorschlag der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright, EU-Chefverhandler bei den Friedensverhandlungen von Rambouillet, dem letzten Versuch der internationalen Gemeinschft, eine größere militärische Eskalation im Kosovo zu verhindern. Im Gespräch mit Maria Maltschnig erzählt er von den nationalistischen Verirrungen, die den Zerfall Jugoslawiens begleiteten, den komplexen Abwägungen der Diplomatie, von Niederlagen und Hoffnung, die oft so nahe beieinander liegen. Der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo ist heute immer noch nicht gelöst. Perspektivisch brauche es, so Petritsch, einen neuen beherzten Anlauf, eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden.
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Johanna Lutz leitet das Demokratie-Büro der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung in Wien und beschäftigt sich aktuell mit der Frage, wie es sein kann, dass Wähler und Wählerinnen wissentlich Parteien und Politiker:innen wählen, die eine autokratische Politik verfolgen. In stark polarisierten Gesellschaften, so ihre Ausgangshypothese, würden die Wähler:innen eher darüber hinwegsehen, wenn die Partei, der sie anhängen, antidemokratische Mittel anwendet, um ihre Macht auszubauen. Die Studie sei, so Johanna Lutz, ein "Stresstest" für die Demokratie. Länder, in denen die Wähler:innen antidemokratisches Verhalten durch Stimmentzug bestrafen würden, seien in ihrer demokratischen Verfasstheit stabiler, als Länder, in denen undemokratische Maßnahmen von Wähler:innen weniger bestraft werden. Die Untersuchung, die in mehreren Ländern durchgeführt wurde, hilft uns zu verstehen, welche antidemokratischen Maßnahmen besonders abgelehnt werden, welche Wähler:innen antidemokratische Politik am ehesten tolerieren und welche Themen den Wähler:innen oft wichtiger sind, als die Verteidigung der Demokratie.
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Wenige historische Ereignisse werden bis heute so kontroversiell diskutiert wie die Geschäftsordnungskrise des österreichischen Parlaments am 4. März 1933, die von der bürgerlichen Regierung für einen Staatsstreich und in weiterer Folge für die Errichtung einer Diktatur genutzt wurde. Die Zerstörung von Demokratien erfolgt selten mit einem Knall, sondern in einem schleichenden Prozess der Aushöhlung und Delegitimierung demokratischer Institutionen und Prozesse. Der Historiker Michael Rosecker erzählt in diesem Vortrag, welche Entwicklungen zu dieser Ausschaltung des Parlaments führten und wie wir aus heutiger Sicht auf die Ereignisse blicken. Diese seien, so Rosecker, ein Lehrstück über die Grundvoraussetzungen funktionierender Demokratien und die Verletzlichkeit ebendieser.
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Was heißt Neutralität heute? - Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer zeigt sich im Gespräch mit Maria Maltschnig davon überzeugt, dass die Grundidee der Neutralität höchst zeitgemäß ist. Es brauche auf der politischen Weltkarte Länder, die sich nicht in ein militärisches Blockdenken eingliedern. Die Neutralität müsse auch durch ein gut ausgestattetes Bundesheer abgesichert werden. Dabei erinnert Heinz Fischer an das frühere Symbol des Österreichischen Bundesheers: ein Igel, der ein friedliches Tier ist, sich aber durchaus verteidigen kann. Außerdem spricht er darüber, wie sich die österreichische Neutralitätspolitik von jener der Schweiz unterscheidet und unter welchen Bedingungen es für das neutrale Österreich sinnvoll sein kann, sich an einer Weiterentwicklung der Europäischen Verteidigungspolitik zu beteiligen, etwa wenn es um die Luftraumsicherung geht. Die Neutralität, so Fischer, sei kein Selbstzweck, sie solle ermöglichen, einen Friedensbeitrag in Europa zu leisten.
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Franz Reißner war bis vor einigen Monaten Kommandant der Streitkräfte des Österreichischen Bundesheers. Im Gespräch mit Maria Maltschnig erzählt er, was ihn als junger Mann dazu bewogen hat, eine berufliche Laufbahn im Bundesheer einzuschlagen. Geprägt hat ihn die Verteidigungspolitik Bruno Kreiskys. Der Schutz von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus müsse in letzter Konsequenz auch mit militärischen Mitteln gewährleistet werden, so Reißner. Die Stärken des Bundesheeres seien sowohl die Krisenbewältigung in internationalen Einsätzen, als auch die Assistenz bei Krisen und Katastrophen im Inland – also militärische Aktivitäten im „niederschwelligen Bereich“. Die Kernaufgabe der militärischen Landesverteidigung leide allerdings unter Ressourcenmangel. Auch wenn das neutrale Österreich nicht Mitglied in einem Verteidigungsbündnis ist, ist die österreichische Einbindung in die internationale Friedens- und Sicherheitsarchitektur durchaus prominent und vielschichtig, etwa in Initiativen im Libanon oder in Bosnien und Herzegowina. Umso mehr plädiert Franz Reißner für eine tiefergehende politische Diskussion um die Zukunft der Sicherheitspolitik, die die Landesverteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert.
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Die höchste Inflation seit Langem bringt besondere Brisanz in die diesjährigen Lohnverhandlungen. Der Politikwissenschafter Thorsten Schulten berät seit vielen Jahren die deutschen Gewerkschaften zu den Themen (Mindest-)Löhne, Tarifverträge und Industrielle Beziehungen. Im Gespräch mit RI-Direktorin Maria Maltschnig erklärt er, wie sich die Teuerung auf die Lohnentwicklung auswirkt, warum es international so große Unterschiede in der Bedeutung von Kollektivverträgen gibt ("Österreich gilt als KV-Weltmeister") und warum er die Europäische Mindestlohnrichtlinie für einen großen Wurf hält. Höhere Löhne führen, so Schulten, in der Praxis nicht zu steigender Arbeitslosigkeit, sondern hätten im Gegenteil oft positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Der sich abzeichnende Arbeitskräftemangel bringe durchaus die Chance, dass sich die Arbeitsbedingungen so weit verbessern, dass viele von jenen, die im Moment nicht oder teilzeit beschäftigt sind, stärker in das Arbeitsleben integriert werden können.
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Franz Schuh ist einer der pointiertesten und hintergründigsten Essayisten dieser Republik. Scharfsinnig versiert in den unterschiedlichsten Disziplinen, analysiert und beschreibt er messerscharf die Gegenwart mit ihren Untiefen, Hinfälligkeiten und Heucheleien. Bei aller Erbarmungslosigkeit in der Kritik ist sein Schreiben stets getragen von einer Gesinnung des Humanismus, der Toleranz, der Weltoffenheit und der Selbstironie. Als ihm am 10. Mai im Karl-Renner-Institut der Bruno-Kreisky-Preis für sein publizistisches Gesamtwerk verliehen wurde, war es also nicht überraschend, dass er in seiner Preisrede die öffentliche Debatte und die journalistische Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine in all ihren Auswüchsen in ebendieser Manier kommentierte. "Das wünschenswerte Schweigen ist einer überhitzten Sprachlosigkeit gewichen", stellt Schuh fest und macht kein Geheimnis um sein Befremden angesichts der aktuell so aufgeschaukelten Rhetorik. Die Politik, so Schuh, habe mit unvermeidlichen Ambivalenzen zu kämpfen und in Kenntnis dessen ginge es in letzter Konsequenz um die Vermeidung von Katastrophen. In der Diskussion um die Waffenlieferungen an die Ukraine - in der Franz Schuh eine klare Meinung vertritt - sieht er ein unentscheidbares Dilemma, das man paradoxerweise nur durch eine Entscheidung auflösen könne. „Es wird sich weisen, ob man zur Partei gehörte, die den Frieden mitermöglichte, oder ob sie bloß einen Krieg sinnlos verlängerte, der niemals zu gewinnen war." - In dieser Erkenntnis spiegelt sich der für Franz Schuh so typische Zweifel an vermeintlichen Gewissheiten wider, der aber niemals zur achselzuckenden Gleichgültigkeit führt.
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Die feministische Debatte entwickelt sich stetig weiter, was oft kontroversielle Debatten mit sich bringt. Nicht selten verlaufen diese zwischen den Generationen, zuletzt auch häufig konfliktbeladen. Nicht so in dem Buch, das Birgit Buchinger, Ela Großmann und Renate Böhm kürzlich im Mandelbaum Verlag herausgegeben haben. Es heißt „Kämpferinnen“. 13 junge und jung gebliebene Feministinnen verfassten darin Porträts über feministische Vorkämpferinnen, die heute alle über 75 Jahre alt sind und immer noch kämpfen. Es sind klingende Namen, wie Frigga Haug, Maria Mies, Elisabeth Stiefel oder Susanne Feigl, deren Geschichten erzählt werden. Die Autorinnen schreiben über sie und spinnen den Faden weiter „Damit das, was begonnen wurde, weitergetragen, weitererzählt, weitergeführt wird.“, wie es im Klappentext heißt. Im Gespräch mit Birgit Buchinger erzählen die Autorinnen Ela Großmann, Theresa Lechner, Maria-Amancay Jenny und Gudrun Seidenauer von der Entstehung des Buches, davon was sie an „ihren“ Kämpferinnen so besonders finden und warum das Lernen von den jeweils anderen Generationen für emanzipatorische Bewegungen so wichtig ist. Eine Prämiere bei „Rotfunk“ bringt diese Folge außerdem mit: Isabella Langer und Andrea Woyke alias „Pimp ois“, die Autorinnen des Porträts von Frigga Haug, haben das Lied zum Buch aufgenommen. Es heißt „Generationentrost, Generationentoast“.
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Während alle Welt an die russisch-ukrainische Grenze blickt und darüber spekuliert, was den russischen Präsidenten antreibt, wissen wir wenig darüber, was die Bevölkerung in Russland bewegt, wie die Menschen zu Staat, Nation und Demokratie stehen. Reinhard Krumm hat seit Anfang der 1990er Jahre mehrmals für mehrere Jahre in Moskau gelebt, hat dort unter anderem für den „Spiegel“ berichtet und das Moskau-Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung geleitet. Er ist einer jener Russland-Experten, die sich auch und insbesondere für die russische Gesellschaft interessieren. In seinem Vortrag, den er am 10. Februar am Karl-Renner-Institut gehalten hat, erzählt er von einer großen Distanz zwischen Staat und Gesellschaft, von einem kompromisslosen Freiheitsbegriff und von der Haltung der Bevölkerung zu einem potenziellen Krieg. Er erklärt außerdem, was eine russische Identität von einer russländischen Identität unterscheidet und warum es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion keiner sozialdemokratischen Partei gelungen ist, sich als relevanter Teil der politischen Landschaft zu etablieren.
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Der dritte Teil der Vortragsreihe über das Leben und Wirken des zweifachen Republiksgründers Karl Renner beginnt mit dem wohl dunkelsten Schatten auf seiner Biografie - seinem verhängnisvollen Aufruf zu einem "Ja" bei der Volksabstimmung über den Anschluss an Hitler-Deutschland im Frühjahr 1938. Was den Vater der Ersten Republik dazu gebracht hat, wie es ihm und seiner Familie bis zum Kriegsende ergangen ist und wie es Renner mit einem beherzten Auftritt und strategischem Geschick gelang, die Grundlagen eines demokratischen Neuanfangs für Österreich zu schaffen, erzählt der Historiker Michael Rosecker. "Vielleicht sehen politische Helden in unseren idealisierten Vorstellungen anders aus", so Rosecker, "aber die Geschichte Österreichs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit ihren Brüchen, ihrem Scheitern und mitverantworteten Katastrophen ist per se auch keine Heldengeschichte, zum Glück im Endeffekt jedoch eine Erfolgsgeschichte." Am 31. Dezember 1950 starb Karl Renner, der als Sohn verarmter Weinbauern im Südmähren der Habsburgermonarchie auf die Welt kam, schließlich 80-jährig als Bundespräsident der Republik Österreich. Es war ein erstaunliches Leben.
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In den 1970er-Jahren als Flüchtlingskind aus der damaligen Sowjetunion nach Wien gekommen, hat Julya Rabinowich erlebt, was es heißt, in einem neuen Land mit einer fremden Sprache anzukommen. Ihre eigene Geschichte prägt nicht nur das literarische Schaffen der Romanautorin (Bachmann-Preis für „Die Erdfresserin“), sondern auch ihr gesellschaftliches und politisches Engagement. Im Gespräch mit Maria Maltschnig erzählt sie, warum sie am SPÖ-Parteitag das Wort ergriffen hat, wie sie Kreativität aus Twitter schöpft, was sie daran mitunter auch erschreckt und warum sie für die Geschichte des Flüchtlingsmädchens Medina aus ihrem ersten Jugendbuch „Dazwischen: Ich“ doch noch eine Fortsetzung geschrieben hat.
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Im Jahr 2003 besuchte Arthur Kern zum ersten Mal seit seiner Flucht vor den Nazis seine Kindheitswohnung in Wien Alsergrund. Er war einer von mehreren Hundert Kindern, denen der sozialdemokratische Reformpädagoge Ernst Papanek das Leben rettete. In dieser Wohnung, in der Arthur Kern als Kind - noch unter seinem Geburtsnamen Oswald Kernberg - aufwuchs, lebte 60 Jahre später die 11-jährige Lilly Maier. Sie ist heute Historikerin und Publizistin und erzählt uns, wie es Arthur und den Kindern nach deren Rettung ergangen ist. Eines der Forschungsgebiete von Lilly Maier sind die Kindertransporte, durch die tausende jüdische Kinder dem Holocaust entkommen sind, deren Schicksal erst spät wissenschaftlich untersucht wurde.
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Der schweizer Publizist Roger de Weck hat eine eindrucksvolle journalistische Karriere hinter sich. In seinen zahlreichen beruflichen Stationen machte er unter anderem als Chefredakteur der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" halt. Von 2011 bis 2017 war er Generaldirektor der öffentlich-rechtlichen schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft. Für sein 2020 erschienenes Buch "Die Kraft der Demokratie - Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre" wurde ihm im Juni dieses Jahres der Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch verliehen. In seiner Preisrede analysiert er die aktuellen Entwicklungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa und darüber hinaus. Roger de Weck kritisiert dabei einen zeitgeistigen Pessimismus der Demokraten und fordert optimistischen Gestaltungswillen um die fünf Ungleichgewichte unserer Zeit zu reparieren. Er sieht dabei aktuell ein durchaus günstiges Zeitfenster. Die Antidemokraten seien in der Defensive, die Populisten hätten sich festgefahren. Die "starken Männer", so de Weck, hätten gezeigt, dass sie in schwierigen Situationen schwach regieren. Der Kampf um Demokratie und Rechtstaatlichkeit muss dem Marktradikalismus etwas entgegensetzen, damit er erfolgreich sein kann.
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Eine bisher wenig bekannte Heldengeschichte erzählt die Historikerin und Journalistin Lilly Maier in dieser Lecture. Ernst Papanek war Sozialdemokrat und Pädagoge und als solcher maßgeblich an der fortschrittlichen Schulreform des "Roten Wien" unter dem damaligen Unterrichtsminister und Präsidenten des Wiener Stadtschulrates, Otto Glöckel, beteiligt. Nach den Februarkämpfen 1934 floh Papanek zunächst nach Tschechien und landete schließlich, da er als Jude 1938 nicht nach Wien zurückkehren konnte, in Paris. Dort organisierte er gemeinsam mit einer jüdischen Hilfsorganisation Kindertransporte von Deutschland und Österreich nach Frankreich und leitete vier Heime, in denen die jüdischen Flüchtlingskinder unterkamen. Papaneks Arbeit war von Respekt gegenüber den Kindern, einem bis heute fortschrittlichen Umgang mit kindlichen Traumata und der festen Überzeugung, dass Demokratie von Anfang an gelernt werden soll, geprägt. Hunderte Kinder konnte Ernst Papanek schließlich in die USA retten, viele von ihnen blieben ihm ein Leben lang verbunden.
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Der Physiker Werner Gruber schafft es, selbst jenen Menschen die Geheimnisse der Physik näher zu bringen, für die das Fach in der Schule bestenfalls fad war. Als überzeugter Sozialdemokrat verfolgt er die Entwicklung neuer Technologien, die vielversprechendes für Menschen und Umwelt bringen. So stehe etwa die Technologie der Kernfusion für die Energiegewinnung unmittelbar vor dem Durchbruch und könne in naher Zukunft die Stromherstellung revolutionieren. Im Gespräch mit RI-Direktorin Maria Maltschnig entlarvt er außerdem technologische Mythen – Stichwort „sauberer“ Wasserstoff – und erklärt, was wir brauchen, damit die Erde ein guter Platz zum Leben für alle sein kann.
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