エピソード
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Ein junger Mann, ein König eines fernen Landes, öffnete seine Augen und sah eine ihm unbekannte Welt.
Der junge König saß auf einem einfachen, blauen Thron inmitten einer fiebrig glänzenden Landschaft und starrte in einen wundersamen Sonnenuntergang. Dicke Wolkenfetzen reflektierten das dunkelorangene Licht der letzten Sonnenstrahlen und warfen verschwommene Spiegelbilder – einem Echo gleich - von fernen Orten in das Blickfeld des jungen Königs, der seinen Thron unter die ausladenden Äste eines alten Baumes gerückt hatte. Schattengeister streiften sein Gesicht und malten schwarze Abdrücke auf seine weißen Wangen.
Der einfache Thron, der blaue Stuhl, war sein Fixpunkt dieser Welt, die ihr Bilderecho dem König zu Füßen warf und ihn immer und immer wieder daran erinnerte, sich zu setzen, inne zu halten, nichts zu tun, nicht zu sagen, sich nicht einmal zu wundern ob dieser Welt, die einfach in jedem Augenblick langsamer, ruhiger und schöner wurde.
"Genieße die Stille!" dachte er zufrieden. -
Einst lebte ein junger Mann, der nichts mehr liebte als die Sterne des Nachthimmels. Immer wurde der junge Mann traurig, sobald die ersten, rötlichen Linien am Horizont den Aufgang der Sonne ankündigten.
"Man müsste die Sterne malen, genauso wie sie jede Nacht am Himmel erscheinen, sie in ihrer Wanderung begleiten, ein Bild nach dem anderen, ein Wunder, jede Nacht, diese Nacht, die nächste Nacht, eigentlich immer, immer!“ Der Mann kratze sein letztes Geld zusammen, kaufte sich eine Leinwandrolle, Pinsel und schwarze und weiße Ölfarben. Nacht für Nacht saß er nun auf dem Berg und malte die Sterne in all ihrer Pracht.
Die anderen Menschen, die ihn zuerst ausgelacht hatten, betrachteten mit der Zeit seine Bilder mit Neugier: „Wie schön diese Sterne sind!“ sagten sie, „Die Nacht hat auch ihr Gutes!“ und ähnliches. Immer mehr Menschen kamen, um die Bilder des Sternenhimmels zu betrachten und sich daran zu erfreuen.
Auch den Sternen waren die Kunst und die Liebe des Malers nicht entgangen. Genau ein Jahr, nachdem der Mann mit dem Malen begonnen hatte, beschlossen sie, ihm ein Geschenk zu machen: Sie schickten von nun an jedes Jahr zur gleichen Zeit silberne Boten mit langen Schweifen über den Nachthimmel, um dem Mann für seine Liebe zu ihnen ihren Dank auszudrücken. -
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Dies ist der Prolog aus dem Roman "Zwergenhammer und "Feendiamant". Dieser verknüpft Fantasy- mit Märchenelementen und wird in zwei voneinander unabhängig verlaufenden Handlungssträngen erzählt, die nach und nach miteinander verwoben werden: Im Mittelpunkt der Handlung stehen der Zwerg Morlin, der aufbricht, um die Welt ausserhalb der Berghallen seines Volks zu entdecken und dabei zum Träger einer Götterwaffe wird, und der Spielmann Mispelnan, der sich zusammen mit seinen Gefährten in die Feenwelt begibt, um grosses Unheil zu verhindern. Obwohl sie nichts voneinander wissen, sind ihre Geschicke auf ungewöhnliche Weise miteinander verbunden ... Im Gegensatz zu vielen anderen Fantasy-Romanen vermischen sich die Genres: Während die Welt der Feen in märchenhaft bunten Bildern beschrieben wird, gibt es auch düstere Szenen, bei denen der LeserIn die Gänsehaut über den Rücken rinnt. Auch der Schluss der Geschichte ist aussergewöhnlich: Obwohl eine der Hauptfiguren ihr Leben lassen muss, um ihre Bestimmung zu erfüllen, gibt es doch ein versöhnendes Ende. Die gesamte Welt ist von Magie durchdrungen, die als natürliche Lebensessenz dargestellt wird: Sie kommt oft ohne mächtige Zauberwirker aus und manifestiert sich in kleinen, liebevoll erzählten Einzelheiten.
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In einer schmutzigen Ecke einer kleinen Bar stand ein unscheinbarer, alter Dreieckstisch. „So ist gesichert, dass man nicht allein sein Bier trinken muss, wenn man einsam ist!“, meinte dieser Tisch im Stillen und war mit seiner selbst sehr zufrieden. „An jeder Seite von mir kann jemand sitzen, sind also erstmals drei Personen, wenn dann noch Sessel an die Enden meiner dünnen, spitzen Ecken geschoben werden, dann sind es sechs Menschen, die sich näherkommen, allein dadurch, dass ich hier bin. Das ist schön!“
Der Tisch leuchtete matt in einer ausgebleichten, hellschwarzen Farbe. Auf der Oberfläche des Tisches waren Myriaden winzig kleiner, weißer Punkte verteilt. „Es ist, als würde es schneien, es ist, als würden sich Lichtflöckchen selbstständig gemacht haben, um die Liebe zu entdecken, es scheint, als wären alle weißen Farbkleckse von zu Hause ausgerissen, um eine Party zu feiern und wohin ausgerissen? – natürlich zu mir!“ Der Tisch war sehr zufrieden mit sich.
Ein Aufkleber mit den geheimen Worten „Thank You!“ war an einer der zulaufenden Spitzen des Tischchens geklebt. Jeden Tag überlegte sich das Tischchen, was diese Worte in seinem Fall wohl zu bedeuten hätten. „Heißt das, das ich mich bei den anderen bedanke, dass sie sich zu mir gesetzt haben, oder heißt das, „Danke Tisch, dass es dich gibt“, eben weil es bei mir so gemütlich und kuschelig zugeht? Ich hoffe auf zweiteres, aber ich bin nicht sicher!“ Der Tisch starrte dann immer ein wenig ins Leere, denn in der Leere entdeckte er ab und an seltsame Dinge. So lenkte er sich gut ab und musste die Frage nicht beantworten. Manche Fragen sind nicht zu beantworten, auch wenn man noch so oft darüber nachdachte, das wusste der Tisch und es tröstete ihn ein wenig. So ist es besser, ins Leere zu starren.
An diesem Abend blieb das Tischchen allein, die Bar war geschlossen. „Von wegen, zwei, drei oder sechs Menschen die es sich rund um gemütlich machen, keiner kommt, keiner bewundert meine Stabilität und meine Gastfreundschaft!“ An solchen Abenden war der Tisch traurig, seiner Daseins Berechtigung wurde nicht entsprochen. Weißt du, was dein Wohnzimmertisch denkt, wenn du mal wieder nicht zu Hause bist? Was das Tischchen nicht wusste – Jack Daniels, eine etwas achtlos weggeworfene Dose, übergeblieben nach der letzten Partynacht, hatte ein Auge auf das Dreieckstischchen geworfen. „Endlich genug Platz zum Üben für uns!“, murmelte Jack, die Luft war rein, keine Party im Anmarsch. „Freunde, kommt heraus, die Bar ist geschlossen, niemand wird sich an unserem Gesang stören!“
Wärest du in dem Raum gewesen, dann hättest du eine Freude gehabt! Es knirschte, schepperte, blechte in allen Ecken, Blechbüchsen sprangen aus alten Kisten, Blechbüchsen öffneten die Deckel der Mülleimer, Blechbüchsen sprangen von der Schank in die Freiheit und sie alle, sie alle bewegten sich in Richtung des weiß gepunkteten Dreieckstischchens. Das Tischchen konnte es nicht glauben – sie alle, sie alle wollten ausschließlich zu ihm, mindestens 20 Büchsen und laufend wurden es mehr! „Was für eine schöne Schrift an deiner Seite!“, machte eine rote, schlecht aufgerissene Cola Dose einer silbernen Dosendame ein Kompliment. „Champagner, perlend!“, stand prominent auf ihrem Körper geschrieben. Die schmale Dame ignorierte die Bemerkung einfach, Cola Dosen waren ihr einfach seit jeher unsympathisch gewesen. „Einfach Prolo!“, dachte sie.
„Ich habe noch nie so viele schillernde, wunderschöne Blechbüchsendamen gesehen!“, schepperte die große Heineken Dose voller Hoffnung auf Körperkontakt. Heineken stellte sich großflächig unter das Tischchen und half den anderen Dosen über ihre Schultern den Tisch zu erreichen. Bald standen viele Dosen eng aneinandergereiht auf dem Tischchen, irgendwann war zur Freude des Dreieckstischchens dessen Fläche voll geworden. Andere Dosen versammelten sich einfach unter dem Tischchen - ein Chorkonzert der Blechdosen, das wollte sich keine Blechbüchse dieser Welt entgehen lassen!
Es wurde ruhig im Raum, einmal noch ruhig, alle, wahrlich alle, blickten zu Jack Daniel, es kam ihm zu, den Takt anzugeben, er war es, der den Chor ins Leben gerufen hatte, nun galt es, das Leben wollte es so, nun galt es, es galt zu singen!
Wäret ihr doch da gewesen, ihr hättet ein Erlebnis der anderen Art gehabt, ihr hättet, ihr hättet erkannt, dass Musik, dass die Musik der Blechbüchsen eine der Antworten auf Alles ist! Für das Tischchen wurde es auch die Nacht der Nächte, das Leere war seit diesem Abend immer mit Musik gefüllt... -
Es war einmal ein Mädchen, das mochte zum Leidwesen seiner besorgten Eltern nicht sprechen, obwohl es längst schon in einem Alter war, in welchem sich Kinder üblicherweise bereits gut verständigen konnten. Ohne auch nur ein einziges Wort von sichzu geben, verbrachte es seine Tage hauptsächlich damit, in den Himmel zu starren. Alle Ärzte, die es untersuchten, standen vor einem Rätsel. „Ihr Kind ist kerngesund. Wir wissen leider nicht, warum es nicht spricht und ständig zum Himmel blickt“, meinten sie zu den Eltern, die darüber sehr betrübt waren, dass niemand ihrer Tochter zu helfen vermochte. Schließlich schickten sie in ihrer Verzweiflung nach einer Wahrsagerin und Hellseherin, welche im Rufe stand, über geheimes Wissen zu verfügen. Die alte Frau kam noch am gleichen Abend in das Haus der Familie und betrachtete das Kind lange. Dann meinte sie mit krächzender Stimme: „Ich muss eure Tochter über Nacht beobachten. Bitte besorgt mir einen weichen Stuhl für meine alten Knochen, ich will an ihrem Bett über sie wachen. Ihr dürft aber keinesfalls Nachschau halten und uns stören.“ Verwundert willigten die Eltern ein, brachten einen gemütlichen Sofasessel und verließendas Zimmer. Ohne sich weiter um seinen Gast zu kümmern, begab sich das Mädchen zu Bett und schlief bald darauf ein. Die Alte aber hielt die Augen offen und harrte der Dinge, die da kommen mochten. Es war schon weit nach Mitternacht, als sich plötzlich die Fensterflügel lautlos öffneten. Ein zarter Windhauch strich in das Zimmer und erfüllte es mit einem eigentümlichen, feinen Duft nach Blüten und Meerwasser. Gleich darauf glitt eine leuchtende Gestalt inForm eines langschwänzigen, bunt geschuppten Fisches in das Zimmer. Langsam begann das Mädchen mitsamt seinem Bettchen zu schweben und verschwand in Begleitung des wundersamen Wesens, um einige Zeit später auf ebenso rätselhafte Weise wieder zuerscheinen. Die Alte aber, bei der es sich in Wahrheit um eine Weiße Hexe handelte, hatte genug gesehen. Nun wusste sie, dass das Mädchen von einem Traumfisch in das Reich des Sandmanns entführt wurde, wo es so unvergleichliche Erlebnisse hatte, dass das irdische Dasein dagegen verblasste und es nicht mehr kümmerte. Am nächsten Morgen verabschiedete sie sich von den Eltern, versprach am Abend wiederzukehren und eilte in ihre Küche. In ihrem großen Kessel braute sie einen Trank, der dem Mädchen dabei helfen sollte, dem Ruf des Traumfischs zu widerstehen. Abends hieß sie dann die Eltern, das bittere Gebräu unter einen süßen Brei zu mischen und es ihrer Tochter zu essen zu geben. Dann begab sie sich mit dieser wieder in das Schlafgemach, um über sie zu wachen. Tatsächlich wiederholte sich zunächst das Spiel der vergangenen Nacht. Doch dieses Mal entschwebte das Kind nicht mit dem Traumfisch, welcher bald wieder verschwand. Als es am nächsten Morgen die Augen aufschlug, sagte es klar und deutlich: „Ach, wiehabe ich gut geschlafen! Was für ein herrlicher Morgen! In der letzten Zeit habe ich so viel geträumt!“ Da wusste die Hexe, dass sie das Mädchen aus dem Griff des Traumreichs befreit hatte und übergab es seinen überglücklichen Eltern. Sobald das Kind aber alt genug dafür war, begann es seine Erlebnisse in der Traumwelt niederzuschreiben und wurde eine berühmteSchriftstellerin und Märchenerzählerin.
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„Keine Nacht ist kürzer als der längste Tag!“, fauchte der kleine schwarze Babydrache, als er langsam die Stiegen hinabkroch. „Nur noch einmal rechts abbiegen, dann geradeaus, dahinter liegt der dunkle Weg, dort will ich hin, denn wo es dunkel ist, da ist es am schönsten!“
Drachen aalen sich in der Suppe des Bösen, doch diesem Drachen war erst heute etwas widerfahren, was ihn daran hinderte, Böses zu tun. Und während er noch die Luft anhielt, tauchten unerwartete, unbekannte Gedanken in seinem Kopf auf: „Das Jahr des guten Drachen!“ oder „Die Wand bemalen und nicht zerstören!“ Und ohne weiter darüber nachzudenken, malte sein Feuer, sein Todeshauch, seine rußgeschwärzte Zunge ein schwarzes Herz an die Hauswand, ohne diese wesentlich zu zerstören.
Überrascht blickte er auf sein Werk, war es schwarzen Drachen doch von Grund auf verboten, Gutes zu tun. "Ein schwarzes Herz!", zischte er nachdenklich, „ein schwarzes Herz!" -
Eines Tages trafen sich Klippen und Berge einer fernen Insel zu einer Krisensitzung. „Wir sind die Schultern dieser Welt, aber niemand, niemand spricht darüber, jeder sieht uns als gegeben an!“, murrte ein Inselberg, dessen Rücken beinahe die Wolken erreichte. Der Satz war gesagt worden, hing zwischen den versammelten Klippen und Bergen im Raum, bewegte sich nicht weiter, blieb in der Zeit stehen.
Ein Mensch, dessen Herz für die Insel, für die Berge schlug, legte jeden Tag sein Ohr auf den nackten Felsen, um von dem fernen Wispern etwas mitzubekommen…
Irgendwann begann er an einer Übersetzung zu arbeiten, baute Werkzeug, ließ sich am Rand eines der Inselberge nieder und trieb Hammer und Meisel in einen der Berge, nicht ohne vorher im Gebet mit dem Berg darüber Einvernehmen hergestellt zu haben. Es entstanden Figuren, Gesandte der Berge, deren Aussehen so sehr variierte, wie deren Erscheinungsbild in der Wirklichkeit: Kleine Figuren, große Figuren, Figuren mit breiten Schultern, Figuren ohne Arme, doch alle, alle waren aus Fels gehauen und bereit die Welt auf ihren Schultern zu tragen… Komme was da wolle….
Weitere Menschen kamen, halfen, mehr und mehr Figuren wurden aus dem Berg geschält und ans Meer gebracht. Denn wie sollte eine Übersetzung besser verstanden werden, als direkt vor unseren Augen? Noch heute sind die Berge im Austausch darüber, wer sie denn seien. Doch zugleich wissen sie, dass es dem Menschenkünstler auf der fernen Insel sehr gut gelungen war, ihrem Wesen entsprechend Tribut zu zollen… -
Ein dunkelroter Sonnenball hob sich träge über den Rand eines dichten, dunkelgrünen Waldes und beleuchtete die kleine Gruppe einfach gebauter Holzhäuser eines unbekannten Landes. Als hätte die Sonne die Luft verdrängt, blies im gleichen Augenblick ein starker Luftschauer über das Dorf und das dahinter liegende Grasland und malte eigenförmige Muster zwischen die Ähren der blühenden Gräser. Die Muster wurden zu kleinen Abdrücken des „Nichts“ und erzählten auf diese Weise aus dem Leben des Windes. Ein alter, runzliger Kobold, der es sich während der Nacht auf dem Holzdach eines der Häuser bequem gemacht hatte, schlug überrascht die Augen auf. „Hmm, Sonne“ zischte er ärgerlich, konnte es aber nicht lassen, den Feuerball für einige Sekunden fasziniert anzustarren. Als er aus dem Inneren des Hauses, auf dessen Dach er die Nacht verbracht hatte, ein dumpfes Rumpeln und daraufhin ein eigentümliches Klopfen hörte, stand er auf. „Vielleicht wird es ein guter Tag, vielleicht aber auch ein schlechter“ brummte er, während er schwerfällig vom Dach stieg. „Ich glaube aber, dass es heute ein guter Tag werden könnte!“ murmelte er noch. Kurz darauf war er unter den dichten Grashalmen verschwunden. Eine junge, hübsche Frau öffnete die einfache Türe ihres Hauses, streckte sich ein wenig und blickte sich um. „Ein wunderbarer Morgen!“ flüsterte sie, während sie die Sonne bewunderte. Auf einer kleinen Bank neben ihrer Hütte, lag eine schlafende, schwarze Katze. Die Frau setzte sich vorsichtig, ohne das Tier zu wecken und streichelte sie. Die Katze ließ sich das gerne gefallen, streckte ihre Arme und Beine weit aus und öffnete schließlich schlaftrunken ihre Augen. Ein Kind streckte seinen Kopf aus der Tür der Hütte und blickte zu seiner Mutter. „Mama!“, fragte er, gibt es eigentlich ein Wunder? „Ob es ein Wunder gibt?“ Die Frau legte ihren Kopf etwas schief und dachte nach. „Komm, wir gehen ein Stück und versuchen, auf deine Frage eine Antwort zu finden!“ Sie hatte zwar noch keine Vorstellung davon, ob sie ihrem Sohn die „Wunder“ würde zeigen können, aber vielleicht fiel ihr ja unterwegs etwas ein. Zu ihrem eigenen Erstaunen begann das Wunder nur wenige Ellen von ihrer Hütte entfernt: 100erte Blütenblätter der unterschiedlichsten Farben waren hier von jemandem auf dem Weg verstreut worden. Nasdra – so hieß die Frau – nahm ihren jungen Sohn Imson an der Hand und gemeinsam setzten sie behutsam ihre Schritte über das Blütenmeer. Auf beiden Seiten des Weges standen zarte, winzig kleine weibliche Wesen, die aus unscheinbaren Körben Blütenblätter auf den Weg warfen. Dabei sangen sie Lieder in einer unbekannten Sprache, hielten sich an ihren winzigen Händen, drehten sich im Kreis und begleiteten Nasdra und Imson für eine kurze Zeit. „Äh“ flüsterte die Frau ihrem Sohn ins Ohr. „Das hier, das ist auch ein Wunder! Blütenfeen lassen sich nur selten blicken, vor uns Menschen verbergen sie sich normalerweise sowieso!“
Sie gingen weiter und ließen die Feen hinter sich. Nach kurzer Zeit führte sie der Fußweg an einem kleinen Bach entlang, bis sie ein dicht gewachsenes Erlenwäldchen erreichten. Doch kaum waren sie einige Ellen entlang des Wäldchens gegangen, da bemerkte die Frau, dass auf einigen Erlenstauden Laternen hingen, deren fahles, gelbrötliches Licht das Glas der Laternen von Innen leuchten ließ. Nasdra und Imson blieben erstaunt stehen, als sie bemerkten, dass knapp fingergroße, menschenähnliche Wesen auf den Ästen der Erlen saßen und sie anstarrten. Die Wesen schienen erfreut zu sein, sie zu sehen, zugleich war deren Verhalten schüchtern und vorsichtig. Eines der Wesen balancierte über einen Erlenzweig, bis es so nahe wie möglich bei der Frau stand. Nasdra beugte sich nach vorne, immerhin hielt das kleine Kerlchen einen winzigen Krug in der Hand und schien ihr etwas sagen zu wollen: „Wir, die Hüter des Erlenwäldchens möchten uns bei dir bedanken!“ Und bevor die Frau fragen konnte, wofür sie sich bedanken wollten, reichte das Wesen ihr den Krug, den sie gerade zwischen zwei Fingern halten konnte. „Trink das, es gibt dir die frische Energie gesunder Heidelbeeren!“ flüsterte das Wesen etwas beschämt, wie es ihr vorkam. Gleich danach drehte es sich um und kletterte zu den anderen zurück. Die Frau nahm einen Schluck aus dem Krug, und obwohl es nur wenige Tropfen waren, hatte sie das Gefühl, dass reine Energie in ihren Körper floss. „Das war ein weiteres Wunder!“ murmelte sie mehr zu sich als zu ihrem Sohn, während sie weitergingen.
Am Ufer des Flusses standen ein Zwerg und ein Halbling, sie kannte beide aus einigen, wenigen Begegnungen, als sie noch in ein Abenteuer verstrickt war zu einer Zeit, als sich Halblinge und Zwerge nicht besonders gut leiden konnten. Als sich Nasdra und Imson den beiden näherten, schien es, als würde der Zwerg den Halbling mit dem Ellbogen in die Hüfte stoßen, die beiden erröteten leicht, stimmten dann gemeinsam ein Lied an, wobei der Halbling auf einem schmalen, unförmigen Stück Holz mit einer Reibe auf und ab fuhr und auf diese Art Töne aus dem Holz hervorlockte. Der Text des Liedes handelte über eine Heldin der nahen Vergangenheit, die das Leben und die Welt der Zwerge und Halblinge verändert hatte.Als der Gesang langsam ausklang, holte der Zwerg hinter seinem Rücken einen Blumenstrauß hervor und überreichte ihn der „Heldin“. „Das ist für alles, was du für unsere Völker getan hast, wir haben uns nie richtig bei dir bedankt, durch deine Bemühungen hast du Morlin, den Zwerg und mich, den Halbling Rogumand Merogut, damals zusammengebracht und zu Freunden werden lassen, während unsere beiden Völker untereinander völlig zerstritten waren. Seitdem wird alles so, wie es nie war, nicht nur zwischen uns beiden, sondern auch zwischen den Halblingen und Zwergen der ganzen Region!“
Nun war es an der Frau zu erröten, sie blickte zu ihrem Sohn. „Hast du das alles …? Noch bevor Imson antworten konnte, traten Halbling und Zwerg zur Seite. Unter einem hohen Atlasbaum stand eine festlich gedeckte Tafel. Junge Zwergenfrauen liefen hin und her, brachten allerlei Früchte und Speisen in kleinen Schüsseln und Tellern herbei und stellten alles auf den Tisch. Am Ende der Tafel saß ein runzliger Kobold, der zu lächeln versuchte, was ihm aber nicht ganz gelang. „Ja, dein Sohn hat uns ein Zeichen gegeben, als ihr die Hütte verlassen habt, geplant haben wir das aber alle gemeinsam!“ sagte er schließlich. „Du hast nicht nur die Zwerge und Halblinge zu Freunden werden lassen, du hast auch – ohne es immer zu wissen – die Lebewesen dieser Gegend geehrt, du hast neue Blumen gepflanzt, den Bienen Nahrung gegeben, die Natur und ihre Schätze bewahrt, die Kobolde ihren Schabernack treiben lassen und .. und uns allen einfach immer ein gutes Gefühl gegeben. Wir lieben das und dich alle sehr!“ Kurz zögerte der Kobold, dann sagte er augenzwinkernd und schon beinahe lächelnd: „Und außerdem kochst du so gut, dass wir es dir nachmachen wollen! Aber da müssen wir noch so manches lernen… “ Nach diesen kleinen Ansprachen schauten alle voller Erwartung zu Nasdra, die einfach nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie hatte Tränen in den Augen. Schließlich drehte sie sich erst Imson, dann allen anderen entgegen und sagte: „Ich danke euch sehr, die Wunder, die Wunder sind vielleicht immer dort, wo man sie am wenigsten erwartet! Ich bin so glücklich!“ Dann umarmte sie erst ihren Sohn, dann den Zwerg, den Halbling und den Kobold, fuhr schließlich vorsichtig den Blütenfeen durch die Haare bis sie an der Tafel anlangten und mit dem Frühstück begannen… Nach und nach gesellten sich andere Bewohner der Wiesen, Haiden und Wälder dazu und feierten gemeinsam ein ausgelassenes Fest bis spät in die Nacht… -
Du sitzt in einem Flugzeug oder du liegst im Gras und beobachtest die Wolken. Doch weit gefehlt. Die Wolken, sie beobachten dich.
Wenn sich Wolken versammeln, dann werden sie zu „Einer einzigen Wolke“, „einer Wolkendecke“ oder – wie Menschen manchmal etwas achtlos meinen - „einer dunklen Wolkenfront“. Wolkenversammlungen sind wie Milchschaum, der durch Zufuhr von Hitze und Luft wachsen kann. Einzelne Bläschen bilden sich rund um einen Milchkern, die Unterhaltung findet durch das Bilden von Formen in Verbindung mit deren Bewegungen statt. Wolken schweben auf und nieder, links und rechts, weiten sich aus, bilden Türme, Muster, die wiederum Sinn in dem kollektiven Wolkenbewusstsein machen.
Was fragen sich Wolken und was passiert, wenn die Fragen so außergewöhnlich sind, dass Verwirrung unter den Wolken entsteht?
Hör rein und Du wirst Wolken nie mehr so sehen, wie Du sie bisher gesehen hast. -
Seit diese Welt aus unerfindlichen Gründen geboren war, drehte sich der Mond um seinen Mutterplaneten Erde. Doch eines Tages entdeckt der Mond auch andere Sterne in der weiten Ferne und eines Tages, motiviert durch einen frechen Kometen, begibt er sich auf die Reise dorthin.
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Einst waren 50 knallbunte Kaugummikugeln in einem Behälter gefangen. Die Sonne war ihr Vorbild, so beweglich, rund, goldgelb und strahlend wie sie war. Manchmal bekamen sie Besuch, von andersartigen Wesen. Eckig waren sie, diese Wesen, mit langen Armen, Beinen und Gesichtern und bunten Knopfaugen.
Die Sonne war ihr Vorbild, so beweglich, rund, goldgelb und strahlend, wie sie war.
Eines Tages bekamen sie Besuch von diesen eckigen Wesen mit ihren bunten Knopfaugen, die regelmäßig Münzen mit den Kaugummis tauschten.
"Diese Wesen stecken uns in ihren Mund, beißen rastlos auf uns ein, bis wir am Ende ähnlich grau werden wie ihre Gedanken!" -
Eine rot-gelbe Sonne stand bereits tief am Horizont - bald würde der Feuerball hinter den Bergen untergegangen sein und die Welt der aufkommenden Dämmerung überlassen haben. Ein letzter Lichtstrahl erreichte Marys freundliches Gesicht. Das Mädchen hatte es sich auf einer Holzbank, die im Garten ihres Elternhauses stand, gemütlich gemacht und blickte nachdenklich in die Ferne. Unweit des Gartens verlief ein Weg, der zu einer kleinen Ansiedlung führte, in der Marys Großmutter wohnte.
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In einem kleinen Dorf am Rand eines großen, geheimnisvollen Waldes lebte einst ein Mann namens Ursus. Er liebte den Wald, wie ein Bär, der gerne tagelang zwischen den Bäumen wandern ging und sich dabei an den Wolken des Himmels, am Rauschen der Blätter und dem Duft der Erde erfreute. Er hatte einen Freund, den er liebevoll „Piscis“ nannte
Die beiden Freunde verbrachten die meiste Zeit gemeinsam am Saum eines rauschenden Waldbachs und dachten sich fantasievolle Geschichten aus – denn diese Fantasie-Geschichten stehen immer eng in Verbindung mit der Natur, dem Wald, der Erde und der Luft: So erfanden sie gemeinsam die Welt der Wurzelbolde und der Trollgeister, der Lichtelben und des Traumfischs. Gleichzeitig sprachen sie auch viel über die Menschen: „Menschen sind eigentlich gedankenverlorene Gestalten, die in ihrem Leben wie in einem Traum umherwandeln“, sagte Piscis eines Tages zu Ursus.
„Hm… dann lass uns doch den Menschen dabei helfen, ihre wirkliche Welt wieder zu entdecken“, meinte Ursus und brummte zufrieden ob seiner Idee. So begannen sie Geschichten zu schreiben, in denen Menschen in einer Märchenwelt zu ihren wahren Bestimmungen fanden. Gemeinsam nannten sich die beiden „Ursus Piscis“ und schrieben seit jenem denkwürdigen Tag Geschichten über die Sehnsüchte der Menschen. Eines Tages traf Piscis auf einen begnadeten Vorleser, der sich selbst Avis nannte. Die Geschichten von Ursus Piscis hatten es ihm schon lange angetan und ihn in ihren Bann gezogen. Er war ein lebhafter Mensch, voll Energie, stets bunt gekleidet und bei genauer Betrachtung einem Vogel nicht unähnlich. Seine Stimme konnte die Herzen der Menschen berühren und deren Fantasie beflügeln. Seine Begeisterung für die Geschichten der beiden Freunde war so groß, dass er beim Vorlesen seine Zuhörer verzaubern konnte: Die Menschen tauchten dadurch noch viel tiefer in die Abenteuer der unbegreiflich schönen Welt von Ursus Piscis ein.