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Es gibt Menschen, die einen grossen Bogen um die Opern von Giacomo Puccini schlagen. Zu schwülstig, üppig. Kitschverdacht! Und tatsächlich lässt sich hier trefflich schwelgen. Im November jährt sich Puccinis Todestag zum 100. Mal.
Der so genannte Verismo, den Puccini als Komponist bedient und wo auch mal das ganze Orchester mit der sterbenden Sopranistin mitschluchzt, geht manchen zu nahe. Doch Puccini ist nicht so eindimensional wie ihn seine Verächter darstellen. Das zeigt sich im speziellen Fall seiner «Madama Butterfly» darin, wie ein Bemühen um Authentizität im Kolorit und der Melodik bemerkbar ist. Natürlich ist «Butterfly» dann eine italienische Oper geworden. Doch eine, in welcher gerade dieses Problem der kulturellen Aneignung Thema ist.
Benjamin Franklin Pinkerton, ein in Japan stationierter amerikanischer Marineoffizier, geht mit der als Geisha tätigen Adligen Cio Cio San eine Scheinehe ein, die diese jedoch für wahrhaftig hält. Für ihn ist Cio Cio San, alias Butterfly, nur ein exotisches Tier, ein Schmetterling, den man aufspiesst und damit ja tötet, um sich an seiner Schönheit zu ergötzen. Für Butterfly dagegen sind der Marineoffizier und seine Heimat Amerika der Traum einer besseren Welt. Sofort nach der Hochzeit reist Pinkerton nach Hause und kommt drei Jahre später nach Japan zurück. Mit seiner «richtigen» Frau, die er, während Cio Cio San auf ihn wartete, in den USA geheiratet hatte. Als Butterfly das erkennt, bringt sie sich um.
Puccini verwebt unterschiedlichste musikalische Idiome in seiner Oper, vor allem um den Gegensatz von westlicher und fernöstlicher Kultur hörbar zu machen. So kommt wie ein brutales Signal die heutige amerikanische Nationalhymne vor. Die japanische Färbung erreicht er in der Orchestrierung durch Instrumente wie Tamtams, also japanische Gongs, in verschiedenen Grössen oder japanische Glocken. Und mit einem erotischen Lied, das allerdings aus China stammt. Dieses ist das musikalische Thema der tragischen Titelheldin.
In einer halböffentlichen Diskothek diskutieren die Dirigentin Graziella Contratto und der Musikwissenschaftler Anselm Gerhard mit Benjamin Herzog Puccinis 1904 in der Mailänder Scala uraufgeführte Oper.
Erstsendung: 25.06.2022 -
Es ist eines der meistgespielten Werke des französischen Spätromantikers, und es ist ein recht ungewöhnliches Requiem: Auf dramatische Ausbrüche wie in den Requiems von W. A. Mozart oder G. Verdi wartet man vergebens.
Die Intensität ist bei Fauré nach innen gerichtet, sanfte und ätherische Klangwelten dominieren in dieser rund 40 Minuten langen Totenmesse. «Es besitzt den sanften Charakter, den auch ich habe», sagte der Komponist selber dazu. Und: «Man hat gesagt, dass es keine Angst vor dem Tod ausdrücke; jemand hat es ein ‹Wiegenlied des Todes› genannt. Doch so empfinde ich den Tod: als glückliche Befreiung, als Streben nach dem jenseitigen Glück eher denn als schmerzhaften Übergang.»
Der Komponist schrieb eine erste, klein besetzte Kammerfassung 1887-1888 nieder, überarbeitete sein Requiem jedoch noch zwei Male bis zur Fassung für grosses Orchester, Orgel sowie Bariton- und Sopran-Solo, welche erst 1900 uraufgeführt wurde. Sie hat sich dann aber im Konzertbetrieb durchgesetzt.
Gäste von Moritz Weber sind die Zürcher Sopranistin und Schauspielerin Claudia Dieterle und der Musikkritiker und Organist Peter Hagmann. -
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Jeweils in der letzten Diskothek-Ausgabe des Monats stellen wir die Gewinnerinnen und Gewinner der vorangegangenen Sendungen vor. Die in der Diskothek prämierten Interpret:innen und Ensembles treten hier auch mit anderem Repertoire oder in anderer Besetzung auf.
In diesem Monat:
- Joseph Horovitz: Konzert für Euphonium und Orchester
- Frédéric Chopin: Variationen über «Là ci darem la mano» op. 2
- Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 83 g-Moll «La poule» -
Die wohl exzentrischste der Pariser Sinfonie ist die Nr. 83 «La Poule». Die gackernde Oboe im ersten Satz hat ihr den Namen gegeben. Haydn liebte solche Anspielungen, kleine Witze, humorvolle Themen – und das französische Publikum frass ihm aus der Hand.
Haydn ist hier der intellektuelle Ironiker, die Sturm-und-Drang-Phase ist abgeschlossen. Und ja, das gackernde Seitenthema im ersten Satz, das der Sinfonie den Namen gegeben hat, könnte ironischer nicht sein, das unwillkürliche Fortissimo im Andante, das bukolische Menuett und dann schliesslich das Jagdfinale: Alles deutet auf einen neuen Stil hin, den Haydn dem internationalen Publikum in Paris serviert.
In der öffentlichen Diskothek im Musik- und Kulturzentrum Don Bosco in Basel hat Annelis Berger zwei Gäste geladen: Meret Lüthi, Geigerin und Leiterin des Ensembles «Les Passions de lÂme» und Christian Wildhagen, NZZ-Musikkritiker. -
W. A. Mozarts «Là ci darem la mano» ist das bekannte Duett, in welchem der Schwerenöter Don Giovanni die frisch verheiratete Bauernfrau Zerlina in sein Schloss lockt. Dem Opernfan Frédéric Chopin gefiel dies offenbar so gut, dass er einen Variationszyklus über diese eingängige Melodie komponierte.
Dieses Werk, sein op. 2, existiert in zwei Versionen: Als Konzertstück für Klavier und Orchester sowie als Klavier-Solokomposition. Es folgt formal dem klassischen Muster mit immer brillanter werdenden Veränderungen inklusive einer dramatischen Mollvariante. Chopin umrahmte das bravouröse Ganze jedoch mit einer improvisatorischen Einleitung und einer Polonaise als krönende Coda.
Dieses erste grössere konzertante Werk aus seiner Feder war und blieb auch später nicht nur eines seiner eigenen Lieblingsstücke, sondern es wurde auch vom Publikum und von der Kritik allseits euphorisch aufgenommen. Der Komponist und Musikjournalist Robert Schumann schrieb später in seiner Rezension dieses Stücks: «Hut ab, ihr Herren, ein Genie».
Chopin widmete dieses Herzensstück seinem «Leben», seinem geliebten Tytus Woyciechowski, dem er ausserdem während Jahren zahlreiche briefliche Liebeserklärungen schickte wie «ich liebe nur Dich» oder «nur Du hast Macht über mich». Anfang September 1828, als er sein op. 2 bereits in den Druck gegeben hatte, schrieb er ihm: «Über die Variationen habe ich (vielleicht zu kühn) Deinen Namen gesetzt. (Das Herz wollte es so, die Freundschaft verbot es nicht, und Du, nimm es mir nicht übel). [...] Nochmals Küsse - Küsse.» Und der pianistisch begabte Tytus nahm diese Widmung freudvoll an mit den Worten: «J'accepte avec plaisir».
Zum 175. Todestag des polnischen Nationalkomponisten am 17. Oktober vergleichen wir zum ersten Mal in der Diskothek unterschiedliche Aufnahmen dieses frühen Meisterwerks des 17-Jährigen Chopin. Die Gäste von Moritz Weber sind der Schweizer Pianist Christian Chamorel und der Musikjournalist Christian Wildhagen. -
Das Euphonium, die kleine Schwester der Tuba, ist bislang als Soloinstrument weitgehend unbekannt geblieben. Erst im 19. Jahrhundert wurde es von Alphonse Sax, dem Erfinder des Saxophons, entwickelt.
Ein bedeutender Beitrag zur Etablierung des Euphoniums gelang dem österreichisch-englischen Komponisten Joseph Horovitz. Sein Konzert für Euphonium entstand 1972 für den Galaabend des prestigeträchtigen National Brass Band Festivals in der Royal Albert Hall in London. Der Erfolg dieses Konzerts ebnete dem Euphonium den Weg in die Konzertsäle.
In der Diskothek stehen nun fünf Interpretationen von Joseph Horovitz Euphoniumkonzert zur Diskussion - sowohl Versionen mit Brassband als auch mit Sinfonieorchester. Als Gäste begrüsst Eva Oertle den jungen Euphoniumspieler und Schweizer Finalisten des «Eurovision Young Musician» Wettbewerbs Valerian Alfaré sowie den Tessiner Dirigent Carlo Balmelli.
Erstausstrahlung: 12.08.2024 -
Jeweils in der letzten Diskothek-Ausgabe des Monats stellen wir die Gewinnerinnen und Gewinner der vorangegangenen Sendungen vor. Die in der Diskothek prämierten Interpret:innen und Ensembles treten hier auch mit anderem Repertoire oder in anderer Besetzung auf.
In diesem Monat:
- Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 5 (zum 200. Geburtstag)
- Arnold Schönberg: Pierrot lunaire (zum 150. Geburtstag)
- Robert Schumann: Klavierquintett Es-Dur op. 44
- Iannis Xenakis: Werke für Tasteninstrumente -
Die Solowerke für Klavier «Herma» und «Mists», dazu das Cembalostück «Khoaï» von Iannis Xenakis: Das ist Musik wie ein Klangstrudel, voller brodelnder Energie – durchaus überfordernd für die Interpretin, aber mitreissend für das Publikum, dessen Ohren dennoch weder frustriert noch betäubt werden.
Die Pianistin Asia Ahmetjanova und die Musikwissenschaftlerin Doris Lanz diskutieren über verschiedene Möglichkeiten, wie man mit diesen archaischen Urkräften umgehen könnte. -
Er hat die Gattung Klavierquintett erfunden: Robert Schumann. 32-jährig widmete er das erste Klavierquintett der Musikgeschichte, sein op. 44, seiner jungen Frau Clara. «Wunderschön und voller Kraft» fand sie es, und es blieb zeitlebens eines ihrer Lieblingsstücke.
1842 war die Geburtsstunde dieses Klavierquintetts in der Besetzung zwei Violinen, Viola, Cello und Klavier. Es entstand in Schumanns sogenanntem «Kammermusikjahr», denn 1842 hat er fast ausschliesslich Kammermusik komponiert. Seine Frau Clara liebte das ihr gewidmete Stück sehr und führte es oft selbst in ihren Konzerten auf. Sogar Richard Wagner lobte das Klavierquintett, obwohl er sich sonst eher abschätzig über Schumanns Musik äusserte.
Das op. 44 ist äusserst beliebt beim Publikum, und auch bei Musikerinnen und Musikern. So wundert es nicht, dass es zahlreiche Aufnahmen von diesem Werk gibt. Jenny Berg vergleicht mit ihren beiden Gästen, der Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer und dem Pianisten Oliver Schnyder, fünf überwiegend neuere Einspielungen.