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  • Die richtige Haltung ist heute ein Statussymbol, sagt der Philosoph Philipp Hu?bl. In seinem neusten Buch «Moralspektakel» schreibt er gegen Tugendprotzerei an und verteidigt dennoch universelle Werte. Ob das gut gehen kann?

    Eigentlich ginge es in der Moral um Werte und Normen und darum, was zu tun ist, um eine gerechtere Gesellschaft und Weltordnung zu erschaffen und friedlich zusammenzuleben. Doch wenn heute der Begriff «Moral» fällt, denken viele eher an die Frage, ob sich Kinder noch als Indianer verkleiden dürfen, ob man gendern muss und ob Denkmäler von Staatsmännern, die nachweislich in den Kolonialismus verstrickt waren, entfernt werden sollen. Viele dieser Fragen sind längst zur Symbolpolitik geworden, sagt der Philosoph und Bestsellerautor Philipp Hübl. Mit negativen Folgen: Die Wurzeln von Unrecht packe man mit solchen Debatten nämlich nicht an. Die Moral werde stattdessen zu einem Spektakel degradiert, in dem es den meisten mehr ums eigene Image statt um die Sache geht. Schüttet Hübl damit das Kind nicht mit dem Bade aus? Und welche Moral braucht es, wenn die Welt gerechter werden soll? Barbara Bleisch trifft den Philosophen, der in diesen Tagen mit dem Tractatus-Preis ausgezeichnet wird, zum Gespräch.

  • Satiriker und Philosoph Florian Schroeder weiss, wovon er spricht, wenn er über das Böse schreibt: Sein Vater war ein verurteilter Straftäter. Von der Kategorie des Bösen hält er dennoch wenig: Sie dämonisiert das Gegenüber, statt es zu verstehen. Ein Gespräch über Widersprüche, Wahnsinn und Humor.

    Wenn die Welt in schwarz und weiss eingeteilt wird, erlebt das Böse eine Renaissance. Und böse sind immer die anderen, sagt Florian Schroeder. Der bekannte Comedian, der so viele Menschen zum Lachen bringt, will das Böse verstehen und traf für sein Buch Psychologinnen, Sexualstraftäter, jugendliche Schläger und einen Mann, der ein Doppelleben führte.

    Schroeder plädiert für Nachsicht und ist sich sicher, dass niemand von Grund auf böse ist, sondern die Umstände es sind, die jemanden falsch handeln lassen. Doch soll und kann man wirklich jede Gräueltat verstehen? Heisst verstehen nicht fast schon entschuldigen? Und wie weit reicht sein Verständnis, wenn menschenverachtende Parolen verbreitet werden?

    Barbara Bleisch spricht mit Florian Schroeder über die Kunst des Verstehens und ihre Grenzen und darüber, was Comedy mit Verstehen zu tun hat.

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  • Schmerzen, Einsamkeit, Abhängigkeit – Älterwerden kann hart sein. Aber das Alter schenkt auch Dankbarkeit und Zufriedenheit, meint die bekannte Literaturkritikerin Elke Heidenreich. Mit Yves Bossart spricht sie über ihr turbulentes Leben, über die allgemeine Weltlage und das Glück des Älterwerdens.

    Die «Literaturpäpstin» und Bestsellerautorin Elke Heidenreich hatte ein bewegtes Leben. Als Kind wurde sie von ihrer Mutter geschlagen und vernachlässigt. Hinzu kam eine schwere Lungenkrankheit. Die Bücher waren ihre Zuflucht, ihr Trost. Später überlebte sie eine Krebserkrankung und zwei Scheidungen. Heute schaut sie mit 81 Jahren auf ihr Leben zurück und empfindet vor allem eines: Dankbarkeit.

    Mit Yves Bossart spricht die vielfach preisgekrönte Literaturkritikerin, Autorin und Moderatorin über Zufriedenheit im Alter, über Einsamkeit, Affären und den Tod.

  • Ein Kuss, ein Erfolg, ein Lottogewinn: Das Leben kann pures Glück sein. Doch auch das Gegenteil gehört dazu: Verlust, Krankheit und Tod. Wie aber hängen Freud und Leid zusammen? Und wie weiter nach dem Schicksalsschlag? Eine «Sternstunde der Nacht» zum Auf und Ab des Lebens.

    Das Leben ist oft beides: Himmel und Hölle zugleich. Da sind all die Kriege, das Elend, die Katastrophen. Gleichzeitig gibt es diese wundervollen Glücksmomente: das Lächeln eines Kindes, die neue Liebe, ein medizinischer Durchbruch. Wie hängen diese Gegensätze des Lebens zusammen? Braucht es Leid, um wahres Glück zu empfinden? Und wie verändern Schicksalsschläge den Blick auf das eigene Leben, auf die Welt als Ganzes?

    Olivia Röllin und Yves Bossart begeben sich auf die Achterbahn des Lebens und sprechen in der Sendung «Sternstunde der Nacht» mit ihren Gästen über Freud und Leid, unverhofftes Glück und tragische Schicksalsschläge.

    Gäste:
    – Thomas Zurbuchen, Astrophysiker und ehemaliger Wissenschaftsdirektor der Nasa;
    – Verena Kast, Psychologin und Psychoanalytikerin;
    – Werner van Gent, Korrespondent und ehemaliger Kriegsreporter;
    – Dabu Bucher, Sänger von Dabu Fantastic;
    – Susanne Schmetkamp, Philosophin und Ethikerin;
    – Farah de Tomi, Auswanderin und Tierschützerin; und
    – Alex Oberholzer, Filmkritiker und Buchautor.

  • Und, an wem haben Sie sich zuletzt gerächt? Über Rache spricht man nicht gern. Dennoch ist sie überall. Auch und gerade in unseren modernen Gesellschaften. Der Philosoph Fabian Bernhardt spricht über die wahre Macht der Rache – und ihre entscheidende Bedeutung für die gegenwärtige Politik und Moral.

    Kein Mensch, der sie nicht schon einmal verspürt hätte: die Lust, sich an jemandem zu rächen. Für eine erlittene Kränkung, Ungerechtigkeit, Zurücksetzung. Doch wehe, man wagt es, die Gerechtigkeit tatsächlich in eigene Hände zu nehmen. Kein Gefühl wird konsequenter geschmäht als die Rache. Sie gilt als blind, asozial, zerstörerisch. Tatsächlich, so analysiert der Philosoph Fabian Bernhardt in seinem Buch «Rache – Über einen blinden Fleck der Moderne», zeichnen sich unsere modernen Gesellschaften durch eine Tabuisierung der Rache aus.
    Doch hat Rache nicht auch gute Seiten? Wäre der Drang, sich zu rächen, gar der Ursprung moralischen Empfindens? Wie sähe eine menschliche Existenz aus, die ganz auf Rache verzichten wollte? Erleben wir derzeit, durch Krieg und Populismus, gar eine Rückkehr der Rache in den politischen Diskurs? Wenn ja, mit welchen Folgen, Gefahren, Möglichkeiten? Im Gespräch mit Wolfram Eilenberger legt Fabian Bernhardt die wahre Macht und Bedeutung der Rache für unser Zusammenleben frei.

  • Endlich Urlaub: einen Gang runterschalten, durch den Wald wandeln, dem Meeresrauschen lauschen. Die Sehnsucht nach Ruhe scheint derzeit ein geradezu gesellschaftsprägender Wunsch. Wie kommt das? Und was macht wahre Ruhe aus? Die Diskussion am Philosophischen Stammtisch.

    Nichts ist schöner, als endlich seine Ruhe zu haben: vor dem zerzausten Alltag, der permanenten Überforderung, den Anforderungen und Wünschen der anderen. Gerade in der Urlaubszeit gilt Ruhe mittlerweile als eigentliches Erholungsziel. Doch wo wird sie am besten gefunden oder erlangt? Und was wäre eigentlich das Gegenteil von Ruhe: Lärm? Hektik? Selbstverlust?

    Wo die einen ihre Ruhe mit unberührter Natur und terminlosen Tagen verbinden, streben andere durch Meditation und Yoga nach Sammlung und Seelenruhe. Welche Verbindung, wenn überhaupt, besteht zwischen innerer und äusserer Ruhe? Sind wahrhaft ruhige Menschen die wachsten und handlungsstärksten von allen? Oder hat totale Ruhe nicht immer auch etwas von Leere, Sinnlosigkeit, gar Todesnähe?

    Inmitten einer in neue Unruhe geratenen Welt diskutieren Barbara Bleisch und Wolfram Eilenberger diese Fragen mit der Kolumnistin und Bestsellerautorin Nina Kunz sowie Marcel Steiner, Theologe und Zen-Lehrer.

  • Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner findet, man sollte mehr über unsere Gefühle sprechen, auch in der Politik. Sie fordert ein Ministerium der Liebe und mehr konstruktiven Journalismus. Mit Yves Bossart spricht sie über Gefühlspolitik, den Klimawandel und mögliche Auswege aus der Dauerkrise.

    Gefühle sind die Grundlage unseres Handelns und Denkens, meint Maren Urner. Darum sollte sich die Politik viel stärker mit unseren Emotionen beschäftigen. Maren Urner ist Neurowissenschaftlerin, Bestsellerautorin und Professorin für Medienpsychologie in Köln. 2016 hat sie das Online-Magazin «Perspective Daily» gegründet, das erste deutschsprachige Online-Magazin für «Konstruktiven Journalismus». Mit Yves Bossart spricht sie über guten Journalismus, gefühlsbetonte Politik und wirkungsvollen Klimaschutz.

  • Kieran Setiya ist erfolgreicher Philosophieprofessor und glücklicher Familienvater – und hat chronische Schmerzen. Ein Rezept gegen das tägliche Leiden sieht er in der Philosophie: Sie lehrt ihn, dass ein glückliches Leben nicht dasselbe ist wie ein gutes Leben. Das Gespräch führt Barbara Bleisch.

    In seinem sehr persönlichen Buch «Das Leben ist hart» denkt der Philosoph Kieran Setiya über philosophische Rezepte nach, wie mit Schmerz, Angst und Frustration, aber auch mit Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit umzugehen ist. Billige Trostmanöver weist er kategorisch zurück: «Das wird schon wieder!» oder «Alles hat seinen Grund!» hält er für unzulängliche und sogar verletzende Rezepte, um mit den Schwierigkeiten des Lebens zurechtzukommen. Vielmehr plädiert er für eine Praxis des Leidens und Trauerns und für die Einsicht, dass es viele verschiedene Möglichkeiten gibt, ein gutes Leben zu führen – gerade auch angesichts der Tatsache, dass tiefe Gefühle ohne Risiko meist nicht zu haben sind. Barbara Bleisch wirft mit Kieran Setiya einen Blick auf die Grautöne des Lebens und entdeckt darin eine andere Qualität von Farbigkeit.

  • Noten und Hausaufgaben abschaffen, Handys und ChatGPT verbieten? Die Schulen kämpfen mit neuen Herausforderungen, von Integration über Bürokratie bis zum Leistungsdruck. Sind unsere Schulen noch zeitgemäss? Yves Bossart im Gespräch mit dem streitbaren Erziehungswissenschaftler Roland Reichenbach.

    Die Stadt Luzern will die Schulnoten abschaffen. Andere finden, die Hausaufgaben und das Langzeitgymnasium müssten eigentlich weg. Bildung ist wie Fussball: alle reden mit, alle wissen es besser. Aber was hilft wirklich? Wie sieht der Schulunterricht in PISA-Musterländern wie Finnland und Singapur aus? Wie werden Kinder auf eine dynamische Welt vorbereitet? Und was haben Platon, Humboldt und Konfuzius damit zu tun? Darüber spricht Yves Bossart mit dem renommierten Bildungsforscher Roland Reichenbach, Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich.

  • Sie ist derzeit die wichtigste und erfolgreichste Popkünstlerin der Welt: Was sagt uns das Phänomen Taylor Swift über unsere Gegenwart? Den Zustand des Feminismus? Amerikas Zukunft? Christine Lötscher und Jörn Glasenapp gehen dem Phänomen aus kulturwissenschaftlicher Sicht auf den Grund.

    Was will Taylor Swift? Und was verbinden hunderte Millionen „Swifties weltweit mit ihr? Kein Verkaufsrekord, den die heute 34-jährige Amerikanerin nicht gebrochen, kein Superlativ, den sie nicht erneuert, keine Auszeichnung, die sie nicht gleich mehrmals abgeräumt hätte. Stand 2024 ist „Taylor Swift mehr als nur eine genial begabte Musikerin. Sie ist eine globales Pop-Phänomen. Ja, eine eigene kulturelle Bewegung. In Gestalt von Swifts bahnbrechender „Eras-Tour zieht sie derzeit durch Europa.
    Ist Swift die zeitgemässe Verkörperung eines selbstbewussten Feminismus? Oder repräsentiert sie im Gegenteil einen bedauerlichen Rückschritt in Sachen Emanzipation? Sind ihre Songs als vertonte Kurzgeschichten nur banal – oder schlicht genial? Steht sie gar für eine neue politische Utopie der USA jenseits bekannter Spaltungen und Codes?
    Das kulturelle Grossphänomen Swift auf seiner Relevanz für unsere Gegenwart zu befragen, lädt Wolfram Eilenberger die in Zürich lehrende Medienwissenschaftlerin Christine Lötscher, sowie den Bamberger Kulturwissenschaftler Jörn Glasenapp, Autor des Buches „100 Zeilen Taylor Swift (2024), in die Sternstunde Philosophie ein.

  • Er ist ein Superstar der Literatur und seine Bücher liefern immer neuen Stoff für Hollywood: Ian McEwan, einer der bekanntesten Schriftsteller unserer Zeit, der die Abgründe menschlichen Lebens und Liebens schonungslos ausleuchtet und ihre ganze Widersprüchlichkeit zeigt.

    Vielfach verfilmt mit Stars wie Keira Knightley, Anthony Hopkins und Emma Thompson, begeistern McEwans literarische Werke seit Jahrzehnten ihr Publikum. Sie sind von der Ambivalenz der menschlichen Erfahrung geprägt und von den Lehren, die das Leben erteilt. So auch sein 2022 erschienenes und wohl persönlichstes Buch «Lektionen», das die ganze Bandbreite menschlichen Lebens abbildet und eng mit der Biografie des Briten verwoben ist. Am Ende bleibt immer die Frage: Was ist ein gelungenes Leben? Und gibt es das überhaupt?
    Als Schriftsteller äussert sich Ian McEwan oft politisch, wobei er auch die Sehnsucht kennt, sich angesichts der dramatischen Weltlage «ins Innere des Wals» zurückzuziehen, wie George Orwell schrieb und Ian McEwan es in seinem neusten Essay diskutiert. Darf man sich der politischen Verantwortung entziehen – und kann man es im digitalen Zeitalter überhaupt noch? Barbara Bleisch spricht mit Ian McEwan über Familiengeheimnisse und menschliche Schuld, über die Lasten und Freuden des Lebens und über sein Dasein als Schriftsteller.

  • Will ich Kinder haben? Diese Frage belastet junge Menschen zunehmend. Und wenn das Kind dann da ist, fängt der Erziehungsstress an. Man möchte perfekte Eltern sein. Ein Gespräch über Elternschaft und Erziehung, mit der Philosophin Simone Miller und dem Erziehungsexperten Philipp Ramming.

    Erziehung heisst scheitern lernen. Davon ist Philipp Ramming überzeugt. Er ist langjähriger Kinder- und Jugendpsychologe und Erziehungsratgeber. Viele Eltern hätten heute zu hohe Erwartungen und würden ihre Kinder überbehüten, findet Ramming. Aber stimmt das? Was heisst es, gute Eltern zu sein? Und was ist eigentlich das Ziel von Erziehung? Über diese Fragen diskutiert Yves Bossart anlässlich des Muttertags mit Simone Miller, Philosophin, Journalistin bei Radio Deutschlandfunk Kultur und Mutter von zwei kleinen Kindern. Und mit Philipp Ramming, Kinder- und Jugendpsychologe und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

  • Das Misstrauen gegen Politik, Medien und Wissenschaft wächst. Zugleich werden extremistische Positionen immer salonfähiger, von Rechtspopulismus bis zu Verschwörungstheorien. Was steckt dahinter? Yves Bossart spricht mit der Extremismus-Expertin Julia Ebner und dem Schriftsteller Karl-Heinz Ott.

    Julia Ebner berät zahlreiche Regierungen und Geheimdienste, die EU ebenso wie die UNO im Umgang mit Radikalisierung, Terrorismus und extremistischer Gewalt. Sie hat sich für ihre Recherchen monatelang inkognito unter Nenazis, Dschihadisten und Coronaleugner gemischt. Ebner meint, Radikalisierung sei längst kein Randphänomen mehr, sondern habe die Mitte der Gesellschaft erreicht, auch durch Soziale Medien wie TikTok oder Telegram. Karl-Heinz Ott befasst sich als Philosoph und Schriftsteller mit reaktionären Ideen und ihren Vordenkern, etwa mit dem einflussreichen Staatsrechtler Carl Schmitt, der als Kronjurist des Dritten Reiches gilt. Yves Bossart spricht mit den beiden Experten über den Aufstieg des Rechtspopulismus, über die zunehmende Radikalisierung der Gesellschaft und über mögliche Auswege.

  • Vor 300 Jahren wurde der grösste Revolutionär des menschlichen Geistes geboren. Sein Name: Immanuel Kant. Seine Mission: Aufklärung. Seine Wirkung: weltverändernd. Der Philosoph Marcus Willaschek erklärt die Wichtigkeit Kants für die Krisenzeit.

    Ist die Würde des Menschen unantastbar? Was bedeutet es, wirklich selbstbestimmt zu handeln? Und leben wir eigentlich in einem Zeitalter der Aufklärung?

    Kernfragen des Werks von Immanuel Kant (1724-1804). Kants kritische Denkart prägt die Kultur bis heute tief: in Politik, Moral, Religion und Wissenschaften. Sie gibt selbst in kriegerischen Konflikten letzte Orientierung, wie etwa in der Ukraine oder im Nahen Osten. Andererseits scheinen die Ideale seiner Aufklärung derzeit besonders bedroht: durch Demokratiekrise, aufkommenden Fanatismus, aggressive Denkfaulheit. Sind Kants Einsichten am Ende nur wolkiges Gerede? Oder nicht doch der einzig vernünftige Weg für eine globalisierte Welt? Und wie kann es sein, dass einer der fortschrittlichsten Denker seiner Zeit dennoch rassistische Vorurteile lehrte?

    Was Mut zur Aufklärung wirklich bedeutet, und warum er gerade heute so wichtig ist, erkundet Wolfram Eilenberger zum 300. Geburtstag Kants im Gespräch mit dem Philosophen und Kant-Forscher Marcus Willaschek.

  • «Das war ein produktiver Tag!» Wer das sagt, blickt meist zufrieden auf sein Tagwerk. Doch was meint er damit genau? Heisst produktiv zu sein notwendig auch, etwas zu leisten? Und weshalb wird Produktivität in der modernen Arbeitswelt so oft zur Falle?

    Hans Rusinek und Hannah Schragmann sind beide jung, erfolgreich und ungemein produktiv: Beide haben einen Philosophieabschluss in der Tasche, haben Bücher über die moderne Arbeitswelt geschrieben und sind sowohl in der Wissenschaft als auch in der Privatwirtschaf tätig. Und beide sind der Ansicht: Arbeit und Leistung müssen angesichts der um sich greifenden Erschöpfung und der Klimakrise neu gedacht werden. Zentral dafür: Der Begriff der Produktivität. Während in der Wirtschaft damit meist Effizienzsteigerung gemeint ist, bedeutete «Produktivität» ursprünglich ein Schöpfen aus sich selbst, eine Form der Selbstwirksamkeit. Hannah Schragmann plädiert dafür, in der Arbeitswelt an diesen alten Begriff von Produktivität anzuknüpfen. Und Hans Rusinek, auch Fellow beim Club of Rome, begleitet Unternehmen auf ihrem Weg zu einer neuen Arbeitskultur. Ein erster Schritt für ihn: «Jours fixes» aus der Agenda verbannen und Freiräume schaffen für Vertiefung. Barbara Bleisch trifft die beiden jungen Philosophen zum Gespräch.

  • Durch Manifestieren sollen wir uns Liebe, Geld und Erfolg herbeiwünschen können, wenn wir nur fest daran glauben. Zahlreiche Prominente wie Jim Carrey oder Bella Hadid schwören darauf. Was steckt hinter dem spirituellen Trend? Alles nur Humbug? Oder ist Manifestieren vielleicht das «moderne Gebet»?

    Manifestieren funktioniert wie eine «Bestellung beim Universum». Man versucht durch die Kraft der Gedanken in die richtige Schwingung zu kommen und so das Gewünschte anzuziehen. Denn laut dem sogenannten «Gesetz der Anziehung» zieht sich Gleiches und Gleiches an. Plötzlich werden Traumpartner, Traumwohnung oder Traumgehalt zur Realität. Tiktok-Videos mit Manifestations-Anleitungen gehen viral, insbesondere unter jungen Menschen.
    Woher kommt dieses neue Bedürfnis nach Kontrolle und Transzendenz? Wo liegen die Grenzen zur Kunst des positiven Denkens? Und wo hört der Spass auf? Olivia Röllin und Yves Bossart sprechen mit Ann-Kristin Tlusty, Kulturwissenschaftlerin, Psychologin und Redakteurin «Zeit Online», mit Manuel Schmid, Theologe, Philosoph und Co-Leiter reflab.ch, und mit der Schauspielerin und Moderatorin Melanie Winiger, die regelmässig manifestiert und behauptet, so ihren Traummann gefunden zu haben.

  • Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse ist besorgt: Im Kontext der Debatte um den Gazakrieg sage man lieber nichts mehr über Israel, statt sich den Mund zu verbrennen. Diese Duckmäuserei führe aber nicht zu politischem Fortschritt, sondern zum Zerfall der Öffentlichkeit.

    Die Klage über das vergiftete Diskursklima gehört mittlerweile zum Grundbestand der Gegenwartsdiagnosen. Auch die vielfach preisgekrönte Bestsellerautorin Eva Menasse zeigt sich besorgt und warnt vor der Fragmentierung des öffentlichen Raums in einer Digitalmoderne, die von «Brachialvereinfachung» und «Hetzmeuten» dominiert sei. Als eine der Sprecherinnen des PEN Berlin ist sie insbesondere um die Kunst- und Meinungsfreiheit besorgt. Aberkannte Preise, abgesagte Ausstellungen und ausgeladene Gäste würden auf den ersten Blick das beruhigende Gefühl vermitteln, etwas gegen Antisemitismus, Rassismus oder Transfeindlichkeit getan zu haben. Gegen die Polarisierung bringe das jedoch nichts – im Gegenteil. Vielmehr sieht sie darin einen Bekenntniszwang am Werk, der Ausdruck sei des «würgenden Wunsches, auf der garantiert richtigen Seite zu stehen». Das Resultat: Symbol- statt Sachpolitik. Aber wo verlaufen die Grenzen der Redefreiheit? Und was lässt Menschen einander so missverstehen? Barbara Bleisch hakt nach.

  • Gesellschaftliche Debatten drehen sich zunehmend um Identität. Es geht um Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft und sexuelle Orientierung. Was ist von dieser Identitätspolitik zu halten? Und woher kommen ihre Grundideen? Darüber spricht Yves Bossart mit dem Politikwissenschaftler Yascha Mounk.

    Rechtspopulismus und Identitätspolitik hängen eng zusammen. Das meint der in den USA lehrende Politikwissenschaftler Yascha Mounk. In seinem neuen Buch «Im Zeitalter der Identität. Der Aufstieg einer gefährlichen Idee» analysiert er die Ursprünge und Auswirkungen dessen, was gerne als «woke» bezeichnet wird. Strömungen wie die Postmoderne, der Postkolonialismus und die «Critical Race Theory» hätten massgeblich dazu beigetragen, dass Kategorien wie Identität und Gruppenzugehörigkeit politisch wichtiger geworden sind, Wahrheit und Universalismus dagegen an Glaubwürdigkeit verloren haben. Mounk zufolge bedroht diese Entwicklung die liberale Demokratie, befeuert die gesellschaftliche Spaltung und schränkt die Redefreiheit ein. Aber stimmt das? Yves Bossart spricht mit dem in Deutschland aufgewachsenen Politikwissenschaftler über die Ursprünge und Folgen der Identitätspolitik.

  • Handyfreie Zonen, Apps für bildschirmfreie Zeiten, Digital Detox, um ganz zur Ruhe zu kommen. Haben wir einen schlechten Umgang mit unserem liebsten Spielzeug? Oder sind wir süchtig oder gar vergiftet? Der philosophische Stammtisch hakt nach.

    Als der Bestsellerautor Rolf Dobelli vor ein paar Jahren verkündete, er konsumiere keine News, ging ein Schrei der Entrüstung durch die Öffentlichkeit. Dabei plädierte er nicht für den totalen Rückzug, sondern für die Lektüre von Büchern und vertiefenden Hintergrundartikeln, um das Zeitgeschehen zu verstehen. Dass das pausenlose Scrollen durch News, Push-Nachrichten und TikTok-Videos uns nicht bildet, sondern ermüdet, ist längst erkannt. Nur steckt in unseren Smartphones mittlerweile unser halbes Leben. Bahnticket und Fahrplan, Zahlungsmittel und Kamera, Kalender und Adressbuch. Nur mal schnell schauen, ob man einen Schirm mitnehmen muss? Schon wieder zwanzig neue Mails entdeckt. «Reizüberflutung»: das neue Codewort.
    Brauchen wir digitale Manieren? Mehr Selbstkontrolle? Staatliche Regulierung? Oder gar «Digital Detox»? Und was verrät dieser Diskurs über unser Verhältnis zur Technologie? Am philosophischen Stammtisch diskutieren Wolfram Eilenberger und Barbara Bleisch mit Rolf Dobelli und dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen.

  • Wenn wir die Klimakrise überstehen möchten, dann braucht es ein radikal neues Denken und Fühlen. Das meint der nigerianische Philosoph und Psychologe Bayo Akomolafe. Warum uns Spiritualität dabei helfen kann, die diversen Krisen ganz anders zu sehen, verrät er im Gespräch mit Yves Bossart.

    Menschen der Moderne sind in einer tödlichen Logik gefangen, die es zu durchbrechen gilt, meint Bayo Akomolafe. Der nigerianische Psychologe und international gefragte Redner glaubt, wir müssen einen neuen Umgang mit der Natur lernen, ihr wieder zuhören und uns berühren lassen. Dazu müssen wir die Natur und den Menschen neu denken, als vielschichtige Prozesse, die alle miteinander verbunden sind. Akomolafe bezieht sich dabei auf die westafrikanische Weisheitstradition der Yoruba, aber auch auf feministische Materialistinnen wie Donna Haraway, die starre Konzepte durchbrechen und Gegensätze überwinden möchte.

    Yves Bossart spricht mit dem spirituellen Denker über mögliche Auswege aus der krisenhaften Moderne und fragt, warum jeder Tod ein Neuanfang bedeutet.