Bölümler

  • Am 1. September wählt Sachsen einen neuen Landtag. Mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs laden die drei großen Regionalzeitungen Sächsische Zeitung, Leipziger Volkszeitung und Freie Presse zur großen Debatte. Im Dresdner Stromwerk treffen die sieben Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Parteien mit den größten Aussichten auf einen Einzug ins Parlament aufeinander. In dieser Sonderfolge des Podcasts "Politik in Sachsen" gibt es das große Wahlforum in voller Länge noch einmal zum Anhören.

    Die eigeladenen Politikerinnen und Politiker stellen sich auf dem Podium den Fragen der beiden Chefredakteurinnen Annette Binninger und Hannah Suppa (SZ und LVZ) sowie des Chefredakteurs Torsten Kleditzsch (Freie Presse). Knapp zwei Stunden lang werden vier Themenblöcke nacheinander abgearbeitet und dabei um die besten Argumente gerungen.

    Analyse: So lief das Wahlforum vor der Landtagswahl in Sachsen
    Klima und Energie, Krieg und Frieden, Schule und Bildung sowie innere Sicherheit, Migration und Integration - darum dreht sich die Debatte. Für die Politikerinnen und Politiker gibt es dabei klare Regeln sowie gerechte Zeitlimits für ihre Antworten. Außerdem wird in speziellen Vertiefungsrunden mit einzelnen Teilnehmern der Runde diskutiert.

    Und so setzt sich das Podium zusammen:

    - Michael Kretschmer (CDU)
    - Jörg Urban (AfD)
    - Petra Köpping (SPD)
    - Sabine Zimmermann (Bündnis Sahra Wagenknecht)
    - Katja Meier (Bündnis 90/Grüne)
    - Susanne Schaper (Linkspartei)
    - Robert Malorny (FDP)

    Die Veranstaltung fand am 8. August statt. In diesem Podcast ist ein Mitschnitt der Debatte zu hören.

  • Wie umgehen mit der AfD? Diese Frage beschäftigt nicht nur Politiker, Parteien, Arbeitgeber oder Verbände. Auch die katholischen Bischöfe in Deutschland haben sich vor Kurzem deutlich dazu positioniert. Ihr klares Fazit: Die AfD sei für Christen nicht wählbar. Die Bischöfe der katholischen Kirche kritisieren vor allem das völkisch-nationalistische und demokratiefeindliche Denken bei vielen AfD-Funktionären. Ein brisantes "Hirtenwort", das so kurz vor mehreren Wahlen auch in Sachsen für heftigen Zündstoff sorgen dürfte. Was ihn bei der AfD störe, sei die Ausgrenzung, sagt der katholische Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, im Podcast "Politik in Sachsen".

    Der Bischof sagt: "Diese Forderung nach Remigration, das kann ich überhaupt nicht mit meinen Grundüberzeugungen eines gelebten Christentums zusammenbringen." Stattdessen erlebe er die Kirche genauso wie die Gesellschaft als eine sehr vielfältige, bunte Gemeinschaft mit Menschen aus den verschiedensten Ländern, mit verschiedenster Hautfarbe und ganz verschiedenen Überzeugungen. Menschen auszugrenzen, widerspreche seinen und den "christlichen Grundüberzeugungen von der Würde eines jeden Menschen".

    Außerdem geht es in dem Podcast um den von der CDU geprägten Begriff der "Brandmauer", mit der sich die Partei von der AfD abgrenzen will. Timmerevers hält wenig davon und . "Mauern lösen keine Probleme", sagt er und erklärt, wie es vielleicht besser gehen könnte.

    Schließlich erklärt der Bischof, wieso er gerade jetzt offen über das Thema spricht. Die Zeit des Nationalsozialismus sei ihm eine Mahnung. Denn Bischöfen sei damals immer wieder vorgeworfen worden, dass sie hätten reden müssen. "Doch sie haben geschwiegen", sagt Timmerevers. Heute werde er mitunter in Gesprächen auch daran erinnert. Er nimmt das ernst, auch als einen Auftrag, das ist dem 71-Jährigen anzumerken.

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  • Schon als Kind wollte er unbedingt Handwerker werden. Trotz Einser-Schulabschluss und der Möglichkeit, Medizin zu studieren. Doch Jörg Dittrich mochte die Bodenständigkeit und die herzlich-direkte Offenheit auf der Baustelle. Und so stieg Jörg Dittrich in den Dachdecker-Betrieb des Vaters ein, beerbte ihn sogar 2012 als Präsident der Dresdner Handwerkskammer. Vor einem Jahr hat der 54-jährige das höchste politische Handwerker-Amt erklommen, er ist Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks - und jetzt zu Gast im Podcasts "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

    Dittrich ist der erste Ostdeutsche, der jemals den Posten des Präsidenten des Zentralverbands seit 1990 innehat. Erste Vorbehalte gegen den Dachdeckermeister aus Dresden kamen kurz vor seiner Wahl auf. Dittrich wurde eine zu große Nähe zur AfD unterstellt, weil bei Veranstaltungen der Dresdner Handwerkskammer auch AfD-Vertreter in der ersten Reihe saßen. Im Podcast sagt er, warum ihn das persönlich hart getroffen habe und wofür er stehe.

    Er erzählt auch, dass er mit Sorge die Zersplitterung von Einzelinteressen in der Gesellschaft und in Parteien betrachte. "Und natürlich stelle ich mir die Frage, ob wir es mit der Individualisierung ein Stück übertrieben haben", sagt Dittrich. Wo solle denn die Gemeinschaft der Gesellschaft entstehen, wenn immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, aus Parteien, Vereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr. "Da kann man nur bitten: Tretet in eine Partei ein, engagiert euch mehr gesellschaftlich, damit diese Diskussionen stattfinden, damit nicht eine kleine Gruppe von Menschen dann allein entscheidet."

    Ganz am Ende des Gesprächs räumt Dittrich auch mit einem Gerücht auf: Auf die Frage, ob er Ambitionen hege, einmal Wirtschaftsminister in Sachsen werden zu wollen, sagt er: "Ich glaube nicht, dass ich dort gut aufgehoben wäre." Aber Dittrich hat Ideen, womit sich ein Wirtschaftsminister am besten sofort beschäftigen sollte: Mit Bürokratieabbau und der Frage, wieso immer weniger Menschen ins unternehmerische Risiko gehen wollen.

  • Vor wenigen Tagen gab Holger Zastrow seinen Austritt aus der FDP bekannt. Der Schritt kam überraschend und sorgte bundesweit für Reaktionen. Zastrow führte 20 Jahre lang die Liberalen im Freistaat an, war zehn Jahre Fraktionsvorsitzender im Landtag und ist aktuell an der Spitze der FDP-Fraktion im Dresdner Stadtrat. Was brachte den Mann, der wie kein anderer über Jahrzehnte das Gesicht der FDP in Sachsen war, zu seiner Entscheidung? Im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de spricht er über seine Gründe und erläutert den langen Prozess einer "Entfremdung".

    Zastrow macht vor allem den Kurs der Bundes-FDP unter der Führung von Christian Linder für seinen Schritt verantwortlich. "In der Politik muss man nicht immer dickster Buddy sein", sagt Zastrow, der mit Linder früher zwar gut zusammenarbeiten habe, aber dessen Stil nicht möge. "Die Partei ist, seitdem sie von Christian Lindner geführt wird, anders geworden", stellt er ernüchtert fest. Außerdem erklärt der Politiker, wieso er die Grünen und nicht die AfD für seine politischen Hauptgegner hält - und warum das auch die FDP seiner Meinung nach so halten sollte.

    Auch über seine Zukunft spricht Zastrow ausführlich. Viele Bewegungen und Parteien hätten ihn angefragt, ob er nicht bei ihnen kandidieren wolle. Doch er möchte in Dresden etwas eigenes aufbauen, eine Sammlungsbewegung. Sollte dieses Projekt zur Kommunalwahl in Dresden erfolgreich laufen, könne er sich mit Blick auf die Landtagswahl im September noch mehr vorstellen. "Dann würde ich meinen Hut für ein Direktmandat in Dresden in den Ring werfen", sagt Zastrow.

  • Er sitzt mit am längsten in der aktuellen Landesregierung. Seit neun Jahren ist Martin Dulig Wirtschafts- und Arbeitsminister von Sachsen und zudem Stellvertretender Ministerpräsident. "Da mache ich jetzt mal denjenigen, der hier auch mal den moralischen Zeigefinger hebt und sage auch in Richtung meiner Koalitionspartner: Wir haben noch ein Jahr zu regieren. Bitte jetzt nicht in einen Dauerwahlkampf eintreten", warnt der 49-jährige SPD-Politiker im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

    Dulig berichtet, welche Erfolge die Koalition trotz teils großer Uneinigkeit für sich verbuchen könne. Was Sachsen geschafft habe, darauf sei er "mega-stolz". Von Deindustrialisierung, ein viel zitiertes Schlagwort der letzten Monate, könne nicht die Rede sein. Dennoch sei viel zu tun, weshalb sich der Freistaat keine Regierung im Wahlkampfmodus leisten könne. Dulig, der Ministerpräsident Kretschmer zwar schätze, spricht eine Warnung an dessen Partei aus. "Nur zu glauben, wenn wir die gleiche Sprache sprechen wie eine AfD, dann wechseln die Leute zu uns, das ist nicht nur falsch, es ist sogar fatal."

    Außerdem Thema des Gesprächs: Duligs persönliche Zukunft. Zwölf Jahre lang hatte er die sächsische SPD angeführt, war aber 2021 nicht mehr angetreten - bevor er vermutlich auch nicht mehr gewählt worden wäre. Auch zur nächsten Landtagswahl am 1. September 2024 ist nicht Dulig, sondern Sozialministerin Petra Köpping als Spitzenkandidatin gesetzt. Wie geht er damit um, nicht mehr Sachsens mächtigster Sozialdemokrat zu sein?

  • Um die sächsische FDP ist es still geworden. Seit neun Jahren ist sie nicht mehr im Landtag vertreten. Bei der Landtagswahl im kommenden Jahr ist das Ziel dennoch klar: Man will wieder ins Parlament einziehen. Wie das trotz aktuell mauer Umfragewerte in Sachsen und der Beteiligung an der nicht gerade populären Ampel-Regierung in Berlin gelingen soll, darüber spricht FDP-Landesvorsitzende Anita Maaß im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

    Darin macht Maaß deutlich, welchen Weg die FDP zum Erreichen dieses Ziels einschlagen will: mit der Besinnung auf die wirtschaftlichen Kernkompetenzen der Partei. Sie erklärt, wieso Robert Malorny statt ihr selbst ein besserer Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 1. September 2024 sei.

    Außerdem erklärt die 47-Jährige, die seit mehreren Jahren Bürgermeisterin in Lommatzsch ist, wieso die FDP in Sachsen nach wie vor am Abgang Holger Zastrows zu knabbern hat. Von der "One-Man-Show" um den früheren Landes- und Fraktionsvorsitzenden Holger Zastrow hin zu einer Partei, die sich breit aufstelle und deren Spitzenpersonal sich die Verantwortung teile, sei es ein langer Weg. Und schließlich spricht Maaß auch über die Ziele der FDP im Landtagswahlkampf.

  • Zur Eindämmung der illegalen Migration fordern die Unionsparteien bundesweit die Aufnahme von Grenzkontrollen an den Außengrenzen. Anfang August hatte sich Stephan Meyer (CDU), Landrat des Kreises Görlitz, in einem öffentlichen Brief direkt an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewandt. Im Podcast "Politik in Sachsen" erklärt Meyer nun, wieso er die Maßnahme selbst zwar nicht schön findet, sie aber derzeit für unumgänglich hält.

    Außerdem spricht Meyer darüber, was ihm angesichts der Krisen dieser Zeit am meisten Sorgen bereite: der Zusammenhalt der Gesellschaft. Die Politik müsse zu einer klaren Sprache finden und Probleme schneller lösen. Man müsse Menschen mit klaren Realitäten konfrontieren, sagt er. Dazu gehöre auch der Umgang mit Flüchtlingen.

    Schließlich äußert sich der Landrat auch zur sogenannten Brandmauer der CDU zur AfD. Er erklärt, warum er von der Diskussion um den "politischen Begriff" wenig hält.

  • Ein halbes Leben in der Politik, ein halbes Leben in der DDR, ein halbes im vereinigten Deutschland. Aber mitregieren durfte er mit der Linkspartei in Sachsen noch nie. Rico Gebhardt ist es gewohnt, auf der harten Oppositionsbank zu sitzen. Seit 2012 ist er Chef der Linksfraktion im sächsischen Landtag, war zuvor einige Jahre Landesvorsitzender der Partei, deren Zustimmungswerte in Bund und Land eher bröckeln. "Politik ist das Bohren von dicken Brettern. Das gehört nun mal dazu, wenn man Opposition ist. Ich heul‘ da nicht rum, dass meine Anträge nicht beschlossen werden", sagt er im Gespräch mit Sächsische.de-Politikchefin Annette Binninger in einer neuen Folge des Podcasts "Politik in Sachsen". Ausführlich spricht Gebhardt darin über Fehler und Versäumnisse der Linkspartei in Sachsen, persönliche Ambitionen und mögliche Koalitionen.

    Und dann der Dauer-Ärger mit Sahra Wagenknecht. "Es gibt zwei Alternativen: Entweder ich kämpfe in meiner Partei für andere Mehrheiten und meine Position oder ich gehe und sage, ich such‘ mir eine andere Heimat", empört sich Gebhardt. "Aber in meiner Partei aus ihren Ressourcen eine Gegenbewegung aufzubauen und permanent sie dann auch noch zu erpressen, das finde ich echt komisch." Da spiele es überhaupt keine Rolle, ob und welche Verdienste Sahra Wagenknecht für die Partei habe oder nicht. Dass ausgerechnet Wagenknecht mit ihren Äußerungen zu Ukraine-Krieg und Asyl-Kurs wieder beginnt, Protest-Stimmen im Osten von allen Parteien einzusammeln, ärgert Gebhardt.

    Auch zum Ukraine-Krieg gibt es höchst unterschiedliche Stimmen in der Linkspartei – im Hintergrund schwingt noch immer bei vielen die alte Russland-Verbundenheit mit. Er habe da eine ganz klare Position, sagt Rico Gebhardt, die unterscheide sich auch "nicht so ganz groß" von der Gesamtpartei. "Putin ist der Aggressor. Er hat die Ukraine überfallen. Und da gibt es kein Wenn und Aber." Auch wenn manche da auf eine "Vorgeschichte" hinwiesen. "Natürlich gibt es zu jedem Krieg eine Vorgeschichte. Aber es gibt für mich in der heutigen Zeit keine Berechtigung mehr, ein anderes Land zu überfallen." Und außerdem habe die Ukraine das Recht, weil sie überfallen worden ist, sich zu verteidigen." Doch wie? "Ich habe intern immer gesagt: „Nur mit Schneebällen macht es keinen Sinn" – sie brauchen zumindest Waffen für die Verteidigung."

    Die Linkspartei und die Gewalt – auch bei den jüngsten Ausschreitungen in Leipzig wird der Partei mangelhafte Distanzierung unterstellt. "Ich habe mehrfach auch im Landtag gesagt, dass Menschen, die Sachschäden anrichten, die bei Demonstrationen auf Menschen losgehen – da gehören dann für mich auch Polizisten dazu – dass die all meine Solidarität verspielt haben."

    Das Verbot der Großdemonstrationen in Leipzig nach dem Urteil gegen Lina E. halte er für richtig. Es habe zu viele, klare Gewaltaufrufe gegeben. Aber es hätte nicht alles verboten werden dürfen. So soll der Innenausschuss des Landtags die Umstände der Einkesselung von 1.000 Menschen – darunter viele Minderjährige – am Montag in einer Sondersitzung aufklären helfen. "Ich glaube, die Einsatz-Taktik war zumindest an dieser Stelle nicht die klügste und die beste", sagt Gebhardt.

  • Im sächsischen Innenministerium ist es deutlich ruhiger geworden. Weniger Skandale, weniger Aufgeregtheit, weniger peinliche Enthüllungen. Seit im April vor einem Jahr der damalige Amtsinhaber Roland Wöller (CDU) entlassen wurde, führt Armin Schuster (CDU) das nicht ganz so leichte Ministerium in einer ebenfalls nicht ganz so leichten Zeit. Große Waldbrände in Sachsen im Sommer 2022, der Ukraine-Krieg, hohe Flüchtlingszahlen sowie Extremismus von rechts und links.

    Es war viel los im ersten Amtsjahr des neuen Innenministers. Ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz, mit einem exklusiven Interview im Podcast "Politik in Sachsen" von Sächsische.de.

    In dem 84-minütigen Gespräch gibt Schuster tiefe Einblicke in seine Arbeit und die manchmal für Außenstehende nur schwer nachvollziehbaren Abläufe seines Ministeriums bei Themen wie Asyl oder innere Sicherheit. Trotz der, wie er selbst betont, "wahnsinnig harten Zeit", habe sich sein Leben seit dem Amtsantritt am 25. April 2022 nicht zum Negativen verändert. Hört man Schuster zu, macht es den Eindruck, das Gegenteil sei passiert. Auf die Frage, wie viel sich der 61-Jährige von seiner Anfangseuphorie bewahrt habe, sagt er schließlich: "120 Prozent."

    Und das sagt Schuster trotz des Umstandes, was er selbst erlebt, wenn er im Freistaat unterwegs ist. Bei Bürgerversammlungen etwa sei oft eine "latent kritische Haltung" spürbar. "Da werden fundamentale Fragen zur Demokratie, zum Rechtsstaat gestellt. Das ist noch so, als wenn die Bürger testen, ob wirklich alles institutionell grundsätzlich in Ordnung ist." In solchen Momenten spüre er auch, dass sich ein Teil der Menschen im Freistaat nur schwer überzeugen lasse.

    Nach einem Jahr im Amt sei es auch genau diese Facette, die ihn, den gebürtigen Baden-Württemberger, in Sachsen am meisten überrascht habe. Jedoch zieht Schuster daraus eher positive Schlüsse. Die Menschen in Sachsen würden Dinge lieber selbst in die Hand, während man sich im Westen eher auf die Arbeit von Institutionen verlasse. "Das ist vielleicht auch eine gewisse westliche Bequemlichkeit. Die haben die Menschen hier nicht."

    Der Wunsch mitbestimmen zu können, sei ausgeprägter als anderswo. In der aktuell angespannten Flüchtlingslage sei das mithin sichtbar. Für Schuster sind die Bedenken sächsischer Bürger, wie das Land die anwachsende Zahl Geflüchteter bewältigen soll, jedoch nachvollziehbar. "Meine feste Überzeugung ist, dass ein Land Grenzen hat. Damit meine ich jetzt nicht geografische, sondern Grenzen der Aufnahmefähigkeit und Grenzen der Aufnahmebereitschaft", sagt er. Und diese seien in absehbarer Zeit erreicht. Schuster sieht den Bund in der Pflicht, Regeln aufzustellen, die die Zahl der Einreisenden minimiert.

    Weitere Schwerpunkte und Fragen in diesem Podcast:

    - Wie wird es mit Armin Schuster nach der Landtagswahl 2024 weitergehen?

    - Wie stellt sich Sachsen bei der Unterbringung von Flüchtlingen weiter auf?

    - Ist der deutsche Kurs im Ukraine-Russland-Konflikt der richtige?

    - Welche Bedrohungen ist größer im Moment: linker oder rechter Extremismus?

    - Wie beurteilt der Innenminister die Arbeit gegen Gewalt im Fußball in Sachsen?

  • Wenn man mit Franziska Schubert über den Ukraine-Krieg spricht, wird ihre Stimme lauter und entschlossen. Niemandem falle es leicht, über Waffenlieferungen zu entscheiden. "Aber was ist denn der Preis, wenn wir es nicht machen? Dann gibt es die Ukraine nicht mehr", sagt die Fraktionschefs von Bündnis90/Die Grünen im Landtag im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de. Sie sei fest davon überzeugt, "dass wir da nicht wackeln dürfen."

    Ganz offen redet die Grüne in dem knapp einstündigen Gespräch auch über die "Macken" der Koalitionspartner in Sachsen. Die CDU sei wie ein "Tanker", alles dauere sehr lange. Dafür sei dieser Partner zuverlässig in Absprachen – "handschlagsfest", wie Schubert es nennt. Bei der SPD beobachte sie dagegen "eine gewisse Ellenbogenmentalität", man spüre, dass die Partei "ums Überleben" kämpfe, das mache es gerade für eine Partnerschaft nicht einfacher. Dennoch sei die Dreier-Koalition in vielen Dingen gemeinsam gut vorangekommen.

    Dass man jedoch schon anderthalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl spüre, dass die Wahlkampfzeit gewissermaßen schon begonnen hat, bedauert Schubert. Die Sächsische Union sei in ihrer Abgrenzung zur Ampel-Regierung in Berlin um eine Art "Hardcore-Oppositions-Haltung" bemüht. "Egal, was da kommt, es ist erstmal schlecht. Da heißt es dann, wir würden gezielt an einer Deindustrialisierung Deutschlands arbeiten oder man lehnt einfach aus Oppositionsgründen heraus den Beitritt Sachsens zum Härtefallfonds für Ostrenten ab."

    Schubert verweist zudem darauf, dass insbesondere frühere Landesregierungen Sachsen nicht entschieden genug auf die Herausforderungen zum Kohleausstieg vorbereitet hätten. "Die Diversifizierung und auch Neu-Orientierung auf neue Bereiche hätte viel früher erfolgen müssen, denn so etwas braucht Zeit", kritisierte Schubert den zu spät forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien. Stattdessen habe die stets CDU-geführte Landesregierung mit der Kohle "auf nur ein Pferd" gesetzt. "Das war ein Fehler. Da ist vieles versäumt worden."

    Dass es nun so wirke, dass alles auf einmal passiere, würde in Sachsen oft den Grünen vorgeworfen. "Aber ehrlich gesagt, ich kann keine Schuld daran erkennen, wenn man sagt, wir wollen aus den fossilen Energieträgern aussteigen. Wir machen das nicht zum Selbstzweck, sondern es geht ja auch um nichts Geringeres als die Rettung unseres Planeten. Und da gehört einfach der Kohleausstieg dazu." Sie setze auf die starke mittelständische Wirtschaft in Sachsen beim Strukturwandel.

    Über schlechte Kommunikation, unklare Entscheidungen aus Berlin – darüber ärgere sie sich auch hin und wieder. Gerade auch beim Thema Wärme-Dämmung und Heizungs-Umbau. Aber es sei notwendig, dort endlich einzusteigen. "Und die Aufgabe von Politik ist es nicht, den Menschen immer nur zu erzählen, was sie hören wollen, sondern man muss auch deutliche Worte dafür finden, was notwendig ist. Auch wenn man dafür keinen Beliebtheitswettbewerb gewinnt", so Schubert energisch.

  • Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass 70 Prozent der Sachsen die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern in die Ukraine als falsch empfinden. "Ich schätze es genauso ein", sagt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

    In der bundesweiten Diskussion um Waffenlieferungen, so Kretschmer in dem ausführlichen Interview, komme die Haltung der Menschen im Osten zu kurz. Eine "naive Haltung gegenüber Russland", wie CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich in Richtung Ostdeutschland ausgeteilt hatte, weist Kretschmer zurück: "Wir haben keine romantisch verklärte, keine naive Haltung, sondern wir haben eher ein Bewusstsein dafür, was alles noch kommen könnte." Der Osten habe schließlich durch Jahrzehnte unter sowjetischer Kontrolle "eine sehr klare Vorstellung von diesem Land".

    Kretschmer hält es zudem für den falschen Weg, dass die Politik Optionen für Friedensverhandlungen oder "überhaupt diplomatische Initiativen zu ergreifen, so beiseitestellt, als wäre das eine Unmöglichkeit". Schließlich sagt er: "Dieser Konflikt kann nicht auf dem Schlachtfeld gelöst werden."

    Trotz der Kritik am westlichen Kurs, immer mehr schweres Gerät in das Kriegsgebiet zu schicken, hält Kretschmer die Unterstützung der Ukraine für unerlässlich. "Russland ist der Aggressor", stellt er klar. Bei einem Waffenstillstand gebe es auch keinen Zweifel daran, dass die Ukraine jetzt besetzte Gebiete zurück erhalten müsse.

    Außerdem wird in dem Podcast über den kürzlich zum Chef der Werteunion gewählten Hans-Georg Maaßen gesprochen. Das Präsidium der CDU hatte dem früheren Chef des Bundesverfassungsschutzes aufgrund seiner Nähe zu Positionen der AfD ein Ultimatum bis 5. Februar für einen freiwilligen Austritt gesetzt. Läuft das ab, soll der Bundesvorstand ein Ausschlussverfahren einleiten. Als Vize gehört Kretschmer dem Bundesvorstand an.

  • Wenn er politisch etwas ändern könnte, dann würde er dafür sorgen, "dass wir in Sachsen so ein freundliches und weltoffenes Land sind, wie wir es eigentlich sein könnten und wie wir es unbedingt sein müssen", sagt Rüdiger Unger, Chef des Landesverbands Sachsen des Deutschen Roten Kreuzes, im Podcast "Politik in Sachsen".

    Angesichts eines extrem hohen Personalbedarfs beispielsweise in der Pflege sei es bedenklich, dass Sachsen "kein gutes Bild in einigen Regionen der Welt liefere", warnt Unger. "Es ist der falsche Weg, nur einfach auf Gesellschaft und Staat zu schimpfen. Da gibt es keine einfache Antwort, da tragen wir alle Mitverantwortung, dass sich Menschen, die hierher kommen, sich bei uns auch sicher und zuhause fühlen können."

    In dem Podcast-Gespräch berichtet Unger, wie die Flüchtlingskrise im Jahr 2015 habe auch die Arbeit im Deutschen Roten Kreuz, das in Sachsen mit 14.000 Festangestellten und 15.000 Ehrenamtlichen in Krankenhäusern, Kitas, Pflegeheimen und weiteren Sozialeinrichtungen tätig ist, spürbar verändert. Zudem geht es um die Arbeit des DRK bei der Einrichtung der Impf-Infrastruktur in Sachsen während der Corona-Pandemie - und wie in dieser Zeit auch Helfer im Zuge politischer Auseinandersetzungen zum Ziel von Kritik und Hetze wurden.

  • Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) sieht eine Gasknappheit im Winter als mögliches Szenario an, auf das sich der Freistaat vorbereiten muss. Ob dieser Fall aber tatsächlich eintrete, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden, so Günther im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de. Im Bemühen darum, die Debatte etwas zu beruhigen, sagt der Vize-Ministerpräsident jedoch: "Unsere Gasspeicher sind relativ gut gefüllt. Für alle, die es jetzt brauchen, ist im Moment genug verfügbar."

    Die aktuelle Situation sei von der großen Unsicherheiten geprägt, ob kommende Woche wieder Gas aus Russland nach Deutschland fließe. Seit Montag finden planmäßige Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 statt, wofür diese für einen Zeitraum von 10 Tagen stillgelegt worden ist.

    Unabhängig davon, so bekräftigt Günther, sei es aber bereits jetzt gelungen, die Abhängigkeit von russischem Gas in den vergangenen Monaten signifikant zu reduzieren. Demnach würden aktuell nur noch 35 Prozent der Importe auf russisches Gas entfallen, bis vergangenes Jahr seien es noch 55 Prozent gewesen.

    Als eine der größten Herausforderungen für die Politik sieht Günther nun wie der mit dem Umschwenken auf andere Bezugsquellen einhergehende Preisanstieg abgefedert werden könne. Welche Maßnahmen dafür infrage kommen könnten, um Bürger und Wirtschaft zu entlasten, erklärt Günther ausführlich in dem rund 50-minütigen Podcast-Gespräch. Dabei fällt unter anderem der Satz: "Es darf für niemanden existenzbedrohend werden."

    Außerdem Thema: Das Verhältnis zum Koalitionspartner CDU in der sächsischen Regierung, nachdem zuletzt Ministerpräsident Michael Kretschmer mehrfach scharf den Kurs der Bundesregierung - hier insbesondere der Grünen - kritisiert hat.

  • Die Begeisterung des Anfangs ist noch nicht verflogen. „Selbst wenn es morgen vorbei wäre, würde ich sagen: „Was für geniale acht Wochen.“ Angst vorm Scheitern hat Sachsens neuer Innenminister nicht. Zwei Monate, nachdem er den überraschend entlassenen Amtsvorgänger Roland Wöller „beerbt“ hat, spricht Armin Schuster im Podcast „Politik in Sachsen“ ganz offen und ausführlich über sein Selbstverständnis, seine Ziele und darüber, wie er nach den vielen Skandalen vor allem die sächsische Polizei neu aufstellen will. Mit vollem Risiko, denn im Ministerium gibt es genügend Altlasten – es ist ein seit Jahren erprobtes politisches „Minenfeld“.

    Er wolle vor allem „Bürgerminister“ sein, hatte der gebürtige Badener Ende April bei seiner Vereidigung im Landtag gesagt. „Es wäre mir ehrlich gesagt nicht anspruchsvoll genug, einfach nur Sicherheitsminister zu sein“, sagt der 61-Jährige. „Natürlich kümmere ich mich um die Sicherheit, da kann sich jeder drauf verlassen. Aber die Bürgerinnen und Bürger haben, glaube ich, am liebsten mit den Kommunalverwaltungen zu tun.“ Und die wolle er stärken. „Von dem Moment an, wo du zum Staatsminister ernannt bist, bist du in der vollen Haftung für alles.“ Vorsichtiger mit schnellen Kommentierungen wolle er sein, das habe er sich vorgenommen. Sein „Twitter-Finger“ sei „komplett stillgelegt“. Er müsse sich unglaublich bremsen. „Weil für mich jetzt gilt: Was ein Minister sagt, muss er können.“

    Ein „harter Hund“ sei er nicht, sagt Schuster über sich selbst. „Ich lasse mich ungern in irgendeine Ecke verfrachten“, wehrt sich der Polizist, der seit 1987 CDU-Mitglied ist. Dass seine Kritik an Angela Merkels Flüchtlings-Entscheidungen öffentlich geworden sind, habe ihn zu unrecht in eine „ultrarechte Ecke“ gedrängt. Dabei habe er damals lediglich Kritik daran geübt, wie die Menschen nach Deutschland gekommen seien. „Die Frage ist, wie macht man eine sinnvolle Flüchtlingsaufnahme? Jedenfalls nicht, in dem sich ein hunderte Kilometer langer Flüchtlingstrecks von Athen bis ins Berchtesgadener Land ergieß“, fasst Schuster seine Kritik von damals zusammen.

    Dass er als „Wessi“ nach Sachsen gekommen sei, dass es dagegen auch in der hiesigen CDU Widerstände gibt – Schuster hat das nicht überrascht und auch nicht abgeschreckt. „Die Sachsen werden das hoffentlich bald merken, dass man nicht unbedingt von hier kommen muss, um sich mit vollem Herz für sächsische Verhältnisse stark zu machen.“

    Seine erste Niederlage musste Schuster auch schon einstecken. Er hatte 1.000 zusätzliche Polizei-Stellen in den kommenden zwei Jahren gefordert. Doch im abschließenden Haushalts-Entwurf der Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD stehen nur 518 Stellen. Er habe damals nicht gesagt, in welchem Zeitraum, habe erst einmal einen „Pflock in den Boden rammen“ wollen, verteidigt sich Schuster. „Das gefällt mir nicht“, sagt er. Aber vielleicht habe er ja auch noch Gelegenheit den nächsten Doppelhaushalt mitzuverhandeln und dann sein Ziel zu erreichen. Alle in Ausbildung befindlichen jungen Polizisten könnten damit aber eingestellt werden. Und schon mit diesem Zuwachs wolle er die Präsenz in der Fläche erhöhen, verspricht Schuster.

    Auch führungstechnisch und inhaltlich will er die sächsische Polizei neu aufstellen. "Es fehlt an einer gemeinsamen Orientierung", sagt Schuster. "Es fehlt das Leitbild der sächsischen Polizei - mit Do's und Don'ts, die "No Gos und die Go's", dass das mal klar und verbindlich zu machen ist, so dass man auch wirklich Dienst und Fachaufsicht machen kann und einem Beamten sagen kann: 'Du weißt es. Das geht und das geht nicht.'"

  • Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum hat die ablehnende Haltung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine scharf kritisiert. Wladimir Putin gehe es um eine Neuordnung Europas. "Und manche unserer Politiker machen sich immer noch etwas vor", kritisiert der 89-jährige Dresdner auch Sachsens Regierungschef. "Das ist wie eine Krankheit, die ich ansonsten eher bei Teilen der SPD diagnostiziert habe. Die Krankheit nämlich, die wahren Absichten des System Putins zu verharmlosen - nicht zu erkennen, dass Dialoge nur zum Schein geführt werden", sagt Baum im Podcast "Politik in Sachsen".

  • Er gilt als einer der wichtigsten Strippenzieher in der sächsischen CDU und ist als Chef der Landtagsfraktion einer der mächtigsten Entscheider hinter den Regierungskulissen des Freistaats. Der 48-jährige Polizist Christian Hartmann führt die stärkste Fraktion im Landtag bereits seit 2018. Im Podcast „Politik in Sachsen“ spricht Hartmann ausführlich über Holprigkeiten in der Regierung, „Herausforderungen“ in der Zusammenarbeit mit Ministerpräsident Michael Kretschmer, aber auch seine eigenen Ambitionen. Es geht um den sächsischen Kurs in der Russland-Politik nach dem Einmarsch in der Ukraine und den künftige Ausrichtung der Landesregierung in der Corona-Pandemie.

    Außerdem Themen des Podcast-Gesprächs:

    - Die bevorstehenden Landratswahlen in Sachsen
    - Wieso die CDU in Dresden auch diesmal keinen eigenen Kandidaten finden konnte
    - Wie es nach Meinung der CDU mit der sektoralen Impfpflicht weitergehen sollte

  • Sachsens früherer Ministerpräsident Georg Milbradt kritisiert in diesem Podcast die späte Einsicht vieler "Putin-Versteher". "Die Vorstellung, dass man im ewigen Frieden lebt, ist historisch natürlich naiv, aber sie war bequem", sagt der 77-jährige Wirtschafts- und Finanzexperte.

    "Wir hatten viel zu lange ein naives Russland-Bild, weil wir Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Zukunft oder Gegenwart projiziert haben und nicht sehen wollten, dass die Welt sich massiv verändert hat", sagt Milbradt. Und: "Den Glauben, dass die Deutschen einen besonderen Zugang zu Russland haben, den sollten wir uns abschminken", sagt Milbradt im Gespräch mit Politikchefin Annette Binninger.

  • Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine seine Sicht auf Russland korrigiert. "Ich habe mich getäuscht, weil ich das, was jetzt passiert ist, bis vor kurzem noch für undenkbar gehalten habe", sagt Platzeck im Podcast "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

    Dass ein russischer Präsident im 21. Jahrhundert so weit gehe, Panzer zu schicken und mit "Raketen das Nachbarland anzugreifen, das war außerhalb meiner Vorstellungswelt". Er spüre bei sich und Mitstreitern eine gewisse Sinnlosigkeit von vielen Lebensjahren.

    Der 68-Jährige ist seit 2014 Chef des Deutsch-Russischen Forums. Er gilt als einer der profiliertesten Russland-Kenner und hatte stets für eine stärkere Wahrnehmung russischer Interessen geworben.

    Dem Westen warf er Ignoranz und Arroganz gegenüber dem Land vor. Er kritisierte die Nato-Ausdehnung nach Osten ebenso aus wie Sanktionen gegen Russland, die der Westen infolge der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim verhängt hatte. Deshalb galt Platzeck teilweise als zu Russland-freundlich.

    Durch den Einmarsch in die von Putin selbst als "Bruderland" bezeichnete Ukraine, befürchtet Platzeck nun einen nachhaltigen Schaden für die Friedenspolitik der vergangenen 30 Jahre.

    "Durch diesen Überfall könnten wir in eine neue Eiszeit geraten." Es werde so etwas wie einen Kalten Krieg geben. Platzeck rechnet schlimmstenfalls mit einem erneuten Rüstungswettlauf und einer "Rückkehr in dunkelste Kapitel des letzten Jahrhunderts", sagt er im Podcast-Gespräch.

    Er habe nach Putins Anerkennung "dieser skurrilen Republiken" Donezk und Luhansk am Montag gehofft, dass noch "ein Rest Vernunft da ist", dass diese "dicke rote Linie" nicht von Putin überschritten werde. Vergeblich. "Wir werden in so eine Zeit wie die 50er- oder 60er-Jahre geraten, wo es ganz wenig Austausch, ganz wenig Kontakte, ganz wenige Brücken und Möglichkeiten gegeben hat und sehr, sehr viel Misstrauen."

    Gleichzeitig betont Platzeck, dass er Russland nie als demokratischen Staat angesehen oder bezeichnet habe. "Mir war immer klar, dass wir es mit einem autokratischen System zu tun haben. Das haben wir ja auch gespürt, weil unsere Partner in ihrer Arbeit eingeschränkt oder deren Arbeit teilweise verboten wurde."

    An eine schnelle Lösung des aktuellen Konflikts glaubt Platzeck nicht. "Wie will man auf einen Präsidenten wie Putin zugehen", fragt Platzeck offen und ergänzt: "Wenn er offenkundig - und das kann man nicht anders deuten - sowohl Emmanuel Macron als auch Olaf Scholz einfach ins Gesicht gelogen hat." Die beiden Staatschefs hatten Anfang Februar nacheinander Putin besucht. "Der Angriff ist nicht an einem Tag zu organisieren, das war also schon längst der Plan", so Platzeck.

    Putins Krieg werde auch das deutsch-russische Verhältnis auf Jahre, vielleicht um eine ganze Epoche zurückwerfen. Hoffnung schöpft der SPD-Politiker daraus, dass auch auf Russland nun "harte Zeiten" zukämen und dadurch ein Prozess in Gang komme. "Ein Prozess, der am Ende dann nicht mehr mit Putin an der Spitze versehen ist."

    Für Matthias Platzeck ist der Angriff auf die Ukraine die wohl bitterste Erkenntnis seines Politikerlebens. Ob er sich weiter als Chef des Deutsch-Russischen Forums für das Verhältnis der beiden einsetzen könne, ist unklar.

    "Ich muss erst wieder auch eine Mitte finden und ins Schlafen kommen", sagt Platzeck. Es könne nie falsch sein, sich darum zu bemühen, Wege zu einem anderen Volk zu finden. Aber im Moment falle es schwer, "diese Motivation zu erzeugen, auch in einem selber".

  • Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert kritisiert scharf die Einführung der Impfpflicht für Pflegekräfte ab Mitte März. "Das sind klare handwerkliche Fehler, die auch zu erwarten und sichtbar waren. Zu viel ist bis heute - sechs Wochen vor Start - noch nicht geklärt", warnt Hilbert im Podcast "Politik in Sachsen" von Sächsische.de.

    "Wir haben bisher nur erste Eckpunkte vom Freistaat bekommen, aber wir haben noch keine Handlungsanweisungen, in denen ein einheitliches Vorgehen der einzelnen Gesundheitsämter vorgegeben wird", kritisiert Hilbert.

    Stattdessen würden jetzt durch die Impfpflicht ausgerechnet die Mitarbeiter in Alten- und Pflege-Einrichtungen, Krankhäusern und Arztpraxen belastet, die "ohnehin schon über die Grenze des Menschenmöglichen seit zwei Jahren tätig sind", so Hilbert weiter.

    Man würde "in einer dramatischen Form" den Sektor der Pflege- und des Gesundheitsbereiches belasten. Also einen Bereich, der ohnehin gravierende Fachkräfte-Probleme zu bewältigen habe. Und: "Ausgerechnet diejenigen, die die Last der Pandemie tragen, sollen jetzt mal wieder als Versuchskaninchen herhalten, ohne dass wir vorher sauber die Prozesse geklärt haben", kritisiert der OB.

    Der Bundestag habe die einrichtungsbezogene Impfpflicht zwar beschlossen, aber die ganze Misere werde "auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen". Hilbert weist in diesem Zusammenhang auf das Vorgehen in Tschechien hin. Dort habe man die bereits vorbereitete Impfpflicht wieder zurückgenommen.

    Er rechne damit, dass allein auf das Dresdner Gesundheitsamt rund 12.000 bis 14.000 Anträge von Ungeimpften zur Prüfung zukommen werden, die dann in einem rechtssicheren Einzelfall-Verfahren bewertet werden müssen. "Mehr muss ich, glaube ich, nicht sagen", so Hilbert. Er fordert die Bundesebene auf, das Thema erneut zu diskutieren. "Das wir das Gesetz in den Kommunen umzusetzen haben, ist keine Frage. Darauf haben wir unseren Eid geleistet."

    In Rückschau auf die fast zwei Jahre dauernde Pandemie zieht der Dresdner Oberbürgermeister, der am 12. Juni erneut zur Wahl antritt, auch eine kurze Zwischenbilanz. "Wir haben als gesamtpolitisches System eine Menge Vertrauen verspielt. Und das zieht sich leider von Beginn der Pandemie bis heute durch", sagt Hilbert.

    Schonungslos sei die mangelhafte Digitalisierung in Deutschland offengelegt worden. "Da haben wir wie im Mittelalter eine Pandemie bekämpft", ärgert sich der 50-Jährige. "Wir sollten uns alle mal, bevor die nächste Pandemie oder das nächste Hochwasser kommt, uns gemeinsam hinsetzen und prüfen, wie wir besser werden können."