Episodi
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Nichts wünschen sich Eltern mehr, als in Verbindung mit ihren Kindern zu sein und zu bleiben. Trotz Kleinkind-Trotz und Teenager-Allüren sagt Dr. Britta Hahn: Das ist möglich. Emotionale Sicherheit in der Eltern-Kind-beziehung ist Voraussetzung für eine stabile psychische Gesundheit im Erwachsenenalter der Kinder. Viele Verhaltensweisen der Eltern beruhen jedoch auf Erwartungen und Haltungen, mit denen diese in ihrer eigenen Kindheit konfrontiert wurden. Diese unbewussten Muster boykottieren oftmals die Bemühungen, in einem herzlichen und echten Kontakt zu den Kindern zu bleiben.
Fühlen sich Eltern vom Geschrei des Kindes getriggert, kann das Aggression oder Trauer auslösen. In der Interaktion mit dem Kind handeln Eltern aus ihrer erwachsenen Kompetenz heraus“, so Britta Hahn, die Eltern begleitet und vermittelt, wie wichtig es ist, die eigenen Beziehungen zu den Eltern zu reflektieren und negative Gefühle, die einer Verbindung im Wege standen, loszulassen. „Anstatt aus dem erlernten Muster heraus irrational, konfrontativ oder sogar gewalttätig zu reagieren, ist es wichtig, als reflektierender Erwachsener zu handeln“, sagt sie. „Wenn Eltern ihre Gefühle regulieren können, bleiben sie in guter Beziehung zum Kind.
Dabei ist ihr wichtig zu sagen, dass Eltern Grenzen setzen dürfen und müssen. Es dem Kind immer recht machen zu wollen, führt es nicht in die Eigenverantwortung. Eltern sind keine Versager, wenn Sie dem Kind ein „Nein“ entgegensetzen. Kinder kennen die Konsequenzen noch nicht, aber die Eltern. „Es ist ein unerfüllbarer Anspruch, alles richtig machen zu wollen. Wichtig ist, den Umgang mit dem Unvollkommenen zu lernen und Disharmonie zu ertragen.
Wir funktionieren zu 95 Prozent autonom. Auch unsere sozialen Reaktionen sind Prägungen, die wir mit der Muttermilch aufgesogen haben. Gesteuert werden sie durch den Vagusnerv. In diesem Zusammenhang erklärt die Ärztin den Zusammenhang mit der Polyvagaltheorie sowie die neuronalen und sozialen Grundlagen ungünstiger Eltern-Kind-Dynamiken. Und zeigt Lösungswege auf.
Das Wichtigste aber: Wenn Eltern mit dem Herzen dabeibleiben, bleibt auch die Beziehung zum Kind.
Dr. Britta Hahn ist Ärztin für Allgemeinmedizin und Homöopathie hat vier Kinder, arbeitet und lebt in Villingen-Schwenningen, wo sie einen Waldkindergarten führt. Außerdem hat sie in Trossingen das Lebenshaus im Verein für soziale Integration mitgegründet und leitet Seminare.
Zum Weiterlesen:
Dr. Britta Hahn, „Mama, beruhige dich!“, Junfermann Verlag 2024,
Dr. Britta Hahn: „Mama, was schreist du so laut?“, Junfermann Verlag
Dr. Britta Hahn, „Ich will anders als du willst, Mama“, Junfermann Verlag
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Allein sein heißt nicht einsam sein. Einsamkeit kann auch in der Beziehung mit anderen Menschen empfunden werden. Was hat die Pandemie mit der Aufforderung zum Social Distancing mit den Menschen gemacht? Gerade viele junge Menschen sind mit dem Gefühl der Einsamkeit nicht zurechtgekommen und haben eine psychische Störung entwickelt, sagt Professorin Dr. Sonia Lippke. Die Gesundheitspsychologin und Verhaltensmedizinerin an der Constructor University Bremen spricht über Wege aus der Einsamkeit und darüber, in Reflexion mit sich zu gehen und in den Dialog.
Social Distancing hat die Psyche belastet
Was ist gefährlicher, das Virus oder die Einsamkeit? Dieser Frage stellten sich die Forschenden angesichts nachhaltig steigender Zahlen von psychisch Erkrankten nach der Pandemie. Das Social Distancing hat vor allem jenen geschadet, die vorbelastet in die Pandemie gegangen sind. Weniger waren die betroffen, die in ihrer Kindheit eine gute und sichere Bindung erfahren haben.
Frauen haben mehr Erwartungen an eine Beziehung als Männer. Sie kämpfen stärker um die Beziehungsqualität. Während sie nach im Allgemeinen ein größeres Netzwerk pflegen, suchen sich Männer eine neue Partnerin, um vertrauten Verhaltensmustern zu verfallen. „Eine neue Partnerschaft ist keine Garantie dafür, dass die Einsamkeit abnimmt“, so Dr. Lippke. Das Gefühl der Einsamkeit aber habe nichts mit dem Geschlecht zu tun. Hier hilft der Blick auf die Beziehungsmuster und darauf, das eigene Verhalten zu verändern.
Zeit für sich, Zeit für die anderen
Zeit für sich selbst zu haben, um in Reflexion mit sich und den eigenen Bedürfnissen gehen zu können, ist sehr wichtig. Die Pandemie habe dies gerade bei jungen Eltern gezeigt, die zwischen Familie, Haushalt und Job ständige Präsenz zeigen mussten. Studien haben außerdem gezeigt, dass jüngere Menschen es schwerer haben, Emotionen im Gesicht abzulesen. Sie haben soziale Kompetenzen nicht so erlernt wie ältere Menschen. Vielmehr hätten sie in Konferenzen oder Video-Calls Filter und andere digitale skills eingesetzt, um Standards zu entsprechen.
Es gibt einen Weg heraus über Selbsthilfe oder professionelle Hilfe. Spezielle Werkzeuge können aus der Isolation helfen, Gefühle und Gedanken zu orten sowie Brücken zu anderen Menschen zu bauen. Mitunter können das spaßige Methoden wie das Menschen-Bingo sein. Das Ziel aber lautet immer mit anderen in Kontakt zu kommen.
Prof. Dr. Sonia Lippke lehrt an der Constructor University Bremen Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin
Buchtipp: Prof. Dr. Sonia Lippke/Christiane Smidt: Verbunden statt einsam – Wege zu mehr Resonanz mit sich und anderen, Junfermann-Verlag 2024
Hier kannst du Fau Lippke in einen Fernsehinterview erleben: https://www.butenunbinnen.de/videos/gesundheitspsychologie-einsamkeit-pandemie-corona-soziale-medien-100.html
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Episodi mancanti?
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Füße hoch, Serie gucken und lecker essen: Die Sehnsuchtsleere nach Feierabend ist ein wunderbares Gefühl, sagt Dr. Udo Baer. Aber es gibt auch das Drama der Leere. Sie ist ein sehr subjektives und mitunter sehr stark empfundenes Gefühl, unter dem viele Menschen ihr Leben lang leiden. Leere kann viele Ausdrucksformen haben. Letztendlich hilft, so einfach das klingt und so schwer es ist, die Kommunikation aus der Leere heraus.
„Ich bin es nicht wert“ – das Gefühl entsteht, wenn ein Mensch nicht gehört wurde
Menschen richten sich in ihrer Einsamkeit ein. Aber was ist der Grund dafür? Es sind frühe Verletzungen, belastende Traumata, die nicht reflektiert oder vermittelt wurden. Es ist das Gefühl, nicht gehört worden zu sein. Wenn man als Kind keine Resonanz erfährt, „dann tut das weh“, so Dr. Baer über frühe Prägungserlebnisse in der Kindheit, in der das soziale und familiäre Umfeld ein Gefühl der Minderwertigkeit vermittelt haben. Aus dem Gefühl von „Ich bin es nicht wert“ erwächst ein Gefühl der Leere. Und viele Menschen resignieren. Aber: Wir sind soziale Wesen. Wir brauchen Austausch mit Worten und Gefühlen, mit Blicken und Atmosphäre.Wenn man sich nichts mehr zu sagen hat …
In einer Partnerschaft kann ebenso eine starke Leere empfunden werden. Warum haben sich Paare manchmal nichts mehr zu sagen? Das liegt an individuellen, sogar auch traumatischen Erfahrungen, die nicht richtig wahrgenommen und kommuniziert werden, sagt Baer. Leere ist nicht laut, nicht sichtbar, sie ist diffus und nicht greifbar. „Es ist gut, dafür Worte zu finden und sie auszusprechen. Wo bin ich nicht gehört worden? Diese Frage gilt es zu reflektieren und die Erfahrung zu teilen.Kommunikation ist Beziehungswirksamkeit
Die Leere mit Aktionismus zu stopfen, über den Job oder Reisen, hilft nicht. Es ist wie eine Sucht, die Leere holt einen immer wieder ein. Doch wie kann man sie füllen? Durch Kommunikation auf allen Ebenen, sagt Dr. Udo Baer. Durch Kommunikation mit anderen und der Erfahrung, dass Menschen wirksam sind. Das kann durch Reden, Malen, Tanzen oder über die Musik geschehen, wenn wir über die Sinne in die Aktion kommen. „Dann geschieht Beziehungswirksamkeit“.„Ich nehme dich ernst!“
Wirksam werden wir schon, wenn wir auf die Frage nach dem „Wie geht es dir?“ ernsthaft antworten. Es ist wichtig, in das Gefühl zu gehen, dem Herzen achtsam zu folgen, zu sagen und zu zeigen, dass ich mein Gegenüber ernst nehme, dass ich seinen Kummer würdige, auch wenn ich ihn davon nicht befreien kann. Auch ein vererbtes Trauma kann ein Herz leer machen. Selbstwirksamkeit, Meinhaftigkeit und Würde sind drei große Aspekte, die Dr. Baer in dem Gespräch beleuchtet. Es gibt sogar konkrete Übungen, mit denen wir unser Bewusstsein schärfen können.Dr. Udo Baer ist Gesundheitswissenschaftler, Therapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er ist Begründer der Kreativen Leibtherapie und hat mit Claus Koch das Pädagogische Institut in Berlin gegründet.
Buchtipp: „Das Drama der Leere – Wie wir der Leere begegnen und unser Herz heilen können“, Klett-Cotta 2024
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30 Prozent der Menschen sind rein statistisch gesehen hochsensibel. Hochsensibilität aber ist eine sensible Angelegenheit, denn sie ist ein sehr individuelles Empfinden. Was bedeutet das für unser Zusammenleben? Inwieweit ist Hochsensibilität in unserer Gesellschaft angekommen, wie steht es um das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein von hochsensiblen Menschen? Und wie letztendlich gelingt ein umsichtiger Umgang miteinander, von dem beide profitieren? Antworten geben der Psychotherapeut und Autor Tom Falkenstein und Ulrike Hensel, Autorin und Coach für Hochsensible.
Hochsensibilität bahnt sich den Weg in die Gesellschaft
Hochsensibilität wird in unterschiedlichen Ausformungen erlebt. 40 Prozent kommen gut mit ihr zurecht, 30 Prozent sind weniger sensibel ausgestattet. Die Akzeptanz der Hochsensibilität ist größer geworden, dennoch wird sie von Unsicherheit und manchmal sogar Abwehr auf beiden Seiten begleitet. Hochsensible Menschen leiden schneller unter einer Reizüberflutung. Ist es zu laut, zu trubelig, zu hektisch, dann ziehen sie sich gerne zurück. Aber: Hochsensibilität kann sehr bereichernd sein. Sie sollte nicht als Einschränkung empfunden werden.
Hochsensibilität kommunizieren
Damit sie Wertschätzung erfahren und ihren Platz in der Gesellschaft finden, empfehlen ich zweierlei Dinge: die Selbstreflexion auf der einen und die Rücksichtnahme auf der anderen Seite. Aber: Sie muss kommuniziert werden. Für die hochsensible Person ist es gut, in Selbstverantwortung und Selbstfürsorge zu gehen. Für ein gutes Miteinander bedeutet es, nicht nur an die Rücksicht des Gegenübers zu appellieren, sondern sich ggf. auch zurückzunehmen. In jedem Fall sollte Hochsensibilität kommuniziert werden, denn – wie der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun sagt: „ist Selbstklärung die Voraussetzung für eine klare und kraftvolle Kommunikation“.
Zum Weiterlesen
Ulrike Hensel: Hochsensibel sein
Ulrike Hensel: Hochsensibilität verstehen und wertschätzen (mit Selbsttest!)
Tom Falkenstein: Hochsensible Männner
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Tinnitus, Migräne, Rückenschmerzen: Oft sind es psychosomatische Beschwerden, die uns von einem Arzt zum nächsten rennen lassen. Ein Medikament soll erst einmal helfen. Doch dabei werden in der Regel die Symptome, nicht aber die Ursachen bekämpft, sagt Dr. Ingo Schymanski, der klare Worte gegen eine überdimensionierte Medizin hin zu einer Autonomie des Patienten findet. „Die Medizin hat immer eine Pille gegen irgendetwas. Hören wir aber auf die Signale unseres Körpers, auf die Sprache unserer Seele und verändern wir unser Welt- und Selbstbild, können psychosomatische Beschwerden verschwinden“, sagt der Psychotherapeut und auch, dass die Medizin chronische Krankheiten schaffe, statt Werkzeuge für mehr Autonomie und Mündigkeit. Gleichzeitig plädiert der Arzt und Autor für mehr Achtsamkeit, Bescheidenheit und Dankbarkeit für das, was wir haben.
Den Menschen in seine Kraft bringen
Psychosomatik gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Forschung hat erkannt, dass die Seele Einfluss hat auf unser körperliches Wohlbefinden. Unser medizinisches, auf Evidenz basierendes System allerdings ist darauf nicht eingestellt. „Die Pille verkauft sich besser, als sich selbst zu helfen“. Geht es der Seele gut, geht es auch dem Körper gut. Natürlich helfe der psychosomatische Ansatz nicht bei allen Krankheiten, aber doch bei erstaunlich vielen Symptomen. Schymanski nimmt kein Blatt vor den Mund: Es gelte, den Menschen in seine Kraft, in seine Gesundheit und letztendlich auch in eine stärkere Unabhängigkeit vom Arzt zu bringen – auch wenn das kontraproduktiv zur Pharmaindustrie und der Ärzteschaft steht.
Ursachen liegen oft im psychosozialen Bereich
In seiner Praxis beobachtet Schymanski Patienten mit Problemen, die nicht körperlich sind. Rückenschmerzen haben oft Ursachen im psychosozialen Bereich. Lässt sich jemand mobben, reagiert der Körper mit Stresssymptomen. Nimmt man sie ernst und wahr, dienen sie dazu, „das Leben zu optimieren“. Tauchen verstärkt wieder Ohrgeräusche oder Verspannungen, dann besser mal eine Pause oder Urlaub machen.
Die Angst vor Krankheit kann krank machen. „Der immerwährende Druck ist ein gesellschaftliches Problem. Wir sollten anders leben, als das System es uns vorgibt“, so Schymanski. Dabei heißt „Nein“ zu sagen auch, sich mehr Anerkennung zu schaffen. „Mit weniger Stress kann man sehr wohl erfolgreich sein“. Sein Rat: die Angst besiegen, wenn sie sich zeigt. Medikamente nutzen nur im Moment, ersparen aber nicht die Konfrontation.
Das Signal erkennen und die Seele zu neuem Leben erwecken
„Es muss das Herz sein“, meint der Patient. Wenn Probleme zum Arzt führen, sind sie reif gelöst zu werden, sagt Schymanski. Eine psychische Belastung beruflicher oder auch familiärer Art weisen Menschen gerne von sich und begeben sich in die Mühle der Medizin. Ihre Seele leidet, weil sie an tradierten über Generationen weitergegebenen Glaubenssätzen festhalten. „Wird da reflektiert, brechen plötzlich Tränen aus“, weiß Schymanski. Jetzt ist es an der Zeit, neue Werte zu entwickeln und die Seele neu zum Leben zu erwecken.
Buchtipp: Dr. Ingo Schymanski: „Die Sprache der Seele“, Klett Cotta-Verlag 2024
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Was ist Achtsamkeit? Der Begriff ist ein wenig in Ungnade gefallen. Die einen suchen mit ihrer Hilfe den Seelenfrieden, andere werten sie als Esoterik-Kram ab. Achtsamkeit wird schnell in einen Topf geworfen mit Yoga und Meditation und Übungen, die uns ins Hier und Jetzt tragen und innere Erfüllung bringen sollen. Doch Achtsamkeit ist mehr als die Anwendung bestimmter Techniken. „Sie ist ein langer geistiger Prozess, eine Lebenseinstellung. Sie ist ein Suchen und Finden, eine tiefe Sehnsucht nach den wesentlichen Fragen des Lebens, sagt Renato Kruljac. Er ist Achtsamkeitstrainer und hat nach zwei Jahrzehnten als Führungskraft bei einem internationalen Konzern die Segel gestrichen, um sich der professionellen Achtsamkeitspraxis, fernöstlichen Kampkünsten und psychologischen Methoden zu widmen. Ernsthaft praktiziert, sagt er, ist die Achtsamkeit ein ständiger Begleiter, an der wir wachsen können.
Kraft, die sich aus der Beobachterrolle entwickelt
Wir müssen lernen, loszulassen von starren Konzepten, von Identifikationen und Vorstellungen, von Glaubenssätzen innerhalb eines gesellschaftlichen Systems, die uns geprägt haben, sagt er. Der Weg zur Inneren Freiheit geht über die Stille, das geistige Fasten, über das Zuhören und die Disziplin. „Wenn wir unser Alarm-, Antriebs- und Fürsorgesystem in Balance halten, werden wir die Früchte der Achtsamkeit ernten“. Achtsamkeit erlernt man zwar auch, aber eben nicht nur durch Techniken zur Entspannung im Hier und Jetzt oder sportlichen Übungen. „Sie ist ein geistiger Prozess, eine transformative Kraft, die sich aus der Beobachterrolle heraus entwickelt“, sagt Kruljac. Aber Achtung: Woran erkenne ich den Meister unter den Scharlatanen? Indem ich in die Begegnung mit dem Lehrenden gehe. Lebt er das, was er sagt? Ist er authentisch? Spüre ich Wärme, darf ich sein? Einen guten Lehrer erkennt man an seinen Schülern, so Kruljac.
Abstand nehmen, die Perspektive ändern und sich selbst freundlich begegnen: Das funktioniert durch Achtsamkeitsmethoden wie der Atemmeditation oder anderen Konzentrationsübungen. Sie beschreiben das „Was“, bringen uns in die Präsenz, erden und verorten uns. In Verbindung mit Übungen zum „Wie“, die mich lehren, meine Gedanken freundlich zu akzeptieren, findet der Mensch zur Balance. Es gibt viele Arten der Meditation, die das Ziel der Erleuchtung haben, führt Kruljac weiter aus. Was sie ist? „Für mich bedeutet die Erleuchtung das Urvertrauen“, Und wie lautet das Rezept dazu? „Dem Herzen folgen und ins Fühlen kommen. Der Körper sagt uns oft mehr als der Verstand“.
Buchtipp: Renato Kruljac: „Achtsamkeit für Skeptiker“, Schattauer-Verlag 2024
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Über 38 Millionen Menschen in Deutschland hatten seit 2020 eine Covid-Infektion. Zehn bis 45 Prozent davon können Langzeitfolgen entwickelt. Das sind 3,8 bis 17 Millionen Betroffene, die ihre Symptomatik oftmals nicht einordnen können und auf eine Diagnose, geschweige denn Therapie warten. Das Health4Future-Projekt, das Dr. Philomena Poetis und ihre Schwestern entwickelt haben, ist nicht nur ein wissenschaftliches Projekt, um die Studienlage zu erweitern, sondern gibt Betroffenen ganz konkrete Hilfestellung.
Fragebogen liefert Daten für Betroffene und Ärzteschaft
Über einen Fragebogen mit knapp 200 Fragen wird zur Erstellung eines Health-Compass die Symptomatik klar eingegrenzt. Ob Long Covid, Post Vac oder Chronisches Erschöpfungssyndrom: Der Bogen liefert im ersten Schritt der Ärzteschaft wertvolle Daten zur schnelleren Diagnostik. Unter anderem wird gezielt zur Corona-Erkrankung oder nach medizinischen Vorerkrankungen gefragt. Gleichzeitig aber gibt der Health-Compass den Betroffenen wichtige Therapie-Tools mit an die Hand, die helfen, mit den Einschränkungen besser umzugehen und den Alltag besser zu meistern.
Das Pacing-Tagebuch
Das Pacing-Tagebuch hat sich als ein sehr gutes Therapiewerkzeug erwiesen. Zwar ist die Pacing-Methode als Therapiewerkzeug bekannt, eine wirklich strukturierte Vorlage hat es bislang noch nicht gegeben. In klar strukturierter Form und zeitlich gegliedert kann der Betroffene in diesem Tagebuch Einträge vornehmen, die seinem Energiehaushalt entsprechen und ihn nicht überfordern. So wird die Gefahr eines Ausfalls – Crashs - bedeutend geschmälert.
Außerdem stehen auf der Plattform www.health4future.com Meditationen, Yoga-Videos zur körperlichen Reaktivierung oder Hintergrund-Informationen zu Behandlungsmethoden, etwa der Schlafhygiene, bereit. Diese Angebote sind kostenfrei, für den Health-Compass oder das Tagebuch etwa wird eine Bearbeitungsgebühr erhoben.
„Wir wissen nicht, was wir nicht wissen, darum ist die offene und vertrauensvolle Erhebung umfangreicher Daten so wichtig für neue Erkenntnisse und den Umgang mit den neuen Erkrankungen. Wir möchten bei der Genesung helfen“, so Dr. Poetis über ihr Engagement und das Projekt.
Dr. Philomena Poetis ist Gründerin und Geschäftsführerin von Health4Future und erarbeitet im Familienunternehmen digitale medizinische Projekte. Sie ist Wissenschaftlerin und promoviert an der LMU
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Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Sie zu erhalten ist ein wichtiges Gut und Aufgabe von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Wer da im verstärkten Maß eine Diskrepanz zwischen seiner Liebe zum Beruf und realen Bedingungen erlebt, kann psychosomatische Folgen davontragen. Sven Steffes-Holländer ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Gutachter für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und erläutert das komplexe Zusammenspiel von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen für eine wohlwollende Unternehmenskultur.
Benefits und digitale Resilienz
Sven Steffes-Holländer motiviert zu mehr Mut, Flexibilität und Selbstvertrauen und plädiert für einen konstruktiven und offenen Dialog auf Augenhöhe. Im Gespräch geht es um Stressmanagement und Resilienztraining, darum, wie man Anzeichen von Stress und Belastung erkennen und entgegenwirken kann. Es geht um digitale Resilienz, Geschwistergerechtigkeit, Körper- und Kreativtherapie, den E-Mail-Knigge, um Großraumbüros und das Tanzen mit Kollegen.
Mehr Selbstmitgefühl und geschulter Blick der Führungskräfte
Arbeitgeber:innen müssen sich aufgrund des demografischen Wandels im Bereich der mentalen Gesundheit aufstellen – mit niederschwelligen psychotherapeutischen Angeboten, Beratungs- oder Coachingkontingenten, sagt Steffes Holländer,. „Grünpflanze und Obstkorb reichen da nicht mehr aus.“ Benefits wie Massagen und Meditations- und Sportangebote sind das eine. Das andere ist der Blick auf das eigene Selbstmitgefühl. Was tut mir gut, was brauche ich? Da ist der innere Kampf gegen kritische Instanzen, gegen Perfektionismus und hohe Ansprüche gefragt, der Blick auf das eigene Potential, aber auch der achtsame Blick der Führungskräfte. Manche Mitarbeiter:innen sehen keine Notwendigkeit in Pausen: Aufgabe von Führungskräften ist es, Ressourcen des Einzelnen mit einzubeziehen sowie Aufgaben transparent, gerecht und nachvollziehbar zu verteilen.
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden
„Frei nach dem Zitat von Mark Twain `Gib' jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden` liegt es in unserer Macht, Veränderungen herbeizuführen und das Leben aktiv zu gestalten“, motiviert Steffes Holländer. Der Arbeitsmarkt gebe diese Möglichleiten her. Wem es trotz seines Bedürfnisses nicht gelingt, eine neue Tür aufzustoßen, dem bieten sich Unterstützungsangebote.
Sven Steffes Holländer ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik Heiligenfeld in Berlin und als Gutachter, Fachberater und Lehrbeauftragter für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz
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Wenn Kinder etwas Schlimmes erfahren, den Tod eines lieben Menschen, einen Unfall oder sogar sexuelle Gewalt, dann kann das die Seele stark belasten und sogar im späteren Verlauf des Lebens zu psychischen Erkrankungen führen. Je früher ein Trauma bei einem Kind oder Jugendlichen erkannt wird, desto besser greift die Therapie, weiß Traumatherapeut Dr. Patrick Fornaro.
Modelle und Methoden der Traumatherapie
Traumatische Erfahrungen tauchen häufiger auf als man denkt. Laut einer Schweizer Studie haben 50 Prozent aller unter 18-Jährigen ein traumatisches Erlebnis gehabt. Wobei viele Kinder eine Resilienz entwickeln und nicht darunter leiden, sagt Dr. Fornaro, der sowohl Symptome aufzeigt, die erkennen lassen, ob das Kind unter einem Trauma leidet, als auch Methoden und Modelle, die in der Therapie erfolgreich angewendet werden.
Das Gehirn neu ordnen und einen Anker in der Gegenwart schaffen
Eine wichtige Rolle im Verarbeitungs- und Veränderungsprozess des Gehirns spielen Bilder. Sie helfen dabei dem Kind zu erklären, was mit ihm los ist. Hilfreich etwa ist das Bild des unaufgeräumten Kleiderschranks, der neu geordnet wird, so Fornaro. Es gilt, das Kind wieder ins Hier und Jetzt zu holen, ihm einen Anker in der Gegenwart zu schaffen. In der Konfrontation mit dem Erlebten sollen sie erfahren, dass sie in einem geschützten Raum mit einer vertrauten Person darüber sprechen können. „Das Trauma, die Gefahr ist vorbei. Das Alarmsystem darf sich beruhigen“, nennt Dr. Patrick Fornaro Therapiemöglichkeiten und Anlaufstellen.
Unterversorgung der psychologischen Versorgung
Gleichzeitig zeichnet der Traumaexperte ein klares Bild der Unterversorgung der psychologischen Versorgung von traumatisierten Kindern und Jugendlichen in Deutschland auf. Zwei Jahre Wartezeit stünden angesichts sensibler Entwicklungsphasen einer hilfreichen Therapie gegenüber. Leider werde die Traumatherapie auch in der Ausbildung nicht hinreichend berücksichtigt.
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Dr. Patrick Fornaro ist Diplom-Psychologe und Traumatherapeut, Dozent und Supervisor in der Weiterbildung von Therapeuten, Coaches und Fachkräften. Er arbeitet in einer Klinik für Traumatherapie in der Nähe von München.
Buchtipp: Dr. Patrick Fornaro, Nicole Szesny-Mahlau und Johanna Unterhitzenberger: Traumatherapie mit Kindern und Jugendlichen. Eine Orientierungshilfe für die Behandlung der komplexen PTBS. Junfermann-Verlag 2024
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Mit den Covid-Jahren, Long-Covid und Post-Vac ist das Chronische Erschöpfungssyndrom, auch „Chronisches Fatigue-Syndrom" genannt stärker ins Bewusstsein gerückt. Zwei, die darunter leiden sind Andrea Brackmann und Katharina Jänicke. Bei ihnen ist nicht Corona, sondern eine lang zurückliegende Infektion Grund dafür, dass sie ihren Alltag nur stark eingeschränkt bewältigen können. Beide haben die Pacing-Methode für sich entdeckt, die es zwar schon länger gibt, aber im Zusammenhang mit Corona mit guten Erfolgen angewandt wird.
Über chronische Erschöpfungszustände
Andrea Brackmann und Katharina Jänicke berichten aus der Perspektive der eigenen Betroffenheit heraus und geben gleichzeitig Hilfestellung. Sie erzählen von ihren Symptomen, von niederschmetternden, aber auch 100aufhellenden Phasen ihres eher „unsichtbaren“ Chronischen Erschöpfungssyndroms (ME/CFS), deren Ursachen Corona, aber auch eine Influenza oder das Pfeiffersche Drüsenfieber sein können. Bis zur Diagnose kann es lange dauern. Heilbar ist das ME/CFS nicht, man kann aber die Symptome lindern.
Long-Covid und das ME/CFS sind sich in ihren Symptomen ähnlich. Zu ihnen zählen Geruchsirritationen, Verwirrtheit, Brain-Fog oder Entkräftung. Energielos und komplett ans Bett gefesselt zu sein, weil der Körper bereits mit alltäglichen Aufgaben überfordert ist: davon erzählen die beiden genauso, wie davon, zu lernen, mit Energien zu haushalten.
Wie Pacing helfen kann
Die Pacing-Methode, die bislang nur in wenigen Fatigue-Kliniken oder auch Psychotherapie-Praxen angewandt wird, setzt auf Selbstbeobachtung und Selbstwahrnehmung. Ziel ist, zunächst in sich hineinzuhorchen, um dann mit spezifischen Strategien sich selbst zu steuern und den Tag so zu strukturieren, ohne sich zu überfordern. Dazu gehören den Puls zu beobachten, mehr Pausen einzulegen oder Aktivitäten zu verändern wie beim Zubereiten von Mahlzeiten den Stuhl zu benutzen, statt zu stehen.
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Katharina Jänicke hat einen Master in Clinical Casework und verfügt über umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der klinischen Sozialarbeit.
Andrea Brackmann ist Psychologin und Verhaltenstherapeutin. Gemeinsam haben sie ein Buch über die Pacing-Methode geschrieben.Buchtipp: Andrea Brackmann, Katharina Jänicke: „Long Covid und Chronisches Erschöpfungssyndrom lindern“, Klett Cotta-Verlag 2024
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Wenn wir trauern, ist die Welt nicht mehr dieselbe. Der Verlust eines Menschen, aber auch eines Lebensabschnitts, eine Scheidung oder das Kind, das ausgezogen ist, lassen uns fühlbar alleine zurück. Rituale helfen uns die Trauer in etwas Positives zu verwandeln – sagt Joanna Lisiak. Die Schweizer Schriftstellerin hat sich intensiv mit dem Thema der Trauerrituale beschäftigt. Sie sagt: Rituale lassen uns in die Selbstreflexion gehen und helfen uns, Gefühlen einen inneren und äußeren Raum zu geben. Wir lernen zuzulassen und in Verbindung zu gehen.
Mit Ritualen in Verbindung gehen
Rituale begleiten uns seit Anbeginn der Menschheit. Gerade in der Trauer sind sie wichtig. Sie lassen uns fühlen, das wir in Verbindung stehe – mit uns, mit einem verstorbenen Menschen und Menschen, die uns begleiten. Mit ihnen gehen wir in die Selbstreflexion und wir spüren, dass wir unser Leben wieder in die Hand nehmen können, in dem wir in Verbindung mit uns und anderen gehen. Joanna Lisiak spricht nicht von definierten Trauerphasen, vielmehr von einem milden Rückblick auf das was war und auf einen würdigen Umgang mit den eigenen Gefühlen. Rituale bringen Gefühle in Fluss. Sie sind wie eine Insel, eine Auszeit, ein kleines Fest, sagt die Autorin, die im Zelebrieren der Rituale etwas Größeres findet, als das eigene Leben. Sie geben ihr die Möglichkeit, das Göttliche mit einzubeziehen.
In die Dankbarkeit gehen
Joanna Lisiak nennt Rituale für alle fünf Elemente. Rituale können sein, Blätter zu sammeln, einen unsichtbaren Brief zu schreiben oder in den Dialog zu gehen: mit sich selbst oder einem verstorbenen Menschen. Oder auch die Wut in einen Eimer zu brüllen. Es gilt, Gefühle und Dinge zuzulassen, um sich verabschieden zu können.
Auch wenn die Gefühle immer wieder hoch kommen: „Alles geht vorbei“, macht sie Mut, sich nicht in Gefühlsspiralen zu verheddern, sondern in die Dankbarkeit zu gehen. „Man ist nicht im Nichts“, sagt sie. Vielmehr sind wir umgeben von vielen kleinen schönen Momenten, Dingen und Menschen, die uns glücklich machen. „Wir sind nicht allein, sondern verbunden“.
Joanna Lisiak ist Schriftstellerin und lebt in der Schweiz. Das Buch über Trauerrituale ist ihre mittlerweile 33. Publikation.
Buchtipp: Joanna Lisiak, „Trauerrituale - In neuer Form verbunden“, Junfermann Verlag 2024
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Jedes vierte bis fünfte Kind wird in einer suchtbelasteten Familie groß. Ein Drittel entwickeln psychische oder soziale Störungen in Form von Depressionen, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen. Dunkelziffer nicht mit eingerechnet. Für mehr Unterstützung von suchtbelasteten Familien und ihren Kindern wirbt Angela Schmidt, Referentin an der Fachstelle für Familien, Suchtprävention Berlin. Nicht nur mangelt es an Ressourcen und Geld, sagt sie. Ein Problem ist auch, die Angebote an die richtige Zielgruppe zu bekommen. .Ihr Fazit: Es muss noch mehr passieren, auch auf struktureller Ebene.
Das Hilfsangebot muss die Menschen erreichen
Verhaltenssüchte wie Glücksspiel und Medianabhängigkeit nehmen zu. Alkoholabhängigkeit ist die am weitesten verbreitete Sucht. In der Statistik landen letztendlich aber nur die, die bereits im Hilfesystem sind. Bis Kinder und Eltern suchtbelasteter Familien tatsächlich ein Hilfsangebot wahrnehmen, braucht es Zeit. Deswegen, weil nicht nur das Thema Sucht immer noch tabu ist, sondern auch, weil Eltern gegenüber ihren Kindern Schuldgefühle haben und nicht als schlechte Eltern dastehen möchten. Sie müssen in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden.
Kinder und Eltern in ihrer Selbstwirksamkeit stärken
Und was ist mit den Kindern? Die Tendenz, dass sie später mehr Verantwortung für Ihre Eltern oder auch in einer späteren Bindung übernehmen, ist groß. Auch das Risiko, in eine Co-Abhängigkeit mit einem Partner zu geraten. Es treten Verlustängste auf und der Drang, alles perfekt machen zu wollen. Das aber sei nicht zwingend so, sagt Angela Schmidt. In welcher Form Kinder traumatisiert aus einer suchtbelasteten Familie hervorgehen, hängt von individuellen Faktoren – etwa der Resilienzfähigkeit – ab. Ist das Bewusstsein da, gelte es, „ins Handeln, in den Austausch zu kommen mit Kindern und Eltern. Man muss ihnen signalisieren, dass sie sich Hilfe holen dürfen und können“. Ziel ist es, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken. Das geschieht bei Kindern insbesondere durch aktionsgestützte oder auch tiergestützte Projekte.
Es gibt Hilfe. Schulsozialangebote etwa oder bundesweite zentrale Anlaufstellen. Vor allem können niederschwellige Online-Chat-Angebote und andere Portale hilfreich sein und Zugang zu Hilfsangeboten vermitteln. Angela Schmidt erzählt.
Angela Schmidt ist Referentin der Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH und ist Teil des Fachteams Suchprävention von "Kompetent gesund" in Berlin.
Weitere Infos findetst Du hier:
www.kompetent-gesund.dewww.berlin-suchtpraevention.de
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ADHS gibt es auch bei Erwachsenen. „Nur wird es nach einem langen Leidensweg erst spät erkannt“, sagt Astrid Neuy-Lobkowicz, Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie und Mitgründerin des ADHS-Zentrums München. Sie richtet nicht nur ihr Augenmerk auf eine schnellere Diagnostik, sondern richtet auch einen dringenden Appell an die Ärzteschaft, denn: das Wissen um die Behandlung von ADHS – einer Unterform von ADS – ist da. Sie ist in einem internationalen Diagnoseschlüssel festgelegt. Demnach können eine richtige Medikation und Tools zur Strukturierung des Alltags helfen, die Störung in den Griff zu bekommen. Und: ADHS ist keine Modediagnose.
Medikamente und Methoden bringen Erfolgserlebnisse
ADHS ist genetisch veranlagt. Damit wird man geboren. Was aber kein Grund zur Verzweiflung ist, denn es gibt Selbsthilfe-Tools, mit denen sich der Alltag besser strukturieren lässt. Betroffenen mangelt es an Konzentrationsfähigkeit. Hier können auch Medikamente die richtige Wahl sein, um sich besser zu fokussieren und z.B. ablenkende Nebengeräusche auszublenden. Und es gibt Methoden, die helfen, Ordnung zu halten. Beides befähigt den Menschen, sich ganz normal in der Gesellschaft zu etablieren. Im Job und im Privatleben. Mit dem Gefühl des Erfolgs wachsen Akzeptanz und Selbstwertgefühl.
ADHS in der Ärzteschaft mehr wahrnehmen und etablieren
Es muss ein Umdenkungsprozess stattfinden, fordert Neuy-Lobkowicz Kolleg:innen auf, ADHS aus der Tabu-Zone herauszunehmen, Fortbildungen wahrzunehmen und Patienten entsprechend zu fördern. Das Störungsbild ist klar belegt, werde aber nicht umgesetzt. „Viele erhalten die falsche Therapie und werden in ihrer Besonderheit nicht erfasst“, fordert sie auf, das Thema wahrzunehmen. Leider ziehe eine oft falsch behandelte Störung Begleiterscheinungen wie Depression, Borderline oder Bipolarität nach sich. „Mit der richtigen Diagnose und Therapie bekommt der Betroffene endlich eine Erklärung für sein Anderssein“.
ADHSler haben ein besonderes Stärke- und Schwächeprofil. Frauen weisen andere Symptome auf als Männer. Sie sind meist unauffälliger und weniger hyperaktiv als Männer. Symptome sind starke Stimmungsschwankungen, Impulsivität und das Gefühl, verletzt zu sein. Aber: ADHSler sind originell, kreativ und nicht nachtragend. Das Miteinander kann man erlernen – auch in einer Partnerschaft.
Dr. med. Astrid Neuy-Lobkowicz ist Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie und Mitgründerin des ADHS-Zentrums in München. Sie führt zwei Praxen in Aschaffenburg und Münchenund beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit dem Thema ADHS bei Kindern und Erwachsenen. Sie ist selbst Betroffene und Mutter von fünf Kindern, von denen drei eine ADHS haben. Zusammen mit anderen Kollegen und Kolleginnen hat sie das ADHS-Zentrum München gegründet.
Buchtipp: Astrid Neuy-Lobkowicz: ADHS - Erfolgreiche Strategien für Erwachsene und Kinder“, 11. aktualisierte und erweiterte Auflage, Klett Cotta 2024
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Es hat Jahre gedauert, bis bei Anja Matthausch eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung – kurz ADHS - diagnostiziert wurde. Auch wenn die Veranlagung bereits von Geburt an mitgegeben wird, so zeigen sich gerade bei Frauen die Symptome oft nicht eindeutig. Bei ADHS liegt eine neurologische Veränderung im Gehirn vor. Es ist eine Stoffwechselstörung, keine psychologische Störung. Und sie ist sehr individuell ausgeprägt. Anja Matthausch veranschaulicht am eigenen Beispiel, wie sie ihren Alltag mit ADHS gestaltet. Was den Umgang mit ADHS angeht, gehören Akzeptanz und liebevolle Anerkennung unbedingt dazu. Zu wenig wahrgenommen werde das Thema in der Öffentlichkeit. Ihr war es ein Herzenswunsch, ihr Anliegen mitzuteilen.
Das ADHS-Gehirn möchte überall hin, nur nicht geradeaus
Eine große Herausforderung ist das Energiemanagement. ADHSler sind schneller erschöpft. Alles kostet mehr Energie und wird eher anstrengend als bei normalen Menschen. Es fällt schwer, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun oder in zu schneller Abfolge. Ein Bild, das die Schwierigkeit mit ADHS verdeutlicht, ist, dass man auf der Autobahn fährt und ständig das Auto mit dem Lenkrad wieder zurück auf die Spur bringen muss. „Die Natur des ADHS-Gehirns ist, dass es überall hinmöchte, nur nicht geradeaus“, sagt Anja Matthausch.
Warum ADHS bei Frauen schwierig zu diagnostizieren ist
Weibliche Hormone und damit verbundene Zyklusschwankungen oder Emotionen erschweren die Diagnostik bei Frauen. Es gibt kein stabiles Symptombild. Hinzu kommt die Sozialisierung. Während Männer dahin tendieren, eher zu delegieren, haben Frauen einen zu hohen Anspruch an sich selbst und nehmen zu viele Dinge an. Verhaltensweisen werden oft als Persönlichkeitsmerkmale verstanden, auch vom ADHSler selbst. Dies im Umfeld zu kommunizieren ist eine weitere Aufgabe. Nach außen benennt sie ihre Störung selten. Eher kommuniziert sie es über die Bitte zur Hilfestellung.
Kein Zeitgefühl – Tools für den Alltag
Struktur ist ein großes Wort im Kontext von ADHS. Wichtig ist es, Leitplanken, innere Strukturen zu schaffen. ADHSler können sich nur schlecht lenken und dies nur mit größerem Aufwand. Es gibt nicht den linearen Weg. Viele Dinge müssen sie anders angehen. Darum braucht es Hilfestellungen. Auch deswegen, weil ADHSler kein gutes Zeitgefühl haben. Etwas passiert jetzt, oder irgendwann. Methoden, welche den Alltag erleichtern können, sind die Zeit fühlbar zu machen. Sinnvoll sind Kalender und Timer-Systeme, aber auch digitale Tools und Blätter Papier, auf denen alles festgehalten wird, was nicht behalten werden kann.
Mit oder ohne Medikamente und Bewegung für die Ruhe
Je nach Ausprägung kann der Einsatz von Medikamenten minimiert werden. Er kann aber auch sehr hilfreich sein, sagt sie. Um mit weniger auszukommen, brauche es ein Umfeld, das genügend Freiraum bietet, um eigene Strukturen setzen zu können. Ein zu begrenztes Umfeld schränkt ADHSler ein. Zur Ruhe kommt Anja Matthausch über körperliche Aktion. Hilfreich sind moderates Training wie Yoga, Radfahren oder Joggen. So bekomme sie Ruhe in den Kopf. Das gelingt besser über die Bewegung, als über mentale Gedankenarbeit. Förderlich ist auch ein minimalistischer Lebensstil. „ADHSler können nicht gut priorisieren. Darum ist es besser, nicht alles zu voll zu packen. Je weniger Entscheidungen ein ADHSler treffen muss, umso besser“, sagt Anja Matthausch.
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Um die ganzheitliche Betrachtung und die komplexe Interaktion von Fühlen, Denken, Spüren und Handeln, geht es in dieser Folge mit Daniela Botz und Karolin Friese. Die beiden Psychotherapeutinnen rücken die Bedeutung des Zusammenspiels von Körper und Psyche in den Fokus. Sie haben eine alltags- und praxistaugliche Mischung ziel- und lösungsorientierter Techniken zusammengestellt, mit denen wir Gefühle regulieren können. Diese körperzentrierten Übungen umfassen Yogaelemente, achtsamkeitsbasierte Techniken und hypnotherapeutische Methoden.
Durch das Erleben von Gefühlen resilient werden
Ohne unsere fünf Sinne können wir nichts wahrnehmen und nichts fühlen. Und ohne unser Gehirn gibt es kein Bewusstsein. Wir erfahren, wie wir durch unser zentrales Nervensystem Emotionen aktiv wahrnehmen und spürbar machen können. Mit emotionalen und psychischen Verhaltensweisen können wird unser inneres Erleben und umgekehrt unsere Verhaltensweisen durch Mimik und Gestik verändern.
Stressreaktionen abbauen, in dem wir in Verbindung mit und die Aktion gehen
Psychosozialer Stress bringt uns in emotionale Bedrängnis. Die Auslöser dafür sind komplex. Krisen und Beziehungen belasten uns. Gerade dann stoßen wir an die Grenzen unserer Widerstandsfähigkeit. Wie resilient sind wir und wie können wir uns vor Stressreaktionen schützen? Das gelingt mit körperzentrierten Übungen. Die beiden erläutern, wie. Indem wir lernen, uns selbst in einen Zustand zu bringen, in dem wir eine Verbindung zu uns selbst aufbauen und uns als Gesamtheit erleben. Haben wir einen Tunnelblick, sind wir chaotisch oder aggressiv, sind wir nicht mehr empathisch und mit uns verbunden. Diesen Zustand heißt es aufzugreifen, ihn zu akzeptieren und mit der Emotion mitzugehen, indem ich ihr nachgebe, ich laufe, boxe, schreie, bis die Spannung im Körper abgebaut ist und sich ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit einstellt. Diesen Zustand zu erreichen ist das Ziel.
Den Darm gut versorgen und richtig atmen
Unser Darm ist durch den Vagusnerv unmittelbar mit dem Gehirn verbunden. Der Darm ist das zweite Gehirn und reagiert, wenn wir emotional stark reagieren, etwa durch Bauchgrummeln. Wird das Gleichgewicht stabilisiert, kann das Wohlfühlhormon Serotonin im Darm synthetisiert werden. Das gelingt umso mehr mit guten Bakterien, die durch Ernährung und Bewegung gefördert werden. Auch die Atmung hilft. Wir atmen oft zu viel und zu flach, was das Säure-Basen-Verhältnis aus dem Gleichgewicht bringt. Mit einer sanften Bauchatmung kann der perfekte pH-Wert gehalten werden. Auch wird der Herzschlag reguliert.
Medientipp: „Körperorientierte Emotionsregulation“. Ein Kartenset zur praktischen Anwendung von Daniela Botz und Karolina Friese. Erschienen in der Reihe der Kompetenz-Boxen von Frauke Niehues und Ghita Benaguid im Junfermann-Verlag
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Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben eine Tot- oder Fehlgeburt. So selten also ist sie nicht und trotzdem zählt sie zu einer der letzten Tabus unserer Gesellschaft, und das, obwohl sie zu eine tiefe Zäsur im Leben einer Frau bedeuten kann. Eva Lindner hat es selbst 2021 erfahren, was es heißt, Mutter ohne Kind zu sein. Die Journalistin, Trainerin und Moderatorin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im spanischen Valencia und hat einen klaren Appell: Das Thema muss mehr an die Öffentlichkeit und sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik sichtbarer werden, denn: betroffene Frauen werden übersehen.
Offiziell Mutter erst ab der 24. Schwangerschaftswoche
Eine Fehlgeburt ist ein kritischer Moment im Leben einer Frau. 80 Prozent der Fehlgeburten geschehen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft. Verlässliche Daten dazu gibt es allerdings nicht und auch keine Studien, denn meldepflichtig sind erst Totgeburten ab der 24. Schwangerschaftswoche mit einem Fötus über 500 Gramm. Alles andere verschwindet unter dem Radar. Diese Frauen gelten nicht als Mütter, obwohl sie schwanger waren und geboren haben. „Wir brauchen nicht nur verlässliche Zahlen dazu, sondern auch gezielte Maßnahmen, die dir Frauen unterstützen. Hier besteht großer Nachholbedarf“, sagt Eva Lindner.
Frauen brauchen mehr Unterstützung in dieser fragilen Zeit
Nach einer Fehlgeburt vor der 24. Schwangerschaftswoche gibt es oft keine Krankschreibung und keinen Mutterschutz. Dabei können sich in dieser fragilen Zeit Depressionen oder ein posttraumatisches Belastungssyndrom entwickeln. „Hier herrscht ein absoluter Missstand“, verweist Lindner auf eine wünschenswerte Unterstützung in der Zeit der Trauer, etwa in Form von Mutterschutz oder bezahlter Auszeit. Sie wünscht sich nicht nur die Reduzierung auf das Körperliche, sondern eine engmaschige Begleitung, Folgeuntersuchungen oder den Verweis der Ärzteschaft auf das Anrecht einer Hebamme und auf Selbsthilfegruppen.
Die Fehlgeburt im medizinischen Fokus
Es gibt drei Möglichkeiten, ein Kind tot zu gebären. Doch die Möglichkeit, es selbst abzustoßen und eine Ausschabung zu vermeiden, wird nicht propagiert. Das Wehen fördernde Medikament Cytotec ist in Deutschland verboten. Gründe für eine Fehlgeburt können eine Chromosomen-Anomalie, Schilddrüsenkrankheiten oder ein Myom sein. Weit verbreitete Risikofaktoren wie Alter, Drogen, und Stress seien wissenschaftlich nicht belegt, so Lindner.
In Sachen Gleichberichtigung ist zwar schon viel passiert, aber das Patriarchat ist noch mitten unter uns: Die Gender-Medizin, wonach männliche und weibliche Körper getrennt voneinander betrachtet werden, gibt es in Deutschland erst seit den 90er-Jahren. Dabei liegen sowohl genetisch als auch hormonell komplett andere Voraussetzungen bei den Frauen vor. Lindner rüttelt auf, das private Thema politisch zu machen.
Buchtipp: Eva Lindner: „Mutter ohne Kind“, Tropen-Verlag
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„Fühl dich ganz“ – das ist einfach gesagt, aber gar nicht so einfach: Wie kriegen wir das hin, glücklich zu sein, erfüllt und zufrieden zu leben? Sich ganz zu fühlen, im Reinen mit sich und den anderen zu sein? Lukas Klaschinski ist Psychologe, Verhaltens- und Kommunikationstrainer und Podcaster. Er ist Moderator und Autor, spricht in „Beste Freundinnen“ und in „So bin ich eben“ über Themen, die uns ganz persönlich beschäftigen. Lukas sagt: Lerne, deine Gefühle wahrzunehmen und auf sie zu reagieren. „Das ist ein echter Gewinn“.
Von mangelnder Gefühlsbereitschaft
Wir haben verlernt, in uns hineinzuhorchen. Unser emotionales Erleben ist eingeschränkt, sagt Lukas. „Unsere Gefühle wurden in den Keller gesperrt“ - aufgrund unserer Biographie, aufgrund der Sozialisation, aufgrund unseres Systems. „Wir haben ein großes Problem mit unserer Verletzlichkeit und unserer Scham. Zerbrechlichkeit und Traurigkeit werden weggesperrt. Aber sie sind vorhanden. „Nimm sie wahr und nutze sie, indem du lernst, durch Achtsamkeit die eigene körperliche Erregung und deine Gefühle zu spüren. Und lerne, sie zu akzeptieren. Gute wie negative Gefühle.
Nehme wahr, akzeptiere und komme ins Tun – die ACT-Methode
Leider haben wir Gefühle auf der Festplatte, die sich fest verankert haben. Da ist das Leistungsmotiv, dass wir uns nur wertig fühlen, wenn wir gut abgeliefert haben. Oder wir knabbern an fehlender Anerkennung, zweifeln an uns oder haben ständig Angst vorm Scheitern. Wir sind verstrickt in Gedanken, die uns daran hindern, etwas zu tun. „Doch es ist gut, Abstand davon zu nehmen“, sagt Lukas. Das Problem dabei: Wir machen etwas zu unserer Wahrheit, die nicht unsere ist. Die Aufgabe liegt darin, unser Gefühl mit den eigenen, tatsächlichen Werten abzugleichen. Nimm wahr, akzeptiere und komm ins Tun, sagt Lukas. Begegne deinen Gefühlen und reagiere auf sie nach deinen eigenen, echten Werten. Er erklärt die ACT-Methode und gibt Tools an die Hand. Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie stammt aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Darin werden verhaltenstherapeutische Techniken mit achtsamkeitsbasierten Strategien und Interventionen zur Werteklärung kombiniert und angewendet.
In Beziehung zu sich selbst gehen
Ein lebensgefährlicher Kite-Unfall in Südafrika hat Lukas` Sichtweise auf das Leben und seine Endlichkeit verstärkt in den Fokus gerückt. Sein wichtigster Appell neben der Gefühlsbereitschaft lautet: In Beziehung gehen - mit dir selbst und mit anderen. Wir sind soziale Wesen, wir brauchen einander. Sich und andere an die Hand nehmen: so kann „Fühl dich ganz“ gelingen.
Buchtipp: Lukas Klaschinski, „Fühl dich ganz. Was wir gewinnen, wenn wir Emotionen verstehen und zulassen“, Knaur-Verlag 2024
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Es ist wohl der größte Wunsch aller Eltern: Dass das Kind erwachsen wird und auf eigenen Füßen steht. Das geht nicht ohne Abnabelungsprozess auf beiden Seiten. Ein schwieriger Prozess, mit dem sich der Entwicklungspsychologe Dr. Claus Koch – selbst Vater von vier Kindern – seit Jahrzehnten beschäftigt. In dieser Podcast-Folge wollen wir den Fragen und Signalen nach dem Ende der Pubertät und dem Coming of-Age nachgehen und auch, wie Eltern ihr Kind durch diese oft schwierige Phase begleiten können.
„Tritt zurück und bleibe verbunden“: Loslassen auf beiden Seiten
„Tritt zurück und bleibe verbunden“. Das ist letztendlich der Kernsatz, den Claus Koch Eltern mit auf den Weg gibt. „Das Wichtigste, was wir den Kindern mit auf den Weg geben können, ist das Urvertrauen zu den Eltern“, sagt er. Auch wenn das Loslassen schwerfällt: Es ist ein notwendiger Prozess, damit der Sprung ins Erwachsenenleben gelingen kann. Koch skizziert sechs wichtige Bausteine, die in dieser Entwicklung, die er gerne als Odysseusjahre bezeichnet, wichtig sind: Authentizität, Selbstwertgefühl, Selbstwirksamkeit, Kommunikationsfähigkeit, Selbstkontrolle und Selbstfindung. Und: Erwachsenwerden braucht Zeit sowie Elternsein einen langen Atem brauchen. Koch nennt einen großzügigen Zeitraum bis zum 30. Lebensjahr. Erwachsenwerden ist eine Gratwanderung zwischen Loslassen und Losgehen.
Das Kind auf der Odyssee-Reise: Den inneren Kompass erspüren
Den inneren Kompass erspüren auf der Reise zu sich selbst ist keine leichte Aufgabe. In der Regel aber spüren die jungen Menschen, wohin es sie treibt. Noch müssen sie ihr Selbstbewusstsein und sich in der Eigenverantwortlichkeit schulen, dabei Abschied nehmen vom Kind und erkennen, dass sie so wie sie sind gut sind. Was aber, wenn das Kind auf seiner Reise verloren geht? Was ist, wenn das Kind mit der großen, weiten Welt und ihren Anforderungen völlig überfordert ist, wenn Panikattacken aufkommen, sich Ängste oder Depressionen entwickeln? Der Lockdown in der Pandemie hat es den jungen Menschen nicht gerade leicht gemacht, ihre Beziehungskompetenzen entwickeln zu können. Soziale Medien, die Film- und Popkultur und vor allem die persönlichen Kontakte zu Freunden haben einen großen Einfluss. Koch analysiert diese „schwierige, aber auch schöne, intensive Zeit“.
Trotz Kontrollverlust zur sicheren Bindung – das geht mit Vertrauen
Wichtig ist, dass die Jugendlichen ihre eigene Identität aufbauen. Und das geht über die Kritik an den Eltern. Spannungen inklusive. „Als Eltern müssen wir erkennen, dass wir die Kontrolle über unsere Kinder verlieren. Wir müssen darauf vertrauen, dass alles gut geht, wenn sie nachts bis drei Uhr ausleiben“, sagt er. Wenn es Eltern gelingt, dass ihr Kind gesehen und gehört wird, dass es sich anerkannt und geborgen fühlt, haben sie alles für eine sichere Bindung getan. Wie schön, wenn ein junger Mensch dann sagen kann: „Ich will mein Leben sinnvoll gestalten“.
Dr. Claus Koch ist Psychologe und Publizist und beschäftigt sich mit der Entwicklungspsychologie von Kindern und Jugendlichen unter psychoanalytischen und bindungstheoretischen Aspekten.
Buchtipp: „Wenn aus Jugendliche Erwachsene werden – Leben und Bindung junger Menschen zwischen 18 und 30 Jahren“, Klett-Cotta 2024
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Binge-Eating – Fresssucht. Essen hat eine Zusatzfunktion übernommen. Wer unter einer Essstörung leidet, kompensiert mit dem Essen Gefühle von Einsamkeit und Unzufriedenheit. Essen wird zur Belohnung. „Ein gestörtes Essverhalten hat Ursprung in der Kindheit“, sagt Julia Sahm. Sie ist Live-Coach, Heilpraktikerin und Psychotherapeutin und Expertin auf dem Gebiet der Essstörungen. Menschen, die darunter leiden, haben oft ein fehlendes Selbstwertgefühl, das gekoppelt ist an viele hinderliche Glaubenssätze aus der Kindheit. Wir maßregeln uns mit einer falschen Disziplin, die uns immer wieder unter Stress setzt. Die Chance liegt darin, neue Gedanken und neue Gewohnheiten zuzulassen, die uns ebenso Geborgenheit und Sicherheit schenken können.
Nicht immer nur ans Essen denken
Wer immer nur ans Essen denkt, sollte sich überlegen, ob er nicht schon einer Sucht verfallen ist. Magersucht, Bulimie oder Fresssucht: Bei jeder Essstörung steht der Gedanke um das Essen im Fokus. Julia Sahm erläutert nicht nur die unterschiedlichen Essstörungen, sondern auch die Ursachen, die bei allen gleich sind. Auch erläutert sie, was in unserem Körper passiert, wenn wir „Suchtsubstanzen“ zu uns nehmen.
Man muss die Beziehung zu sich selbst heilen
Wer eine Essstörung hat, sollte die Beziehung zu sich selbst heilen, sagt sie. Der erste Schritt aus einer Essstörung ist, achtsamer zu sein. Und es geht nicht, ohne uns mit der Vergangenheit auseinandersetzen und zu lernen, alte Gewohnheiten abzubauen und neue zu finden, die uns das fehlende Gefühl der Geborgenheit vermitteln.
Neue Gewohnheiten finden
Julia Sahm ist kein Fan von Diäten. Vor allem nicht, wenn man schon ein Leben lang damit ein Problem hat. Essen darf sich nicht wie ein Kampf anfühlen, sagt sie. Intervallfasten kann eine Lösung sein. „Hauptsache, das Essen rückt nicht ständig in den Fokus“. Es muss aus dem Kopf. Die Chance liegt darin, neue Gedanken zuzulassen. Etwas zu finden, was einen ebenso geborgen und sicher fühlen lässt. Schritte daraus sind sich selbst zu beobachten. Welche Lebensmittel lösen das Suchtverhalten aus? Welche Gewohnheiten verknüpfen wir mit dem Essen? Entspanne ich mich mit der Chipstüte vorm Sofa? Worin kann ich außerdem Halt, Geborgenheit und Sicherheit finden? Im Buch lesen, im Sport machen, in der Spiritualität oder im Freundeskreis? Wichtig ist, dass wir uns selbst besser kennenlernen, Selbstliebe entwickeln und uns positiv stärken, sagt Julia Sahm.
Buchtipp: Julia Sahm: „Dein inneres Kind will satt werden. So stillst du deinen seelischen Hunger und befreist dich von emotionalem Essen“.
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Du bist in einer Reha und fragst dich, ob die gruppentherapeutischen Sitzungen dir nutzen? Wie sinnvoll diese als Ergänzung in der psychotherapeutischen Anwendung sind, erläutert in dieser Folge Lena Scholz. Sie ist Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie und hat als Therapeutin mit Zusatzqualifikation in Gruppentherapie im ambulanten wie stationären Bereich sehr gute Erfahrungen gesammelt. Außerdem hat sie mit dem Psychotherapeuten Jan Kiesewetter ein Konzept für das seit Oktober 2021 eingeführte niederschwellige Angebot der Gruppentherapeutischen Grundversorgung entwickelt. Mit ihm kann im Rahmen eines ambulanten Settings in nur vier Sitzungen Hilfestellung geleistet werden, die nicht über ein längeres Antragsverfahren bewilligt werden muss. Lena Scholz ist der Meinung: Gruppentherapie bringt etwas!
Gruppentherapie schult die soziale Kompetenz
Die Gruppentherapie ist eine wertvolle und sinnvolle Ergänzung zur Einzeltherapie. Vor allem wenn es darum geht, die soziale Kompetenz zu trainieren. „Nur in der Gruppe kann ich üben, Nein zu sagen oder mich einzubringen“, sagt Lena Scholz. Gruppen haben besondere Wirkfaktoren, die in der Einzeltherapie nicht wirken. Auch geht es darum, Austausch zu erleben, „dass man bei der Bewältigung seiner Probleme nicht allein ist mit seinen Belastungen und Einschränkungen“. Die Universalität des Leidens als entscheidender Wirkfaktor spielt eine große Rolle. „Zu erkennen, dass ich nicht allein bin mit meinem Problem ist entlastend – egal bei welcher Störung“. Ziel der Gruppentherapie ist es, ein offenes Vertrauensverhältnis zu schaffen, in dem die Teilnehmenden den Umgang mit Gefühlen lernen und auch ausdrücken können.
Es gibt unterschiedliche Arten von Gruppen. Im ambulanten Bereich wird geschaut, wo und für wen sie gedacht ist – für Patient:innen oder Angehörige, für Selbsthilfegruppen ohne therapeutische Leitung, für Therapieverfahren oder ein Kompetenztraining, zur Bewältigung eines Traumas, einer sozialen Phobie oder einer Borderline-Störung.
Check In – Check Out: In der Regel wird immer geschaut, was die Patient:innen brauchen und was die Gruppe beitragen kann. Es gilt, sich aktiv einzubringen – in einer psychoedukativen Gruppe wie im Rahmen einer Reha genauso wie bei ambulanten Sitzungen. Es geht nicht um die einzelne Lebensgeschichte, sondern um einen übergeordneten Rahmen. Sich mit Wünschen und Fragen einzubringen ist insofern wichtig, damit die Stunde bedarfsorientiert gestaltet werden kann.
Vorteile der Gruppentherapeutischen Grundversorgung
Psychotherapieplätze sind Mangelware. Mit der Umsetzung der Gruppentherapeutischen Grundversorgung zum Oktober 2021 soll die Gruppentherapie zugänglicher gemacht werden – sowohl für Patient:innen als auch Therapeut:innen. Lena Scholz und ihr Kollege Jan Kiesewetter haben in ihrem Buch über die Gruppentherapeutische Grundversorgung ein Konzept erarbeitet. Vier Sitzungen à 100 Minuten einmal wöchentlich sind vorgesehen. Ziele sind, Grundlagen der Verhaltenstherapie zu vermitteln sowie – aus Sicht des Patient:innen – auslösende Faktoren für seine psychische Störung zu verstehen, Stressreaktionen zu erkennen oder den Umgang mit Emotionen zu erlernen.
Lena Scholz ist psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie und arbeitet im stationären sowie im ambulanten Psychotherapiesetting. Sie hat an der Rijksuniversiteit Groningen studiert und an der CIP Kirinus Akademie München gearbeitet. Sie hat im Rahmen der Verhaltenstherapie eine Gruppenzusatzqualifikation erworben und ist außerdem als Therapeutischer Clown unterwegs.
Buchtipp: „Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung“, das Manual zum antragsfreien Versorgungsangebot. Klett Cotta-Verlag 2023
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